10
WELTKUNST
Jahrg. IV, Nr. 40 vom 5. Oktober 1930
Großer Erfolg der
zweiten Figdor*Versteigerung
Den höchsten Ertrag, rund die Hälfte des
gesamten Auktionsergebnisses, brachten die
Amerikanische Versteigerungen
(Fortseßung von Seite 4)
genommen. Es handelt sich hierbei um eine
Kollektion, die nicht umfangreich ist, aber
eine Anzahl hervorragender Gemälde umfaßt,
an die sich gotische Möbel, Skulpturen usw.
reihen.
Späterhin werden drei wichtige Sammlun-
gen auf den Markt kommen, die aus dem
Besiß von Claus A. Spreckels, der Gräfin de
la Beraudiere und eines deutschen Privat-
sammlers stammen. Die Spreckels-
Sammlung enthält bedeutende Stücke, u. a.
Arbeiten berühmter französischer Ebenisten,
chinesisches und europäisches Porzellan, fer-
ner Gemälde von Höppner, Diaz usw. — Die
Beraudiere - Sammlung umfafjt neben
Ebenistenarbeiten Werke von Velasguez.
Rembrandt, van Dyck usw. — Die d e u i s ch e
Privatsammlung umfaßt u. a. Arbeiten von
Vermeer, Franz Hals, Tintoreito, Tiepolo, Mu-
rillo, Bellini usw.
Die Versteigerung der Bibliothek
Frederick W. L e h m a n n, St. Louis, die im
Dezember staitfindet, bringt eine Reihe selte-
ner Erstausgaben auf den Markt.
Im Januar 1931 endlich wird die Versteige-
rung der Sammlung Francis P. Garvar
stattfinden, die durch ihre frühen amerika-
nischen Möbel und Dekorationen bekannt ist,
— ferner die Auktion der Sammlung James
D e e r i n g .
Gemälde alter Meister
Berlin, Nachb. 26. Sept.
(Vorb. in. Nr. 37, S. 1)
Bei der Versteigerung einer Gemäldesamm-
lung aus süddeutschem Fürstenbesitz, die am
26. September durch H. Ball und P. Graupe
durchgeführt wurde, konnten unter starker
Beteiligung privaten und Händler - Publikums
gute Preise erzielt werden. Die grofje Kanal-
landschaft von Salomon van Ruysdael
(Nr. 62, 75 : 108 cm) kam auf 14 500 M. (Lucas
Galerie, Wien), die holländische Dünenland-
schaft desselben Künstlers (Nr. 61, 45 : 66,6 cm)
auf 5100 M., die 1623 datierte Küstenlandschaft
von Jan van G o y e n (Nr. 24, 55,5 : 103 cm)
auf 10 500 M., das Seestück von Caspar Da-
vid Friedrich (Nr. 23) auf 8800 M. und die
beiden Mädchenbildnisse von G r e u z e
(Nr. 26/27, 46 :37 cm und 46 : 38 cm) auf 5200
und 8800 M. Von kleineren Stücken nennen
wir noch 3100 M. für die signierte Landschaft
von J. v. O s t a d e (Nr. 52, 51 : 47 cm, Singer-
Prag), 1500 M. für die drei Bildnis-Miniaturen
von Petitot (Nr. 54), 2250 und 2800 M. für die
beiden Waldlandschaften von Jacob S. Ruys-
d a e 1 s (Nr. 59/60, 81 : 104 cm und 47 : 65 cm),
welch letztere von de Boer erworben wurde
und wahrscheinlich ein Frühwerk des großen
Jacob Ruysdael darstellt, ferner 5000 M. für
Jan Steens „Züchtigung in der Schule"
(Nr. 72, 40:31 cm), 1850 M. für die Land-
schaft von T e n i e r s (Nr. 74, 37 : 50 cm), 2600
Mark für die beiden holländischen Stadtbilder
von V e r h e i j e n (Nr. 78, 38 : 48 cm) und
1450 M. für de V 1 i e g e r s Stadtansicht (Nr. 79,
42 : 70 cm).
Den vollständigen Preisbericht
findet man auf Seite 7.
