WELTKUNST
Jahrg. IV, Nr. 49 vom 7. Dezember 1930
monischen Ganzen hingezogen. Es ist eine
besondere Freude, das tiefgründige Ver-
ständnis des Künstlers für das Material zu
beobachten — wie er das Holz ganz anders
behandelt als z. B. Metall oder Ton. Wunder-
voll ist die verantwortungsvolle Genauigkeit,
mit der er, wie kaum ein moderner Zeichner
von Möbeln, in die Möglichkeiten der Holz-
verwendung eindringt, das Material prüft, es
so verwertet, daß äußerste Leistungsfähigkeit
erreicht wird. Handwerk und Maschine sind
in einer Weise individuell berücksichtigt, die
in der einfachsten Form das Richtige sucht
und findet. Es gibt keine Verlogenheit un-
vollkommener Ausführung auf Kosten der
Form in seinen Stühlen, Betten, Schränken,
side-boards usw., keine kostbaren Verzierun-
gen, um Schwächen der Konstruktion zu ver-
bergen, keine Details, die das Auge ablenken
und über den Wert des Ganzen täuschen.
Brangwyn verbirgt nichts. Er verlangt direkt
von dem Eigentümer seiner Möbel, daß er
über die kleinsten Konstruktionskunstgriffe
gebauten Möbel so dem ganzen einzuordnen,
dafs keine Disharmonie des Unbeweglichen
und Beweglichen entsteht. Da ist z. B. ein
side-board, dessen Schubfächer durch Ver-
wendung von Stirnholzeinlagen die ruhigen
Flächen so belebt, daß die massive Unbeweg-
lichkeit soweit aufgehoben wird, wie nötig ist.
Da ist eine Anrichte aus Eschenholz, deren
Türen mit Eichenholz und cirkassischer Esche
eingelegt sind. Wieder zeigt dieses Möbel
den vollkommenen Sinn für Aufteilung von
Flächen — ohne etwas von seinem praktischen
Zweck als staubfreier Aufbewahrungsort ein-
zubüßen. Wie verschiedene deutsche Möbel-
künstler beweist Brangwyn an einer Anrichte
aus Eichenholz, daß richtige Verwendung der
Maserung vollkommen das Ornament erseht.
Andere Möbel zeigen reicheren Schmuck an
Einlegearbeit, wie z. B. das Bettgestell aus
gray-wood, dessen Reichtum an Schmuck
vollkommen mit seiner Form harmoniert.
In dem keramischen Teil der Ausstellung
sind die Entwürfe, die Brangwyn seinerzeit
Arch. Dr. Freiherr v. Schlippenbach-Berlin / Haus A., Berlin / Halle — Hall
orientiert ist. Eine seiner Kommoden bilden
wir auf Seite 25 ab.
Aus den Abbildungen ist leicht ersichtlich,
daß das Rechteck den Entwurf beherrscht,
das, indem es konstruktive Schwierigkeiten
vermeidet, Stabilität der Struktur und Erleichte-
rung des Sauberhaltens bedingt. Wenige der
kleinen leicht beweglichen Dinge haben abge-
rundete Formen. Aber sie verweichlichen den
Entwurf als Ganzes keinesfalls.
In vielen seiner Entwürfe von ganzen
Innenräumen ist die Ausnußung des Raumes in
seltener Vollendung sichtbar. Frülieres Leben
zur See mag die eingebauten Schränke, Bänke
usw. vermittelt haben. Sicher sind sie ein
Kriterium moderner Zimmereinrichlungen.
Brangwyn hat es aber verstanden, diese ein-
für die Royal Doulton Pofteries gemacht hatte,
zu sehen. Auch hier wieder ist der vollendete
Sinn des Künstlers für Form und Farbe auf
Grund des behandelten Materials augenfällig
— wie in vielen seiner Teppiche. Alle diese
Dinge haben noch den besonderen Vorzug,
preiswert zu sein, wenn auch die Möbelpreise
durchaus dem Materialwert entsprechen.
