BAU
RAUMKUN ST
Travertin
Von Dr. Adolf Behne
„Travertin (lapis tiburfinus), eine Abart des
Kalktuffs, die eine bald schaiige, bald dichte,
oft durch parallele, langgestreckte Hohlräume
poröse Struktur und gelblich weiße Farbe be-
sifet und vorzugsweise in den Abruzzen, zu-
mal an den Kaskaden bei Tivoli, mächtige,
noch in der Fortbildung begriffene Ablagerun-
gen zusammenseßt. Travertin ist seit dem
Altertum ein gesuchtes Baumaterial (Ko-
losseum, Peferskirche usw.L“
Soweit der große Meyer. Hinzuzufügen
wäre nur, daß „Travertin“ auch eine Mode
und beinahe ein Bekenntnis ist.
Travertin ist der „Marmor der neuen Sach-
lichkeit“. Selbstverständlich wäre die fade,
zuckrige Glätte des
Marmors heute taktlos
und unmöglich, unbe-
dingt kitschig. Anderer-
seits besteht Bedarf an
einem noblen und un-
verkennbar repräsen-
tativen Fassadenstein,
an einem Stein, der
ebenso exklusiv wie
„neuzeitlich“ ist. Und
da bietet sich der Tra-
vertin: er ist — ganz
anders als Marmor
oder Sandstein —
herbe, spröde und
rauh, aber seine Rau-
heit ist malerisch-
porös, ornamental-
schnittig, rissig, rassig,
eine elegante Abart
des Kalktuff mit leich-
tem Parfum der Kon-
fektion; Travertin ist
die Auto - Mischung
„Lack und Pelz“ ins
Mineralische übertra-
gen.
Als Erich Mendel-
sohn die Fassade des
„Hauses der Deutschen
Konfektion“ baute, hat
er Travertin in Ver-
bindung mit Bronze
meisterhaft verwendet. Aufgabe und Er-
scheinung sind ganz zur Deckung gebracht.
Auch sein Breslauer Warenhaus Peiersdorff,
eine moderne Paraphrase der porta nigra, in
Eisenkonstruktion, in Spiegelglas, Travertin
und Bronze, ist ein glänzendes Beispiel.
Der Deutsche Metall-Arbeiter-
Verband ist wohl die größte Arbeiter-
organisation der Welt, fast 1 000 000 Mitglie-
der stark. Er siedelte jeßt von Stuttgart, wo
er ein Mietshaus in bekannter Großstadt-
Renaissance bewohnte, nach Berlin über. Das
neue Haus, von Erich Mendelsohn und
Reichel, dient teils der Arbeit und teils
der Repräsentation. Die Arbeitsräume (Büros,
Druckerei) sind außen weiß gepulst, den Re-
Dräsentationsräumen „verleihfTravertin „sicht-
baren Ausdruck der Größe und Bedeutung des
Metall-Arbeifer-Verbandes" (Abb. oben).
Es ist eine merkwürdige Vorstellung, daß
ein gewaltiger Verband seiner „Größe und
Bedeutung sichtbaren Ausdruck verleihen",
also repräsentieren muß. Eigentlich hätte der
größte Verband der Welt es am wenigsten
nötig. Den kleineren könnte man es eher zu-
billigen.
Wenn der bauende Metall-Arbeiter-Ver-
band genau und sparsam, dabei mit unerbitt-
licher Energie das Leiste an Leistung fordernd,
sein Haus hingestellt hätte, so mühte doch
diesem Bau, da der Verband etwas ist und
nicht nur etwas zu sein vorgibt, durch sich
selbst, durch die Sache, eine Bedeutung zu
eigen sein, die als Architektur deutlich genug
spräche, viel deutlicher, als aller Travertin-
Verleih. So ist im Hofe die Druckerei gebaut,
als bester Mendelsohn (Abb. links unten).
Es wäre kleinlich, gegen den Metall-Ar-
beiter-Verband zu polemisieren, weil er in
einer Einzelheit der Bekleidungsfrage da-
nebengriff. Leider handelt es sich um etwas
anderes.
