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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Editor]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 49 (7. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44979#0171
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? IIL Beilage der »WELTKUNST»

Nr. 49 vom 7. Dezember 1930

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Das Münzkabinett
der Staatlichen
Museen in Berlin

Die ganze Welt der Kunst umfassend wird die „Welt.kunst“ auch dieses Sondergebiet des Sammel-
marktes, ihrem erweiterten Programm gemäß, zukünftig in periodischen Beilagen — ähnlich den bereits bewährten
Zusammenfassungen über „Bibliophilie“ und „Bau- und Raumkunst“ —- geschlossen behandeln. Die Welt der
Numismatik umschließt Kunst, Sammeln undWissenschaft in gleichem Maße, so daß sie ein Objekt „par excellence“—
wenn auch kleineren Stils — der Weltkunst genannt werden könnte. Wir haben uns die Mitarbeit bewährter Fach-
leute gesichert, — werden aber, unserer Aufgabe gemäß, nur Beiträge allgemeinsten Interesses bringen. Indem wir
hier wie überall die Lösung von Fachaufgaben der Fach Publizistik überlassen, hoffen wir anregend zu wirken
und, zugleich ernsthaft informierend, die Freude an der Welt dieser Kleinkunst in weiteste Kreise zu tragen.
Redaktion der „Weltkunst“

Von Dr. Willy Schwabacher

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Unfer dem alten
seinen Nachfolgern

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In dem schönen, soeben zur Hundertjahr-
feier im Verlag von Bruno Cassirer er-
schienenen Gesamtführer durch die staatlichen
Museen nimmt neben den anderen- Ab-
teilungen das Münzkabinett einen verhältnis-
mäßig bescheidenen kaum ein. Lind doch
bildete die von den Besuchern meist wenig
beachtete Münzsammlung — das erwähnte
auch Generaldirektor Waeßoldf in seiner
Jubiläumsrede — einst den Kern und Ursprung
•aller heutigen staatlichen- Sammlungen
Preußens und Berlins! Die Freude der deut-
schen Fürstenhöfe des 17. Jahrhunderts an
„Kuriositäten“ jeder Art hat auch hier den
Anlaß gegeben zu dem bald systematisch
und mit wissenschaftlichem Eifer betriebenen
Ausbau einer zunächst privaten Sammel-
leidenschaft der Brandenburgischen Kur-
fürsten.
Es ist anregend und lehrreich zugleich, die
; kurz gedrängte Geschichte dieser Sammlung,
ihren Aufbau und ihre wissenschaftlichen Ziel-
seßungen zu verfolgen. Ihr heutiger Leiter,
Direktor Prof. Dr. K. Rögling, legt sie auf
wenigen Seiten des oben erwähnten Führers
vor. Nicht alle Fürsten hatten allerdings die
gleiche Liebe für den „Thesaurus Branden-
:n burgicus“ wie der große Kurfürst und sein
(Nachfolger, unter dem bereits eine große
Publikation mit diesem Titel erschien. Der
erste König von Preußen z. B. hafte mehr
Sinn für seine „langen Kerls“ — und wählte
gleich nach seinem Regierungsantritt höchst
persönlich 300 der größten Goldmünzen zum
Einschmelzen aus den
Worüber ein Bericht des
lungsleiters erhalten ist.
Friß und besonders unter
wurde dieser Schaden aber durch bedeutende
Ankäufe geschlossener Sammlungen wieder
wett gemacht. Und das 19. Jahrhundert brachte
schließlich durch die umsichtige Führung von
Direktoren wie J. Friedlaender, A. v. Salle!
[und Julius Menadier (der die Leitung 1898 bis
1921 innehatte) der Sammlung den eigentlichen
Aufschwung zu ihrer heutigen Bedeutung. Sie
kann sich mit der der größten Sammlungen
Europas ruhig messen — für einige Teil-
gebiete steht Berlin heute sogar an der Spiße
■aller öffentlichen Münzkabinette der Welt!
Eine instruktive Tabelle gibt über das An-
wachsen und über die Vergleichszahlen mit
-anderen europäischen Sammlungen er-
wünschten Aufschluß. Von allen diesen Zahlen
sei hier nur die riesenhafte Gesamtziffer des
Berliner Kabinettes genannt: 415 000 Stück!
Zahlen sind für den Museumsbesucher aber
nur schemenhafte Begriffe, sinnlich nicht faß-
bare Vorstellungen. Was kann die Numismatik
dem künstlerisch Fühlenden als Schau vor-
führen? Was kann sie dem wissenschaftlich
Interessierten lehrhaft, dem Laien in ein-
ladender Form zur Anregung darbieten?
Der zahlenmäßig bei weitem bedeutendste
Teil einer solchen Riesensammlung kann, das
ist von vornherein klar, nur als wissenschaft-
liches Institut für ernste Spezialforschung auf-
gebaut und verwaltet werden. Diese S t u -
•diensammlung ist, was nur verhältnis-
i mäßig wenigen Besuchern des Kaiser-
Friedrich-Museums bekannt sein dürfte, seit

