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WELT KUNST
Jahrg. IV, Nr. 50 vom 14. Dezember 1930
Jahrg
(Fortsetzung der Vorberichte von Seite 4)
vor allem Porzellane, Fayencen, Gläser,
Miniaturen, Elfenbeine, Metallarbeiten, Bücher,
Uhren, Textilien usw. enthält.
Unter den Gemälden nennen wir Arbeiten
von Ambroise Benson, Pieter Breughel II., Adr.
Key, David Teniers und Lucas van llden, —
unter den Textilien eine Brüsseler Tapis-
serie mit Darstellung aus dem bäuerlichen
Leben, 17. Jahrhundert, — unter den Skulp-
turen : flämische Relief- und Figuren-
Arbeiten des 16. Jahrhunderts.
Das Hauptgewicht dieser Auktion aber liegt
auf den Antiguitäten kunstgewerb-
licher Art, wie schönen Möbeln aus der
Zeit Louis XIII, Louis XVI usw., — vortrefflichen
Porzellanen aus Ostasien und Europa
(Tournai, Brüssel), Delfter Fayencen usw.
Unter den Edelmetallarbeiten fallen
Golddosen und -uhren sowie silberne Kannen
auf.
Moderne Graphik
Paris, Vorb. 22./23. Dez.
Am 22. und 23. Dezember findet im Hotel
D r o u o t eine interessante Versteigerung
moderner Graphik durch Me Maurice Car-
p e n t i e r unter Assistenz von M. Maurice L e
G a r r e c statt, — es handelt sich um den
zweiten Teil der Versteigerung Sammlung
L. C. Auch diesmal kommt ein sehr weit-
schichtiges Material zum Ausgebot, das eine
Reihe der bekanntesten Namen gut repräsen-
tiert. Mit großen Serien sind besonders
Männer vom Rang eines Fr. Brangwyn,
A. Brouet, ]. Ensor, Laboureur, A. Lepere,
AL Lunois vertreten.
Autographen, Alte Bücher
London, Vorb. 15.—17. Dez.
Nur kurz kann auf den reichen Inhalt des
Kataloges eingegangen werden, mit dem
Sotheby & Co. ihre vom 15.—17. Dezem-
ber dauernde Auktion anzeigen. Wir nennen
das handschriftliche Manuskript von Benjamin
Israels Werken „Endymion“ und „Lofhair“;
eine Reihe handschriftlicher Manuskripte usw.
von Horace Walpole (Nr. 128); eine Reihe
besonders wertvoller handschriftlicher Briefe
von Lord Byron, die er kurz vor seinem Tode
geschrieben hat (Nr. 217 ff.). Unter den
Büchern ist auch ein Pergamentexemplar des
Mainzer Drucks von 1466 von Ciceros Officies
genannt. Sehr interessant ist ein eigen-
händiger Brief von Napoleon an Madame
Tallien (Nr. 144). Das seien nur einige Bei-
spiele aus dem Katalog.
Musiker-Autographen
Berlin, Nachb. 21 ./22. Nov.
(Vorb. in Nr. 45, S. 7)
Am 21. und 22. November fand bei Leo
Liepmannssohn eine sehr interessante
Versteigerung von Autographen, besonders
von Musikern, statt, deren Ergebnis gut ge-
haltene Preise zeigte.
Von den Musikmanuskripten C. M. v.
Webers brachte Nr. 351, „Grand Quattuor
pour le Piano-Forte . . .“ (1806): 1300 M. und
Nr. 352, „Grand Pottpourri . . .“ (1808): 1800
Mark.
Bei Wagners Autographen kam Nr. 323,
Partitur-Skizze aus Tristan (1859) auf 1400 M.,
während die beiden folgenden Nummern:
Musikalisches Skizzenblatt und „Vorspiel zu
Parsifal“ 400 M und 300 M. brachten.
Mozarts Jugendbrief an seine Schwe-
ster, den wir in Nr. 45 der „Weltkunsi“ repro-
duzierten, stieg mit dem Brief des Vaters
Leopold (1771) auf 1200 M. — Den gleichen
Preis brachte Nr. 505, Hölderlins Brief
an seinen Freund Landauer (1801). — Mit
1250 M. wurde Nr. 438, ein Brief von Goethe
an Joh. Fr. Reichardt (1790) ersteigert. — Nr. 2,
Bachs Musikstück (15 Anfangstakfe eines
Orgelthemas) brachte 1150 M.
Den ausführlichen Preisbericht
gaben wir in Nr. 48 auf Seite 6.
Alt-Amerika, Afrika,
Ozeanien
Paris, Nachb. 4.15. Dez.
(Vorb. in Nr. 48, S- 9)
Am 4. und 5. Dezember veranstaltete Me
Leon Flagel mit dem Experten M. Andre
Portier eine Versteigerung altamerika-
nischer, afrikanischer und ozeanischer Ar-
beiten. Unter den präkol umbischen
Stücken brachte Nr. 50, mexikanische Ala-
baster -Schale in Form eines Puma, D.
10 cm: 6700 ffr., — Nr. 34, mexikanischer
Untersaß aus grauem Ton, mit der Hochrelief-
maske einer anthropomorphen Gottheit deko-
riert, aus Oaxaca, Br. 27 cm: 2700 ffr., —
Nr. 35, Räuchergefäß aus Oaxaca in
grauem Ton, L. 34 cm: 2500 ffr.