Der Metall-Arbeiter-Verband hält es für
notwendig, zu repräsentieren . . . aber mit
Unterschied! Er kennt Puh und Travertin,
hölzerne und bronzene Fensterrahmen. Pub
und Holz für die langen Seitentrakte, Bronze
und Travertin für den „Kopfbau". Bedenk-
licher noch als der allgemeine Wunsch nach
Repräsentation ist dieses Verfahren, die Re-
präsentation zu dosieren . . . ein Verfahren,
verblüfft, als der reprä-
sentative „Kopfbau“ —
am weiten Plaß vor der
Zossener Brücke —
Privileg einer Funk-
tionärs-Elite bleibt, im
Grundriß auffallend
unterstrichen. Ist es
für den Geist des
Metall - Arbeiter - Ver-
bandes charakteristisch,
daß es in diesem
„Kopfbau“ keinen Ge-
meinschaftsraum aller
hier Arbeitenden gibt,
aber je eine Etage für
die Grundstücksverwal-
tung, eine für die
Kasse, eine für den
Vorstand — doch z. B.
keine Kantine?
Ich bestreite keines-
wegs, dafj der Grund-
riß praktisch ist. Nur
will es mir scheinen,
daß seine Praxis so
völlig im Geiste eines
kapitalistischen Betrie-
bes entwickelt ist, daß
morgen Krupp oder IG
hier einziehen und
prompt weiferarbeiten
könnten: Generäle im
„Kopfbau“, Mannschaft
in den Flügeln.
Es wäre gewiß naiv,
zu meinen, daß der Grundriß einer gewerk-
schaftlichen Verwaltung ungemütlich und un-
praktisch sein müßte. Er soll keinem anderen
an Brauchbarkeit in der Praxis nachstehen, ja
er müßte jeden anderen übertreffen, weil seine
Praxis ja um ein Moment noch vertieft ist: um
das soziale. Nicht der Grad der Praxis sollte
hier und dort verschieden sein, aber die
Praktiken hier und dort sollten es sein.
Als Max Taut vor bald 10 Jahren das Büro-
haus des Allgemeinen Deutschen Gewerk-
schaftsbundes in der Inselstraße baute, schuf
Erich Mendelsohn u. Reichel
Metallarbeiter-Verbandshaus, Berlin
das hier um so mehr
Reichel
Berlin
Erich Mendelsohn u.
Metallarbeiter-Verbandshaus,
er ein System gleichwertiger Raumeinheiten
(übrigens auf einem ähnlichen Grundstück), in
dem nur die beiden Sißungssäle markiert
waren. Das Arbeitszimmer Leiparts liegt in
einer Reihe mit allen.
Daß sich denen, die im „Kopfbau“ sißen,
für Größe und Bedeutung der mächtigsten
Arbeiter-Organisation der Welt außen und
innen nichts anderes darbietet, als der keines-
wegs mehr von der Welt restlos bewunderte
Travertin-Geschmack von Generaldirektoren
und Konzern-Häuptern, erstaunt nun kaum
noch. Deprimierend freilich ist es immer wie-
der: statt mit einem eigenen Stolz aufzu-
treten, statt mit einer neuen kulturell-künst-
lerischen Gesinnung dort, wo gewaltige Or-
ganisalionskraft künstlerische Leistungen der
Arbeiterschaft ermöglicht, den Beginn zu
machen und mit Mut den Weg in die Zukunft
zu gehen, macht man veraltete Repräsen-
tations-Chikanen nach, die sonst schon kein
Mensch in der Welt mehr ernst nimmt.
Travertin ist nicht nur ein Stein, sondern
auch eine Gesinnung . . . anders ausgedrückt:
Travertin besteht nicht immer aus Kalktuff,
sondern ebenso oft aus kaukasischer Eiche,
Glas oder Bronze, in Innenräumen manchmal
auch aus Malerei.