Die zweite Versteigerung des ersten Teiles
der Sammlung Dr. Albert Figdor, die am 29.
und 30. September durch P. Cas sir er, Ar-
ia r i a und Glückselig unter Leitung von
Geheimrat Helbing im Hotel Esplanade in Ber-
lin stattfand, darf nicht nur als das sensatio-
nellste, sondern auch als das markt-psycholo-
gisch interessanteste und aufschlußreichste
Ereignis der dies-
jährigen Auktionssaison
gewertet werden. Mit
einem in Anbetracht der
seit dem Frühahr er-
heblich verschlechterten
Wirtschaftslage als
außerordentlich anzu-
sprechenden Gesamt-
ergebnis von etwa 4 Mil-
lionen Mark (ohne Auf-
geld) steht diese Ver-
steigerung gleichwertig
neben der Wiener Auk-
tion und beweist erneut,
daß erstrangige, ein-
malige Kunstwerke, in
vollendet geschmack-
voller Weise auf den
Markt gebracht, nichts
von ihrer Zugkraft ein-
biißen, selbst wenn man
in diesem Falle den Af-
fekfionswert des Pedi-
grees aus einer der
berühmtesten kontinen-
talen Sammlungen ein-
rechnet. Erstaunlich war
zu sehen, daß alle Ab-
teilungen gleich stark
begehrt waren, daß aus-
nahmsweise z. B. auch
die nordische Skulptur
bis zu den kleinsten
Stücken herab Preise
erzielen konnte, die auf
jeder anderen Auktion
und auch im freien
Handel nie erreicht wor-
den wären. Troßdem
mußte es jedem, der dem
Verlauf der Auktion
aufmerksam folgte, klar
werden, daß hier, von
wenigen, in ihrer Be-
wertung unbegrenz-
baren Spißenstücken
abgesehen, keine „Sen-
sationspreise“ im Sinne
früherer Auktionen wie
Huldschinsky, Spiridon
oder auch EduardSimon
bezahlt wurden, son-
dern daß ihre Preise in
vorsichtigem Bieten
sicher ausgewogen wur-
den und so ein ziemlich einheitliches, nicht
schwankendes Bild des Preisniveaus erzielt
wurde. Dies wäre zweifellos nicht der Fall
gewesen, wenn die Versteigerung bereits vor
ein bis zwei Jahren stattgefunden hätte.
Es war vorauszusehen, daß bei dieser viel-
seitigen Auktion nicht nur die gesamte inter-
nationale Welt des Handels auf den verschie-
densten Gebieten vertreten war, sondern auch
in reicher Zahl in- und ausländische Museums-
direktoren, die anläßlich der Berliner Mu-
seumsfeierlichkeiten in Berlin weilen. Troß-
dem ist es den mit Kaufabsichten erschiene-
nen Museumsleitern nur in vereinzelten Fällen
gelungen, gegen die Phalanx des internatio-
nalen Kunsthandels einzelne Stücke zu er-
obern, da der moderne Museumsetat dem
hohen Preisniveau selten gewachsen war.
Die Berliner Museen waren selbstverständ-
lich durch beinahe alle Abteilungsleiter ver-
treten, die Wiener Museen durch Hofrat Her-
mann, Weixlgärtner, Glück, Stix, Baldass, Pla-
nisoig, Kris, das Rijksmuseum durch Schmidt-
Degener, das Mauritshuis durch Prof. Marfin
und Dr. Schneider, das Haager Gemeente-
museum durch Dr. Gallois, Budapest durch
Dr. Petrovich, Turin durch Lionello Venturi,
Kopenhagen durch Sloman, Stockholm durch
Gauffin und Siren, München durch die Ge-
heimräte Halm und Dörnhöfer, Dresden durch
Posse, Haenel und Hensler, Leipzig durch
Graul und Wiechmann, Stuttgart durch Pazau-
rek und Buchheif, Bremen durch Waldmann,
Hamburg durch Sauerland, Köln durch Buch-
ner, Nürnberg durch Zimmermann, Ulm durch
Baum, Troppau durch Braun und andere Mu-
seen wie Freiburg, Kaschau, Karlsruhe, Elber-
feld, Konstanz, Jena, Hannover, Erfurt, Mann-
heim durch ihre Direktoren. Neben bekann-
ten Erscheinungen der Wissenschaft wie
Tietze, Schubring u. a. sah man die prominen-
testen Sammler, u. a. James Simon, Baron
Thyssen, Reinhart, O. Bondy, Dr. Abegg,
Frau von Pannwiß, Koenigs, Ole Olsen,
Stephan v. Auspiß, R. v. Hirsch, Präsident
Mulert, Baron von der Heydt, Frau Feist
und viele auf Auktionen bekannte Persönlich-
keiten. Der deutsche Handel war vollzählig
vertreten, von Ausländern seien notiert:
Brummer (New York), Agnew, Davys und
L. Douglas aus London, Goudstikker, de Boer,
Beets, Lugt aus Holland, Fischer, Boehler und
Steinmeyer aus Luzern, Siern, Brimo, Klein-
berger, Bacri, A. Seligmann, Rotil u. a. aus
Paris.
*
Gemälde. Hier gab es wirklich einige „sen-
sationelle“ Preise, wie die 385 000 M. für
Boschs „Verlorenen Sohn“ (Nr. 41, Durchm.