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ur, 1904 in den Souterrainräumen, nach dem
m, Kupfergraben zu, untergebracht und einer
systematischen Neuordnung und Inventarisie-
rung unterzogen worden. Ein Studiensaal mit
Handbibliothek ermöglicht jedem ernsthaften
—-i Forscher die Benußung an den Besuchstagen
des Kaiser-Friedrich-Museums.
Die mit ihr verbundene Schausamm-
lung im Saal 15 und 16 des Kaiser-Friedrich-
I Museums aber ist nach völlig anderen Ge-
j Sichtspunkten zusammengestellt. Den sehr
I verschiedenartigen Anforderungen, die ich
oben anzudeuten suchte, in einer solchen
Schaustellung gerecht zu werden, ist eine
äußerst schwierige Aufgabe. Mit einer Aus-
| Wahl von nahezu 10 000 unter Glas sichtbar
■ gemachten Stücken fast aller Länder und
Zeiten ist hier der Versuch gewagt, jene er-
wähnten Hauptgesichtspunkte allgemeinsten
Interesses lebendig werden zu lassen. Saal 15

dient in der Hauptsache einer mehr belehren-
den Vorführung: dem Werden des Geldes von
seinen „vormünzlichen“ Formen an in
historisch-geographischem Aufbau bis zu den
modernsten Arten des Papiergeldes. Eine
Ausnahme bilden dabei nur die Münzen des
griechischen Altertums, die in ihrer über-
wiegenden Bedeutung als kunstgeschichtliche
Denkmäler auch in mehr künstlerischer wie
historisch-wissenschaftlicher Weise ausge-
wählt und dargeboten worden sind.
Saal 16 ist dagegen vollständig unter
diesem künstlerischen Gesichtspunkt zu-
sammengestellt. Hier tut sich das Reich der
Medaille auf, jenes nur „münzähnlichen“
Kleinkunstwerkes, das wegen dieser äußer-
lichen Ähnlichkeit auf immer mit der begriff-
lich ja völlig andersartigen Münze verbunden
bleiben wird. — Rem gegenständlich genom-
men decken sich allerdings beide nicht nur
häufig, sondern überschneiden sich sogar nicht
selten: dasselbe kleine Stückchen Metall wird
ja unter der Hand des anonymen griechischen
Münzhandwerkers zu einem mit allen Göttern
des Himmels, allen Gestaltungskräften der
Erde verbundenen lebendigen Gebrauchsstück
— und gerät in unseren Zeiten einem „Künst-
ler“, allerdings nur manchmal, zu einer
„Kunstmedaille“! Von unserem Gelde ganz
zu schweigen.
In diesem Saal 16 sind in einem Schautisch
auch die berühmten großen Goldmedaillons
aus A b u k i r zu sehen, die in den Jahren vor