Schlußwort zum Kölner Denkmalpflegetag
Unser H. G.-Berichterstatter schreibt uns:
in Köln haben vom 16. bis 20. September
die deutschen Denkmalpfleger getagt. Ge-
heimrat Clemen (Bonn) und Staatssekre-
tär a. D. Freiherr von Stein (Berlin) präsi-
dierten abwechselnd dem Tag für Denkmal-
pflege und Heimatschuß 1930. Als Refe-
renten betätigten sich der Kunsthistoriker der
Kölner Universität, Professor Dr. A. E. Brinck-
mann: Kathedralen und Städte, Professor
Dr. Sauer (Freiburg i. Br): Der Kölner Dom
als Gotteshaus und Baudenkmal, Dombau-
meister Güldenpfennig: Der Zustand des
Kölner Domes und die Arbeit der Dombau-
hütte, der preußische Konservator Dr.-Ing.
e. h. Hiecke: Probleme der Denkmalpflege
am Kölner Dom. Am zweiten Verhandlungs-
tag erstattete Professor Bonaß Bericht über
sein Projekt der Südplaßgestaltung am
Kölner Dom und über die Sanierung der alten
Rheihfront. Schließlich gaben die Herren
Prof. Dr. Karlinger (Aachen), Geheimrat
Riemerschmid, Dr.-Ing. Vogts (Köln) und
Dr. Lindner (Berlin), der umsichtige Sekretär
des Denkmaltages, kurze Berichte zum
Thema: Erziehung des Nachwuchses in Denk-
malpflege und Heimatschuß.
Zur geleisteten Arbeit sgi. hier ein illu-
strierendes Schlußwort gegeben. Brinck-
m a n n beschäftigte sich mit dem optischen
Maßstab der Sakralbauten im alten
Stadtbild, um dann auf die Isolierungs-
lange man zu den Fragen des Kunstwerks.
Es gelte also, die kirchlichen mit den denk-
malpflegerischen Interessen zu verbinden, oder
sie einander anzugleichen. Unsere Pflicht, die
Grundsäße der Erhaltung des Kölner Doms zu
klären, sei eine wahrhaft nationale Aufgabe.
— Ist es der Tagung gelungen, diese gültigen
(auch für andere Fälle) Grundsäße zu finden?
— Sie können nur nach genauester Kenntnis
des vorliegenden Tatbestandes aufgestellt
werden.
Der Dombaumeister Güldenpfennig
vermochte die Ursachen der Verwitterung
und ihren Verlauf an den einzelnen
Bauteilen fast lückenlos zu erklären. Den
allergrößten Schaden richte die Schwefel-
säurebildung (Abgase des Bahnhofs) an.
Den freiliegenden Teilen schade dieser
zerseßende Stoff weniger, da ihn hier
der Regen wegspüle, um so heftiger wirke er
in den Höhlungen und geschüßt liegenden
Stellen. Vielleicht bringe die Chemie einmal
em Steinschußmittel auf den Markt, das ge-
nügend Sicherheit und Vorbeugung gewähr-
leistet. Als bester Werkstein komme zur Zeit
Muschelkalk für die Ausbesserungs- und In-
standseßungsarbeiten am Dom in Frage. Er
ist in hohem Maße wetterfest. Die Frage, in
welchen Formen die Erneuerungsarbeiten
durchzuführen seien, beantwortete der Dom-
baumeister dahingehend, daß der Ersaß durch
heutige Ausdrucksformen unbedingt abzuleh-
Prof. Alfred. Grenander-Berlin
Berliner Privathaus, Blick in die Halle
bestrebungen der Romantik hinzuweisen, die
ein altes Bauwerk einzig als ein historisches
Vermächtnis wertete, es also als einen
Sonderfall, losgelöst von den alten Seins-
bedingungen, behandelte. So wurde auch der
Kölner Dom freigelegt. Heute ist man be-
strebt, die Verbindungen mit den städtebau-
lichen Gegebenheiten wieder herzustellen:
„Auch an unsere Kathedralen tritt das Leben
mit immer neuen Forderungen, aber aus eben
diesen Forderungen werden sie ihre künstle-
rische Lebendigkeit gestalten. Die geistige
Kraft eines Bauwerks mit der wachsenden
Stadt zu mehren: das scheint mir der tiefere
Sinn architektonischer Tradition zu sein". —
Vorausseßung ist dann allerdings, daß auch
Potenzen vorhanden sind, die eben diese
geistige Kraft mehren können. Die an sich
begabten Triebe einer Libergangs- und Experi-
mentierzeit wie der unsrigen werden dazu
kaum ausreichen. Am ehesten wohl in städte-
baulicher Beziehung.