71,5 cm, Abb. in Nr. 35 der „Kunstauktion“),
den Goudstikker in heißem Kampf gegen die
Wiener Galerie, Baron Thyssen und J. und S.
Goldschmidt erringen konnte, wie die 160 000
Mark, die K. Stern-Paris (Duveen) für das
von verschiedenen Seifen als eigenhändiges
Werk Dürers angesprochene süddeutsche
Männerbildnis um 1510 (Nr. 99, 39,5 :32,5 cm,
Abb. in Nr. 35) anlegen mußte, oder wie die
105 000 M., die der Besitzer der Sammlung
Schloß Rohoncz für das herrliche Hieronymus-
Bild des Frueauf (Nr. 86, 67 : 49 cm) bezahlte.
Unter den Italienern brachten wieder die klei-
nen Täfelchen des Giovanni di Paolo, die Ma-
donna (Nr. 35, 56 :42,5 cm, Abb. in Nr. 35)
und der Hieronymus (Nr. 36, 38,5 : 50 cm, Abb.
in Nr. 37), mit 135 000 (Agnew) und 100000 M.
(Galerie Fleischmann) außerordentliche Preise,
wie überhaupt das Interesse für das Quattro-
cento sich in Summen wie 60 000 M. für Pin-
turichios Eustachius (Nr. 23, 81 : 42 cm, Mat-
thiesen) oder 42 000 M. für das Brustbild von
Ambrogio de Predis (Nr. 27, 38 : 28 cm, Goud-
stikker) äußerte.
Unter den niederländischen Ge-
mälden ragten hervor die frühe Geburt
Christi um 1400 (Nr. 34, 25 :19 cm) mit 65 000
Mark (de Burlet), die beiden Brustbilder von
Massys (Nr. 42/43, 36,5 : 26,5 cm) mit 45 000 M.,
die Altartafel des Meisters der Figdorschen
Kreuzabnahme (Nr. 40, 132: 103 cm, Abb. in
Nr. 33) mit 56 000 M. (Steinmeyer), das Bildnis
Maximilians I. vom Meister von Frankfurt
(Nr. 44, 57 : 37,5 cm) mit 41 000 M. (Knoedler),
die beiden Gemälde des Magdalenenmeisters
(Nr. 49, 22,5 : 19 cm, Nr. 50, 122 : 76,5 cm) mit
51 000 M. (J. und S. Goldschmidt) und 41 000 M.
(Fleischmann). Hohe Bewertung erfuhren auch
die deutschen Gemälde: am erstaunlichsten
sind hier die als Liebhaberpreise anzuspre-
chenden Summen, die für die Bildnisse
Strigels (NT. 95—98) gegeben wurden, näm-
lich 41 000, 60 000, 60 000 und 36 000 M. Das
sind Preise, die wohl noch nie für die Erzeug-
nisse dieses Meisters bezahlt wurden, hinter
denen sogar die 43 000 M. zurückstehen, die
Frau v. Pannwitz für das köstliche Brustbild
von Cranach d. Ä. (Nr. 100, 42,5 :27,5 cm) an-
legte.
Bei den Skulpturen hielten naturgemäß
die italienischen Arbeiten die Spitze. Preise
wie 150 000 M. für Riccios Sebastian (Nr. 130,
Abb. in Nr. 36, Matthiesen), 82 000 M. für die
beiden Engel aus dem Kreise Verrocchios
(Nr 131 — 132, K. Stern-Paris), 60 000 M. für
den Spiegelrahmen Luca della Robbias (Nr.
129, J. und S. Goldschmidt), 51 000 M. für die
Büste von Desiderio da Settignano (Nr. 134,
Abb. in Nr. 37, K. Stern-Paris) und 43 000 M.
für die kostbare Laute des ausgehenden Tre-
cento (Nr. 125, E. Benedikt-Wien) sind wir
von früheren Auktionen bereits gewohnt. Die
Überraschung brachte die außerordentliche Be-
wertung der nordischen Skulpturen: 49 000 M.
für die Brabanter Jesuswiege (Nr. 161, Hinrich-
sen), 40 000 M. für die wohl westdeutsche
Heilige mit Spruchband (Nr. 165, Abb. in Nr. 37,
J. u. S. Goldschmidt), 32 000 M. für die Brixe-
ner Madonna (Nr. 228, Abb. in Nr. 39), die
samt dem Leonhard desselben Meisters
(Nr. 229, 13 000 M.) für die Wiener Figdor-
Sliffung zurückerworben wurde, 25 500 M. für
den herrlichen Tiroler Georg (Nr. 226, Abb. in
Nr. 36) oder 19 000 M. für die niederländische
Jünglingsbüste (Nr. 171, Abb. in Nr. 36, Goud-
stikker) sind Preise, für die man in den letz-
ten Jahren kaum eine Parallele finden kann.