In den handgearbeiteten Servicen und
Einzelstücken ist eine typische Brangwyn-Note
in Form und Farbe. — Und ganz besonders
muß die Bereitwilligkeit des künstlerischen
Leiters M. O. I. Noke dankbar erwähnt wer-
den, durch die eine große Anzahl Brangwyn-
scher Zeichnungen als Ergänzung der Aus-
stellung die vollen Möglichkeiten des Künst-
lers interpretieren. Charakteristisch ist die
Übereinstimmung der Skizzen und peinlich
ausgeführten Zeichnungen. Nichts ist banal
oder durch die Ausführung verdorben. Es
sind in der Ausstellung auch einige Glas-
arbeiten der berühmten Whitefriar’s-manufac-
ture, die durch gute Arbeit auffallen, nicht durch
Individualität, durch vollendete Technik mehr
als durch originelle Konzeption.
Seit langer Zeit sind Brangwyn’s See-
Motive für Teppichmuster in Deutschland be-
kannt. In seinen neuen Sachen zeigt er viel
deutlicher einen Sinn
für Technik im Zu-
sammenhang mit dem
Entwurf, für Zweck-
mäßigkeit im besten
Sinn. In ihrer Einfach-
heit des Dekors haben
sie, ebenso wie die
Keramik und die Möbel,
diesen ausgesproche-
nen männlichen Cha-
rakter — in den mehr
naturalistischen Mu-
stern, wie in der rein
geometrischen Auftei-
lung. Und hier hat
Brangwyn die Möglich-
keit, seinem feinen
Farbensinn freies Spiel
zu lassen — beson-
ders in den handge-
knüpften Donegal Tep-
pichen aus der Werk-
statt Harton. Diese
Stücke übertreffen alle
anderen sowohl an
harmonischer Schönheit der Farben, als auch
an vollkommener Übereinstimmung mit der
übrigen Zimmereinrichtung. Sie sollten in
Deutschland gewürdigt werden, das so viel
für die Hebung der modernen Teppich-In-
dustrie getan hat.
Kleinstwohnungen
Brüder Luckhardt & Anker
Die Ständige Bauwelt - Musterschau in
Berlin, Wilhelmstraße, veranstaltet jefet
eine Sonderaussfellung der Arbeiten von den
Brüdern Luckhardt & Anker.
Kleinstwohnungen sind die Devise
unserer wirtschaftlichen Notzeit. Fast jeder
moderne Architekt ist bemüht, dieses Problem
nach zweckmäßig hygienischen Grundsäßen
zu lösen. Aber wenigen gelingt diese Lösung
so, wie den Herren Luckhardt & Anker. Unter
Verwendung aller technischen und Bau-
material-Möglichkeiten unserer Zeit ent-
stehen hier Kleinstwohnungen, die nicht
nur den denkbar geringsten Raum bean-
spruchen, sondern auch wirklich wohn-
lich und soweit abgeschlossen sind, wie
es auch der moderne Mensch für sein
Heim noch beansprucht. Praktisch und
zugleich ästhetisch einwandfrei sind diese
Miniafurwohnungen, hygienisch und in den
Maßen harmonisch. Wenn man sie betrachte!,
stellt man sich unwillkürlich ein Philemon- und
Baucis-Idyll darin vor. Und was hier im
Innenraum gelöst ist, bezieht sich auf
Exterieur und Interieur der Einfamilien-
häuser, wie sie z. B. am Breitenbachplaß
entstanden sind. Nichts Verkrampftes, Sach-
lich-dogmatisches haben diese Häuser (nicht
Villen), nichts preientiös Kubistisches. Hier
wird der sachliche Baustil zur Zweckmäßigkeit,
die selbstverständlich wirkt und sich vom
Außenbau auf die innere Raumeinteilung aus-
wirkt.
Schließlich sind es große städtebau-
liche Arbeiten, die diese Ausstellung zeigt.
Umgesfaltungspläne des Potsdamer- und
Alexanderplaßes, große Siedlungsanlagen.