Wer als geistlicher Herr und katholischer
Kunsthistoriker spricht, wie Prof. Sauer,
muß mit Recht darauf hinweisen, daß der Dom
zunächst ein Gotteshaus ist. Erst dann ge-
nen sei, da ja der alte Baugedanke nicht ver-
fälscht werden dürfe. Wohl könne hier und
dort eine Fiale oder Blume weggelassen wer-
den; auch brauchten die Steinmeßen keine
sklavische Kopistenarbeit auszuführen, aber
es müsse doch in jeder Weise die alte Form
zugrunde gelegt werden. — Das Bekenntnis
des Weglassens eines Zuviels an unsichtbaren
Stellen ist sehr schön, immerhin liegt Grund
vor zu bezweifeln, ob das nun auch tatsächlich
geschieht. Ich glaube es nicht. Mit dieser
kleinlichen tlberängstlichkeit sollte endlich ein-
mal energisch gebrochen werden.
Kluge und bejahenswerte Ausführungen gab
Konservator Dr. Hiecke (Berlin), der die
Arbeiten am Kölner Dom als staatliche Auf-
sichtsstelle zu überwachen hat. Das Kapitel
der Hohen Domkirche sollte sich an diese er-
fahrene Persönlichkeit ganz besonders halten.
Ein Bauwerk wie der Kölner Dom und alle
andern ebenfalls, dürfe weder mit erstarrt
dogmatischen noch mit modischen Rezepten
behandelt werden. Ein festes Schema lasse
sich eben in keinem Fall aufstellen. Eine
irgendwo notwendig gewordene Hilfskonstruk-
tion z. B. in Eisenbeton auszuführen, sei durch-
RAUMKUN ST
Travertin
Von Dr. Adolf Behne
„Travertin (lapis tiburfinus), eine Abart des
Kalktuffs, die eine bald schaiige, bald dichte,
oft durch parallele, langgestreckte Hohlräume
poröse Struktur und gelblich weiße Farbe be-
sifet und vorzugsweise in den Abruzzen, zu-
mal an den Kaskaden bei Tivoli, mächtige,
noch in der Fortbildung begriffene Ablagerun-
gen zusammenseßt. Travertin ist seit dem
Altertum ein gesuchtes Baumaterial (Ko-
losseum, Peferskirche usw.L“
Soweit der große Meyer. Hinzuzufügen
wäre nur, daß „Travertin“ auch eine Mode
und beinahe ein Bekenntnis ist.
Travertin ist der „Marmor der neuen Sach-
lichkeit“. Selbstverständlich wäre die fade,
zuckrige Glätte des
Marmors heute taktlos
und unmöglich, unbe-
dingt kitschig. Anderer-
seits besteht Bedarf an
einem noblen und un-
verkennbar repräsen-
tativen Fassadenstein,
an einem Stein, der
ebenso exklusiv wie
„neuzeitlich“ ist. Und
da bietet sich der Tra-
vertin: er ist — ganz
anders als Marmor
oder Sandstein —
herbe, spröde und
rauh, aber seine Rau-
heit ist malerisch-
porös, ornamental-
schnittig, rissig, rassig,
eine elegante Abart
des Kalktuff mit leich-
tem Parfum der Kon-
fektion; Travertin ist
die Auto - Mischung
„Lack und Pelz“ ins
Mineralische übertra-
gen.
Als Erich Mendel-
sohn die Fassade des
„Hauses der Deutschen
Konfektion“ baute, hat
er Travertin in Ver-
bindung mit Bronze
meisterhaft verwendet. Aufgabe und Er-
scheinung sind ganz zur Deckung gebracht.