Entsprechend hoch wurden die Stücke näch-
ster Ordnung bewertet, besonders die Klein-
skulpturen der Renaissance, deren Haupt-
stücke, die beiden Medaillons von Schwarz
(Nr. 266), für die enorme Summe von 49 000 M.
vom Deutschen Museum in Berlin erworben
werden konnten.
Ungehindert hielt das Interesse auch für
die kunstgewerblichen Abteilungen an. Kaum,
daß einmal ein Stück keinen Käufer fand.
Ein oberrheinisches
Minnekästchen des
14.Jahrhunderts (Nr.332)
erwarb Dr. Pauli-Am-
sterdam für 13 000 M.,
die berühmte Figdor-
sche Brautschachtel
(Nr. 341, Abb. in Nr. 36),
K. Stern-Paris für den
enormen Preis von
115 000 M., während die
herrliche Sammlung der
Tischglocken in ihren
besten Stücken Er-
gebnisse von 4—8000
Mark, die einzigartige
Kollektion der Mörser,
für die neben Dr. Lugt
und Brummer vor allem
Fischer-Luzern als In-
teressent stark in Er-
scheinung trat, Summen
zwischen 3000 und 6800
Mark erbrachte.
Und am Nachmittag
des zweiten Tages
zeitigte das Bronze-
gerät des Mit-
telalters nochmals
einige außerordentliche
Spißenpreise. Brum-
mer erwarb das kost-
barste Stück, das be-
kannte Löwen-Aguama-
nile um 1400 (Nr. 514) für
106 000 M., die Galerie
Matthiesen das Pra-
ger Kopfreliguiar des
14. Jahrhunderts (Nr. 491)
für 64 000 M., ]. und
S. Goldschmidt das
strenge französische
Kopfreliguiar des 12.
oder 13. Jahrhunderts
(Nr. 490) für 23 000 M.,
Stephan v. Auspiß die
prachtvolle tirolische
Büste des heiligen Cas-
sian (Nr. 518, Abb. in
Nr. 36) für 30 000 M.
Die süddeutsche Mes-
singkanne des 15. Jahr-
hunderts, die wir in
Nr. 38 abbildeten, er-
reichte 20 000 M. (Nr.
501, Fischer), das skan-
dinavische Reif er-Agua-
manile (Nr. 477) 34 000
Mark (J. und S. Goldschmidt) und ein lombar-
disches Bronzegefäß des 11.-12. Jahrhunderts
(Nr. 469) 30 000 M. (A. S. Drey).
Da wir auf Seite 6/7 die vollständige
Liste sämtlich er Preise veröffentlichen, können
wir uns hier auf diese wenigen Stichproben be-
schränken. Der außerordentliche Erfolg dieser
Versteigerung bedeutet in der heutigen Zeit
nicht nur einen Gewinn für das Renomm ee des
Berliner Kunstmiarkts, sondern dürfte sich auch
in günstiger Weise im freien Handel bemerk-
bar machen. W. R.D.
Gemälde, Antiquitäten
München, Nachb. 17./19. Sept.
Bei Hugo Helbing fand vom 17. bis
19. September eine Versteigerung von Ge-
mälden von Meistern des 19. und 20. Jahrhun-
derts statt. Der Hauptpreis fiel auf Nr. 75,
H. von Zügel, Mitfagsrast, 72:110cm, mit
4150 M. Dann folgten Nr. 135, S e g a n t i n i,
Villa Aeterna, farbige Kreidezeichnung,
60:44 cm, sign., dat. 1892, mit 3500 M., -
Nr. 158, Fr. Volfz, Auf der Weide, sign., dat.
1855, mit 2900 M., und Nr. 40, Ed. von Grütz-
ner, Frater Schäffler, 41 :31 cm, sign., dat.
1909, mit 2500 M.
Ausführlicher Preisbericht auf
Seite 7
Domenico Tintoretto, Herrenbildnis
Versteigerung durch die
Staatliche Kunstauktionshalle in Budapest am 20. Nov. 1930
Domenico Tintoretto, Portrait d'homme
Vente par Staatliche Kunstauktionshalle ä Budapest le 20 Novembre 1930
Domenico Tintoretto, Portrait of a gentleman
To be sold by auction by Staatliche Kunsthalle Budapest on the 20 th of November 1930
F. H. Füger, Bildnis der Kaiserin Louise
Versteigerung durch die
Staatliche Kunstauktionshalle in Budapest am 20. Nov. 1930
F. H. Füger, Portrait de Vlmpdratrice Louise
Vente par Staatliche Kunstauktionshalle ä Budapest le 20 Novembre 1930
F. H. Füger, Portrait of the Empress Louise
To be sold by auction by Staatliche Kunstauktionshalle, Budapest on the 20 th of November 1930
WELTKUNST
Jahrg. IV, Nr. 40 vom 5. Oktober 1930
Großer Erfolg der
zweiten Figdor*Versteigerung
Den höchsten Ertrag, rund die Hälfte des
gesamten Auktionsergebnisses, brachten die
Amerikanische Versteigerungen
(Fortseßung von Seite 4)
genommen. Es handelt sich hierbei um eine
Kollektion, die nicht umfangreich ist, aber
eine Anzahl hervorragender Gemälde umfaßt,
an die sich gotische Möbel, Skulpturen usw.
reihen.