Dort wird der Architekt zum National-
ökonomen, aber nicht zum Kathedergelehrten,
sondern zum tiefen Kenner städtebaulicher
Forderungen. Bauliche Probleme sind heute
aktueller denn je. Vergleichendes Schauen
ist immer die Vorbedingung für den Laien
gewesen, wenn er sich ein eigenes Urteil
bilden wollte. In dieser Ausstellung findet er
Anregung und wirkliche Verarbeitung mo-
derner Architekturforderungen, — er und auch
der Baukünstler. v. 0 e I s e n
Moderne
Bühnenkunst in Holland
Eine Aufführung von Glucks „Iphigenie auf
Tauris", die am 20. November im Rahmen der
hervorragenden Veranstaltungen der W a g -
nervereeniging unter der tatkräftigen
und künstlerisch im besten Sinne modernen
initiative von Dr. Paul C r o n h e i m staftfand.
bedeutete nicht nur durch die ausgezeichnete,
von der gesanglich wie schauspielerisch in
leßter Vollkommenheit beherrschten Rolle der
Iphigenie (Germaine Lubin, Grand Opera
Paris) getragene musikalische Interpretation
ein Ereignis, sondern auch vor allem durch die
Bühnendekorationen, die, ebenso wie . die
Kostüme, von dem bekannten holländischen
A'chitekten H. Th. Wijdeveld entworfen
waren. Der starken formalen Zurückhaltung
des modern stilisierten, rhythmischen Bühnen-
aufbaus entsprachen die gedämpften, auf eine
Harmonie grauer, silberner und fahlblauer
Töne gestellten Farben, die dem feierlichen
Klassizismus der Gluckschen Musik einen de-
zenten Hintergrund schufen. Wir bilden oben
den Entwurf zum Bild des 4. Aktes ab, der
einen guten Begriff von der künstlerischen
Ausstattung dieser qualitativ ganz erst-
klassigen Aufführung gibt. D.
Japanische Architektur
der Neuzeit
Ein Land, das eine so alte, starke Kultur
und Tradition hat wie Japan, das andererseits
eine so ungeheure Wißbegierde besißt, in die
Errungenschaften westlicher Zivilisation einzu-
dringen, muß notwendig unter einem Zwie-
spalt leiden, der sich in künstlerischer Hin-
sicht besonders stark in der Architektur do-
kumentiert. Typisch ist der Dualismus der
Inneneinrichtung. Durch luxuriös eingerichtete
europäische Salons gelangt man zu dem Teil
des Wohnhauses, vor dessen Betreten man
die Schuhe ablegt. Hier serviert die Haus-
frau den Tee in der traditionellen halb
hockenden, halb knienden Stellung. Der
moderne japanische Architekt, der in Europa
und Amerika gelernt hat, beherrscht alle Er-
rungenschaften der Technik bis zur kühnsten
Eisenkonstrukfion. Aber so sachlich seine
Bauten angelegt sein mögen — uralte Formen
heimatlichen Schmuckes ist er nicht imstande
zu vermeiden. Und das konstruktive Element
muß noch anderen Geseßen Rechnung tragen.
Die stete Erschütterungsgefahr durch Erd-
beben bestimmt seine schwerere, vorsichtigere
Form. Troßdem ist Japan auf dem Wege,
eine Baukunst zu schaffen, die europäische
Einflüsse so verarbeitet, daß das nationale
Gefühl dominiert. Wenn in den lebten
50 Jahren auch dorf Bauten in gotischen und
anderen europäischen Stilarten entstehen
konnten, ist das nur ein Beweis für die er-
staunliche Jugendlichkeit einer alten Kultur,
die neue Eindrücke zu subjektiv aufgenom-
men hat. S. O.
Gluck, Iphigenie auf Tauris. IV. Akt
Entwurf von H. Th. Wijdeveld
Aufgeführt am 20. und 22. November in Amsterdam
L.BERNHEIMER
Antike
Gobelins Möbel
Stoffe Stickereien Samte
Frühe Teppiche
Oslasiatische Kunst
MÜNCHEN Lenbachplatz 3
MARGRAF & CO.
