Jahrg. IV, Nr. 51/52 vom 21. Dezember 1930
WELT KUNST
11
die „Allegoria delle Arti liberali“, der von der
Familie Barbarigo herrührt. Die Nachrichten
über eine Versendung der Sammlung Donä
sind jeßt soweit bestätigt, daß eine Ausfuhr-
erlaubnis für die ganze Sammlung mit Aus-
nahme des eben erwähnten Tiepolo und des
„Toten Christus“ von Bellini vorliegt. Gut in-
formierte Kreise wollen wissen, dafj für die
Unterbringung der Sammlung Donä im Kunst-
handel bereits eine Versteigerung in Paris
vorgesehen sei. Gegen diesen Plan einer
Pariser Auktion wenden sich italienische Stim-
men, die lieber eine Auktion in Venedig selbst
sehen würden, um dem italienischen Kunst-
handel endlich Gelegenheit zu geben, „sich auf
den Plaß zu stellen, der ihm zukommt“. über
die Sammlung Giovanelli herrscht noch Un-
klarheit; bisher scheint eine Ausfuhrerlaubnis
für das Bild Giorgiones nicht erteilt zu sein
(vgl. „Weltkunst“, Nr. 43 und 46). Gewisse
Kombinationen für einen Verkauf innerhalb
Venedigs werden vorgeschlagen, doch ist es
sehr fraglich, ob die staatlichen oder städti-
schen Organisationen die notwendigen Mittel
werden aufwenden können.
G. R e i n b o t h (Rom)
Von anderer Seite wird uns über die Samm-
lung Donä delle Rose speziell noch
folgendes berichtet:
Die Gobelins der Sammlung Donä delle
Rose sind nächst den berühmten Folgen des
Vatikan die bemerkenswertesten, die Italien
heute noch beherbergt. Es handelt sich um
nicht weniger als 18 Stücke, die dem 16. Jahr-
hundert angehören und sich mit aller Gewiß-
heit auf Brüsseler Ursprung zurückführen
lassen, da sie die Schußmarke, das doppelte B
zwischen einfachen Wappen, tragen, die in
Brabant nachweislich nicht vor 1528 vorkam
Das Gewebe dieser Wandteppiche ist vorzüg-
lich intakt, das Kolorit sowohl in seiner Wärme
wie in seiner differenzierten Abstufung ganz
außerordentlich schön und trefflich erhalten.
Drei Teppiche, von ungemein zarter und
weicher Farbgebung, stellen eine von Puffen
veranstaltete Weinlese dar, wobei die Gruppen
der nackten Kinder dekorativ zwischen eine
frische Vegetation verteilt sind, zehn andere,
ebenfalls mit Brüsseler Marke, die Kämpfe
zwischen Ilannibal und Scipio. Das im Format
größte Stück gibt die Schlacht von Zama wie-
der. Diese Sammlung von Wandteppichen muß
Milch contra Kunst
Von Dr. Grete Ring
diesem Service wurde ein
und
und
der
In-
men, vom Drucker an, der den Katalog her-
stellt (im Falle Figdor war es — armer Uhu! —
zudem die dem Hause Ullstein unterstellte
Wiener Druckerei Waldheim-Eberle), über Ma-
ler und Tapezierer, die den Auktionssaal her-
richten, über Transportarbeiter aller Art, zu
der Schar der Hofelangestellten, die von den
zur Versteigerung hergereisten Gästen profi-
tieren, usw. usw.
erhaltene Gemälde dieses Meisters bildet und
das Urbild einer in mehreren Varianten be-
kannten Komposition darstellt. Weiter findet
man in der Sammlung neben den herrlichen
kunstgewerblichen Arbeiten eine ganze Kol-
lektion von Genrebildern des A. Longhi.
L. Brosch (Venedig)
zu den Glanzleistungen der frühen belgischen
Textilindustrie gerechnet werden.
Unter den oben noch nicht genannten Ge-
mälden finde das lebensgroße Porträt eines
Schimmelreiters Erwähnung, das wohl der
Schule von Brescia zuzuschreiben ist. Kunst-
geschichtlich wichtig ein von Bartolomeo
Veneto signiertes Madonnenbild mit dem
Datum: 3. April 1502, das vielleicht das früheste
Sir Joshua Reynolds, Portrait John Earl of Egmont und Frau
John Earl of Egmont et sa femme — John Earl of Egmont and his wife
124,5 : 185 cm ■—- Collection Earl of Egmont, Avon Castle, Handts — Kat. Nr. 123
Versteigerung — Vente -— Sale:
London, Christie, Manson & Woods, 12. Dezember 1930
Brachte — adjuge — sold: £ 2940
Im Dezemberheft des „Uhu“ erschienen unter
der vielsagenden Ueberschrift „115 000 Mark für
eine alte Konfektschachtel“ Ausführungen von
der Schriftleitung des Uhu, von dem Kunsthisto-
riker Dr. Max Deri und von dem Dichter
T'erl Brecht, in denen die Notwendigkeit
der Kunst in unserer Zeit diskutiert und zum
Teil in Frage gestellt wurde. Auf diese negative
Einstellung zur Kunst antwortet Fräulein Dr.