Späterhin werden drei wichtige Sammlun-
gen auf den Markt kommen, die aus dem
Besiß von Claus A. Spreckels, der Gräfin de
la Beraudiere und eines deutschen Privat-
sammlers stammen. Die Spreckels-
Sammlung enthält bedeutende Stücke, u. a.
Arbeiten berühmter französischer Ebenisten,
chinesisches und europäisches Porzellan, fer-
ner Gemälde von Höppner, Diaz usw. — Die
Beraudiere - Sammlung umfafjt neben
Ebenistenarbeiten Werke von Velasguez.
Rembrandt, van Dyck usw. — Die d e u i s ch e
Privatsammlung umfaßt u. a. Arbeiten von
Vermeer, Franz Hals, Tintoreito, Tiepolo, Mu-
rillo, Bellini usw.
Die Versteigerung der Bibliothek
Frederick W. L e h m a n n, St. Louis, die im
Dezember staitfindet, bringt eine Reihe selte-
ner Erstausgaben auf den Markt.
Im Januar 1931 endlich wird die Versteige-
rung der Sammlung Francis P. Garvar
stattfinden, die durch ihre frühen amerika-
nischen Möbel und Dekorationen bekannt ist,
— ferner die Auktion der Sammlung James
D e e r i n g .
Gemälde alter Meister
Berlin, Nachb. 26. Sept.
(Vorb. in. Nr. 37, S. 1)
Bei der Versteigerung einer Gemäldesamm-
lung aus süddeutschem Fürstenbesitz, die am
26. September durch H. Ball und P. Graupe
durchgeführt wurde, konnten unter starker
Beteiligung privaten und Händler - Publikums
gute Preise erzielt werden. Die grofje Kanal-
landschaft von Salomon van Ruysdael
(Nr. 62, 75 : 108 cm) kam auf 14 500 M. (Lucas
Galerie, Wien), die holländische Dünenland-
schaft desselben Künstlers (Nr. 61, 45 : 66,6 cm)
auf 5100 M., die 1623 datierte Küstenlandschaft
von Jan van G o y e n (Nr. 24, 55,5 : 103 cm)
auf 10 500 M., das Seestück von Caspar Da-
vid Friedrich (Nr. 23) auf 8800 M. und die
beiden Mädchenbildnisse von G r e u z e
(Nr. 26/27, 46 :37 cm und 46 : 38 cm) auf 5200
und 8800 M. Von kleineren Stücken nennen
wir noch 3100 M. für die signierte Landschaft
von J. v. O s t a d e (Nr. 52, 51 : 47 cm, Singer-
Prag), 1500 M. für die drei Bildnis-Miniaturen
von Petitot (Nr. 54), 2250 und 2800 M. für die
beiden Waldlandschaften von Jacob S. Ruys-
d a e 1 s (Nr. 59/60, 81 : 104 cm und 47 : 65 cm),
welch letztere von de Boer erworben wurde
und wahrscheinlich ein Frühwerk des großen
Jacob Ruysdael darstellt, ferner 5000 M. für
Jan Steens „Züchtigung in der Schule"
(Nr. 72, 40:31 cm), 1850 M. für die Land-
schaft von T e n i e r s (Nr. 74, 37 : 50 cm), 2600
Mark für die beiden holländischen Stadtbilder
von V e r h e i j e n (Nr. 78, 38 : 48 cm) und
1450 M. für de V 1 i e g e r s Stadtansicht (Nr. 79,
42 : 70 cm).
Den vollständigen Preisbericht
findet man auf Seite 7.