ABTEILUNG ANTIQUITÄTEN
Gebäude um 1780
Unter den Linden 21
BERLIN W8 • UNTER DEN LINDEN 21
Jahrg. IV, Nr. 49 vom 7. Dezember 1930
monischen Ganzen hingezogen. Es ist eine
besondere Freude, das tiefgründige Ver-
ständnis des Künstlers für das Material zu
beobachten — wie er das Holz ganz anders
behandelt als z. B. Metall oder Ton. Wunder-
voll ist die verantwortungsvolle Genauigkeit,
mit der er, wie kaum ein moderner Zeichner
von Möbeln, in die Möglichkeiten der Holz-
verwendung eindringt, das Material prüft, es
so verwertet, daß äußerste Leistungsfähigkeit
erreicht wird. Handwerk und Maschine sind
in einer Weise individuell berücksichtigt, die
in der einfachsten Form das Richtige sucht
und findet. Es gibt keine Verlogenheit un-
vollkommener Ausführung auf Kosten der
Form in seinen Stühlen, Betten, Schränken,
side-boards usw., keine kostbaren Verzierun-
gen, um Schwächen der Konstruktion zu ver-
bergen, keine Details, die das Auge ablenken
und über den Wert des Ganzen täuschen.
Brangwyn verbirgt nichts. Er verlangt direkt
von dem Eigentümer seiner Möbel, daß er
über die kleinsten Konstruktionskunstgriffe
gebauten Möbel so dem ganzen einzuordnen,
dafs keine Disharmonie des Unbeweglichen
und Beweglichen entsteht. Da ist z. B. ein
side-board, dessen Schubfächer durch Ver-
wendung von Stirnholzeinlagen die ruhigen
Flächen so belebt, daß die massive Unbeweg-
lichkeit soweit aufgehoben wird, wie nötig ist.
Da ist eine Anrichte aus Eschenholz, deren
Türen mit Eichenholz und cirkassischer Esche
eingelegt sind. Wieder zeigt dieses Möbel
den vollkommenen Sinn für Aufteilung von
Flächen — ohne etwas von seinem praktischen
Zweck als staubfreier Aufbewahrungsort ein-
zubüßen. Wie verschiedene deutsche Möbel-
künstler beweist Brangwyn an einer Anrichte
aus Eichenholz, daß richtige Verwendung der
Maserung vollkommen das Ornament erseht.
Andere Möbel zeigen reicheren Schmuck an
Einlegearbeit, wie z. B. das Bettgestell aus
gray-wood, dessen Reichtum an Schmuck
vollkommen mit seiner Form harmoniert.
In dem keramischen Teil der Ausstellung
sind die Entwürfe, die Brangwyn seinerzeit
Arch. Dr. Freiherr v. Schlippenbach-Berlin / Haus A., Berlin / Halle — Hall
orientiert ist. Eine seiner Kommoden bilden
wir auf Seite 25 ab.
Aus den Abbildungen ist leicht ersichtlich,
daß das Rechteck den Entwurf beherrscht,
das, indem es konstruktive Schwierigkeiten
vermeidet, Stabilität der Struktur und Erleichte-
rung des Sauberhaltens bedingt. Wenige der
kleinen leicht beweglichen Dinge haben abge-
rundete Formen. Aber sie verweichlichen den
Entwurf als Ganzes keinesfalls.
In vielen seiner Entwürfe von ganzen
Innenräumen ist die Ausnußung des Raumes in
seltener Vollendung sichtbar. Frülieres Leben
zur See mag die eingebauten Schränke, Bänke
usw. vermittelt haben. Sicher sind sie ein
Kriterium moderner Zimmereinrichlungen.
Brangwyn hat es aber verstanden, diese ein-
für die Royal Doulton Pofteries gemacht hatte,
zu sehen. Auch hier wieder ist der vollendete
Sinn des Künstlers für Form und Farbe auf
Grund des behandelten Materials augenfällig
— wie in vielen seiner Teppiche. Alle diese
Dinge haben noch den besonderen Vorzug,
preiswert zu sein, wenn auch die Möbelpreise
durchaus dem Materialwert entsprechen.
