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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Editor]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 50 (14. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44979#0176
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WELT KUNST

Jahrg. IV, Nr. 50 vom 14. Dezember 1930

An unsere Abonnenten!
Das leiste Quartal 1930 läuft mit Nr. 52 ab.
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land), bzw. für das erste Halbjahr 9,— (resp.
11 RM) oder für das ganze Jahr 1931
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1931 einzusenden. Wir werden uns andern-
falls erlauben, den Quartalsbetrag durch die
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Eine Zahlkarte liegt dieser Nummer bei.
WELTKUNST-VERLAG
G. m. b. H.

baute er, vor allem in seiner Jugend, so auf,
als ob er die Kubisten gekannt und aus ihren
Lehren Nüßen gezogen hätte.
Es ist vollkommen rätselhaft, wie de Mom-
per zu seinem Stil gekommen ist. Im Anfang
arbeitet er noch archaistisch; er benußt die
in verschiedenen Farben gehaltenen, noch
stark abgestuffen „Gründe", um dadurch
Tiefe und Weite zu suggerieren; doch tut er

Deiailschilderung. De Momper ist auch ein
Romantiker. Man sehe sich eine Waldland-
schaff von ihm an: in der kalten Winterluft
stehen die Bäume und warten auf bessere
Zeiten; unter ihnen sind Menschen und
Tiere. Und doch, obwohl im Hintergrund ein
Dorf sichtbar wird, wer gäbe besser die Ein-
samkeit des verschneiten Waldes wieder?
Seine Werke sind durchgängig mit großer
technischer Meisterschaft verfertigt und be-
finden sich daher auch heule noch fast immer
in ausgezeichnetem Erhaltungszustand. Wegen
seiner großartigen Visionen, seines tech-
nischen Könnens, seines brillanten Kolorits
bewundern wir sein Werk aufs höchste.
Aber auch der Name Josse de Momper ist
ein Sammelbegriff geworden. Arbeiten von
Zeitgenossen, Schülern und Kopisten, alles
wird in sein Oeuvre aufgenommen. Dies muß
nun erst gesichtet werden, was um so müh-
seliger ist, als wir fast keine signierten
Werke von ihm kennen und überdies sichere
Werke seiner Familienmitglieder nicht nach-
zuweisen sind. Denn auch sein Sohn Philips
war Maler; man weiß, daß dieser verschie-
dene Landschaften seines Vaters staffierte.
Aber ob und wie er selbständig gearbeitet
hat, ist nicht bekannt. Dann ferner Frans de
Momper! Man hat gegenwärtig wohl eine
deutlichere Vorstellung von seinem Werk, vor


Josse de Momper, Felsenlandschaft
Paysage rocheux — Rocky landscape
46 : 75 cm
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
P. de Boer, Amsterdam

das auf minder naive Weise als seine Zeit-
genossen. Dabei ist er vor allem in seinen
späteren Arbeiten ein sehr guter Darsteller
der Atmosphäre; es sei hierfür z. B. auf seine
Winterlandschaften verwiesen, wo er in voll-
kommener Weise das neblige, kalte Licht
wiedergegeben hat. Die Berglandschaft fin-
det in ihm ihren ersten Interpreten und,
nächst dem späteren Seghers, der sehr durch
ihn beeinflußt gewesen sein muß, auch einen
der wichtigsten. Er zergliedert eine Berg-
landschaft; er gibt den Aufbau und die
Struktur wieder. Beinahe ist es, als ob man
durch das Anschauen eines Gemäldes von
de Momper die Entstehung der Berge besser
begreift. Er hat das Gefühl für seine Berge,
so wie Vincent van Gogh für seine wogenden
Felder. Obgleich er niemals kleinlich wird,
gibt er in seiner Malerei, wenn er Lust dazu
hat, bis in die leßte Ecke eine romantische