Grete Ring im Tagebuch in so treffender, geist-
reich pointierter Formulierung, daß wir gern
das von der Verfasserin uns freundlichst zur
Verfügung gestellte Manuskript hier zum Ab-
druck bringen, in der Ueberzeugung, daß
ihre Ausführungen regstem Interesse im Kreise
der Leser der Weltkunst begegnen werden.
Die Redaktion.
scnatf, deren Leben und Treiben „Dame",
„Querschnitt“ — und „Uhu“ — lüstern ent-
zückt umkreisen, an deren Wänden nie ein
anständiges Bild hängen darf, ist auch für
Wohlfahrtszwecke nie ein Pfennig herauszu-
bekommen.
Dies zur sozialen Seite der Sache. Sie
darf nicht die ausschlaggebende sein. Es ist
grundsäßlich abzulehnen, sich zur Entschul-
digung der Kunst auf die Gebiete wirtschaft-
licher, selbst sozialethischer Argumente einzu-
lassen: wenn dem Kunstwerk als zweckfreier
Gegebenheit kein Plaß mehr zugebilligt wird,
dann steht es schlimm um eine Zeit, um ein
Land! Kunst- und Bildungsfeindschaft sind
nicht zwangsläufig Folge schlechter wirtschaft-
licher Verhältnisse. Vielmehr haben sie als
aktive Faktoren ihr gerütteltes Maß von Schuld
an der immer weitergehenden Verschlimme-
rung und Verwirrung unserer Gesamflage.
Ich suche, gerecht zu sein. Ich kann mich
in Gedankengänge verseßen, die Monstre-
preise für Möbelstücke, für „Konfektschach-
teln" als zum Widerspruch aufreizend empfin-
den. Aber der moralischste Spaß sollte auf-
hören, wenn es an die Dinge der großen Kunst
geht, wenn Bert Brecht vom grünen Abschreib-
tisch her Boschs „Verlorenen Sohn“ als „süß-
lich fade“ abtut, eines der ewigen Werke aller
Zeiten, traumhaft in all seiner Realität, ge-
heimnisvoll und doppeldeutig — der arme
Schweinehirt, ein Vagant Gottes vom Stamm
der Francois Villon, um Brechts Verständnis
mit einer ihm vielleicht geläufigeren Hilfskon-
struktion entgegenzukommen. Was geht
unsere Zeit, fragt der „Uhu“, „eine Dis-
kussion über die malerischen Werte eines
Rembrandt, eines Van Dyck, eines Michel-
angelo an? Das Erleben vergangener Epochen
ist für Besinnliche, dem praktischen Leben
abgewandte Menschen von großem Reiz, aber
gerade solche Menschen dürften heute, in
einer Zeit, die alle Kräfte nötig hat, als zeit-
fremd betrachtet werden.“ Hier irrst du,
wünschte manchem der Unseren seine „Zeit-
fremdheit". Glückliches Frankreich, wo Cle-
menceau ein Buch über Monet schreiben darf
und doch der beste Heros seines Volkes
bleibt!
Zurück zu unserem Vogel! Die Aufsäße
haben nicht nur einen Text, sie haben auch
Illustrationen, „sprechende Photos“, wie diese
Presse sie gern verwendet, um ihre Leser da-
mit allgemach zum Kulturniveau der Höhlen-
bewohner zurückzuführen, denen auch das
Bildsymbol für das geschriebene Wort stehen
mußte. Eine dieser Abbildungen trägt nun
die eminent demagogische Unterschrift: „Zwei-
hundertachtzigtausend Liter Milch für vierund-
achtzigtausend Mark —- oder einen alten
Stuhl." Wenn ich das Bildsymbol recht deute,
soll damit der Erwerber des Stuhls angepran-
gert werden, weil er sein Geld für derlei Fir-
lefanz ausgibt, statt es armen Kindern zu-
gute kommen zu lassen. Denn einen Aufruf
zur Aufhebung der freien Verfügung über
private Mittel kann man doch wohl einem
friedlichen Ullsteinvogel nicht zutrauen? (In
Parenthese: der Erwerber des „Strozzistuhls"
war das Metropolitan Museum von New York.)