dem Krieg solch großes Aufsehen erregten,
als mißgünstige Neider nach der Erwerbung
durch das Kaiser-Friedrich-Museum ihre Echt-
heit anzweifelten. Der größte Schaß des für
jeden nicht oberflächlichen und mit offenen
Sinnen für höchste Formwerte begabten Be-
sucher außerordentlich reizvollen Parterre-
raumes 16 ist aber zweifellos die Schau der
italienischen und deutschen Renaissance-
medaillen mit ihren kostbaren Holz- und
Steinmodellen. An Zahl übertrifft hier die
Berliner Sammlung deutscher Renaissance-
medaillen jede andere der Welt. Von Namen
mögen nur Dürer, Hans Schwarz, Fr.Hagenauer,
Chr. Weidiß und Mathes Gebel genannt sein.
Und in solchem Zusammenhang sei dieser
Überblick mit einem Hinweis auf die sensa-
tionelle neueste Erwerbung des Deutschen
Museums geschlossen: jener zwei herrlichen
Holzmedaillons des Hans Schwarz
aus der lebten Auktion Figdor, zu denen das
Münchener Nationalmuseum die beiden
Gegenstücke bewahrt. Sammler wie Figdor —
oder auch James Simon, aus dessen Besiß
manche herrliche Medaille, manches Modell
ins neue Deutsche Museum kam — wußten
von je um die Bedeutung der Medaillenkunst.
Durch sie wird der Blick einer größeren All-
gemeinheit wenigstens zeitweise auf die
Münz- und Medaillenkunde gerichtet — und
dabei erstrahlt dann auch die Numismatik,
jenes „Aschenbrödel der Kunstwissenschaft“,
in einem ihr ungewohnten Licht.

Wanderausstellung
deutscher Medaillen

Von Dr. P. Grotemeyer, München

Nachdem München im Laufe dieses Som-
mers mit drei großen Ausstellungen vor die
breite Öffentlichkeit getreten ist: der Gesamt-
schau über die deutsche Kunst der Gegenwart
im Glaspalasf, der Ausstellung kirchlicher
Kunsterzeugnisse in der Residenz und der
Ausstellung der Sammlung Thyssen in der

und unter diesen steht zahlenmäßig wie dem
Ideenreichtum nach Bayern mit der Mün-
chener Medaille an erster Stelle. Audi der
historischen Entwicklung der modernen deut-
schen Medaille ist es gemäß, München hier in
den Vordergrund zu stellen. Denn in München
war es um die Jahrhundertwende Adolf v. Hilde-

THOMAS MANN von Hans Schwegerle


Neuen Pinakothek, ist nun gegen Ende des
Jahres noch eine vierte gefolgt, eine räumlich
weit kleinere und eine auch das große Publi-
kum nicht so sehr interessierende, aber doch
eine von weitgefaßtem Radius. Denn die Aus-
stellung von Medaillen und, in zweiter Linie,
von Plaketten, die, veranstaltet vom Reichs-
verband für Deutsche Werkkunst, in der
Städtischen Galerie gezeigt wird,
umfaßt alle wichtigen deutschen und öster-
reichischen Künstler, die sich seit den lebten
zwanzig Jahren mit der Medaille befassen.
Die Ausstellung ist nach Ländern eingeteilt.

brand und in den folgenden Jahren mit ihm
einige andere Künstler, wie Max Dasio und
Theodor Georgii, die um die Wiedererweckung
der guten deutschen Kunstmedaille sich be-
mühten. Die Bedeutung Münchens für die
deutsche Medaille wird durch eine kleine
Sonderausstellung aus dem Besiß der Staatl.
Münzsammlung zu München unterstrichen, in
welcher außer den schon genannten Künstlern
noch Hermann Hahn und Bleecker besonders
erwähnt seien. In dieser Abteilung hat von
den Jüngeren dann namentlich der aus
München stammende, nunmehr zu Berlin tätige