In den handgearbeiteten Servicen und
Einzelstücken ist eine typische Brangwyn-Note
in Form und Farbe. — Und ganz besonders
muß die Bereitwilligkeit des künstlerischen
Leiters M. O. I. Noke dankbar erwähnt wer-
den, durch die eine große Anzahl Brangwyn-
scher Zeichnungen als Ergänzung der Aus-
stellung die vollen Möglichkeiten des Künst-
lers interpretieren. Charakteristisch ist die
Übereinstimmung der Skizzen und peinlich
ausgeführten Zeichnungen. Nichts ist banal
oder durch die Ausführung verdorben. Es
sind in der Ausstellung auch einige Glas-
arbeiten der berühmten Whitefriar’s-manufac-
ture, die durch gute Arbeit auffallen, nicht durch
Individualität, durch vollendete Technik mehr
als durch originelle Konzeption.
Seit langer Zeit sind Brangwyn’s See-
Motive für Teppichmuster in Deutschland be-
kannt. In seinen neuen Sachen zeigt er viel
deutlicher einen Sinn
für Technik im Zu-
sammenhang mit dem
Entwurf, für Zweck-
mäßigkeit im besten
Sinn. In ihrer Einfach-
heit des Dekors haben
sie, ebenso wie die
Keramik und die Möbel,
diesen ausgesproche-
nen männlichen Cha-
rakter — in den mehr
naturalistischen Mu-
stern, wie in der rein
geometrischen Auftei-
lung. Und hier hat
Brangwyn die Möglich-
keit, seinem feinen
Farbensinn freies Spiel
zu lassen — beson-
ders in den handge-
knüpften Donegal Tep-
pichen aus der Werk-
statt Harton. Diese
Stücke übertreffen alle
anderen sowohl an
harmonischer Schönheit der Farben, als auch
an vollkommener Übereinstimmung mit der
übrigen Zimmereinrichtung. Sie sollten in
Deutschland gewürdigt werden, das so viel
für die Hebung der modernen Teppich-In-
dustrie getan hat.
Kleinstwohnungen
Brüder Luckhardt & Anker
Die Ständige Bauwelt - Musterschau in
Berlin, Wilhelmstraße, veranstaltet jefet
eine Sonderaussfellung der Arbeiten von den
Brüdern Luckhardt & Anker.
Kleinstwohnungen sind die Devise
unserer wirtschaftlichen Notzeit. Fast jeder
moderne Architekt ist bemüht, dieses Problem
nach zweckmäßig hygienischen Grundsäßen
zu lösen. Aber wenigen gelingt diese Lösung
so, wie den Herren Luckhardt & Anker. Unter
Verwendung aller technischen und Bau-
material-Möglichkeiten unserer Zeit ent-
stehen hier Kleinstwohnungen, die nicht
nur den denkbar geringsten Raum bean-
spruchen, sondern auch wirklich wohn-
lich und soweit abgeschlossen sind, wie
es auch der moderne Mensch für sein
Heim noch beansprucht. Praktisch und
zugleich ästhetisch einwandfrei sind diese
Miniafurwohnungen, hygienisch und in den
Maßen harmonisch. Wenn man sie betrachte!,
stellt man sich unwillkürlich ein Philemon- und
Baucis-Idyll darin vor. Und was hier im
Innenraum gelöst ist, bezieht sich auf
Exterieur und Interieur der Einfamilien-
häuser, wie sie z. B. am Breitenbachplaß
entstanden sind. Nichts Verkrampftes, Sach-
lich-dogmatisches haben diese Häuser (nicht
Villen), nichts preientiös Kubistisches. Hier
wird der sachliche Baustil zur Zweckmäßigkeit,
die selbstverständlich wirkt und sich vom
Außenbau auf die innere Raumeinteilung aus-
wirkt.
Schließlich sind es große städtebau-
liche Arbeiten, die diese Ausstellung zeigt.
Umgesfaltungspläne des Potsdamer- und
Alexanderplaßes, große Siedlungsanlagen.