Ich suche mich wieder umzuschalten, um
der Gerechtigkeit willen, und muß leider wie-
der feststellen, daß der „Uhu“ in seinen Fol-
gerungen irrt. In langen Jahren des Mitwir-
kens an sozialer Hilfsarbeit habe ich stets die
Erfahrung gemacht, daß es die gleichen Leute
sind, die die Stühle kaufen und die Milch
stiften. Wer sich einmal der sozialen Ver-
pflichtung bewußt ist, einen Teil seines Ver-
mögens, oder doch seines Einkommens, rein
maierieller Verwertung zu entziehen, der wird
diese Verpflichtung gleicherweise fühlen, wenn
es um Kunstwerke, wie wenn es um charita-
tive Forderungen geht. Die großen Sammler
Berlins, Eduard Arnhold und James Simon,
waren gleichzeitig die großen Wohlfahrts-
stifter; viel Milch ist durch ihre Hände ge-
flossen. Von den einzig dem Genußleben
verschriebenen Herrschaften „Aus der Gesell-
schaft“, deren Leben und Treiben
„Querschnitt" — und „Uhu“ — lüstern ent-
zückt umkreisen, an deren Wänden nie ein
Der Schatz
von Pompeji
Pompeji, 6. Dezember
Die Ausgrabungen in der Via dell’Abbon-
danza, die in der leßten Zeit in der Gegend
der Insula Decima wieder aufgenommen wor-
den sind, konzentrierten sich auf das mit Nr. 4
bezeichnete Haus, das bei früheren Aus-
grabungen als unbedeutend vernachlässigt
worden war. Gerade dieses Haus aber hat
einen Schaß geborgen, wie er seit dem Fund
in Villa Prisco in Boscoreale in Italien über-
haupt nicht mehr gemacht worden ist. Das
Haus Nr. 4 ließ schon die schöne Apollo-
statue in farbigem Marmor zutage kommen;
es zeigte Fresken, deren Farben wundervoll
erhalten waren, und nach den architekto-
nischen Ausmaßen des Hauses in ihrer Ruhe
und Ausgeglichenheit konnte man auf einen
kultivierten und geschmackvollen Besißer
schließen. Wenn also Prof. Majuri gerade
diesem Hause eine besondere Aufmerksam-
keit widmete, so zeugte die Fürsorge nur für
den guten Instinkt dieses bedeutenden Ar-
chäologen. Tatsächlich fand man denn auch
auf einem Fresko eine sehr schöne Menan-
dros-Figur, auf einem anderen neugefundenen
Wandbild glaubt man die Figur Virgils zu er-
kennen. Zwei sehr schöne tragische Masken
bildeten den Schmuck des Peristilium. Gestern
drangen die Arbeiten in die Kellergewölbe
vor, als die Arbeiter auf sechs silberne, schwer
vergoldete Teller stießen, deren Tellerböden
Reliefs zeigten. Die Arbeiten wurden unter-
brochen und heute in Gegenwart Prof. Majuris
wieder aufgenommen. Man stieß auf die
Trümmer einer großen Holztruhe, in der bei
der Katastrophe der Schaß des Hauses auf-
bewahrt worden war. Die Arbeiten erlaubten
gegen Mittag die Zusammenstellung eines
ersten Inventars.
Dabei zeigte es sich, daß ein vollständiges
Tafelservice für vier Personen in mas-
sivem Silber, vergoldet, mit Reliefs und
reicher Ziselationsarbeit gefunden worden
war. Das Service besteht neben den Tellern
verschiedener Größe aus Silberschüsseln,
Schalen, Kasserollen, aus Bechern in Glas-
form, Bechern in Tassenform mit Untertassen,
Löffeln verschiedener Größe, ferner einem
großen Krug. Das Service hat die Taten des
Herkules als Motiv der Reliefs, während die
Ziselierung Blatt- und Blütenwerk wiedergibf.
Die Arbeit ist offenbar italienischen Ur-
sprungs. Außer diesem Service wurde ein
Silberspiegel, ein silbernes Parfümfläschchen,
dann aber noch ein reicher Goldschatz
gefunden. Die Goldarbeiten bestehen durch-
weg in persönlichem Schmuck. Es kamen
13 Ringe verschiedener Größe, z. T. mit
Gemmen und Steinen geschmückt, 5 Paar
Der „Uhu" läßt in seiner Nummer vom
Dezember 1930 drei Stimmen „um die Not-
wendigkeit der Kunst in unserer Zeit streiten",
wie er es nennt, d. h. der Vertreter der Re-
daktion nimmt die Versteigerung der Samm-
lung Figdor zum Anlaß leidenschaftlicher anti-
künstlerischer Propaganda und sucht sich in
herzhafter Subjektivität dazu zwei Gewährs-
männer, von denen er annehmen konnte, daß
sie seine Auffassung dieser Dinge teilen wür-
den: den Dichter Bert Brecht, der, brauchbar
wie stets, hält, was man von ihm erwarten
durfte, und den Kunstphilosophen Max Deri,
der, trotz seiner im allgemeinen auch mehr
ethisch-moralischen als ästhetischen Einstel-
lung, in wirklich vornehmer Loyalität die In-
teressen der Kunst zu vertreten sucht. Troß-
dem bleibt der eigentlich Zuständige unge-
fragt, der im Kunstleben Stehende, ohne poli-
tische und soziale Färbung Kunstliebende
Kunstachtende. Man wird Zwischenrufen:
der an der Kunst im allgemeinen und an
Auktion Figdor im besonderen materiell
teressierte. Aber das ist kein Einwand.