Inhalt Nr. 5o
Jasse de Momper (m. 2 Abb.)
Von P. de B 0 e r , Amsterdam . ... 112
Die Museen Sibiriens V.: Tschita (m.. Abb.).
Von Dr. A. Salmony . • . . . • • 213
Naturmuseum in dier Tschechoelovakei
(m. Abb.). ...... . ■ • . • ■ . . 3
Bielefelder Kunsthaus ..3
Auktionsvor berichte .4, 8
Auktions-Kalender .. 5
Preisberichte — Kunst im Rundfunk .... 6
Berichte aus Amerika..7 .
A u s s t e 11 u n g e n d e r W 0 c h e —
Literatur ....... . . .... 7
Auktionsnachberichte (m. Abb.).8
Zehn Jahre für junge deutsche Kunst (Karl
Nierenidorf) .. 8
Die Gemäldegalerie des großen Beireis.
Von Dr. A. Bessm ertn,y. 9110
Ausstellungen (m. 3 Abb.) ..9
Alt-China — Ch. Berend — Oskar Moll u. a.
Nach richten von überall.10
Unter Kollegen ..10

allem wo es durch die Holländer beeinflußt
ist, aber es steht noch nicht fest, ob Frans
auch Arbeiten im Geiste von Josse ge-
schaffen hat. Auch nach anderen Seiten
werden Hypothesen aufgestellt. In diesem
Zusammenhänge ist auch David Teniers
der Ältere zu nennen; meines Erachtens kön-
nen wir einige Werke dieses rätselhaften
Meisters in einzelnen de Momper-artigen Ge-
mälden wiederfinden1). Wir haben danach
getrachtet, in diese Ausstellung nur Werke
aufzunehmen, die den gegenwärtigen Mei-
nungen zufolge als sichere gelten können.
Ein großes Rätsel ist des weiteren, wer
de Mompers Lehrmeister gewesen sein kann.
Auf dieser Ausstellung ist genügend Ma-
terial beisammen, um zu erkennen, daß, so
wichtig und interessant seine Vorgänger und
Zeitgenossen auch sein mögen, de Momper
von ihnen nicht allzuviel gelernt haben kann.
Zumindest finden wir seinen sehr persön-
lichen Stil nirgends zuvor auch nur ange-
deutet. Es gibt nicht viele Vorbilder für
eine so spontane Entstehung einer Aus-
drucksmethode. Ein klein wenig Genialität
ist dafür wohl nötig. Zwar mußte dieser Stil
wieder verschwinden, da nur einzelne Nach-
folger in seinem Geiste arbeiteten und er
keine Schule gebildet hat. Aber doch hat er
einen nicht zu unterschäßenden Einfluß auf
Hercules Seghers und dadurch indirekt auch
auf Rembrandt ausgeübt. Troßdem ist de
Momper eine alleinstehende Gestalt ge-
blieben.
Unbegreiflich für uns ist, wie oben schon
gesagt wurde, daß dieser Künstler so wenig
bekannt geblieben ist. Unbegreiflich, daß die
Expressionisten ihn nicht mehr in den Vorder-
grund stellten. Wohl hat er die Aufmerksam-
keit Einzelner auf sich gezogen. Verschiedene
x) Als Beispiel machen wir auf das Gemälde der
Sammlung Conraths van Siegburg aufmerksam
(Auktion Flievez, Mai 1901). Über D. Terriers d- Ä.
geht de Mompers Einfluß auf D. Teniers d. J. über,
wie es in Werken wie dem der Londoner Nat.
Gallery (Nr. 949) und der Slg. Stumpf (Auktions-
katalog Nr. 7) zum Ausdruck kommt.