Auch sein Breslauer Warenhaus Peiersdorff,
eine moderne Paraphrase der porta nigra, in
Eisenkonstruktion, in Spiegelglas, Travertin
und Bronze, ist ein glänzendes Beispiel.
Der Deutsche Metall-Arbeiter-
Verband ist wohl die größte Arbeiter-
organisation der Welt, fast 1 000 000 Mitglie-
der stark. Er siedelte jeßt von Stuttgart, wo
er ein Mietshaus in bekannter Großstadt-
Renaissance bewohnte, nach Berlin über. Das
neue Haus, von Erich Mendelsohn und
Reichel, dient teils der Arbeit und teils
der Repräsentation. Die Arbeitsräume (Büros,
Druckerei) sind außen weiß gepulst, den Re-
Dräsentationsräumen „verleihfTravertin „sicht-
baren Ausdruck der Größe und Bedeutung des
Metall-Arbeifer-Verbandes" (Abb. oben).
Es ist eine merkwürdige Vorstellung, daß
ein gewaltiger Verband seiner „Größe und
Bedeutung sichtbaren Ausdruck verleihen",
also repräsentieren muß. Eigentlich hätte der
größte Verband der Welt es am wenigsten
nötig. Den kleineren könnte man es eher zu-
billigen.
Wenn der bauende Metall-Arbeiter-Ver-
band genau und sparsam, dabei mit unerbitt-
licher Energie das Leiste an Leistung fordernd,
sein Haus hingestellt hätte, so mühte doch
diesem Bau, da der Verband etwas ist und
nicht nur etwas zu sein vorgibt, durch sich
selbst, durch die Sache, eine Bedeutung zu
eigen sein, die als Architektur deutlich genug
spräche, viel deutlicher, als aller Travertin-
Verleih. So ist im Hofe die Druckerei gebaut,
als bester Mendelsohn (Abb. links unten).
Es wäre kleinlich, gegen den Metall-Ar-
beiter-Verband zu polemisieren, weil er in
einer Einzelheit der Bekleidungsfrage da-
nebengriff. Leider handelt es sich um etwas
anderes.
Der Metall-Arbeiter-Verband hält es für
notwendig, zu repräsentieren . . . aber mit
Unterschied! Er kennt Puh und Travertin,
hölzerne und bronzene Fensterrahmen. Pub
und Holz für die langen Seitentrakte, Bronze
und Travertin für den „Kopfbau". Bedenk-
licher noch als der allgemeine Wunsch nach
Repräsentation ist dieses Verfahren, die Re-
präsentation zu dosieren . . . ein Verfahren,
verblüfft, als der reprä-
sentative „Kopfbau“ —
am weiten Plaß vor der
Zossener Brücke —
Privileg einer Funk-
tionärs-Elite bleibt, im
Grundriß auffallend
unterstrichen. Ist es
für den Geist des
Metall - Arbeiter - Ver-
bandes charakteristisch,
daß es in diesem
„Kopfbau“ keinen Ge-
meinschaftsraum aller
hier Arbeitenden gibt,
aber je eine Etage für
die Grundstücksverwal-
tung, eine für die
Kasse, eine für den
Vorstand — doch z. B.
keine Kantine?
Ich bestreite keines-
wegs, dafj der Grund-
riß praktisch ist. Nur
will es mir scheinen,
daß seine Praxis so
völlig im Geiste eines
kapitalistischen Betrie-
bes entwickelt ist, daß
morgen Krupp oder IG
hier einziehen und
prompt weiferarbeiten
könnten: Generäle im
„Kopfbau“, Mannschaft
in den Flügeln.
Es wäre gewiß naiv,
zu meinen, daß der Grundriß einer gewerk-
schaftlichen Verwaltung ungemütlich und un-
praktisch sein müßte. Er soll keinem anderen
an Brauchbarkeit in der Praxis nachstehen, ja
er müßte jeden anderen übertreffen, weil seine
Praxis ja um ein Moment noch vertieft ist: um
das soziale. Nicht der Grad der Praxis sollte
hier und dort verschieden sein, aber die
Praktiken hier und dort sollten es sein.