Der „Uhu", um zur Sache zu kommen, ent-
rüstet sich moralisch: „In einer Zeit, die wirt-
schaftlich, politisch und menschlich unter einem
beispiellosen und fast unermeßlichen Druck
steht, wird, als befänden wir uns im tiefsten
Frieden und in ' harmonischster Entfaltung,
eine Auktion von Kunstgegenständen ver-
anstaltet, die selbst in den Kreisen künst-
lerisch empfindender Menschen ein gewisses
Unbehagen, zum Teil auch ernstliche Miß-
billigung auslöst . . . Gewisse Kreise, nicht
nur in Deutschland, sondern in ganz Europa,
tun heute immer noch, als lebten sie in den
gesicherten Zeifläufen der verschwenderischen
imperialistischen Ära der Vorkriegszeit. Von
diesem Lebensstandard sind Gewohnheiten
zurückgeblieben, die nicht in unsere in schreck-
lichen Kämpfen sich formende neue Zeit pas-
sen und nur noch eine gespenstische Karikatur
der versunkenen EpOche darstellen . . • So
entstehen überall Gegensätze, deren Anblick
vielen kaum ertragbar ist. Hier das nackte
verzweifelnde Leben — dort satte Gewohn-
heiten aus der Vorkriegszeit.“ Gut gekrächzt,
Uhu! Nur schade daß dieser puritanische Fu-
ror den weisen Vogel nicht schon bei an-
derer Gelegenheit gepackt hat, etwa beim
Atmen der sinn- und geistlosen LuxuSatmL-
sphäre, die sein Schwesterblatt, die „Dame"
so penetrant durchtränkt. „Die Dame trägt“’
Federvieh! Unter den wenigen Menschen,
denen wir in der Nachkriegszeit tatsächliche
Förderung unserer Verhältnisse, vor allem dem
Ausland gegenüber, zu danken haben, waren
die Erfolgreichsten musisch und bildungszu-
gewandt Ich denke an Walter Rathenau, an
Gustav Stresemann. Sammler wie Alsberg,
wie Paul Levi dürften selbst dem „Uhu“ nicht
„dem praktischen Leben abgewandt“ erschei-
nen. Der ausländische Diplomat, der Deutsch-
lands Nachkriegsgeschicke jahrelang entschei-
dend und nicht zu Deutschlands Nachteil be-
einflußte, Lord D'Abernon, war leidenschaft-
licher Kunstsammler und -kenner: man
so oder ähnlich wird dort gepredigt, „in die-
sem Winter (dem Winter der hungernden Kin-
der, wohlgemerkt) zu jedem Kleid ein anderes
jn der Farbe passendes Pelzjäckchen, vorn
geschweift und hinten gerafft, und so neu-
artig gearbeitet, daß das Material der letzten
Saison beileibe nicht dazu verwandt werden
darf. Das Auto ist in
diesem Jahr möglichst
mit weißem Atlas aus-
zuschlagen, es führt
vorn als Maskotte eine
vergoldete Bulldogge
mit innen emaillierten
Öhrchen usw.“ Mit
welch schmelzendem
Vergnügen gewährt die
„Dame“ — und tut es
nicht zuweilen gar der
ernste „Uhu“ selbst?
— seinen lebenden
Zaungästen Einblick in
die schwellenden Bun-
galos der viel bewun-
derten Oberschicht, in
Schwimmbäder auf
Dachgärten, in Privat-
bars mit elektrisch be-
triebenen Mixpokalen.
Wie schnalzen „Dame“
und „Uhu“ gemeinsam
bei den Rezepten;
„Man nehme vier Trüf-
feln . . .“ Und — sehe
ich recht: auf Seite 32
der moralischen De-
zembernummer des
„Uhu“: „Sorgen in den
Boudoirs. In diesem
Winter werden die ele-
ganten Damen vormit-
tags in ihren Boudoirs
den neuen sogenann-
ten Smoking-Pyjama
fragen . . ."
Uber all das wird
sich, des können wir
sicher sein, der strenge
Vogel nicht entrüsten,
denn hier handelt es
sich um die sakro-
sankten Dinge des
reinen, kruden Luxus:
Pelzjäckchen sind hei-
lig, Autos und Golf-
pläße, Nepprestau-
rants und Schönheifssalons, sie alle müssen
blühen, wachsen und gedeihen, gerade in einer
Zeit, in der „einem aus den Schlagzeilen der
Zeitungen Schlagworte, wie Hungersnot, Koh-
lenknappheit, Arbeitslosigkeit, Aussperrung,
entgegenschreien“. Nur wenn der Luxus sich
zu sublimieren erfrecht, wenn er ins Geistige,
ins Künstlerische umbiegt, dann wird er schäd-
lich und muß abgedrosselt werden.