Die zweite Versteigerung des ersten Teiles
der Sammlung Dr. Albert Figdor, die am 29.
und 30. September durch P. Cas sir er, Ar-
ia r i a und Glückselig unter Leitung von
Geheimrat Helbing im Hotel Esplanade in Ber-
lin stattfand, darf nicht nur als das sensatio-
nellste, sondern auch als das markt-psycholo-
gisch interessanteste und aufschlußreichste
Ereignis der dies-
jährigen Auktionssaison
gewertet werden. Mit
einem in Anbetracht der
seit dem Frühahr er-
heblich verschlechterten
Wirtschaftslage als
außerordentlich anzu-
sprechenden Gesamt-
ergebnis von etwa 4 Mil-
lionen Mark (ohne Auf-
geld) steht diese Ver-
steigerung gleichwertig
neben der Wiener Auk-
tion und beweist erneut,
daß erstrangige, ein-
malige Kunstwerke, in
vollendet geschmack-
voller Weise auf den
Markt gebracht, nichts
von ihrer Zugkraft ein-
biißen, selbst wenn man
in diesem Falle den Af-
fekfionswert des Pedi-
grees aus einer der
berühmtesten kontinen-
talen Sammlungen ein-
rechnet. Erstaunlich war
zu sehen, daß alle Ab-
teilungen gleich stark
begehrt waren, daß aus-
nahmsweise z. B. auch
die nordische Skulptur
bis zu den kleinsten
Stücken herab Preise
erzielen konnte, die auf
jeder anderen Auktion
und auch im freien
Handel nie erreicht wor-
den wären. Troßdem
mußte es jedem, der dem
Verlauf der Auktion
aufmerksam folgte, klar
werden, daß hier, von
wenigen, in ihrer Be-
wertung unbegrenz-
baren Spißenstücken
abgesehen, keine „Sen-
sationspreise“ im Sinne
früherer Auktionen wie
Huldschinsky, Spiridon
oder auch EduardSimon
bezahlt wurden, son-
dern daß ihre Preise in
vorsichtigem Bieten
sicher ausgewogen wur-
den und so ein ziemlich einheitliches, nicht
schwankendes Bild des Preisniveaus erzielt
wurde. Dies wäre zweifellos nicht der Fall
gewesen, wenn die Versteigerung bereits vor
ein bis zwei Jahren stattgefunden hätte.
Es war vorauszusehen, daß bei dieser viel-
seitigen Auktion nicht nur die gesamte inter-
nationale Welt des Handels auf den verschie-
densten Gebieten vertreten war, sondern auch
in reicher Zahl in- und ausländische Museums-
direktoren, die anläßlich der Berliner Mu-
seumsfeierlichkeiten in Berlin weilen. Troß-
dem ist es den mit Kaufabsichten erschiene-
nen Museumsleitern nur in vereinzelten Fällen
gelungen, gegen die Phalanx des internatio-
nalen Kunsthandels einzelne Stücke zu er-
obern, da der moderne Museumsetat dem
hohen Preisniveau selten gewachsen war.
Die Berliner Museen waren selbstverständ-
lich durch beinahe alle Abteilungsleiter ver-
treten, die Wiener Museen durch Hofrat Her-
mann, Weixlgärtner, Glück, Stix, Baldass, Pla-
nisoig, Kris, das Rijksmuseum durch Schmidt-
Degener, das Mauritshuis durch Prof. Marfin
und Dr. Schneider, das Haager Gemeente-
museum durch Dr. Gallois, Budapest durch
Dr. Petrovich, Turin durch Lionello Venturi,
Kopenhagen durch Sloman, Stockholm durch
Gauffin und Siren, München durch die Ge-
heimräte Halm und Dörnhöfer, Dresden durch
Posse, Haenel und Hensler, Leipzig durch
Graul und Wiechmann, Stuttgart durch Pazau-
rek und Buchheif, Bremen durch Waldmann,
Hamburg durch Sauerland, Köln durch Buch-
ner, Nürnberg durch Zimmermann, Ulm durch
Baum, Troppau durch Braun und andere Mu-
seen wie Freiburg, Kaschau, Karlsruhe, Elber-
feld, Konstanz, Jena, Hannover, Erfurt, Mann-
heim durch ihre Direktoren. Neben bekann-
ten Erscheinungen der Wissenschaft wie
Tietze, Schubring u. a. sah man die prominen-
testen Sammler, u. a. James Simon, Baron
Thyssen, Reinhart, O. Bondy, Dr. Abegg,
Frau von Pannwiß, Koenigs, Ole Olsen,
Stephan v. Auspiß, R. v. Hirsch, Präsident
Mulert, Baron von der Heydt, Frau Feist
und viele auf Auktionen bekannte Persönlich-
keiten. Der deutsche Handel war vollzählig
vertreten, von Ausländern seien notiert:
Brummer (New York), Agnew, Davys und
L. Douglas aus London, Goudstikker, de Boer,
Beets, Lugt aus Holland, Fischer, Boehler und
Steinmeyer aus Luzern, Siern, Brimo, Klein-
berger, Bacri, A. Seligmann, Rotil u. a. aus
Paris.
*
Gemälde. Hier gab es wirklich einige „sen-
sationelle“ Preise, wie die 385 000 M. für
Boschs „Verlorenen Sohn“ (Nr. 41, Durchm.
