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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 48 (30. November)
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Jahrg. IV, Nr. 48 vom 30. November 1930

W E L T K U N S T

3

seltsame Mischung von Neu und Alt. Durch
einen Zufall begegnete er Alfredo Oriani, der
als sein bester Gönner und Helfer anzu-
sprechen ist. Die alte Kunst interessierte den
Heranwachsenden brennend, und sein offen-
sichtlich handwerklicher Instinkt trieb ihn zu
Restaurierungsarbeiten; seine Chemie- und
Physikkenntnisse halfen ihm, und, einmal auf
dem Weg, spezialisierte sich der Jüngling
immer stärker auf die „Heilung“ von alten
Bronzen und Marmoren. Seine Forschungen
über Metallkrankheiten und den Zerfall von
Marmor, Elfenbein und anderen Materialien
waren von solchen Erfolgen gekrönt, daß
Rocchi bald zu einem der bedeutsamsten
Restauratoren antiker Kunstgegenstände
wurde. Der Staat erkannte die Bedeutung


Louis XVI-Sekretär
Secretaire — Secretary
Rosenholz — Bois de rose — Rose-wood
Sign. J. Dubois
Versteigerung — Vente — Sale:
Frederik Muller & Co., Amsterdam
9. Dezember 1930

des Autodidakten und stellte ihm die Villa
Mills auf dem Palatin zur Verfügung. Hier
ging ein ungeheures Experimenfalmaterial
durch die Hände Rocchis, die Erfolge wurden
immer bedeutsamer, und man war überzeugt,
daß Rocchi die behandelten Gegenstände von
einem Zustand trauriger Ruinosität zu einer
Neuheit zurückbrachte, die, wenn auch nicht

jenem Zustand glich, in dem der antike
Künstler sie gefertigt hatte, so doch minde-
stens jenem Grad der Erhaltung, mit dem sie
in die Erde gebettet waren.
Vollkommen unbekannt blieben die Metho-
den Rocchis. Der Professor vergrub sich in
sein Laboratorium, und auf seinen Wunsch,
Schüler auszubilden, schickte ein unverstän-
diges Ministerium ihm die Museumswächter.
So blieb Rocchi allein, über seine Methoden
weiß man nur aus indirekten Schlüssen. So
erkrankte Rocchi infolge einer Vergiftung
während der Arbeit. Der ärztliche Befund
stellte fest, daß die Vergiftungserscheinungen
blißähnlich aufgetreten waren, das Blut ver-
ändert hatten und wahrscheinlich durch eine
Blausäureverbindung hervorgerufen waren.
Von dieser schweren Erkrankung erholte sich
das Opfer der Forschungen nur langsam.
Eine kurze Zeit darauf stellte sich eine Augen-
krankheit ein, die durch Blendeerscheinungen
hervorgerufen worden war. Nach Aus-
sagen Rocchis war die starke Konzentration
von Licht auf den behandelten Gegenständen
notwendig. Rocchi bezahlte die Heilung der
antiken Kunstwerke mit dem Verlust eines
Auges. Vor Jahresfrist verstarb der Gelehrte,
und wenn es auch nicht sicher ist, ob die
Witwe ihren soeben angestrengten Prozeß um
Anerkennung des Todes Rocchis durch Ver-
giftung in Ausübung seines Berufes gewinnen
wird, so muß man doch diesen zu frühen
Tod fraglos als einen Heldentod für Kunst
und Forschung betrachten.
Die Bedeutung Rocchis wird von den
italienischen Museen, die sämtlich heute in
alter Schönheit prangende antike Kunstwerke
in ihren Sälen besißen, Kunstwerke, die diese
ursprüngliche Schönheit durch Rocchis Ar-
beiten zurückgewannen, voll anerkannt. Es
begann infolgedessen ein Suchen nach den
Methoden des Professors, ein Suchen, das
jedoch vollkommen erfolglos blieb. Man weiß
bis heute nicht, ob Rocchi sein Wissen und
seine Geheimnisse einem Schüler oder einem
Freund hinterlassen hat, — denn wie ein
Alchimist des Mittelalters hat dieser moderne
Forscher seine Erkenntnisse, die außerordent-
liche gewesen sein müssen, für sich bewahrt.
Anzeichen sind ein Jahr nach seinem Tode
nicht zu spüren.
Eingehende Nachforschungen in seinem
Laboratorium aber sind nicht möglich. Nach
dem Tode des Gelehrten ist sofort die italie-
nische Gerichtsbehörde eingeschritten —
warum weiß man eigentlich nicht — und hat
die gesamte Villa Mills versiegelt, obwohl
dort neben dem staatlichen Institut, bei dem
eine entsprechende Maßnahme noch gerecht-
fertigt erscheinen könnte, sich das private
Forschungslaboratorium Rocchis befand, das
der Gelehrte aus eigenen Mitteln im Jahre
1904 gegründet hat. Die Siegel sind unver-
leßt, und nur einmal hat man sie gelöst, weil
ein Notar eine Bestandsaufnahme machen
mußte. Erst jeßt, ein Jahr nach dem Tode,
versucht die Witwe das Recht auf die wissen-
schaftliche Erbschaft Rocchis für sich in An-
spruch zu nehmen; gleichzeitig mit diesem
Prozeß läuft ein anderer, der beweisen soll,
daß Rocchi durch Vergiftungen in Ausübung
seines Staatsberufes gestorben ist. Der erste
Teil des Prozesses ist weitaus interessanter,
da er die Frage in den Mittelpunkt stellt, ob
die Geheimnisse Rocchis überhaupt heute
noch aus den Funden im Laboratorium er-
kennbar oder ob sie in irgendeiner Form
niedergelegt sind. Freunde Rocchis ver-
sichern, es existiere an unbekanntem Ort ein
chiffriertes Manuskript über die Methoden und
Erkenntnisse, das Rocchi geschrieben habe.