Man halte mir nicht vor, die Luxusindustrie
ernähre ein Heer sonst auch noch Arbeitsloser
_ diesen Einwand kann die Kunstauktion ge-
wiß auch zu ihren Gunsten in Anspruch neh-
Elfenbeinlöffel aus Benin (West-Afrika)
Cuillers d’ivoire, Benin — Ivory spoons of Benin
Museum der Stadt Ulm (Weickmannianum)
WELT KUNST
11
die „Allegoria delle Arti liberali“, der von der
Familie Barbarigo herrührt. Die Nachrichten
über eine Versendung der Sammlung Donä
sind jeßt soweit bestätigt, daß eine Ausfuhr-
erlaubnis für die ganze Sammlung mit Aus-
nahme des eben erwähnten Tiepolo und des
„Toten Christus“ von Bellini vorliegt. Gut in-
formierte Kreise wollen wissen, dafj für die
Unterbringung der Sammlung Donä im Kunst-
handel bereits eine Versteigerung in Paris
vorgesehen sei. Gegen diesen Plan einer
Pariser Auktion wenden sich italienische Stim-
men, die lieber eine Auktion in Venedig selbst
sehen würden, um dem italienischen Kunst-
handel endlich Gelegenheit zu geben, „sich auf
den Plaß zu stellen, der ihm zukommt“. über
die Sammlung Giovanelli herrscht noch Un-
klarheit; bisher scheint eine Ausfuhrerlaubnis
für das Bild Giorgiones nicht erteilt zu sein
(vgl. „Weltkunst“, Nr. 43 und 46). Gewisse
Kombinationen für einen Verkauf innerhalb
Venedigs werden vorgeschlagen, doch ist es
sehr fraglich, ob die staatlichen oder städti-
schen Organisationen die notwendigen Mittel
werden aufwenden können.
G. R e i n b o t h (Rom)
Von anderer Seite wird uns über die Samm-
lung Donä delle Rose speziell noch
folgendes berichtet:
Die Gobelins der Sammlung Donä delle
Rose sind nächst den berühmten Folgen des
Vatikan die bemerkenswertesten, die Italien
heute noch beherbergt. Es handelt sich um
nicht weniger als 18 Stücke, die dem 16. Jahr-
hundert angehören und sich mit aller Gewiß-
heit auf Brüsseler Ursprung zurückführen
lassen, da sie die Schußmarke, das doppelte B
zwischen einfachen Wappen, tragen, die in
Brabant nachweislich nicht vor 1528 vorkam
Das Gewebe dieser Wandteppiche ist vorzüg-
lich intakt, das Kolorit sowohl in seiner Wärme
wie in seiner differenzierten Abstufung ganz
außerordentlich schön und trefflich erhalten.
Drei Teppiche, von ungemein zarter und
weicher Farbgebung, stellen eine von Puffen
veranstaltete Weinlese dar, wobei die Gruppen
der nackten Kinder dekorativ zwischen eine
frische Vegetation verteilt sind, zehn andere,
ebenfalls mit Brüsseler Marke, die Kämpfe
zwischen Ilannibal und Scipio. Das im Format
größte Stück gibt die Schlacht von Zama wie-
der. Diese Sammlung von Wandteppichen muß
Milch contra Kunst
Von Dr. Grete Ring
diesem Service wurde ein
und
und
der
In-
men, vom Drucker an, der den Katalog her-
stellt (im Falle Figdor war es — armer Uhu! —
zudem die dem Hause Ullstein unterstellte
Wiener Druckerei Waldheim-Eberle), über Ma-
ler und Tapezierer, die den Auktionssaal her-
richten, über Transportarbeiter aller Art, zu
der Schar der Hofelangestellten, die von den
zur Versteigerung hergereisten Gästen profi-
tieren, usw. usw.
erhaltene Gemälde dieses Meisters bildet und
das Urbild einer in mehreren Varianten be-
kannten Komposition darstellt. Weiter findet
man in der Sammlung neben den herrlichen
kunstgewerblichen Arbeiten eine ganze Kol-
lektion von Genrebildern des A. Longhi.
L. Brosch (Venedig)
zu den Glanzleistungen der frühen belgischen
Textilindustrie gerechnet werden.
Unter den oben noch nicht genannten Ge-
mälden finde das lebensgroße Porträt eines
Schimmelreiters Erwähnung, das wohl der
Schule von Brescia zuzuschreiben ist. Kunst-
geschichtlich wichtig ein von Bartolomeo
Veneto signiertes Madonnenbild mit dem
Datum: 3. April 1502, das vielleicht das früheste
Sir Joshua Reynolds, Portrait John Earl of Egmont und Frau
John Earl of Egmont et sa femme — John Earl of Egmont and his wife
124,5 : 185 cm ■—- Collection Earl of Egmont, Avon Castle, Handts — Kat. Nr. 123
Versteigerung — Vente -— Sale:
London, Christie, Manson & Woods, 12. Dezember 1930
Brachte — adjuge — sold: £ 2940
Im Dezemberheft des „Uhu“ erschienen unter
der vielsagenden Ueberschrift „115 000 Mark für
eine alte Konfektschachtel“ Ausführungen von
der Schriftleitung des Uhu, von dem Kunsthisto-
riker Dr. Max Deri und von dem Dichter
T'erl Brecht, in denen die Notwendigkeit
der Kunst in unserer Zeit diskutiert und zum
Teil in Frage gestellt wurde. Auf diese negative
Einstellung zur Kunst antwortet Fräulein Dr.
