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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 39 (28. September)
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6

WELTKUNST

Jahrg, IV, Nr, 39 vom 28, September 1930

j^.'uifions'üorberichte
Porzellane
Berlin, Vorb. 21.122. Okt.
Am 21. und 22. Oktober findet bei Ru-
dolph Lepke eine umfangreiche und inter-
essante Versteigerung von Porzellanen statt.
Das Material umfaßt in der Hauptsache Ar-
beiten der Manufakturen von Meißen, Berlin,
Kopenhagen, Sevres und Wien. Von den
Kopenhagener Stücken sind von be-
sonderem Interesse ein große Vase mit An-
sichten der Börse und des Schlosses Rosen-
borg, ein Saß von vier Vasen mit Ansichten
der Schlösser Bernstorff, Rosenborg, Fre-
densborg und der Börse (um 1840), ein Früh-
stücksservice in 17 Teilen usw. Von den
Meißener Stücken reproduzieren wir ein
Schreibzeug von 1745 (Abbildung Seite 24).

Die Plastik stammt größtenteils aus der
Mitte des 18. Jahrhunderts. Besonders gut
ist das reife Rokoko mit Figuren und Grup-
pen vertreten. Als ein Unikum ist der an-
läßlich des Friedens zwischen Dänemark und
Holstein-Gotforp in Meißen hergestellte Obe-
lisk mit allegorischen Einzelgruppen und
-figuren zu betrachten. Von großem Interesse
sind auch das Geschirr und die einzelnen
Prunkstücke. Es befinden sich ganze Ser-
vice in der Sammlung, von denen sonst im-
mer nur einzelne Stücke vorkommen, so z. B.
ein großes Jagdservice von 1765—70.
Aus der späten malerischen Periode des
Porzellans aus dem Anfang des 19. Jahrhun-
derts finden wir außergewöhnlich viel Teller,
die offenbar als Geschenke für den Hof be-
stimmt gewesen sind, mit den Städteansichten
von Berlin und München, und große Prunk-
schalen, die auf die Befreiungskriege Bezug
haben.
Graphik, Bücher
Hamburg, Vorb. 11. Oktober
Am 11. Oktober bringt eine Versteigerung
bei F. D ö r I i n g u. a. acht Original-Kreide-
zeichnungen zu Goethes „Faust“ von der
Hand des Berliner Malers Paul Mila, der
sonst vor allem als Porträtmaler bekannt ist.
Diese Zeichnungen sind nach persönlichen An-
gaben und auf Bestellung Wilhelm von Hum-
boldts unmittelbar nach Goethes Tod entstan-
den. Fernerhin kommen die Werke des Maler-
Dichters Dante Gabriel Rossetti und seines
Kreises in annähernder Vollständigkeit zum
Verkauf, und zwar in kostbaren Einbänden
bedeutender Buchbinder, wie Riviere, Schulze,
Zaensdorf usw. Dazu kommt eine Reihe