71,5 cm, Abb. in Nr. 35 der „Kunstauktion“),
den Goudstikker in heißem Kampf gegen die
Wiener Galerie, Baron Thyssen und J. und S.
Goldschmidt erringen konnte, wie die 160 000
Mark, die K. Stern-Paris (Duveen) für das
von verschiedenen Seifen als eigenhändiges
Werk Dürers angesprochene süddeutsche
Männerbildnis um 1510 (Nr. 99, 39,5 :32,5 cm,
Abb. in Nr. 35) anlegen mußte, oder wie die
105 000 M., die der Besitzer der Sammlung
Schloß Rohoncz für das herrliche Hieronymus-
Bild des Frueauf (Nr. 86, 67 : 49 cm) bezahlte.
Unter den Italienern brachten wieder die klei-
nen Täfelchen des Giovanni di Paolo, die Ma-
donna (Nr. 35, 56 :42,5 cm, Abb. in Nr. 35)
und der Hieronymus (Nr. 36, 38,5 : 50 cm, Abb.
in Nr. 37), mit 135 000 (Agnew) und 100000 M.
(Galerie Fleischmann) außerordentliche Preise,
wie überhaupt das Interesse für das Quattro-
cento sich in Summen wie 60 000 M. für Pin-
turichios Eustachius (Nr. 23, 81 : 42 cm, Mat-
thiesen) oder 42 000 M. für das Brustbild von
Ambrogio de Predis (Nr. 27, 38 : 28 cm, Goud-
stikker) äußerte.
Unter den niederländischen Ge-
mälden ragten hervor die frühe Geburt
Christi um 1400 (Nr. 34, 25 :19 cm) mit 65 000
Mark (de Burlet), die beiden Brustbilder von
Massys (Nr. 42/43, 36,5 : 26,5 cm) mit 45 000 M.,
die Altartafel des Meisters der Figdorschen
Kreuzabnahme (Nr. 40, 132: 103 cm, Abb. in
Nr. 33) mit 56 000 M. (Steinmeyer), das Bildnis
Maximilians I. vom Meister von Frankfurt
(Nr. 44, 57 : 37,5 cm) mit 41 000 M. (Knoedler),
die beiden Gemälde des Magdalenenmeisters
(Nr. 49, 22,5 : 19 cm, Nr. 50, 122 : 76,5 cm) mit
51 000 M. (J. und S. Goldschmidt) und 41 000 M.
(Fleischmann). Hohe Bewertung erfuhren auch
die deutschen Gemälde: am erstaunlichsten
sind hier die als Liebhaberpreise anzuspre-
chenden Summen, die für die Bildnisse
Strigels (NT. 95—98) gegeben wurden, näm-
lich 41 000, 60 000, 60 000 und 36 000 M. Das
sind Preise, die wohl noch nie für die Erzeug-
nisse dieses Meisters bezahlt wurden, hinter
denen sogar die 43 000 M. zurückstehen, die
Frau v. Pannwitz für das köstliche Brustbild
von Cranach d. Ä. (Nr. 100, 42,5 :27,5 cm) an-
legte.
Bei den Skulpturen hielten naturgemäß
die italienischen Arbeiten die Spitze. Preise
wie 150 000 M. für Riccios Sebastian (Nr. 130,
Abb. in Nr. 36, Matthiesen), 82 000 M. für die
beiden Engel aus dem Kreise Verrocchios
(Nr 131 — 132, K. Stern-Paris), 60 000 M. für
den Spiegelrahmen Luca della Robbias (Nr.
129, J. und S. Goldschmidt), 51 000 M. für die
Büste von Desiderio da Settignano (Nr. 134,
Abb. in Nr. 37, K. Stern-Paris) und 43 000 M.
für die kostbare Laute des ausgehenden Tre-
cento (Nr. 125, E. Benedikt-Wien) sind wir
von früheren Auktionen bereits gewohnt. Die
Überraschung brachte die außerordentliche Be-
wertung der nordischen Skulpturen: 49 000 M.
für die Brabanter Jesuswiege (Nr. 161, Hinrich-
sen), 40 000 M. für die wohl westdeutsche
Heilige mit Spruchband (Nr. 165, Abb. in Nr. 37,
J. u. S. Goldschmidt), 32 000 M. für die Brixe-
ner Madonna (Nr. 228, Abb. in Nr. 39), die
samt dem Leonhard desselben Meisters
(Nr. 229, 13 000 M.) für die Wiener Figdor-
Sliffung zurückerworben wurde, 25 500 M. für
den herrlichen Tiroler Georg (Nr. 226, Abb. in
Nr. 36) oder 19 000 M. für die niederländische
Jünglingsbüste (Nr. 171, Abb. in Nr. 36, Goud-
stikker) sind Preise, für die man in den letz-
ten Jahren kaum eine Parallele finden kann.