Kunsthändler haben seine Gemälde angekauft,
und einsichtige Sammler haben die Gelegen-
heit genußt, Bilder von ihm zu erwerben. Wie
groß der Kreis dieser Interessenten war, ersieht
man aus der ziemlich großen Anzahl von Ge-
mälden, die durch unsere und andere Ver-
mittlung in Privatsammlungen übergegangen
sind. Doch war das allgemeine Interesse vor
allem hier in Holland gering. Es gibt jedoch
Ausnahmen: schon früh nahm Dr. Bredius
ein sehr schönes Winterbild in seine Samm-
lung auf, Sammler wie Chabot folgten;
unlängst wurden Werke des Meisters den
Sammlungen des Rijksmuseum und des Mu-
seum Boymans eingefügt. In Deutschland ist
das Interesse größer gewesen. Einer der
besten Kenner dieses Gebiets, Dr. Karl
Lilienfeld, organisierte im Jahre 1927
mit Herrn Schreiber-Wiegand eine
ausschließlich de Momper gewidmete Aus-
stellung in Chemniß, für deren Katalog der
erstgenannte eine ausgezeichnete Einleitung
geschrieben hat. Und in diesem Augenblicke
wird durch den schwedischen Kunsthistoriker
Dr. Törn eil eine wichtige Publikation über
Josse de Momper vorbereitet.
Uber die Staffage müssen wir ein kurzes
Wort sagen. Man nimmt im allgemeinen an,
daß de Momper in verschiedenen seiner
Werke auch die Figuren gemalt hat. In an-
deren wiederum ist mit Sicherheit die Hand
des Seb. Vrancx und H. van Baien zu er-
kennen. Unsere Meinung nun ist, daß de
Momper in fast allen Fällen, wo man bisher
die Figuren als von Jan Breughel stammend
angenommen hat, diese selbst gemalt hat,
und zwar in dessen Manier. Als Beweis mag
die Zeichnung aus dem Museum Boymans
gelten, wo Landschaft und Figuren sicher von
einer Hand sind.
Um genau den Plaß von Josse de Momper
zwischen seinen Zeitgenossen und den mög-
lichen Einfluß des einen auf den anderen
studieren zu können, haben wir von verschie-
denen dieser Meister ebenfalls Arbeiten aus-
gestellt. Wir taten dies mit um so größerem
Vergnügen, als wir dadurch das Interesse auf
eine Anzahl reizvoller Meister lenken können,
die bisher wenig bekannt waren. Auch haben
wir von der Gelegenheit Gebrauch gemacht,
von einigen Künstlern, die ganz besondere
Aufmerksamkeit verdienen, Gruppen zusam-
menzustellen, wie von Jan Breughel, Abel
Grimmer und Herri met de Bles. Uber die
beiden ersten sprachen wir schon oben.
Henri met de Bles ist wohl derjenige,
der die Landschaft von Patinier auf eigene
und sehr persönliche Art popularisierte und
der weitreichenden Einfluß auf andere Künst-
ler ausgeübt hat. Er erreichte eine große
Verfeinerung; war zwar nicht so monumental
wie andere, erzielte jedoch durch die
liebevolle Detailschilderung der Landschaft
mit all ihren Pflanzen und Tieren, die er über
das ganze Bild durchzuführen pflegte, einen
ganz besonderen Effekt. Man kann sein
Werk noch nicht präzis von dem einiger an-
derer Künstler abgrenzen; deshalb ist es
interessant, hier einige Werke des sel-
tenen Lucas van Gassel anzutreffen.
Auch Cornelis Matsijs ist noch keine
fesiumrissene Gestalt. Man kennt verschie-
dene Landschaften von Bles, in die andere
Künstler Figuren eingeseßt haben. So fin-
det man z. B. in der Akademie zu Wien und
in einer Privatsammlung zu Amsterdam Bilder
von ihm mit Figuren von Jan van Amstel und
vom Braunschweiger Monogrammisten. Wir
zeigen hier einen Jan van Amstel mit
naturalistischer flämischer Landschaft. J a n
Wellens de Cock war mehr ein Nach-
folger des Hieronymus Bosch, doch hatte auch
er einen großen Einfluß auf die Landschafts-
malerei. In noch höherem Maße war dies der
Fall bei dem nach Frankenthal ausgewan-
derten Antwerpener G i 11 i s van C o -
n i n x 1 o o , der bahnbrechend gewirkt hat,
und von dem wir eines seiner höchst charak-
teristischen Werke ausstellen können. Auch
das hier befindliche Stück von Paulus Brill
ist wichtig. Dann folgen Lucas van Val-
k e n b u r g und Hans B o 1 mit schönen
Proben ihrer Kunst; Roelant Saverij, Da-
vid Vinckeboons, Sebastiaan Vrancx,
Jan W i 1 d e n s und Gillis d’Hondecoeter
sind je mit einem sie kennzeichnenden Werk
vertreten.
Mühsamer war es, das Werk einzelner an-
derer Meister zu zeigen, die gerade be-
sonders interessant sind; so z. B. Abraham
Govaerts, eines Malers, dessen Arbeiten
meist unter dem Namen von David Vincke-
boons und selbst unter dem von Jan Breughel
vorkommen und von dem das Mauritshuis
eines der schönsten Stücke besißf. Besser
noch ist Van Stalbemt, ein poetischer
Wald-Idylliker. Jacques Saverij, der sehr
verschieden gearbeitet hat, ist mit einem
geistvollen Beispiel seines Könnens vertreten.
Dann folgt der Frankenthaler Pieter
van Schoubroek, ein einigermaßen