handgeschriebener Bücher von Sangorski,
Smith u. a., ferner von schönen englischen und
deutschen Vorzugs- und Luxusdrucken, deut-
scher Literatur, illustrierten Büchern, beson-
ders Ansichtenwerken. Die Stücke stammen
aus dem Besiß hamburgischer Patrizier-
familien.
Für ihre englischen Kunden gibt die Firma
Dörling ein besonderes Verzeichnis in eng-
lischer Sprache heraus.
Gemälde,
Antiquitäten, Möbel
Smlg. Frau J. H. Weiller t
Frankfurt a. M., Vorb. 21. Okt.
Am 21. Oktober findet in einer vielseitigen
Auktion bei Hugo Helbing die Auflösung
der Sammlung der ver-
storbenen Frau Jacob
H. Weiller statt, die
zu den bekanntesten
Privafsammlungen der
Stadt gehört. Da in
Frankfurt a. M. von
jeher großes Interesse
für die Plastik des
Mittelalters und der
Renaissance herrschte,
so liegt auch das
Schwergewicht der
Weillerschen Samm-
lung in diesem Gebiet.
Hauptstücke der Pla-
stik sind zwei be-
deutende Steinreliefs
eines französischen
Meisters der zweiten
Hälfte des 14. Jahr-
hunderts, ferner zwei
Leuchterengel eines
Florentiner Meisters
aus der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts,
sodann eine schöne
Madonna mit Kind von
Syrlin, ein Altar von
Valentin Lendenstreich
usw.
Unter den Ge-
mälden erwähnen
wir bei den alten
Meistern zwei Brüs-
seler Bildtafeln um
1500 vom Meister von
Orsoy, ferner Bild-
nisse von G. B. Mo-
roni und J. Bassano
— bei den Modernen:
Arbeiten von E. Car-
riere, Courbet, Du-
pres, Descamps, Renoir
(Frauenkopf), Gauguin
(Landschaft), Pissarro,
Signac, Vlaminck, Las-
caux.
Die Keramik ent-
hält u. a. eine inter-
essante figürliche Haf-
nerarbeit, wahrschein-
lich sächsischer Her-
kunft, eine Kreussener
Schraubenflasche und
besonders große Frank-
furter Fayenceplatten.
Antike Möbel
und Einrichtungsgegen-
stände bilden den Be-
schluß des Katalogs.
Wir heben hierbei eine
Gobelingarnitur, mittel-
alterliche und Renais-
sance - Truhen und
Schränke, rheinische
Sißmöbel des 16. Jahr-
hunderts und endlich
Louis XVI - Sißgarni-
turen und französische
Empire-Möbel hervor.
Die Einleitung des reichillustrierten Kata-
logs schrieb Prof. Georg Swarzenski.
Sammlung
Baron Heyl
München, Vorb. 28.—30. Okt.
Bereits heute soll auf das bedeutendste Er-
eignis der diesjährigen Münchener Auktions-
saison hingewiesen werden: die Versteigerung
der Sammlung des 1925 in Darmstadt ver-
storbenen bekannten Sammlers Baron Heyl
zu Heylshof, die vom 28. bis 30. Oktober durch
Hugo H e 1 b i n g in München in zwei Abtei-
lungen vorgenommen wird. Der erste Teil,
dessen Katalog von A. L. Mayer eingeleitet
wurde, umfaßt alte und neue Gemälde, Anii-
guitäten, Wandteppiche, Edelmetallarbeiten,
der zweite, von Dr. L a n gl o verzeichnet und
von Geheimrat Dr. Bulle eingeleitet, bringt
die bekannte Sammlung antiker Skulpturen in
Marmor und Terracolta, die Gefäße und Glä-
ser auf den Markt. Das Niveau dieser Kunst-
schöpfung Baron Heyls ist, wie schon kurze
Stichproben ergeben, ein ganz außerordent-
liches: Namen wie Bode, Gedon, Thode und
Lenbach, die bei Erwerbungen beratend zur
Seite standen, bürgen für das wissenschaft-
liche wie künstlerische Interesse, das dieser
Sammlung beigelegt werden darf.
Unter den Gemälden der italienischen
Schulen fallen vor allem einige frühsienesische
Bilder wie die dem Barna nahestehende Kreu-
zigung und Predellensiücke mit Szenen aus
dem Leben der heiligen Barbara von Matteo
di Giovanni auf, dem auch die Madonna mit
Heiligen nahesteht. Höhepunkte bilden die


Brixener Meister, Ende 15. Jahrhundert, Maria
Nadelholz, H. 113 cm— Sammlung Dr. Albert Figdor-Wien — Kat. Nr. 228
Versteigerung durch P. Cassirer, Artaria und Glückselig, in Berlin
am 29. und 30. September 1930
Maitre de Brixen, Jin du i$eme siede, La sainte vierge
Bois, H. 113 cent. — Collection Dr. Albert Figdor-Vienne — No 228 du Cat.
Vente par P. Cassirer, Artaria et Glückselig, Berlin, les 29 et 30 Septembre 1930
Master of Brixen, End of the 151h Century, The Vergin
Wood, 113 cent. high — In the Figdor collection, Vienna — No. 228 in the catalogue
To be sold by auction by P. Cassirer, Artaria and Glückselig, Berlin, onthe 291h and 3oth of September 1930

beiden, auf den Rat Lenbachs hin erworbenen
Tizian- Bilder: das nach Hadeln Ende der
dreißiger Jahre entstandene Bildnis des Ga-
briel Tadino, des Präfekten der Artillerie
Karls V. (Abbildung Seite 4) und ein
ausgezeichnetes Exemplar des in mehreren

italienischen Reihe steht das repräsentative
Senatorenbildnis von Alessandro Longhi.
Kunsfgeschichtlich äußerst wichtig ist unter
den Niederländern eine Tafel mil dem thro-
nenden Petrus, deren Enfstehungsort vielleicht
in Spanien von der Hand eines niederländi-