Bei den Arbeiten
aus Ozeanien nen-
nen wir die Preise für
einzelne M a r q u e -
s a s - Arbeiten. So
brachte Nr. 329, reich be-
schnißte Marguesas-
Keule, H. 145 cm: 2800
ffr., Nr. 332, Tikistein-
figur von den Marque-
sas-Inseln,H.45cm:4050
ffr., - Nr. 335, Häupt-
lings-Diadem mit drei
„pahekaha“ (Perlmutter
und Muschel): 4000 ffr.
Gemälde,
Möbel
Paris, Nachb. 1. Dez.
(Vorb. in Nr. 47, S. 7)
Am 1. Dezember
fand in der Galerie
Georges Petit die
Versteigerung der
Sammlung M. T. D.
durch Mes F. Lair-
D u b r e u i 1 und H.
B a u d o i n unter Assi-
stenz der Experten
J. F e r a 1 und R.-C. C a-
t r o u x und Mann-
heim statt. Diese
Sammlung umfaßte ein
vortreffliches Material
an Antiguitäten, Ge-
mälden und Möbeln, —
das Gesamtergeb-
n i s ihrer Auktion be-
trug 650 000 ffr.
Unter den Gemäl-
den brachte Nr. 12,
Snyders, Speisekam-
mer, 173 : 227 cm: 23 000
ffr. (Käufer: Gibour). Nr. 6, Musikgesellschaft
von G.-M. Kraus, 202:135 cm: 26 000 ffr.
(Käufer: Bacri), — Nr. 9, Bildnis eines Jägers
von J.-B. Oudry, 90:70 cm: 34 000 ffr., die
Mme H. Farman dafür gab.
Bei dem Meißener Porzellan er-
wähnen wir die Preise von Nr. 36, vier
Gruppen der vier Jahreszeiten, H. 30 u. 34 cm,
mit 16 100 ffr. (M. d’Heugueville), — Nr. 39,
drei Schwäne, H. 12 cm, mit 7300 ffr., — Nr. 35,
Musikgruppe, H. 30 cm, mit 5100 ffr.
Hohe Preise wurden besonders bei den
Skulpturen gezahlt. So ging Nr. 91,
signierte Bacchanten-Gruppe von C 1 o d i o n ,
Terrakotta, H. 36 cm, für 90 500 ffr. an A. Selig-
mann (Abbildung S. 10), Nr. 89, eine Reiter-
statuette Ludwigs XIV. aus Wachs von G mar-
ri o n, H. 77 cm, für 16 000 ffr. an M. d’Heugue-
ville, und Nr. 94, signierte Terrakotta-Büste
Glucks von Martin, zweite Hälfte des
18. Jahrhunderts, H. 54 cm, für 15 000 ffr. an
Andre Leroy.
Rente Sintenis, Knieendes Reh — Chevreuil agenouille — Kneeling roe
Ausstellung — Exposition ■— Exhibition:
Galerie Alfred Flechtheim, Berlin
Der Hauptpreis unter den Möbeln war
31 000 ffr., die von Bonnemaison für Nr. HO,
einen eingelegten Louis XVI-Sekretär mit
teilweise alten Bronzebeschlägen, 135 : 113 cm,
gezahlt wurden.
Die Liste der Preise (über 1000 ffr.)
geben wir später.
Handschriften,
Autographen, Bücher
Zürich, Nachb. 27.128. Nov.
(Vorb. in Nr. 45, S. 7)
Am 27. und 28. November versteigerte
Ulrico Hoepli im Zunfthause zur Meise in
Zürich eine besonders hochwertige Sammlung
von Handschriften, Autographen und Büchern,
die verschiedene der Kostbarkeit dieser Kol-
lektion entsprechende Preise erzielte.
Den höchsten Betrag brachte Nr. 44, ein
„Breviarium Fratrum Praedicato-
r u m“, 26,8 : 20 cm, 396 Seiten mit 1500 Ini-
tialen und 57 Miniaturen, 15. Jahrhundert, wahr-
scheinlich aus dem Atelier des Crisfoforo de
Predis mit 14 800 sfr. Wenig gab ihm nur
Nr. 171 nach, ein dreibändiger Jean Racine,
Paris 1760, erste Luxusausgabe mit Illustratio-
nen, — sie erzielte 13 000 sfr.
Dann folgen: ein prachtvolles humanisti-
sches Manuskript des 15. Jahrhunderts, Nr. 50
„Martialis M. V. Epigrammata“ mit großen
Florentiner Initialen, ausgezeichnet erhalten,
mit 8500 sfr., — Nr. 106, Musaeus, Gedicht:
Hero und Leander, mit der lateinischen tlber-
seßung des Marcus Musurus (Venezia, Aldo
Manuzio 1495), mit 8100 sfr., — Nr. 69, Bru-
netfo Latini „II Tesoro“ (Treviso, Gerard de
Lys 1474), mit zahlreichen Initialen in Rot und
Blau, 8000 sfr., und Nr. 79, De Conti G i u -
st ro „La bella mano“ (Bologna, Scipione et
Annibale Malpighi 1472), mit 7150 sfr.
Anschließend an diese Handschriften
nennen wir noch folgende Preise:
Nr. sfr.
