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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Editor]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 47 (23. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44979#0127
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Jahrg. IV, Nr. 47 vom 23. November 1930

WELT K U N S T

3

achfungheischender technischer Manier ge-
schaffen und gebraucht. Die Arbeiten in
Porzellan und Steingut der Werk-
stätten von Sevres findet man in jedem
gepflegten französischen Haus. Bronzen von
Cornier Costa, Dejean, Drivier, Lasserre u. a.
ebenfalls. Sie wurden gegossen von der
weltbekannten und berühmten Bronzegießerei
Barbedienne (Paris). Bei reichen Bücher-
Sammlern kann man die von Rene Kief-
fer illustrierten, gedruckten und gebundenen
Köstlichkeiten bewundern. Gläser von
Rene Lalique, Beleuchtungskörper von Si-
mone!, farbige Glasarbeit von Buthaud, Serre,
Desroeur, handgeknüpfte Teppiche von

Der heiligen Kunst von heute fehlt eigent-
lich alles: den Malern und Bildhauern mangelt
das tiefe religiöse Gefühl, das sie im Sinne
eines Dogmas schaffend machen könnte, der
Kirche mangelt die kunstfreundliche Haltung,
welche sie durch Jahrhunderte hindurch zum
bedeutsamsten Mäzen werden liefj, und im

da Silva Bruhns usw. ergeben ein gepflegtes
Beieinander. Gewiß, das ist nicht gültig für
den Geschmack der breiten Schichten, auch
nicht für den jüngsten Fortschritt, aber es
sagt dennoch aus vom heutigen Stand fran-
zösischen Werkschaffens und von einem be-
tont französischen Geschmack. Der Sinn für
die schöne Oberfläche, den schimmernden
Schein, den schönen Stoff ist hier das Gül-
tige und Charakteristische. Das sichere hand-
werkliche Können der Franzosen verdient un-
eingeschränkte Anerkennung. Soll man sich
an diese Tatsache nicht gerade bei uns er-
innern?
Hermann Ginzel (Köln)

gewissen Äußerungen näher; aber zu sagen,
es seien dort Meisterwerke wirklicher Sakral-
kunst zu schauen, wäre kühn.
Am besten schneidet noch die angewandte
Bildhauerei ab, gefördert in der Nach-
kriegszeit und durch die zahlreichen Aufträge
für Grabmäler, Denksteine und Ähnliches ent-

Batavia Ölbilder holländischer Gouverneure
hängen, die sich bereits über 30 Jahre an Ort
und Stelle befinden, ohne durch subtropische
klimatische Einflüsse gelitten zu haben. Aber
damit ist noch nicht bewiesen, daß drei- oder
vierhundertjährige Bilder, die durch die
Altersveränderungen eine ganz andere
substantielle Farbzusammenseßung besißen,
ebenfalls zerstörenden klimatischen Einflüs-
sen widerständen.
Ferner wird das Publikumsinleresse in
Batavia für ein Museum nur ein zeitlich be-
grenztes sein können, denn dadurch, daß die
Europäer in Batavia selten länger als fünf
Jahre wohnen, wird sich kaum ein dauernder
Kreis von Museumsfreunden dort bilden las-
sen. Eine überaus große Schwierigkeit liegt
auch in der Auswahl eines geeigneten Mu-
seumsleiters. Es wurden für diesen Posten
bereits fünf Kunsthistoriker in Vorschlag ge-
bracht, die alle von der Regierung abschlä-
gig beschieden wurden, teils weil sie den
gesundheitlichen Forderungen nicht ent-
sprachen, teils weil ihnen die erforderlichen
repräsentativen Eigenschaften fehlten. Denn
es wird für einen solchen Posten nicht nur
kunsthistorische Versiertheit verlangt, son-
dern auch Qualitäten besonderer Art, die die

Stofflichen und Expressiven vollziehen und
sein formales Rüstzeug erweitern. Er wird
seine Empfindungsfähigkeit, die im Stofflichen
auf die Dauer verebben würde, auf das For-
male übertragen, sich mit dem Raum ausei'n-
anderseßen und die Farbengebung anderen
als nur sensitiven Gesichtspunkten unter-
werfen. K.