Als Max Taut vor bald 10 Jahren das Büro-
haus des Allgemeinen Deutschen Gewerk-
schaftsbundes in der Inselstraße baute, schuf
Erich Mendelsohn u. Reichel
Metallarbeiter-Verbandshaus, Berlin
das hier um so mehr
Reichel
Berlin
Erich Mendelsohn u.
Metallarbeiter-Verbandshaus,
er ein System gleichwertiger Raumeinheiten
(übrigens auf einem ähnlichen Grundstück), in
dem nur die beiden Sißungssäle markiert
waren. Das Arbeitszimmer Leiparts liegt in
einer Reihe mit allen.
Daß sich denen, die im „Kopfbau“ sißen,
für Größe und Bedeutung der mächtigsten
Arbeiter-Organisation der Welt außen und
innen nichts anderes darbietet, als der keines-
wegs mehr von der Welt restlos bewunderte
Travertin-Geschmack von Generaldirektoren
und Konzern-Häuptern, erstaunt nun kaum
noch. Deprimierend freilich ist es immer wie-
der: statt mit einem eigenen Stolz aufzu-
treten, statt mit einer neuen kulturell-künst-
lerischen Gesinnung dort, wo gewaltige Or-
ganisalionskraft künstlerische Leistungen der
Arbeiterschaft ermöglicht, den Beginn zu
machen und mit Mut den Weg in die Zukunft
zu gehen, macht man veraltete Repräsen-
tations-Chikanen nach, die sonst schon kein
Mensch in der Welt mehr ernst nimmt.
Travertin ist nicht nur ein Stein, sondern
auch eine Gesinnung . . . anders ausgedrückt:
Travertin besteht nicht immer aus Kalktuff,
sondern ebenso oft aus kaukasischer Eiche,
Glas oder Bronze, in Innenräumen manchmal
auch aus Malerei.
Schlußwort zum Kölner Denkmalpflegetag
Unser H. G.-Berichterstatter schreibt uns:
in Köln haben vom 16. bis 20. September
die deutschen Denkmalpfleger getagt. Ge-
heimrat Clemen (Bonn) und Staatssekre-
tär a. D. Freiherr von Stein (Berlin) präsi-
dierten abwechselnd dem Tag für Denkmal-
pflege und Heimatschuß 1930. Als Refe-
renten betätigten sich der Kunsthistoriker der
Kölner Universität, Professor Dr. A. E. Brinck-
mann: Kathedralen und Städte, Professor
Dr. Sauer (Freiburg i. Br): Der Kölner Dom
als Gotteshaus und Baudenkmal, Dombau-
meister Güldenpfennig: Der Zustand des
Kölner Domes und die Arbeit der Dombau-
hütte, der preußische Konservator Dr.-Ing.
e. h. Hiecke: Probleme der Denkmalpflege
am Kölner Dom. Am zweiten Verhandlungs-
tag erstattete Professor Bonaß Bericht über
sein Projekt der Südplaßgestaltung am
Kölner Dom und über die Sanierung der alten
Rheihfront. Schließlich gaben die Herren
Prof. Dr. Karlinger (Aachen), Geheimrat
Riemerschmid, Dr.-Ing. Vogts (Köln) und
Dr. Lindner (Berlin), der umsichtige Sekretär
des Denkmaltages, kurze Berichte zum
Thema: Erziehung des Nachwuchses in Denk-
malpflege und Heimatschuß.
Zur geleisteten Arbeit sgi. hier ein illu-
strierendes Schlußwort gegeben. Brinck-
m a n n beschäftigte sich mit dem optischen
Maßstab der Sakralbauten im alten
Stadtbild, um dann auf die Isolierungs-
lange man zu den Fragen des Kunstwerks.
Es gelte also, die kirchlichen mit den denk-
malpflegerischen Interessen zu verbinden, oder
sie einander anzugleichen. Unsere Pflicht, die
Grundsäße der Erhaltung des Kölner Doms zu
klären, sei eine wahrhaft nationale Aufgabe.
— Ist es der Tagung gelungen, diese gültigen
(auch für andere Fälle) Grundsäße zu finden?