Jörg Ratgeb, Das Abendmahl
Lindenholz, 98,5 : 91,5 cm — Sammlung Dr. Albert Figdor-Wien — Kat. Nr. 92
Versteigerung durch P. Cassirer, Artaria und Glückselig, Berlin, am 29. und 30. September 1930
Jörg Ratgeb, La sainte Cene
Tilleul, 98,5: 91,5 cent. — Collection Dr. A. Figdor-Vienne — No 92 du Cat.
Vente par P. Cassirer ,Artaria et Glückselig, d Berlin, les 29 et 30 Septembre 1930
Jörg Ratgeb, The Lord's supper
Panel, 98,5 by 91,5 cent. — In the Figdor-collection, Vienna — No. 92 in the catalogue
To be sold by auction by P. Cassirer, Artaria and Glückselig, Berlin, on the 291h and 3oth of September 1930

Fassungen bekannten Bildes „Venus und
Adonis“ (Abbildung Seite 28), das von
demselben Forscher dem Bilde im Prado
gleichgestellt wird. Dem Florentiner Matteo
Rosselli wird eine Darstellung von Jacob und
Rahel am Brunnen zugeschrieben, während

das Seraphim-Köpfchen als ein Originalwerk
von Raffael anzusprechen ist, Bruchstück jener
nur in zersägten Einzelteilen auf uns gekom-
menen Altartafel der Krönung des hlg. Niko-
laus, die der Künstler 1500—1501 für eine Ka-
pelle in Cittä di Castello schuf. Am Ende der

sehen Meisters des 15. Jahrhunderts zu suchen
ist. Dem Meister der hlg. Sippe verwandt ist
eine kölnische Tafel mit den Heiligen Katha-
rina und Hieronymus. Von Nordländern Sind
weiter zu nennen ein Reiterporträt von Deo-
dat van der Mont und einige Barockbildnisse
von Lisiewska - Ther-
busch, Georg de Marees
u. a.
Hauptwerke des 19.
Jahrhunderts bilden die
beidenköstlichen Aqua-
relle Wilhelm von Ko-
bells, die „Nanna als
Poesie“ von Feuer-
bach und Arbeiten von
Steinle, Ludwig Rich-
ter, Schwind, Thoma
und Lenbach.
Von kunstge-
werblichen Arbei-
ten nennen wir Stoffe
und Stickereien, Fayen-
cen und Gläser, euro-
päisches und asiati-
sches Porzellan, aus-
gezeichnete Möbel so-
wie die Wandteppiche,
unter denen ein Brüs-
seler Gobelin von H.
Mattens nach Raffaels
„Wunderbarem Fisch-
zug“ die erste Stelle
einnimmt.
Einige kostbare
Edelmetall - Arbei-
ten sind gesondert
hervorzuheben: ein
goldner Adlerfürspan
des 12. Jahrhunderts,
die gotische „Hai-
decker Greifenklaue",
ein Trinkhorn mit ver-
goldeter Kupfermon-
tierung und emaillier-
ten Wappenschildern,
ferner ein vergoldeter
Ratspokal des Nürn-
berger Goldschmieds
Reinhold Riel von 1670.
Die Antiken bil-
deten einen Haupt-
schmuck des von Ga-
briel von Seidl erbau-
ten Hauses „Heylshof“.
Ein Juwel griechischer
Bildhauerkunst ist der
verhüllte Frauenkopf
von einem attischen
Grabmal aus der Mitte
des 4. Jahrhunderts voll
seelischer Belebtheit
und tiefster mensch-
licher Empfindung. Der
klassischen Zeit des 5. Jahrhunderts gehört ein
Zeuskopf, die beste Kopie des als „Dresdener
Zeus“ bekannten Götterbildes aus dem Kreise
des Phidias, ferner der „Hermes vor den
Propyläen“ des Alkamenes in einer inter-
essanten Umbildung an. Polyklet ist durch die


Meister der Barbara-Legende, Die hlg. Barbara verweiger en Götzen-
dienst — Holz, I20: 77 cm — Sammlung Han Coray, Erlenbac — at. Nr. 44
Versteigerung bei A. Wertheim, Berlin, am I. Oktober 1930,
Maitre de la legende de Sainte Barbara, Seine de la vie de la Sainte
Bois, 120 : 77 cent.- Collection Han Coray, Erlenbach-^044 du Cat.
Vente par A. Wertheim, Berlin, le x Octobre x93o
Master of the Barbara legend, Scene of the hfeof the Samt
Panel, 120 by 77 cent. — In the Han Coray Collection Erlenbach No.44 inthe catalogue
To be sold by auction by A. Wertheim, Berlin, on the ist of October lrj3o
 
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