Entsprechend hoch wurden die Stücke näch-
ster Ordnung bewertet, besonders die Klein-
skulpturen der Renaissance, deren Haupt-
stücke, die beiden Medaillons von Schwarz
(Nr. 266), für die enorme Summe von 49 000 M.
vom Deutschen Museum in Berlin erworben
werden konnten.
Ungehindert hielt das Interesse auch für
die kunstgewerblichen Abteilungen an. Kaum,
daß einmal ein Stück keinen Käufer fand.
Ein oberrheinisches
Minnekästchen des
14.Jahrhunderts (Nr.332)
erwarb Dr. Pauli-Am-
sterdam für 13 000 M.,
die berühmte Figdor-
sche Brautschachtel
(Nr. 341, Abb. in Nr. 36),
K. Stern-Paris für den
enormen Preis von
115 000 M., während die
herrliche Sammlung der
Tischglocken in ihren
besten Stücken Er-
gebnisse von 4—8000
Mark, die einzigartige
Kollektion der Mörser,
für die neben Dr. Lugt
und Brummer vor allem
Fischer-Luzern als In-
teressent stark in Er-
scheinung trat, Summen
zwischen 3000 und 6800
Mark erbrachte.
Und am Nachmittag
des zweiten Tages
zeitigte das Bronze-
gerät des Mit-
telalters nochmals
einige außerordentliche
Spißenpreise. Brum-
mer erwarb das kost-
barste Stück, das be-
kannte Löwen-Aguama-
nile um 1400 (Nr. 514) für
106 000 M., die Galerie
Matthiesen das Pra-
ger Kopfreliguiar des
14. Jahrhunderts (Nr. 491)
für 64 000 M., ]. und
S. Goldschmidt das
strenge französische
Kopfreliguiar des 12.
oder 13. Jahrhunderts
(Nr. 490) für 23 000 M.,
Stephan v. Auspiß die
prachtvolle tirolische
Büste des heiligen Cas-
sian (Nr. 518, Abb. in
Nr. 36) für 30 000 M.
Die süddeutsche Mes-
singkanne des 15. Jahr-
hunderts, die wir in
Nr. 38 abbildeten, er-
reichte 20 000 M. (Nr.
501, Fischer), das skan-
dinavische Reif er-Agua-
manile (Nr. 477) 34 000
Mark (J. und S. Goldschmidt) und ein lombar-
disches Bronzegefäß des 11.-12. Jahrhunderts
(Nr. 469) 30 000 M. (A. S. Drey).
Da wir auf Seite 6/7 die vollständige
Liste sämtlich er Preise veröffentlichen, können
wir uns hier auf diese wenigen Stichproben be-
schränken. Der außerordentliche Erfolg dieser
Versteigerung bedeutet in der heutigen Zeit
nicht nur einen Gewinn für das Renomm ee des
Berliner Kunstmiarkts, sondern dürfte sich auch
in günstiger Weise im freien Handel bemerk-
bar machen. W. R.D.
Gemälde, Antiquitäten
München, Nachb. 17./19. Sept.
Bei Hugo Helbing fand vom 17. bis
19. September eine Versteigerung von Ge-
mälden von Meistern des 19. und 20. Jahrhun-
derts statt. Der Hauptpreis fiel auf Nr. 75,
H. von Zügel, Mitfagsrast, 72:110cm, mit
4150 M. Dann folgten Nr. 135, S e g a n t i n i,
Villa Aeterna, farbige Kreidezeichnung,
60:44 cm, sign., dat. 1892, mit 3500 M., -
Nr. 158, Fr. Volfz, Auf der Weide, sign., dat.
1855, mit 2900 M., und Nr. 40, Ed. von Grütz-
ner, Frater Schäffler, 41 :31 cm, sign., dat.
1909, mit 2500 M.
Ausführlicher Preisbericht auf
Seite 7
Domenico Tintoretto, Herrenbildnis
Versteigerung durch die
Staatliche Kunstauktionshalle in Budapest am 20. Nov. 1930
Domenico Tintoretto, Portrait d'homme
Vente par Staatliche Kunstauktionshalle ä Budapest le 20 Novembre 1930
Domenico Tintoretto, Portrait of a gentleman
To be sold by auction by Staatliche Kunsthalle Budapest on the 20 th of November 1930
F. H. Füger, Bildnis der Kaiserin Louise
Versteigerung durch die
Staatliche Kunstauktionshalle in Budapest am 20. Nov. 1930
F. H. Füger, Portrait de Vlmpdratrice Louise
Vente par Staatliche Kunstauktionshalle ä Budapest le 20 Novembre 1930
F. H. Füger, Portrait of the Empress Louise
To be sold by auction by Staatliche Kunstauktionshalle, Budapest on the 20 th of November 1930