51 Psalterium et officium defunctorum,
Manuskript, 15. Jahrhundert . . . 1510
52 De Abano P. „Tractatus de venenis
etc.“, Padova, 1487 .ygg
53 Albumasar „De magnio coniunc-
tionibus", Augsburg 1489 . 550
55 Anthologia graeca Planudea, Fi-
renze 1494 . 2670
56 Antoninus „Confessionale.“
Firenze 1477 . 450
Den ausführlichen Preisbericht
bringen wir später.
Gemälde,Handzeichnungen
London, Nachb. 5. Nov.
(Vorb. in Nr. 43, S. 7)
Die am 5. November bei Sotheby & Co.
stattgefundene Auktion von Gemälden und
Handzeichnungen alter Meister aus verschie-
denem englischen Privatbesiß brachte wenig
bemerkenswerte Resultate. Wir nennen einige
der höchsten Preise. Nr. 114, Porträt des
Obadiah Westwood mit Frau und 7 Kindern
von Zoffany, 132:144 cm, erzielte 170 .£.
Nr. 109, Porträt des Mr. Hannah, Reynolds
Schule, 76:63 cm, brachte 56 £. Nr. 111,
Porträt des Right Hon. Isaac Corry, E n g -
lischeSchule des späten 18. Jahrhunderts,
fand einen Käufer für 44 £. — Das Gesamt-
ergebnis betrug rund 743 £.
Zehn Jahre für junge deutsche Kunst
Aus Anlaß seiner zehnjährigen Tätigkeit
als Kunsthändler baten wir Herrn Karl
Nierendorf, Berlin, sieh in einer Unter-
redung über persönliche Erfahrungen im
Handel mit moderner Kunst zu äußern.
„Wie sind Sie, Herr Nierendorf, zur bil-
denden Kunst gekommen?"
„Ich war von Kind an ein Bildernarr,
schnitt erbarmungslos und ohne Wahl aus
allen Zeitschriften die Kunstblätter heraus.
Meine Ferienreisen schon galten Kunstwerken.
Museen zogen mich immer mehr an als
schöne Landschaften. Meine Reisen nach
Belgien, durch ganz Italien, nach Paris, Mün-
chen, Holland galten immer in erster Linie
den Meisterwerken, die ich aus Katalogen
und Kunsibüchern schon kannte. Ganz be-
sonders interessierten mich auch Kirchen,
Schlösser und alte Architektur.“
„Wie kommt es denn, daß Sie sich jeßt
ganz der modernen Kunst zugewandt
haben?“
„Der Umschwung erfolgte allerdings ziem-
lich schlagartig. Zu einer Zeit, als ich die
großen französischen Impressionisten für die
einzig bedeutenden, den alten Meistern eben-
bürtigen Maler hielt, wurde in Köln die
,Sonderbund-Ausstellung 1912' veranstaltet,
die heute noch als die großartigste internatio-
nale Manifestation neuer Kunst gilt. Dort
sah ich zum erstenmal größere Kollektionen
von Bildern van Goghs, Cezannes, Munchs
und Gauguins, ferner die gesamten jüngeren
Franzosen und Deutschen, vor allem die
Künstler der .Brücke'. Ich blieb von mor-
gens bis abends in der großen Halle, be-
o-’-'.ert und ergriffen, und kann nur sagen,
däß ich die Empfindung hatte, sie als ein ver-
änderter Mensch zu verlassen. Wie Kunst
imstande ist, das Weltbild eines Menschen
grundstürzend zu verändern und sein inner-
stes Wesen umzugestalten, das habe ich in
diesen Stunden erlebt. Ich weiß noch deut-
lich, daß ich mich gegen manches, das mir
brutal und ungeformt erschien, wehrte und
zu manchen Werken erst nach mehreren Be-
suchen den Zugang fand. Das eben war für
mich das Resultat der Sonderbund-Aus-
stellung. Sie erschloß mir in Werken von
Munch, van Gogh, Nolde, Schmidt-Rottluff,
das Wesen nordischer Kunst und ihrer Ge-
seße. Ich begriff den Erlebniswert und die
reine Ausdruckskraft, damals noch Expressio-
nismus genannt, die aus den schöpferischen
Visionen der Einzelpersönlichkeit über-
strömte, um so deutlicher, als in der gleichen
Schau von stärkster formaler Intensität ge-
tragene Schöpfungen des Kubismus von
Cezanne, Picasso, Braque vertreten waren.
