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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 49 (7. Dezember)
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24

WELTKUNST

Jahrg. IV, Nr. 49 vom 7. Dezember 1930

(Fortseßung von Seite 12)
1932 auf der Isola di S. Elena mit Sicherheit
vier neue Nationalpavillons entstehen werden.
Weitere Verhandlungen, die aber noch nicht
zum Abschluß gekommen sind, schweben mit
Schweden, Österreich, Portugal, Japan,
Rumänien, Bulgarien und Mexiko.
Nach der Ansicht der Ausstellungsleitung’
sind jene Austeilungssammlungen besonders
erfolgreich, die einen bedeutsamen Künstler
in breitestem Rahmen zu Worte kommen
lassen. Daher sei es außerordentlich
wünschenswert, wenn jede Nationalität inner-
halb ihres Pavillons in Zukunft einen Saal
vollkommen einem einzelnen bedeutsameren
Künstler widmete und die übrigen Säle für
die Werke vieler reservierte. Doch wünscht
die Ausstellungsleitung, daß auch in diesen

Diese Wünsche der Ausstellungsleitung sind
ausführlich erörtert worden, haben aber im
allgemeinen die Zustimmung fast sämtlicher
Nationen gefunden. Interessant ist noch der
Wunsch, den die Ungarn durch den Unter-
staatssekretär für Schöne Künste haben aus-
oprechen lassen. Danach soll für die kom-
mende Biennale ein besonderer internatio-
naler Preis für das weibliche Porträt ge-
schaffen werden. Beschlüsse über diesen
Wunsch sind noch nicht gefaßt worden.
G. R. (Rom)

Errata!
Versehentlich ist die Unterschrift zum
Ruisdael-Bild auf Seite 4 falsch eingehoben.
Sie muß lauten:
Jacob van Ruisdael, Ausstellung Goud-
siikker, Amsterdam.

Die schöne Wienerin
Die Galerie Neumann & Salzer in
Wien brachte eine ausgezeichnete Ausstellung,
deren Titel „Die schöne Wienerin in Bildnissen
von 1800 bis 1850“ das Material
der Schau thematisch-prägnant
angab. Schönheit und Anmut der
Wiener Frauen sind ja seit jeher
von Künstlern gepriesen worden,
und diese Bilderreihe zeigt, wie
der anmutige Liebreiz der Frauen
in Wien vor einem Jahrhundert die
Künstler inspirierte. Das Haupt-
gewicht ist in erster Reihe nicht
auf die berühmten Meisternamen,
sondern vielmehr auf die Frauen
gelegt worden, die in ihren
Bildern dargestellt wurden, — wie
es im programmatischen Vorwort
heißt: „nur die Maler der Wirklich-
keit treten auf und unter ihnen
jene in voller Sicht, deren Sinne
am leidenschaftlichsten der
Frauenschönheit ihrer Gegenwart
hingegeben waren“. Viele der be-
rühmtesten Namen Alt-Wiens sieht
man im Reigen der ausgestellten
Bildnisse. So Fanny Eisler und
Wilhelmine Schröder-Devrient,
Maria Daffinger (Abbildung
Seite 20), Eugenie Landolins, —
daneben die schönen Frauen der
Alt-Wiener Familien, wie Horn-
borstel, Ciberrater — dann die ge-
feierten Schönheiten der Adels-
familien Schwarzenberg, Kinsky,
Metternich und andere. Mehrfach
erscheint auch die Kaiserin Elisa-
beth im Bilde, — ein überaus reiz-
volles Aquarell von J. Kriehuber
bilden nebenstehend ab. Die
große Reihe dieser schönen Ge-
sichter und Gestalten erfüllt die
Säle der Galerie mit einem Zauber,
dessen tlbermacht man sich nicht
erwehren kann und mag. Man
daß die Ausstellung bis Mitte
verlängert worden ist.
Willi Schopp,
Elisabeth Makovska
Die Galerie J. Casper, Berlin, eröffnet
am Sonnabend, den 13. Dezember, zwei Aus-
stellungen, in denen sie Arbeiten von Willi
Schopp, Berlin, und Elisabeth Makovska,
Paris, zum ersten Mal kollektiv zeigt.
Hugo Lange, Elisabeth Listner
Die Berliner Galerie Weber hat eine
Ausstellung von Reisebildern des Dresdner
Malers Hugo Lang eröffnet, in denen er seine
Eindrücke von Karthago und Paris in Aqua-
rellen, Pinsel- und Federzeichnungen festge-
halfen hat. Dazu kommen Arbeiten von Els-
beth Listner, Dresden.