fremdartiger Phantast; ferner sein Lands-
mann Anthony M i r o u , der vor allem in
einigen Mondlandschaften, wo die Häuser-
gruppen geheimnisvoll in dem dämmrigen
Licht stehen, eine hübsche Wirkung erreicht.
Und so noch einige andere Meister.
Zum Schluß bleibt uns noch ein Wort des
Dankes zu sagen für die freundliche Mit-
wirkung, die wir gefunden haben. In erster
Linie danken wir den Herren Direktoren des
Rijksmuseum zu Amsterdam, des Kaiser-
Friedrich-Museums zu Berlin, des Museum
Boymans zu Rotterdam, des Wallraf-Richarß-
Museums zu Köln, des Städtischen Museums
zu Elberfeld und des Ned. Economisch-
Historisch Archief in Den Haag für die Ab-
tretung von ihrer Fürsorge anverfrauten
Kunstwerken. Unseren Kollegen, den Herren
Dr. Schäffer, Dr. Benedict und Dr. Pließsch,
Dr. Beets, de Heuvel, Le Roy, Hermsen,
Seyffers, Schmidt danken wir ebenfalls für
ihre bereitwillige Unterstüßung. Zahlreiche
Privatsammler stellten uns ihren wertvollen
Besiß zur Verfügung, was wir uns zur hohen
Ehre anrechnen. Wir hoffen, daß die Ge-
legenheit, die ihnen geboten wird, durch
Vergleichung mit anderen Werken ihre Kennt-
nis zu erweitern, sie einigermaßen für die
zeitweilige Entbehrung ihrer Kunstschäße ent-
schädigen möge. Unter ihnen müssen wir
Herrn Garschagen besonderen Dank aus-
sprechen für die Bereitwilligkeit, einen wich-
tigen Teil seiner Sammlung zur Verfügung
gestellt zu haben.
Wir hoffen, daß diese Ausstellung dazu
beitragen wird, die Kenntnis einer nur ober-
flächlich bekannten Epoche zu vertiefen und
auszubreifen. p de Boer

Die Museen
Sibiriens

V. Tscliita*)

Die wenigen Autoren, die sich bisher mit
Sibirien auseinandergeseßt haben, kennen
wenigstens die frühen Gruppen lokal ver-
schiedener Kunst. Unberücksichtigt blieb nur


Bronzeaufsatz. Ende des vorchristl.
Jahrtausends
Blau und grün patiniert, H. 17 cm
Fundort unbekannt
Tschita, Museum

die Gegend des Baikal-Sees, vor allem der
Osten, Transbaikalien. Wenige, aber erlesene
Beispiele seiner Kunst birgt das Museum von
*) I. Minussiin.sk in Nr. 25, II. Irkutsk in Nr. 30.
III. Krasnojarsk in Nr. 33, IV. Tomsk in Nr- 35 der
„ Weltkunst“.

THEODOOR ROZENDAAL mohrenstr. 6
BERLIN W 8 ANTIQUITÄTEN nahe kaiserhof

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(Palais Pallavicini]

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