Da aber die französische Kunst im Rheinland
schon weithin anerkannt war, sah ich in dem
Eintreten für die modernen Deutschen meine
besondere Aufgabe. Meine Tätigkeit als
Kunsthändler hat stets beide Pole der heu-
tigen Kunst berücksichtigt und neben den
Meistern des seelischen Ausdrucks habe ich
immer die Schöpfer neuer Formgeseße, wie
Klee, Kandinsky, Feininger, verehrt.“
„Als ich in Berlin Paul Cassirer von mei-
nem Vorhaben sprach, lebende Kunst zu ver-
treten, rief dieser entseßt aus: ,Um Gottes
willen, lassen Sie Ihre Finger davon! Es ist
das Undankbarste, was Sie tun können, und
Sie werden sich in kürzester Zeit dabei den
Hals brechen. Sehen sie sich hier diesen
kleinen Primitiven auf Goldgrund an. Ich
kaufe ihn für 2000 M., verkaufe ihn für
6000 M. und der Käufer hat troßdem billig
gekauft. Nehmen Sie aber einem lebenden
Künstler für 500 M. ein Bild ab und verkaufen
es für 1000 M., wird er Ihnen auf die Bude
rücken und Sie einen Räuber und Hals-
abschneider schimpfen, weil er sich einbildet,
die Differenz sei .Verdienst'. Kennen Sie die
Geschichte vom Wolgataucher? Nein? Also
hören Sie. In der Wolga gab es einen ge-
fährlichen Strudel, der viele Badendd das
Leben kostete. Man stellte deshalb einen
Taucher an, der die Gefährdeten retten
sollte. Bald fiel es auf, daß dieser Mann
immer nur Leichen, niemals Lebende aus dem
Wasser zog. Zur Rede gestellt, sagte er:
Ja, sehen Sie, das ist so. Wenn die Leute,
die in den Strudel geraten sind, noch leben,
klammern sie sich an und ziehen mich mit
herab. Lasse ich sie aber erst einige Male
darin herumwirbeln, so kann ich sie ohne Ge-
fahr für mich herausholen und kriege meine
Prämie. — So ist es auch mit den Künstlern:
die Lebenden ziehen sie nur hinab, die an-
deren bringen Prämien. Nochmals: Lassen
Sie Ihre Finger davon!' — Nun, ich habe
diesen Rat nicht befolgt, und meine Galerie
besteht noch immer.“
„Welche Erfahrungen haben Sie nun im
Umgang mit Künstlern gemacht?“
„Ich kann nur sagen, daß ich im allge-
meinen in einem guten, ja kameradschaft-
lichen Verhältnis zu den von mir vertretenen
Künstlern stehe und stets das beste Einver-
nehmen bestanden hal. Einige Vorfälle er-
wiesen allerdings in geradezu grotesker
Weise, daß die Künstler keine Ahnung haben,
mit welchen Schwierigkeiten ein Kunsthändler
zu kämpfen hat, der nicht ausgetretene Wege
geht.
„Zum Schluß noch eines. Ich werde immer
wieder gefragt, ob es noch Leute gibt, die
moderne Kunst kaufen. Nun, die gibt es und
wird es immer geben. Ich unterscheide dabei
zwei Arten von Käufern. Die einen kaufen
Im Laufe des Monats September war in
Helmstedt, der ehemals berühmten Universi-
tätsstadt Braunschweigs, eine sonderbare
Ausstellung zu sehen, die der Erinnerung an
Goethes Besuch in Helmstedt, vor allem aber
der des berühmten und berüchtigten Pro-
fessors Beireis gewidmet war. — Gottfried
Christoph Beireis, der 1730 in Mühlhausen in
Thüringen geboren war, kam nach einem Stu-
dienaufenthalt in Jena und angeblichen Welt-
reisen 1759 zunächst noch als Student nach
Helmstedt. Hier wurde er überraschend
schnell Professor der Physik, kurz danach
auch der Chirurgie, und bald hielt er sieben
Lehrstühle besetzt. Er las über unzählig viele
Gegenstände Kolleg, aber er sprach meist
mehr von Dingen, die mit seinem Programm
nichts zu tun hatten und amüsierte seine
Hörer mit persönlichen Bemerkungen über
mit der Absicht, ihr Kapital gut anzulegen,
kommen also von außen her an die Kunst.
Sie geraten meistens und mit Recht an die
Epigonen, da sie den eigentlichen schöpferi-
schen Kräften fremd gegenüberstehen und
mehr dem modischen Geschmack folgen. Ihre
Sammlungen stellen sich später oft als völlig
wertlos heraus. Weitaus in der Minderheit
sind die Sammler, die aus innerer Anteil-
nahme und Erkenntnis der künstlerischen
Form Kunst kaufen. Sie sammeln mit Passion
und lassen sich auch durch wirtschaftliche
Krisen nicht abhalten, Kunstwerke zu er-
werben, welche ihre Lebensatmosphäre bilden.
Oft mit geringen Mitteln, mitunter sogar unter
Verzicht, ohne Hinblick auf Erwerb, bauen sie
ihre Sammlungen auf. Und gerade diese
Sammlungen sind es, die sich in der Folge-
zeit als nicht nur künstlerisch, sondern auch
materiell wertvoll erweisen. Dieser kleine
Kreis von Kunstfreunden, an die ich glaube
und auf die ich von Anfang an meine Tätig-
keit eingestellt habe, wird auch weiterhin der
Träger meines und jedes anderen um die
moderne Kunst bemühten Ausstellungsunfer-
nehmens sein.“ -rg
Kollegen und angebliche Feinde, die alle nur
Halb- oder bestenfalls Dreiviertelköpfe
waren, während er mit Thales von Milet und
Christus einen ganzen Kopf hatte. Beireis
verfügte über eine unerschöpfliche Arbeits-
kraft, ein stets parates Gedächtnis, erheb-
liches Vermögen, sagenhaft kostbare Samm-
lungen, einen Ruf als großer Arzt und zu-
gleich als großer Renommist und Aufschnei-
der. Er kündigte 12 bis 15 Vorlesungsstun-
den für einen einzigen Tag an, da er nur
drei Stunden angeblich zum Schlaf brauchte.
Sein wissenschaftlicher Nachlaß ist recht
dürftig und zeigt nicht mehr als eine gute
biologische Beobachtungsgabe für Einzel-
phänomene. Sein großer Reichtum führte
dazu, daß man ihn für einen geheimen Gold-
macher hielt. Er selbst bestärkte dies Ge-
rücht durch Vorzeigen von angeblich auf
Die Gemäldegalerie des großen Beireis
Von Alexander B essmertn y
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WELT KUNST
Jahrg. IV, Nr. 50 vom 14. Dezember 1930
Jahrg
(Fortsetzung der Vorberichte von Seite 4)
vor allem Porzellane, Fayencen, Gläser,
Miniaturen, Elfenbeine, Metallarbeiten, Bücher,
Uhren, Textilien usw. enthält.