Grete Ring im Tagebuch in so treffender, geist-
reich pointierter Formulierung, daß wir gern
das von der Verfasserin uns freundlichst zur
Verfügung gestellte Manuskript hier zum Ab-
druck bringen, in der Ueberzeugung, daß
ihre Ausführungen regstem Interesse im Kreise
der Leser der Weltkunst begegnen werden.
Die Redaktion.
scnatf, deren Leben und Treiben „Dame",
„Querschnitt“ — und „Uhu“ — lüstern ent-
zückt umkreisen, an deren Wänden nie ein
anständiges Bild hängen darf, ist auch für
Wohlfahrtszwecke nie ein Pfennig herauszu-
bekommen.
Dies zur sozialen Seite der Sache. Sie
darf nicht die ausschlaggebende sein. Es ist
grundsäßlich abzulehnen, sich zur Entschul-
digung der Kunst auf die Gebiete wirtschaft-
licher, selbst sozialethischer Argumente einzu-
lassen: wenn dem Kunstwerk als zweckfreier
Gegebenheit kein Plaß mehr zugebilligt wird,
dann steht es schlimm um eine Zeit, um ein
Land! Kunst- und Bildungsfeindschaft sind
nicht zwangsläufig Folge schlechter wirtschaft-
licher Verhältnisse. Vielmehr haben sie als
aktive Faktoren ihr gerütteltes Maß von Schuld
an der immer weitergehenden Verschlimme-
rung und Verwirrung unserer Gesamflage.
Ich suche, gerecht zu sein. Ich kann mich
in Gedankengänge verseßen, die Monstre-
preise für Möbelstücke, für „Konfektschach-
teln" als zum Widerspruch aufreizend empfin-
den. Aber der moralischste Spaß sollte auf-
hören, wenn es an die Dinge der großen Kunst
geht, wenn Bert Brecht vom grünen Abschreib-
tisch her Boschs „Verlorenen Sohn“ als „süß-
lich fade“ abtut, eines der ewigen Werke aller
Zeiten, traumhaft in all seiner Realität, ge-
heimnisvoll und doppeldeutig — der arme
Schweinehirt, ein Vagant Gottes vom Stamm
der Francois Villon, um Brechts Verständnis
mit einer ihm vielleicht geläufigeren Hilfskon-
struktion entgegenzukommen. Was geht
unsere Zeit, fragt der „Uhu“, „eine Dis-
kussion über die malerischen Werte eines
Rembrandt, eines Van Dyck, eines Michel-
angelo an? Das Erleben vergangener Epochen
ist für Besinnliche, dem praktischen Leben
abgewandte Menschen von großem Reiz, aber
gerade solche Menschen dürften heute, in
einer Zeit, die alle Kräfte nötig hat, als zeit-
fremd betrachtet werden.“ Hier irrst du,
wünschte manchem der Unseren seine „Zeit-
fremdheit". Glückliches Frankreich, wo Cle-
menceau ein Buch über Monet schreiben darf
und doch der beste Heros seines Volkes
bleibt!
Zurück zu unserem Vogel! Die Aufsäße
haben nicht nur einen Text, sie haben auch
Illustrationen, „sprechende Photos“, wie diese
Presse sie gern verwendet, um ihre Leser da-
mit allgemach zum Kulturniveau der Höhlen-
bewohner zurückzuführen, denen auch das
Bildsymbol für das geschriebene Wort stehen
mußte. Eine dieser Abbildungen trägt nun
die eminent demagogische Unterschrift: „Zwei-
hundertachtzigtausend Liter Milch für vierund-
achtzigtausend Mark —- oder einen alten
Stuhl." Wenn ich das Bildsymbol recht deute,
soll damit der Erwerber des Stuhls angepran-
gert werden, weil er sein Geld für derlei Fir-
lefanz ausgibt, statt es armen Kindern zu-
gute kommen zu lassen. Denn einen Aufruf
zur Aufhebung der freien Verfügung über
private Mittel kann man doch wohl einem
friedlichen Ullsteinvogel nicht zutrauen? (In
Parenthese: der Erwerber des „Strozzistuhls"
war das Metropolitan Museum von New York.)