Dort wird der Architekt zum National-
ökonomen, aber nicht zum Kathedergelehrten,
sondern zum tiefen Kenner städtebaulicher
Forderungen. Bauliche Probleme sind heute
aktueller denn je. Vergleichendes Schauen
ist immer die Vorbedingung für den Laien
gewesen, wenn er sich ein eigenes Urteil
bilden wollte. In dieser Ausstellung findet er
Anregung und wirkliche Verarbeitung mo-
derner Architekturforderungen, — er und auch
der Baukünstler. v. 0 e I s e n
Moderne
Bühnenkunst in Holland
Eine Aufführung von Glucks „Iphigenie auf
Tauris", die am 20. November im Rahmen der
hervorragenden Veranstaltungen der W a g -
nervereeniging unter der tatkräftigen
und künstlerisch im besten Sinne modernen
initiative von Dr. Paul C r o n h e i m staftfand.
bedeutete nicht nur durch die ausgezeichnete,
von der gesanglich wie schauspielerisch in
leßter Vollkommenheit beherrschten Rolle der
Iphigenie (Germaine Lubin, Grand Opera
Paris) getragene musikalische Interpretation
ein Ereignis, sondern auch vor allem durch die
Bühnendekorationen, die, ebenso wie . die
Kostüme, von dem bekannten holländischen
A'chitekten H. Th. Wijdeveld entworfen
waren. Der starken formalen Zurückhaltung
des modern stilisierten, rhythmischen Bühnen-
aufbaus entsprachen die gedämpften, auf eine
Harmonie grauer, silberner und fahlblauer
Töne gestellten Farben, die dem feierlichen
Klassizismus der Gluckschen Musik einen de-
zenten Hintergrund schufen. Wir bilden oben
den Entwurf zum Bild des 4. Aktes ab, der
einen guten Begriff von der künstlerischen
Ausstattung dieser qualitativ ganz erst-
klassigen Aufführung gibt. D.
Japanische Architektur
der Neuzeit
Ein Land, das eine so alte, starke Kultur
und Tradition hat wie Japan, das andererseits
eine so ungeheure Wißbegierde besißt, in die
Errungenschaften westlicher Zivilisation einzu-
dringen, muß notwendig unter einem Zwie-
spalt leiden, der sich in künstlerischer Hin-
sicht besonders stark in der Architektur do-
kumentiert. Typisch ist der Dualismus der
Inneneinrichtung. Durch luxuriös eingerichtete
europäische Salons gelangt man zu dem Teil
des Wohnhauses, vor dessen Betreten man
die Schuhe ablegt. Hier serviert die Haus-
frau den Tee in der traditionellen halb
hockenden, halb knienden Stellung. Der
moderne japanische Architekt, der in Europa
und Amerika gelernt hat, beherrscht alle Er-
rungenschaften der Technik bis zur kühnsten
Eisenkonstrukfion. Aber so sachlich seine
Bauten angelegt sein mögen — uralte Formen
heimatlichen Schmuckes ist er nicht imstande
zu vermeiden. Und das konstruktive Element
muß noch anderen Geseßen Rechnung tragen.
Die stete Erschütterungsgefahr durch Erd-
beben bestimmt seine schwerere, vorsichtigere
Form. Troßdem ist Japan auf dem Wege,
eine Baukunst zu schaffen, die europäische
Einflüsse so verarbeitet, daß das nationale
Gefühl dominiert. Wenn in den lebten
50 Jahren auch dorf Bauten in gotischen und
anderen europäischen Stilarten entstehen
konnten, ist das nur ein Beweis für die er-
staunliche Jugendlichkeit einer alten Kultur,
die neue Eindrücke zu subjektiv aufgenom-
men hat. S. O.
Gluck, Iphigenie auf Tauris. IV. Akt
Entwurf von H. Th. Wijdeveld
Aufgeführt am 20. und 22. November in Amsterdam
L.BERNHEIMER
Antike
Gobelins Möbel
Stoffe Stickereien Samte
Frühe Teppiche
Oslasiatische Kunst
MÜNCHEN Lenbachplatz 3
MARGRAF & CO.
ABTEILUNG ANTIQUITÄTEN
Gebäude um 1780
Unter den Linden 21
BERLIN W8 • UNTER DEN LINDEN 21