als er die Hoffnung auf einen Schüler auf-
gegeben habe. Mit der Untersuchung des ge-
samten und von den Tageszeitungen Italiens
sehr romanhaft aufgemachten Falles ist der
Akademiker Prof. Paravano betraut worden.
Paravano hat jeßt Zutritt zu dem versiegelten
Laboratorium erhalten und hat die einzelnen
Räume, von denen jeder für eine besondere
Behandlung bestimmt war, einer besonderen

Zeichenunterricht
von heute
Die Zeichenstunde hat heute an den
Schulen die öde Langeweile und Qual früherer
läge verloren. Die verstaubten Gipsmodelle,
delle, die Holzklößchen,
Schachteln und aufge-
spießten Schmetter-
linge, vor denen wir
verzweifelt und ewig
radierend saßen, sind
von den Tischen ver-
schwunden. Ausstellun-
gen von Kinderzeich-
nungen, so die kürz-
lich im Reckendorfhaus
gezeigte (vergl. „Welt-
kunst“ Nr. 42), erbrin-
gen wieder den Be-
weis, daß man sich auf
richtigem Wege be-
findet, denn die Kinder
zeichnen besser und
ausdrucksvoller als wir
es früher taten.

Aelbert Bouts, Altarflügel
Volet d’autel —■ Wing of an altar
Holz_— Bois — Panel: 69,5 : 41 cm — Smlg. aus ausländ. Besitz
Versteigerung — Vente — Sale:
A. Wertheim, Berlin, am n. Dezember 1930

Untersuchung unterzogen. Dabei ist bekannt
geworden — eine Tatsache, die für eine Ver-
giftung Rocchis spricht —, daß Rocchi selbst
eines dieser Zimmer die „Todeskammer"
nannte, ein Zimmer, in dem ein besonders
delikates Verfahren ausgeübt wurde. In
diesem Zimmer ist jene schwere Erkrankung
blißartig aufgetreten, an der Rocchi vor Jahren
zusammenbrach. Man wird diesen interessan-
ten Fall eines modernen Experten und Restau-
rators namentlich mit Rücksicht auf die
wissenschaftlichen Ergebnisse der Unter-
suchung weiter verfolgen müssen, obwohl die
Umstände auch an Menschlichem reich sind.

Seit 30 Jahren ist
man unablässig bemüht,
den Zeichenunterricht
auf psychologischer
Grundlage methodisch
aufzubauen und le-
bendig zu gestalten.
Entgegen dem früher
erstrebten Angleichen
der kindlichen Kunst-
übung an die Kunst
der Erwachsenen läßt
man das Kind in seiner
Weise und mit den
Mitteln arbeiten, die
seiner Entwicklungs-
stufe entsprechen. Da-
durch erzielt man er-
freulichere undstärkere
Leistungen, lernt das
Kind besser kennen und
kann es auch eher
leiten und fördern. Der
Kunstunterricht,wie das
Zeichnen heute in Ver-
bindung mit Kunst-
geschichte und Kunst-
betrachtung genannt
wird, ist zu einem voll
bewerteten Hauptfach
aufgerückt. Künstlerisch
begabte Kinder können
durch gutes Zeichnen
schlechte Leistungen in
anderen Fächern aus-
gleichen, und eine
schlechte Note im Zeichnen beeinträchtigt
sogar die Reifeprüfung.
Der heutige Unterricht bietet ein von der
Vergangenheit völlig abweichendes Bild. Vom
Eintritt in die Schule bis etwa zum zwölften
Lebensjahr zeichnen die Kinder nach der Vor-
stellung. Man hat nämlich erkannt, daß das
Kind nicht zeichnet, was es an einem Gegen-
stand sieht, sondern was es von diesem
Gegenstand weiß. Die Zeichnung gibt also
ein Bild von dem Vorstellungsver-
mögen des Kindes.
Die Farben, die früher den leßten
Schuljahren Vorbehalten waren, kommen jeßt
(Fortseßung auf Seite 10)

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