Ich suche mich wieder umzuschalten, um
der Gerechtigkeit willen, und muß leider wie-
der feststellen, daß der „Uhu“ in seinen Fol-
gerungen irrt. In langen Jahren des Mitwir-
kens an sozialer Hilfsarbeit habe ich stets die
Erfahrung gemacht, daß es die gleichen Leute
sind, die die Stühle kaufen und die Milch
stiften. Wer sich einmal der sozialen Ver-
pflichtung bewußt ist, einen Teil seines Ver-
mögens, oder doch seines Einkommens, rein
maierieller Verwertung zu entziehen, der wird
diese Verpflichtung gleicherweise fühlen, wenn
es um Kunstwerke, wie wenn es um charita-
tive Forderungen geht. Die großen Sammler
Berlins, Eduard Arnhold und James Simon,
waren gleichzeitig die großen Wohlfahrts-
stifter; viel Milch ist durch ihre Hände ge-
flossen. Von den einzig dem Genußleben
verschriebenen Herrschaften „Aus der Gesell-
schaft“, deren Leben und Treiben
„Querschnitt" — und „Uhu“ — lüstern ent-
zückt umkreisen, an deren Wänden nie ein
Der Schatz
von Pompeji
Pompeji, 6. Dezember
Die Ausgrabungen in der Via dell’Abbon-
danza, die in der leßten Zeit in der Gegend
der Insula Decima wieder aufgenommen wor-
den sind, konzentrierten sich auf das mit Nr. 4
bezeichnete Haus, das bei früheren Aus-
grabungen als unbedeutend vernachlässigt
worden war. Gerade dieses Haus aber hat
einen Schaß geborgen, wie er seit dem Fund
in Villa Prisco in Boscoreale in Italien über-
haupt nicht mehr gemacht worden ist. Das
Haus Nr. 4 ließ schon die schöne Apollo-
statue in farbigem Marmor zutage kommen;
es zeigte Fresken, deren Farben wundervoll
erhalten waren, und nach den architekto-
nischen Ausmaßen des Hauses in ihrer Ruhe
und Ausgeglichenheit konnte man auf einen
kultivierten und geschmackvollen Besißer
schließen. Wenn also Prof. Majuri gerade
diesem Hause eine besondere Aufmerksam-
keit widmete, so zeugte die Fürsorge nur für
den guten Instinkt dieses bedeutenden Ar-
chäologen. Tatsächlich fand man denn auch
auf einem Fresko eine sehr schöne Menan-
dros-Figur, auf einem anderen neugefundenen
Wandbild glaubt man die Figur Virgils zu er-
kennen. Zwei sehr schöne tragische Masken
bildeten den Schmuck des Peristilium. Gestern
drangen die Arbeiten in die Kellergewölbe
vor, als die Arbeiter auf sechs silberne, schwer
vergoldete Teller stießen, deren Tellerböden
Reliefs zeigten. Die Arbeiten wurden unter-
brochen und heute in Gegenwart Prof. Majuris
wieder aufgenommen. Man stieß auf die
Trümmer einer großen Holztruhe, in der bei
der Katastrophe der Schaß des Hauses auf-
bewahrt worden war. Die Arbeiten erlaubten
gegen Mittag die Zusammenstellung eines
ersten Inventars.
Dabei zeigte es sich, daß ein vollständiges
Tafelservice für vier Personen in mas-
sivem Silber, vergoldet, mit Reliefs und
reicher Ziselationsarbeit gefunden worden
war. Das Service besteht neben den Tellern
verschiedener Größe aus Silberschüsseln,
Schalen, Kasserollen, aus Bechern in Glas-
form, Bechern in Tassenform mit Untertassen,
Löffeln verschiedener Größe, ferner einem
großen Krug. Das Service hat die Taten des
Herkules als Motiv der Reliefs, während die
Ziselierung Blatt- und Blütenwerk wiedergibf.
Die Arbeit ist offenbar italienischen Ur-
sprungs. Außer diesem Service wurde ein
Silberspiegel, ein silbernes Parfümfläschchen,
dann aber noch ein reicher Goldschatz
gefunden. Die Goldarbeiten bestehen durch-
weg in persönlichem Schmuck. Es kamen
13 Ringe verschiedener Größe, z. T. mit
Gemmen und Steinen geschmückt, 5 Paar
Der „Uhu" läßt in seiner Nummer vom
Dezember 1930 drei Stimmen „um die Not-
wendigkeit der Kunst in unserer Zeit streiten",
wie er es nennt, d. h. der Vertreter der Re-
daktion nimmt die Versteigerung der Samm-
lung Figdor zum Anlaß leidenschaftlicher anti-
künstlerischer Propaganda und sucht sich in
herzhafter Subjektivität dazu zwei Gewährs-
männer, von denen er annehmen konnte, daß
sie seine Auffassung dieser Dinge teilen wür-
den: den Dichter Bert Brecht, der, brauchbar
wie stets, hält, was man von ihm erwarten
durfte, und den Kunstphilosophen Max Deri,
der, trotz seiner im allgemeinen auch mehr
ethisch-moralischen als ästhetischen Einstel-
lung, in wirklich vornehmer Loyalität die In-
teressen der Kunst zu vertreten sucht. Troß-
dem bleibt der eigentlich Zuständige unge-
fragt, der im Kunstleben Stehende, ohne poli-
tische und soziale Färbung Kunstliebende
Kunstachtende. Man wird Zwischenrufen:
der an der Kunst im allgemeinen und an
Auktion Figdor im besonderen materiell
teressierte. Aber das ist kein Einwand.