Unter den Gemälden nennen wir Arbeiten
von Ambroise Benson, Pieter Breughel II., Adr.
Key, David Teniers und Lucas van llden, —
unter den Textilien eine Brüsseler Tapis-
serie mit Darstellung aus dem bäuerlichen
Leben, 17. Jahrhundert, — unter den Skulp-
turen : flämische Relief- und Figuren-
Arbeiten des 16. Jahrhunderts.
Das Hauptgewicht dieser Auktion aber liegt
auf den Antiguitäten kunstgewerb-
licher Art, wie schönen Möbeln aus der
Zeit Louis XIII, Louis XVI usw., — vortrefflichen
Porzellanen aus Ostasien und Europa
(Tournai, Brüssel), Delfter Fayencen usw.
Unter den Edelmetallarbeiten fallen
Golddosen und -uhren sowie silberne Kannen
auf.
Moderne Graphik
Paris, Vorb. 22./23. Dez.
Am 22. und 23. Dezember findet im Hotel
D r o u o t eine interessante Versteigerung
moderner Graphik durch Me Maurice Car-
p e n t i e r unter Assistenz von M. Maurice L e
G a r r e c statt, — es handelt sich um den
zweiten Teil der Versteigerung Sammlung
L. C. Auch diesmal kommt ein sehr weit-
schichtiges Material zum Ausgebot, das eine
Reihe der bekanntesten Namen gut repräsen-
tiert. Mit großen Serien sind besonders
Männer vom Rang eines Fr. Brangwyn,
A. Brouet, ]. Ensor, Laboureur, A. Lepere,
AL Lunois vertreten.
Autographen, Alte Bücher
London, Vorb. 15.—17. Dez.
Nur kurz kann auf den reichen Inhalt des
Kataloges eingegangen werden, mit dem
Sotheby & Co. ihre vom 15.—17. Dezem-
ber dauernde Auktion anzeigen. Wir nennen
das handschriftliche Manuskript von Benjamin
Israels Werken „Endymion“ und „Lofhair“;
eine Reihe handschriftlicher Manuskripte usw.
von Horace Walpole (Nr. 128); eine Reihe
besonders wertvoller handschriftlicher Briefe
von Lord Byron, die er kurz vor seinem Tode
geschrieben hat (Nr. 217 ff.). Unter den
Büchern ist auch ein Pergamentexemplar des
Mainzer Drucks von 1466 von Ciceros Officies
genannt. Sehr interessant ist ein eigen-
händiger Brief von Napoleon an Madame
Tallien (Nr. 144). Das seien nur einige Bei-
spiele aus dem Katalog.
Musiker-Autographen
Berlin, Nachb. 21 ./22. Nov.
(Vorb. in Nr. 45, S. 7)
Am 21. und 22. November fand bei Leo
Liepmannssohn eine sehr interessante
Versteigerung von Autographen, besonders
von Musikern, statt, deren Ergebnis gut ge-
haltene Preise zeigte.
Von den Musikmanuskripten C. M. v.
Webers brachte Nr. 351, „Grand Quattuor
pour le Piano-Forte . . .“ (1806): 1300 M. und
Nr. 352, „Grand Pottpourri . . .“ (1808): 1800
Mark.
Bei Wagners Autographen kam Nr. 323,
Partitur-Skizze aus Tristan (1859) auf 1400 M.,
während die beiden folgenden Nummern:
Musikalisches Skizzenblatt und „Vorspiel zu
Parsifal“ 400 M und 300 M. brachten.
Mozarts Jugendbrief an seine Schwe-
ster, den wir in Nr. 45 der „Weltkunsi“ repro-
duzierten, stieg mit dem Brief des Vaters
Leopold (1771) auf 1200 M. — Den gleichen
Preis brachte Nr. 505, Hölderlins Brief
an seinen Freund Landauer (1801). — Mit
1250 M. wurde Nr. 438, ein Brief von Goethe
an Joh. Fr. Reichardt (1790) ersteigert. — Nr. 2,
Bachs Musikstück (15 Anfangstakfe eines
Orgelthemas) brachte 1150 M.
Den ausführlichen Preisbericht
gaben wir in Nr. 48 auf Seite 6.
Alt-Amerika, Afrika,
Ozeanien
Paris, Nachb. 4.15. Dez.
(Vorb. in Nr. 48, S- 9)
Am 4. und 5. Dezember veranstaltete Me
Leon Flagel mit dem Experten M. Andre
Portier eine Versteigerung altamerika-
nischer, afrikanischer und ozeanischer Ar-
beiten. Unter den präkol umbischen
Stücken brachte Nr. 50, mexikanische Ala-
baster -Schale in Form eines Puma, D.
10 cm: 6700 ffr., — Nr. 34, mexikanischer
Untersaß aus grauem Ton, mit der Hochrelief-
maske einer anthropomorphen Gottheit deko-
riert, aus Oaxaca, Br. 27 cm: 2700 ffr., —
Nr. 35, Räuchergefäß aus Oaxaca in
grauem Ton, L. 34 cm: 2500 ffr.