Französische Meister
in Amsterdam
Der Amsterdamer Kunstsalon Frans
Buffa & Zonen hat eine höchst anregende
Ausstellung moderner Franzosen eröffnet, in
deren Mittelpunkt das Schaffen von Corot,
Cezanne, Degas, Millet und Renoir steht. Und
zwar wird ihre Kunst durch Handzeich-
nungen repräsentiert, die aus der Samm-
lung Dr. W. W e n d 1 a n d in Lugano stammen.
Die Zahl der ausgestellten Blätter ist nicht
groß, aber ihre Qualität erhebt diese Aus-
stellung zu einer bedeutsamen Angelegenheit.
Am umfangreichsten ist J. F. Millet ver-
treten, und zwar außer einer hockenden weib-

Internationale >Sakralkunst in Rom







V ERSTEIGER UNG

SAMMLUNG TONY STRAUS-NEGBAUR
ZEICHNUNGEN ALTER MEISTER
GEMÄLDE • SKULPTUREN • TEXTILIEN • MÖBEL UND ANDERE KUNSTGEGENSTÄNDE

GEMÄLDE UND KUNSTGEGENSTÄNDE
AUS DER EHEMALIGEN SAM M LUNG

MARCUS KAPPEL• BERLIN

Gerard Dou, Pieter de Hooch, Nicolaes Maes, Gabriel Metsu, Aert van der Neer, Adriaen van Ostade,
Rembrandt, Rubens, Jacob van Ruisdael, Jan Steen, Simon de Vlieger u. a.
Englische, italienische und französische Miniaturen und andere Kunstgegenstände
AM DIENSTAG, DEN 25. UND MITTWOCH, DEN 26. NOVEMBER 1930
VORMITTAGS 10 UND NACHMITTAGS 3 UHR

AUSSTELLUNG: AB FREITAG, DEN 21. NOVEMBER, VON 10-2 UND 4-6 UHR

AUKTION SLEITUNG:
PAUL CASSIRER- HUGO HE LBIN G • BERLIN W10


VIK TORIAST RA SSE 35






Publikum ist ein wirklich verständiger Käufer
frommer Gesinnung erst recht schwer zu
finden. Die erste „Mostra internazionale
d’Arfe Sacra", die unter dem Vorsitz des ita-
lienischen Botschafters beim Heiligen Stuhl
organisiert worden ist, trägt deutlich die Zei-
chen so wenig rosiger Bedingungen und ist —
mit einem Wort gesagt — belanglos. Sie bringt
em Sammelsurium überalterter Kunstwerke,
daneben einen Pseudomodernismus, — vor
den Bildern solcher Haltung bleibt vor allem
eines zu vermissen: ein echtes und lebendiges
religiöses Gefühl. Die Ausstellungsleitung hat
versucht, nicht nur Künstler aller Länder
heranzuziehen, sie brachte auch eine reiche
Auswahl angewandter Kunst. Wenn irgendwo
in dieser Ausstellung Leben zu spüren ist,
so ist es noch am ehesten in den Arbeiten
der Gold- und Silberschmiede, der Email-
listen, der musivischen Künste und des
Schmiedeeisens zu finden. Aus italienischen
Museums- und Galeriebeständen trug man —
wohl um die Ausstellung reicher erscheinen zu
lassen — eine Sammlung von religiösen ita-
lienischen Malern des Otto cento zu-
sammen; man gewann durch die Gemito, Ca-
taldi, De Carolis wenig. Die Baukünste
schließlich, die Limongelli durch die Umwand-
lung eines Saales in eine gotische Kapelle,
eine ungefühlte schreckliche italienische
Zuckerwerkgotik, manifestierte, sollten ganz
einfach verboten werden.
Von den ausländischen Ausstellern ist nur
Deutschland in einer Gruppe zu-
sammengefaßt. Natürlich liegen diese deut-
schen Bilder einem deutschen Betrachter in

wickelt. Reine statuarische Plastik hat auf
dem Sakralgebiet wenig Gutes geschaffen.
Aber wenn man die Worte des Katalogvor-
worfes: „Zerstückelt und zersplittert, hat die
Kunst vergessen, daß alle Wiedergeburt aus
der religiösen Inspiration erwächst“ als ein
Urteil über die gezeigten Werke auffaßt, so
sieht man eine Bescheidung, die freilich das
Ziel dieser Ausstellung, das politische, nicht
in den Hintergrund drängt: durch Initiative der
faschistischen, seit anderthalb Jahren vatikan-
freundlichen Regierung eine „Annäherung von
Kirche und Leben“ zustande zu bringen.
Gerhard R e i n b o t h (Rom)