— Sie können nur nach genauester Kenntnis
des vorliegenden Tatbestandes aufgestellt
werden.
Der Dombaumeister Güldenpfennig
vermochte die Ursachen der Verwitterung
und ihren Verlauf an den einzelnen
Bauteilen fast lückenlos zu erklären. Den
allergrößten Schaden richte die Schwefel-
säurebildung (Abgase des Bahnhofs) an.
Den freiliegenden Teilen schade dieser
zerseßende Stoff weniger, da ihn hier
der Regen wegspüle, um so heftiger wirke er
in den Höhlungen und geschüßt liegenden
Stellen. Vielleicht bringe die Chemie einmal
em Steinschußmittel auf den Markt, das ge-
nügend Sicherheit und Vorbeugung gewähr-
leistet. Als bester Werkstein komme zur Zeit
Muschelkalk für die Ausbesserungs- und In-
standseßungsarbeiten am Dom in Frage. Er
ist in hohem Maße wetterfest. Die Frage, in
welchen Formen die Erneuerungsarbeiten
durchzuführen seien, beantwortete der Dom-
baumeister dahingehend, daß der Ersaß durch
heutige Ausdrucksformen unbedingt abzuleh-
Prof. Alfred. Grenander-Berlin
Berliner Privathaus, Blick in die Halle
bestrebungen der Romantik hinzuweisen, die
ein altes Bauwerk einzig als ein historisches
Vermächtnis wertete, es also als einen
Sonderfall, losgelöst von den alten Seins-
bedingungen, behandelte. So wurde auch der
Kölner Dom freigelegt. Heute ist man be-
strebt, die Verbindungen mit den städtebau-
lichen Gegebenheiten wieder herzustellen:
„Auch an unsere Kathedralen tritt das Leben
mit immer neuen Forderungen, aber aus eben
diesen Forderungen werden sie ihre künstle-
rische Lebendigkeit gestalten. Die geistige
Kraft eines Bauwerks mit der wachsenden
Stadt zu mehren: das scheint mir der tiefere
Sinn architektonischer Tradition zu sein". —
Vorausseßung ist dann allerdings, daß auch
Potenzen vorhanden sind, die eben diese
geistige Kraft mehren können. Die an sich
begabten Triebe einer Libergangs- und Experi-
mentierzeit wie der unsrigen werden dazu
kaum ausreichen. Am ehesten wohl in städte-
baulicher Beziehung.
Wer als geistlicher Herr und katholischer
Kunsthistoriker spricht, wie Prof. Sauer,
muß mit Recht darauf hinweisen, daß der Dom
zunächst ein Gotteshaus ist. Erst dann ge-
nen sei, da ja der alte Baugedanke nicht ver-
fälscht werden dürfe. Wohl könne hier und
dort eine Fiale oder Blume weggelassen wer-
den; auch brauchten die Steinmeßen keine
sklavische Kopistenarbeit auszuführen, aber
es müsse doch in jeder Weise die alte Form
zugrunde gelegt werden. — Das Bekenntnis
des Weglassens eines Zuviels an unsichtbaren
Stellen ist sehr schön, immerhin liegt Grund
vor zu bezweifeln, ob das nun auch tatsächlich
geschieht. Ich glaube es nicht. Mit dieser
kleinlichen tlberängstlichkeit sollte endlich ein-
mal energisch gebrochen werden.
Kluge und bejahenswerte Ausführungen gab
Konservator Dr. Hiecke (Berlin), der die
Arbeiten am Kölner Dom als staatliche Auf-
sichtsstelle zu überwachen hat. Das Kapitel
der Hohen Domkirche sollte sich an diese er-
fahrene Persönlichkeit ganz besonders halten.
Ein Bauwerk wie der Kölner Dom und alle
andern ebenfalls, dürfe weder mit erstarrt
dogmatischen noch mit modischen Rezepten
behandelt werden. Ein festes Schema lasse
sich eben in keinem Fall aufstellen. Eine
irgendwo notwendig gewordene Hilfskonstruk-
tion z. B. in Eisenbeton auszuführen, sei durch-