Bei den Arbeiten
aus Ozeanien nen-
nen wir die Preise für
einzelne M a r q u e -
s a s - Arbeiten. So
brachte Nr. 329, reich be-
schnißte Marguesas-
Keule, H. 145 cm: 2800
ffr., Nr. 332, Tikistein-
figur von den Marque-
sas-Inseln,H.45cm:4050
ffr., - Nr. 335, Häupt-
lings-Diadem mit drei
„pahekaha“ (Perlmutter
und Muschel): 4000 ffr.
Gemälde,
Möbel
Paris, Nachb. 1. Dez.
(Vorb. in Nr. 47, S. 7)
Am 1. Dezember
fand in der Galerie
Georges Petit die
Versteigerung der
Sammlung M. T. D.
durch Mes F. Lair-
D u b r e u i 1 und H.
B a u d o i n unter Assi-
stenz der Experten
J. F e r a 1 und R.-C. C a-
t r o u x und Mann-
heim statt. Diese
Sammlung umfaßte ein
vortreffliches Material
an Antiguitäten, Ge-
mälden und Möbeln, —
das Gesamtergeb-
n i s ihrer Auktion be-
trug 650 000 ffr.
Unter den Gemäl-
den brachte Nr. 12,
Snyders, Speisekam-
mer, 173 : 227 cm: 23 000
ffr. (Käufer: Gibour). Nr. 6, Musikgesellschaft
von G.-M. Kraus, 202:135 cm: 26 000 ffr.
(Käufer: Bacri), — Nr. 9, Bildnis eines Jägers
von J.-B. Oudry, 90:70 cm: 34 000 ffr., die
Mme H. Farman dafür gab.
Bei dem Meißener Porzellan er-
wähnen wir die Preise von Nr. 36, vier
Gruppen der vier Jahreszeiten, H. 30 u. 34 cm,
mit 16 100 ffr. (M. d’Heugueville), — Nr. 39,
drei Schwäne, H. 12 cm, mit 7300 ffr., — Nr. 35,
Musikgruppe, H. 30 cm, mit 5100 ffr.
Hohe Preise wurden besonders bei den
Skulpturen gezahlt. So ging Nr. 91,
signierte Bacchanten-Gruppe von C 1 o d i o n ,
Terrakotta, H. 36 cm, für 90 500 ffr. an A. Selig-
mann (Abbildung S. 10), Nr. 89, eine Reiter-
statuette Ludwigs XIV. aus Wachs von G mar-
ri o n, H. 77 cm, für 16 000 ffr. an M. d’Heugue-
ville, und Nr. 94, signierte Terrakotta-Büste
Glucks von Martin, zweite Hälfte des
18. Jahrhunderts, H. 54 cm, für 15 000 ffr. an
Andre Leroy.
Rente Sintenis, Knieendes Reh — Chevreuil agenouille — Kneeling roe
Ausstellung — Exposition ■— Exhibition:
Galerie Alfred Flechtheim, Berlin
Der Hauptpreis unter den Möbeln war
31 000 ffr., die von Bonnemaison für Nr. HO,
einen eingelegten Louis XVI-Sekretär mit
teilweise alten Bronzebeschlägen, 135 : 113 cm,
gezahlt wurden.
Die Liste der Preise (über 1000 ffr.)
geben wir später.
Handschriften,
Autographen, Bücher
Zürich, Nachb. 27.128. Nov.
(Vorb. in Nr. 45, S. 7)
Am 27. und 28. November versteigerte
Ulrico Hoepli im Zunfthause zur Meise in
Zürich eine besonders hochwertige Sammlung
von Handschriften, Autographen und Büchern,
die verschiedene der Kostbarkeit dieser Kol-
lektion entsprechende Preise erzielte.
Den höchsten Betrag brachte Nr. 44, ein
„Breviarium Fratrum Praedicato-
r u m“, 26,8 : 20 cm, 396 Seiten mit 1500 Ini-
tialen und 57 Miniaturen, 15. Jahrhundert, wahr-
scheinlich aus dem Atelier des Crisfoforo de
Predis mit 14 800 sfr. Wenig gab ihm nur
Nr. 171 nach, ein dreibändiger Jean Racine,
Paris 1760, erste Luxusausgabe mit Illustratio-
nen, — sie erzielte 13 000 sfr.
Dann folgen: ein prachtvolles humanisti-
sches Manuskript des 15. Jahrhunderts, Nr. 50
„Martialis M. V. Epigrammata“ mit großen
Florentiner Initialen, ausgezeichnet erhalten,
mit 8500 sfr., — Nr. 106, Musaeus, Gedicht:
Hero und Leander, mit der lateinischen tlber-
seßung des Marcus Musurus (Venezia, Aldo
Manuzio 1495), mit 8100 sfr., — Nr. 69, Bru-
netfo Latini „II Tesoro“ (Treviso, Gerard de
Lys 1474), mit zahlreichen Initialen in Rot und
Blau, 8000 sfr., und Nr. 79, De Conti G i u -
st ro „La bella mano“ (Bologna, Scipione et
Annibale Malpighi 1472), mit 7150 sfr.
Anschließend an diese Handschriften
nennen wir noch folgende Preise:
Nr. sfr.