Ein Museum in Batavia
Der Plan der holländischen Regierung, in
Batavia ein Museum zu errichten, scheint
troß der großen Schwierigkeiten, die ent-
gegenstehen, doch greifbare Formen zu ge-
winnen. Der Direktor des Ryksmuseums in
Amsterdam, Professor Dr. Schmidt-Degener,
wird im kommenden Frühjahr nach Batavia
reisen, um dieses Projekt zu realisieren.
Dieser Gründung einer Museumsfiliale, für
die in erster Linie auch wohl rein politische
Gründe sprechen, stehen aus sachlichen Be-
denken eine ganze Reihe autoritativer Per-
sönlichkeiten sehr skeptisch gegenüber. Vor
allem sieht man eine große Gefahr für die
Konservierung der Bilder. Zwar beruft man
sich darauf, daß im Regierungsgebäude in

Realisierung der politischen Absichten garan-
tieren, die mit der Gründung dieses Kolonial-
museums verbunden wären.
Man wird mit großem Interesse der Ver-
wirklichung dieser holländischen Kunstpläne
enlgegensehen. W. G.

Werner Scholz
Die Galerie Neumann-Nieren-
dorf in Berlin zeigt in ihren neuen Räumen
Bilder und farbige Zeichnungen von Werner
Scholz, sämtlich diesjährige Arbeiten. Man
sieht sich einer ganz vom Stofflichen be-
stimmten, von der Empfindung getragenen
Ausdruckskunst gegenüber, die scharf in der
Beobachtung und klar in den künstlerischen
Mitteln ist. Die Darstellungen exponieren sich
durch Schilderung menschlichen Elends und
menschlicher Leidenschaften. Neben Bettlern,
Krüppeln und Blinden erscheinen Dirnen und
Chansonetten; einige Prozessionsbilder mit
inguisitionshaften Pfaffentypen bilden eine
Gruppe für sich. Das Drastische wird durch
kompositionelle Geschlossenheit und formale
Sorgfalt glücklich zurückgedrängt. Einem aus-
geprägten Sinn für das Wesentliche der Er-
scheinung gelingt kräftiges und vereinfachtes
Charakterisieren. Die Farbengebung ist laut,
eigenartig und entwicklungsfähig. Scholz ist
eine Begabung. Er wird früher oder später
die Abkehr (und Abhängigkeit) vom einseitig

liehen Aktfigur mit typischen Darstellungen
aus dem ländlichen Leben.
Mit mehreren Blättern, in Kohle und in
Bleistift, ist auch A. Renoir repräsentiert.
Es finden sich überaus reizvolle Stücke dar-
unter, so Studien von jungen Mädchen, Kinder-
köpfen usw.
Von C. J. B. Corot sieht man zwei Land-
schaftszeichnungen in Bleistift bzw. Sepia, —
von P. Cezanne eine hügelige Landschaft
und von E. Degas die Bleisfiftstudie einer
nackten Frau.

Traugott Schiess
Das Kunsthaus Pro Arte in Basel
zeigt in den leßten Tagen eine besonders
interessante Sammlung von Gemälden und
Studien eines früh verstorbenen Schweizer
Malers. Traugott Schiess ist 1834 in St. Gallen
geboren, wo sein Vater Pfarrer war. Früh
kam der überaus talentierte Knabe zu Horner
nach Basel als Schüler, von wo er 1854 zu
Steffan nach München ging. 1862 entriß ihn
der Tod dem beginnenden Ruhm. Traugott
Schiess ist ein vielseitiger Maler gewesen.
Nicht nur Berglandschaften, wie allgemein be-
kann ist, beherrscht sein Pinsel. Ebenso be-
gabt war er für die Ausprägung idyllischer
Ebenen, wie für die figürliche Darstellung und
das Tierbild. Es ist ein besonderes Ver-
dienst der Baseler Galerie, der eidgenössi-
schen Heimat einen ihrer sympathischsten
Künstler mit dieser Ausstellung ins Gedächt-
nis zurückzurufen.
 
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