Ludwig Gies seinen Plaß gefunden, der als
der hervorragendste Vertreter der deutschen
Medaille überhaupt bezeichnet werden darf.
Auf alles einzugehen, was in der reichen
Ausstellung gezeigt wird, ist hier nicht mög-
lich. Nur was besonders auffällt, soll mit ein
paar Worten skizziert sein. In München sind
es dann weiter aus einem großen Kreis von
Künstlern, die sich mit Talent der Medaillen-
kunst widmeten, unter den Bildhauern Friß
Behn und vor allem Hans Schwegerle, einer
der geschmackvollsten und erfolgreichsten,
dessen jüngst geschaffene Medaille auf
Thomas Mann (siehe Abbildung) neben seinem
Martin Luther und einigen Preismedaillen
hervorsticht. Mit guten Porträts sind Karl
Roth und Max Olofs vertreten, Hans
Lindl als einer der fähigsten Jüngeren mit
reizvollen intimen allegorischen Darstellungen
wie ebenso mit glänzenden repräsentativen
Medaillen. Weiter nennen wir Josef Bernhart,
der sich durch namentlich technisch hervor-
ragende Porträtmedaillen auszeichnet, und
schließlich, ohne damit alle Namen zu er-
schöpfen, Max Hoene, K. Knappe, Rolf Nida-
Rümelin und von den Frauen Lissy Eckart und
E. v. Essöe.
Der Bedeutung nach folgt Preußen: hier
ist zuerst des Werkes Theodor v. Gosens zu
gedenken, der im Porträt wie in der Ge-
staltung figürlicher Rückseiten von gleicher
Vornehmheit ist und dessen Bildnismedaillen
der Johannette Kaufmann, Paul und Lotte
Schmitthammer und die Münchener Universi-
tätsmedaille mit der Athena auf der Rückseite
eigens genannt seien. Weiterhin fallen auf
Friß Wagert mit einer im Bildnis wie in der
Schrift gleich starken Rektoratsmedaille auf
Friedrich Schöttler, ferner Waldemar Raemisch
mit seiner Erfurter Stadtmedaille, B. Elkan mit
einem Porträt Gustav Mahlers und schließlich
A. S. Löwenthal mit Wilhelm v. Bodes dank-
barem Kopf.
Weiter im Süden ist für Württemberg
die Hildebrandsche Richtung durch den Bild-
hauer Ludwig Habich vertreten, der in seinen
Medaillen vornehmlich auf das Porträt be-
dacht ist. Im übrigen sind hier wie im benach-
barten Baden eine Anzahl modern
orientierter und selbständig denkender Künst-
ler tätig, so namentlich Alfons Feuerle, Adolf
Sanfter, Eugen Ehrhardt und Fred Dries.
Unter Sachsen stechen Bruno Eyermann
und Friß Hörnlein mit Arbeiten im negativen
Stahlschnitt hervor; besonders aber ist es
Paul Börner, der als entwerfender Künstler
für die Meißener Porzellanmanufaktur tätig ist
und in zahlreichen Arbeiten einen großen
Ideenreichtum zeigt.
Eine vom Reich ausgestellte eigene Ab-
teilung bringt die offiziellen Gedenkmedaillen,
die seit einigen Jahren vom Reich anläßlich
besonderer Ereignisse hergestellt werden, und
unter denen sich Arbeiten der führenden deut-
schen Medailleure finden. So sind unter ihnen
L. Gies, v. Gosen, Edwin Scharff, Hans
Schwegerle und Wackerle vertreten, der
leßtere mit dem Adlerschild des Reichs-
präsidenten.
Sehr im Gegensaß zu den Bestrebungen
der deutschen Medaille, möglichst vielgestaltig
und selbständig zu sein, steht das Bild, das
die Medaillenkünstler Österreichs ver-
mitteln. Hier erscheinen mit wenigen Aus-
nahmen alle ausstellenden Künstler als Träger
einer althergebrachten Tradition, die sich auch
rein äußerlich in dem fast durchweg ange-
wandten Guß in heller gelblicher Bronze kund-
tut. Heinrich Kautsch, A. Hartig, Richard
Placht, dann vor allem Jos. Tautenhayn und
Ludwig Hujer arbeiten in dieser Richtung.
Unter den wenigen modern Orientierten treten
Rudolf Schmidt, der mit seinen „springenden
jungen Pferden“ an R. Sintenis erinnert, ferner
Julius Traußl und Edwin Grienauer hervor.
Dankenswert ist, daß in der Ausstellung
auch auf die Technik der Medaillenherstellung
eingegangen und sowohl die Entstehung der
Guß- und Prägetechnik illustriert wird. Den
instruktiven Darstellungen, die vom Me-
dailleur Josef Bernhart-München stammen,
kann auch der ungeschulte Laie mit Leichtig-
keit folgen.
Die Medaillenausstellung ist als eine
Wanderausstellung angelegt und wird von
München aus, wo sie erstmalig gezeigt wird,
ihren Weg durch eine Reihe größerer Städte
Deutschlands und Österreichs nehmen. In
Kürze verläßt sie München, um einstweilen
nach der kleinen schwäbischen kunstregen
Stadt Kaufbeuren überzusiedeln. Möge sie
sich auf ihrer Wanderung viele wahre Freunde
erwerben!

ADOLPH HESS NACHF.
Frankfurt a. Main. Mainzerlandstraße 49
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Dänemark, Schweden, Frankreich, Schweiz,
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