51 Psalterium et officium defunctorum,
Manuskript, 15. Jahrhundert . . . 1510
52 De Abano P. „Tractatus de venenis
etc.“, Padova, 1487 .ygg
53 Albumasar „De magnio coniunc-
tionibus", Augsburg 1489 . 550
55 Anthologia graeca Planudea, Fi-
renze 1494 . 2670
56 Antoninus „Confessionale.“
Firenze 1477 . 450
Den ausführlichen Preisbericht
bringen wir später.
Gemälde,Handzeichnungen
London, Nachb. 5. Nov.
(Vorb. in Nr. 43, S. 7)
Die am 5. November bei Sotheby & Co.
stattgefundene Auktion von Gemälden und
Handzeichnungen alter Meister aus verschie-
denem englischen Privatbesiß brachte wenig
bemerkenswerte Resultate. Wir nennen einige
der höchsten Preise. Nr. 114, Porträt des
Obadiah Westwood mit Frau und 7 Kindern
von Zoffany, 132:144 cm, erzielte 170 .£.
Nr. 109, Porträt des Mr. Hannah, Reynolds
Schule, 76:63 cm, brachte 56 £. Nr. 111,
Porträt des Right Hon. Isaac Corry, E n g -
lischeSchule des späten 18. Jahrhunderts,
fand einen Käufer für 44 £. — Das Gesamt-
ergebnis betrug rund 743 £.
Zehn Jahre für junge deutsche Kunst
Aus Anlaß seiner zehnjährigen Tätigkeit
als Kunsthändler baten wir Herrn Karl
Nierendorf, Berlin, sieh in einer Unter-
redung über persönliche Erfahrungen im
Handel mit moderner Kunst zu äußern.
„Wie sind Sie, Herr Nierendorf, zur bil-
denden Kunst gekommen?"
„Ich war von Kind an ein Bildernarr,
schnitt erbarmungslos und ohne Wahl aus
allen Zeitschriften die Kunstblätter heraus.
Meine Ferienreisen schon galten Kunstwerken.
Museen zogen mich immer mehr an als
schöne Landschaften. Meine Reisen nach
Belgien, durch ganz Italien, nach Paris, Mün-
chen, Holland galten immer in erster Linie
den Meisterwerken, die ich aus Katalogen
und Kunsibüchern schon kannte. Ganz be-
sonders interessierten mich auch Kirchen,
Schlösser und alte Architektur.“
„Wie kommt es denn, daß Sie sich jeßt
ganz der modernen Kunst zugewandt
haben?“
„Der Umschwung erfolgte allerdings ziem-
lich schlagartig. Zu einer Zeit, als ich die
großen französischen Impressionisten für die
einzig bedeutenden, den alten Meistern eben-
bürtigen Maler hielt, wurde in Köln die
,Sonderbund-Ausstellung 1912' veranstaltet,
die heute noch als die großartigste internatio-
nale Manifestation neuer Kunst gilt. Dort
sah ich zum erstenmal größere Kollektionen
von Bildern van Goghs, Cezannes, Munchs
und Gauguins, ferner die gesamten jüngeren
Franzosen und Deutschen, vor allem die
Künstler der .Brücke'. Ich blieb von mor-
gens bis abends in der großen Halle, be-
o-’-'.ert und ergriffen, und kann nur sagen,
däß ich die Empfindung hatte, sie als ein ver-
änderter Mensch zu verlassen. Wie Kunst
imstande ist, das Weltbild eines Menschen
grundstürzend zu verändern und sein inner-
stes Wesen umzugestalten, das habe ich in
diesen Stunden erlebt. Ich weiß noch deut-
lich, daß ich mich gegen manches, das mir
brutal und ungeformt erschien, wehrte und
zu manchen Werken erst nach mehreren Be-
suchen den Zugang fand. Das eben war für
mich das Resultat der Sonderbund-Aus-
stellung. Sie erschloß mir in Werken von
Munch, van Gogh, Nolde, Schmidt-Rottluff,
das Wesen nordischer Kunst und ihrer Ge-
seße. Ich begriff den Erlebniswert und die
reine Ausdruckskraft, damals noch Expressio-
nismus genannt, die aus den schöpferischen
Visionen der Einzelpersönlichkeit über-
strömte, um so deutlicher, als in der gleichen
Schau von stärkster formaler Intensität ge-
tragene Schöpfungen des Kubismus von
Cezanne, Picasso, Braque vertreten waren.