Josef Kriehuber, Kaiserin Elisabeth v. Österreich
-LTmperatnce Elisabeth d’Autriche — The Empress
Elisabeth of Austria
Aquarell — Aquarelle — Water colour
Ausstellung — Exposition — Exhioition:
Galerie Neumann & Salzer, Wien

anderen Sälen nicht der Versuch gemacht
werde, das ganze künstlerische Schaffen
einer Nation mit einem Male zu Wort kom-
men zu lassen, sondern bei jeder Biennale
eine Gruppe oder eine Tendenz ausgestellt
werde, so daß man von zwei Jahren auf zwei
Jahre jedesmal besser die verschiedenen
Möglichkeiten der einzelnen Nationen kennen
lerne.

begreift,
Dezember

An important London Exhibition
By Arthur T. Finch

Since October there has been running af
the West End showrooms of Messrs. Pollard’s,
299, Oxford Sireet, an exhibition of this Frank
Brangwyn’s efforts, which was opened by Sir
John Lavery, R. A., the celebrated portrait
painter. The latler righlly remarked how
much he appreciated the joining of art and
manufacture. It was usual, for painters to be
looked upon as artists and designers merely
as artisans, relegaiing designers as ii were
to a minor Position, because instead of
creating pictures ihey might be engaged
designing objects of everyday use. That was
quite unfair, he thought; and he was sure
that now other artists would follow Mr.
Brangwyn’s example.
This exhibition combines the distinctiveness
inseparable from the work bearing Ihe impress

present in Mr. Frank Brangwyn’s designs, as
it has valued his efchings and mural decora-
tions for their decorative beauiy and dramafic
power of expression.
During the last few years the artisi has-
been living in ihe beaufiful Weald counlry
of Sussex, where he has been experimen—
fing with new adveniures in design, — furni-
ture, pottery for domestic use, carpets and
rugs, fabrics. It was, as he iold me, his-
adventures with the village carpenter in
executing for him some chairs, which deter-
mined a frontal attack on the improvement of
household things. Fortunately, a meeting
with Mr. Edward Pollard, ihe head of the
well known English shopfitting concern,
responsible for organizing the Exhibition, led
to Frank Brangwyn being commissioned to


Frank Brangwyn, Schlafzimmer — Chambre ä coucher — Bedroom
Ausstellung — Exposition — Exhibition: Messrs. Pollard, London

of an inventive brain untramelled by frade
exactions with ihe finished execution which
comes from ihe efforis of highly skilled
craffsmen responding understandingly to ihe
limiling condiiions of present-day manufac-
iure.
Germany, long ago both by its manufac-
iurers of industrial art productions such as
carpets and furnishings and the leaders of
the important art movements like A r t
Nouveau at Munich and elsewhere, was
quick io perceive ihe viialiiy and originaliiy

designs, chairs, tables, bedsieads, cabineis,
and other standing objects more or less
immovable.
Thus has this uncommon exhibition of mo-
dern household things and mural decorations
for their appropriate setting (see illustrations
of the „room“ interiors) been made possible.
It demonsfrates a happy combinaiion of
forces pariicularly in respect of ihe furniiure,
pottery, and certain of the floor coverings;
in the case of the chief group, ihe furniture,
an active association for a period of between

Interviews im Atelier
Essays von Florent Fels
XI.*)

Claude Monet

Man soll die Meister studieren, aber nur
der Natur darf man folgen.
Man wird nur durch sich selbst. Ich will
Euch Euerer Natur entsprechend entwickeln, —
nie gegen Euere Natur. David
Das Auto fegt an Häusern mit stahlgrauen
und purpurroten Dächern vorbei und gewinnt
nach einem leßten Anlauf die langgestreckten
Höhen der Provinz Vexin. Wir sind nicht
mehr weit vom Ziel. Gekrönt von zerfallenen
Schlössern, beherrscht die träge dahin-
fließende Seine das ganze überschwemmte
Land, das vor uns liegt, bis zum nebligen,
trüben Horizont.
Wir wollen Monet besuchen, den Gott die-
ser Ufer und der nur ihnen eigenen Beleuch-
tung, Monet mit dem allegorischen Antliß
eines Flußgottes, Neptun des Süßwassers und
Patriarch der Malerei. Diesmal fährt mich
Vlaminck mit Matrosenmüfee. Er steuert einen
großen Wagen, der die Form eines Torpedo-
bootes hat. Die Straße steht unter Wasser;
der Kühler durchschneidet es, läßt harte
Strahlenbündel aufsprißen, die in runden
Wassertropfen niederfallen.
*) I. Matisse, in Nr. 12; II. Picasso Nr. 16; III. Cha-
gall Nr. 17; IV. Pascin Nr. 23; V. Derain Nr. 24;
VI Ensor Nr. 26/27; VII. Grosz Nr. 32/33; VIII. L6ger
Nr. 35: IX. M. de Vlaminck Nr. 38; X. Duret Nr. 47/48
der ..Weltkunst“ (resp. „Kunstauktion“).
Einzig autorisierte Übersetzung aus dem Franzö-
sischen für die „Weltkunst“ von Gina Hink und
Franz W i n t e r stein-