Der „Uhu", um zur Sache zu kommen, ent-
rüstet sich moralisch: „In einer Zeit, die wirt-
schaftlich, politisch und menschlich unter einem
beispiellosen und fast unermeßlichen Druck
steht, wird, als befänden wir uns im tiefsten
Frieden und in ' harmonischster Entfaltung,
eine Auktion von Kunstgegenständen ver-
anstaltet, die selbst in den Kreisen künst-
lerisch empfindender Menschen ein gewisses
Unbehagen, zum Teil auch ernstliche Miß-
billigung auslöst . . . Gewisse Kreise, nicht
nur in Deutschland, sondern in ganz Europa,
tun heute immer noch, als lebten sie in den
gesicherten Zeifläufen der verschwenderischen
imperialistischen Ära der Vorkriegszeit. Von
diesem Lebensstandard sind Gewohnheiten
zurückgeblieben, die nicht in unsere in schreck-
lichen Kämpfen sich formende neue Zeit pas-
sen und nur noch eine gespenstische Karikatur
der versunkenen EpOche darstellen . . • So
entstehen überall Gegensätze, deren Anblick
vielen kaum ertragbar ist. Hier das nackte
verzweifelnde Leben — dort satte Gewohn-
heiten aus der Vorkriegszeit.“ Gut gekrächzt,
Uhu! Nur schade daß dieser puritanische Fu-
ror den weisen Vogel nicht schon bei an-
derer Gelegenheit gepackt hat, etwa beim
Atmen der sinn- und geistlosen LuxuSatmL-
sphäre, die sein Schwesterblatt, die „Dame"
so penetrant durchtränkt. „Die Dame trägt“’
Federvieh! Unter den wenigen Menschen,
denen wir in der Nachkriegszeit tatsächliche
Förderung unserer Verhältnisse, vor allem dem
Ausland gegenüber, zu danken haben, waren
die Erfolgreichsten musisch und bildungszu-
gewandt Ich denke an Walter Rathenau, an
Gustav Stresemann. Sammler wie Alsberg,
wie Paul Levi dürften selbst dem „Uhu“ nicht
„dem praktischen Leben abgewandt“ erschei-
nen. Der ausländische Diplomat, der Deutsch-
lands Nachkriegsgeschicke jahrelang entschei-
dend und nicht zu Deutschlands Nachteil be-
einflußte, Lord D'Abernon, war leidenschaft-
licher Kunstsammler und -kenner: man
so oder ähnlich wird dort gepredigt, „in die-
sem Winter (dem Winter der hungernden Kin-
der, wohlgemerkt) zu jedem Kleid ein anderes
jn der Farbe passendes Pelzjäckchen, vorn
geschweift und hinten gerafft, und so neu-
artig gearbeitet, daß das Material der letzten
Saison beileibe nicht dazu verwandt werden
darf. Das Auto ist in
diesem Jahr möglichst
mit weißem Atlas aus-
zuschlagen, es führt
vorn als Maskotte eine
vergoldete Bulldogge
mit innen emaillierten
Öhrchen usw.“ Mit
welch schmelzendem
Vergnügen gewährt die
„Dame“ — und tut es
nicht zuweilen gar der
ernste „Uhu“ selbst?
— seinen lebenden
Zaungästen Einblick in
die schwellenden Bun-
galos der viel bewun-
derten Oberschicht, in
Schwimmbäder auf
Dachgärten, in Privat-
bars mit elektrisch be-
triebenen Mixpokalen.
Wie schnalzen „Dame“
und „Uhu“ gemeinsam
bei den Rezepten;
„Man nehme vier Trüf-
feln . . .“ Und — sehe
ich recht: auf Seite 32
der moralischen De-
zembernummer des
„Uhu“: „Sorgen in den
Boudoirs. In diesem
Winter werden die ele-
ganten Damen vormit-
tags in ihren Boudoirs
den neuen sogenann-
ten Smoking-Pyjama
fragen . . ."
Uber all das wird
sich, des können wir
sicher sein, der strenge
Vogel nicht entrüsten,
denn hier handelt es
sich um die sakro-
sankten Dinge des
reinen, kruden Luxus:
Pelzjäckchen sind hei-
lig, Autos und Golf-
pläße, Nepprestau-
rants und Schönheifssalons, sie alle müssen
blühen, wachsen und gedeihen, gerade in einer
Zeit, in der „einem aus den Schlagzeilen der
Zeitungen Schlagworte, wie Hungersnot, Koh-
lenknappheit, Arbeitslosigkeit, Aussperrung,
entgegenschreien“. Nur wenn der Luxus sich
zu sublimieren erfrecht, wenn er ins Geistige,
ins Künstlerische umbiegt, dann wird er schäd-
lich und muß abgedrosselt werden.
Man halte mir nicht vor, die Luxusindustrie
ernähre ein Heer sonst auch noch Arbeitsloser
_ diesen Einwand kann die Kunstauktion ge-
wiß auch zu ihren Gunsten in Anspruch neh-
Elfenbeinlöffel aus Benin (West-Afrika)
Cuillers d’ivoire, Benin — Ivory spoons of Benin
Museum der Stadt Ulm (Weickmannianum)