Da aber die französische Kunst im Rheinland
schon weithin anerkannt war, sah ich in dem
Eintreten für die modernen Deutschen meine
besondere Aufgabe. Meine Tätigkeit als
Kunsthändler hat stets beide Pole der heu-
tigen Kunst berücksichtigt und neben den
Meistern des seelischen Ausdrucks habe ich
immer die Schöpfer neuer Formgeseße, wie
Klee, Kandinsky, Feininger, verehrt.“
„Als ich in Berlin Paul Cassirer von mei-
nem Vorhaben sprach, lebende Kunst zu ver-
treten, rief dieser entseßt aus: ,Um Gottes
willen, lassen Sie Ihre Finger davon! Es ist
das Undankbarste, was Sie tun können, und
Sie werden sich in kürzester Zeit dabei den
Hals brechen. Sehen sie sich hier diesen
kleinen Primitiven auf Goldgrund an. Ich
kaufe ihn für 2000 M., verkaufe ihn für
6000 M. und der Käufer hat troßdem billig
gekauft. Nehmen Sie aber einem lebenden
Künstler für 500 M. ein Bild ab und verkaufen
es für 1000 M., wird er Ihnen auf die Bude
rücken und Sie einen Räuber und Hals-
abschneider schimpfen, weil er sich einbildet,
die Differenz sei .Verdienst'. Kennen Sie die
Geschichte vom Wolgataucher? Nein? Also
hören Sie. In der Wolga gab es einen ge-
fährlichen Strudel, der viele Badendd das
Leben kostete. Man stellte deshalb einen
Taucher an, der die Gefährdeten retten
sollte. Bald fiel es auf, daß dieser Mann
immer nur Leichen, niemals Lebende aus dem
Wasser zog. Zur Rede gestellt, sagte er:
Ja, sehen Sie, das ist so. Wenn die Leute,
die in den Strudel geraten sind, noch leben,
klammern sie sich an und ziehen mich mit
herab. Lasse ich sie aber erst einige Male
darin herumwirbeln, so kann ich sie ohne Ge-
fahr für mich herausholen und kriege meine
Prämie. — So ist es auch mit den Künstlern:
die Lebenden ziehen sie nur hinab, die an-
deren bringen Prämien. Nochmals: Lassen
Sie Ihre Finger davon!' — Nun, ich habe
diesen Rat nicht befolgt, und meine Galerie
besteht noch immer.“
„Welche Erfahrungen haben Sie nun im
Umgang mit Künstlern gemacht?“
„Ich kann nur sagen, daß ich im allge-
meinen in einem guten, ja kameradschaft-
lichen Verhältnis zu den von mir vertretenen
Künstlern stehe und stets das beste Einver-
nehmen bestanden hal. Einige Vorfälle er-
wiesen allerdings in geradezu grotesker
Weise, daß die Künstler keine Ahnung haben,
mit welchen Schwierigkeiten ein Kunsthändler
zu kämpfen hat, der nicht ausgetretene Wege
geht.
„Zum Schluß noch eines. Ich werde immer
wieder gefragt, ob es noch Leute gibt, die
moderne Kunst kaufen. Nun, die gibt es und
wird es immer geben. Ich unterscheide dabei
zwei Arten von Käufern. Die einen kaufen
Im Laufe des Monats September war in
Helmstedt, der ehemals berühmten Universi-
tätsstadt Braunschweigs, eine sonderbare
Ausstellung zu sehen, die der Erinnerung an
Goethes Besuch in Helmstedt, vor allem aber
der des berühmten und berüchtigten Pro-
fessors Beireis gewidmet war. — Gottfried
Christoph Beireis, der 1730 in Mühlhausen in
Thüringen geboren war, kam nach einem Stu-
dienaufenthalt in Jena und angeblichen Welt-
reisen 1759 zunächst noch als Student nach
Helmstedt. Hier wurde er überraschend
schnell Professor der Physik, kurz danach
auch der Chirurgie, und bald hielt er sieben
Lehrstühle besetzt. Er las über unzählig viele
Gegenstände Kolleg, aber er sprach meist
mehr von Dingen, die mit seinem Programm
nichts zu tun hatten und amüsierte seine
Hörer mit persönlichen Bemerkungen über
mit der Absicht, ihr Kapital gut anzulegen,
kommen also von außen her an die Kunst.
Sie geraten meistens und mit Recht an die
Epigonen, da sie den eigentlichen schöpferi-
schen Kräften fremd gegenüberstehen und
mehr dem modischen Geschmack folgen. Ihre
Sammlungen stellen sich später oft als völlig
wertlos heraus. Weitaus in der Minderheit
sind die Sammler, die aus innerer Anteil-
nahme und Erkenntnis der künstlerischen
Form Kunst kaufen. Sie sammeln mit Passion
und lassen sich auch durch wirtschaftliche
Krisen nicht abhalten, Kunstwerke zu er-
werben, welche ihre Lebensatmosphäre bilden.
Oft mit geringen Mitteln, mitunter sogar unter
Verzicht, ohne Hinblick auf Erwerb, bauen sie
ihre Sammlungen auf. Und gerade diese
Sammlungen sind es, die sich in der Folge-
zeit als nicht nur künstlerisch, sondern auch
materiell wertvoll erweisen. Dieser kleine
Kreis von Kunstfreunden, an die ich glaube
und auf die ich von Anfang an meine Tätig-
keit eingestellt habe, wird auch weiterhin der
Träger meines und jedes anderen um die
moderne Kunst bemühten Ausstellungsunfer-
nehmens sein.“ -rg
Kollegen und angebliche Feinde, die alle nur
Halb- oder bestenfalls Dreiviertelköpfe
waren, während er mit Thales von Milet und
Christus einen ganzen Kopf hatte. Beireis
verfügte über eine unerschöpfliche Arbeits-
kraft, ein stets parates Gedächtnis, erheb-
liches Vermögen, sagenhaft kostbare Samm-
lungen, einen Ruf als großer Arzt und zu-
gleich als großer Renommist und Aufschnei-
der. Er kündigte 12 bis 15 Vorlesungsstun-
den für einen einzigen Tag an, da er nur
drei Stunden angeblich zum Schlaf brauchte.
Sein wissenschaftlicher Nachlaß ist recht
dürftig und zeigt nicht mehr als eine gute
biologische Beobachtungsgabe für Einzel-
phänomene. Sein großer Reichtum führte
dazu, daß man ihn für einen geheimen Gold-
macher hielt. Er selbst bestärkte dies Ge-
rücht durch Vorzeigen von angeblich auf
Die Gemäldegalerie des großen Beireis
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