Ein Tal öffnet sich, L’Epte im Hintergrund.
Forellenwasser, ein Bahnstrang führt entlang
und eine schmale Landstraße.
„Wo wohnt Herr Monet?“
„Der Maler?... Das Haus in Grün und
Rot!“
Ich glaube, es ist die Tochter Monets, die
uns empfängt und uns in einem langen Ate-
lier zu warten bittet. Auf einem Tische stehen
Photos: Monet, Renoir, van Gogh, Clemen-
ceau, der jeden Monat zu Besuch kam.
An den Wänden hängen Monets ... Sie
bereiten den Ahnungsvollen darauf vor. Was
eine «Ateliersammlung Monet» sein kann. Sie
ist kaum weniger arg als die Renoir-Samm-
lung, die bei Auflassung von dessen Atelier
zutage kam. Das kann eine schöne Ent-
täuschung geben! Glitschige Seerosen, im-
pressionistische Eindrücke der Battersea
Bridge..., und diese Kathedralen, die man
zu Zeiten Rodenbachs, Huysmans’ und Mero-
vaks «Traumkathedralen» nannte.
Aber wir haben, Gott sei Dank, noch seine
leßte Ausstellung bei Durand-Ruel in Erinne-
rung. Da war diese Winterlandschaft ä la
Ruysdael mit ihren zerfransten Bäumen (so
oft imitiert von Derain), mit dem großen,
kreisenden Flug der Vögel, die scheinbar
zögern, das Land zu verlassen, und über dem
Ganzen das gelbe Licht, das kalt und traurig
ist. Und da waren auch die lustigen Seine-
ufer, Schiffer, Lastschiffe, die hübschen Mäd-

chen in den Parkanlagen. Seine ganze große
Liebe zur Malerei war in dem allen — Liebe,
weniger zur Kunst als zum Handwerk, —
Leidenschaft des Malens!
Eines Tages besuchten Clemenceau und Paul
Leon mit Monet den Louvre. Im Saal des


Claude Monet

18. Jahrhunderts, unter den Chardin, Laueret,
Boucher und Fragonard, fragte der Minister:
„Welches Bild würden Sie sich wählen,
Monet?“
„L’Embarquement pour Cythere, ant-
wortete Monet.
Gustave Geffroy drang in ihn, ihm zu
sagen, was er am meisten liebe.

„Das Meer,“ sagte Monet. „Ich möchte
immerwährend entweder davor oder darauf
sein und, wenn ich tot bin, in einer Boje bei-
geseßt werden.“
Claude Monet wurde am selben Tage
wie Rodin, den 14. November 1840, in Paris
geboren. Er ist also ein Zeitgenosse von
Courbet, Jongkind, Dumas Vater, Daubigny,
Manet, Zola, Cezanne und Renoir.
Langsam öffnet sich die Oarfenfüre Und'
eine Dame schiebt sanft einen Greis vor sich-
her: Monet! Vlaminck läuft auf ihn zu und
stammelt vor Rührung allzu große Worte.
Aus diesem mächtigen Manne ist ein kleiner,
aufrechter Greis geworden, der mit zögern-
den Schritten ein unerwartetes Hindernis zu:
vermeiden sucht. Hinter den großen Brillen-
gläsern erscheinen die Augen riesig, wie In-
sektenaugen, die das leßte Licht in sich auf-
zunehmen suchen, das Licht, das er einst so
geliebt hat und das jeßt nur mehr so spärheh
zu ihm dringt. Er sagt:
«Ich blicke Sie an, aber ich sehe Sie nicht.
Später wird Ihr Gesicht aus dem Schatten
heraustreten. Seit zehn Jahren, seit meiner
Operation, sehe ich nur einen Nebelschleier
vor mir; nur selten erkenne ich Einzelheiten
genauer. Einige Farbtöne haben aufgehört,
für mich zu existieren.»
..Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, wie
sehr Sie von der jüngsten Malergeneration
geschäht werden, was für ein Vorbild für die
Jungen Ihr konsequenter, künstlerischer Weg
ist, wieviel Bewunderung vor allem Ihre
immer aktive Güte erweckt hat, mit der Sie
«Olympia» verteidigt haben, mit der Sie auch
heute noch bei einem Wohltätigkeitswerk mit-
wirken1).“
Mit einem ironischen Lächeln, das sein
Antliß nicht mehr verläßt, sagt Monet:
«Man nennt mich Meister. Man bewundert
mich. Meine Bilder erzielen hohe Preise. Bei
Gott! Ich bin dennoch bloß ein Maler, der
versucht hat, sein Bestes zu geben.. Die

i) Es handelte sich um eine sehr bedeutende Monet-
Ausstellung bei Petit, deren Ertrag für die unglück-
lichen Opfer eines japanischen Erdbebens bestimmt
war.
 
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