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Fra Bartolommeo.

139

Fra Bartolommeo. Erscheinung der Maria an Bernhard.

Die andere Heilige, Magdalena, bleibt ganz still. Sie hält rituell das
Salbgefäss vor sich hin und nimmt ein Mantelende vor der Brust hoch,
indes der gesenkte Blick auf der Gemeinde ruht. Es ist das eine Kon-
trastökonomie von der gleichen Art, wie sie Raffael nachher in der
Sixtinischen Madonna wiederholt. Beide Figuren knien, aber nicht auf
dem Erdboden, sondern auf Wolken. Dazu giebt Bartolommeo eine archi-
tektonische Einrahmung mit zwei Pfeilern. Nach der Tiefe geht der
Blick weit hinaus über eine flache, stille Landschaft. Die leise Linie
des Horizontes un'd der grosse Luftraum machen eine wunderbar feier-
liche Wirkung. Man erinnert sich, ähnlichen Intentionen bei Perugino
begegnet zu sein, indessen sind es vielleicht mehr noch venezianische
Eindrücke, die hier nachklingen. Gegenüber der florentinischen zappelnden
Fülle spricht das Bild merkwürdig genug von einer neuen Idealität.

Wo Bartolommeo das gewöhnliche Marienbild mit Heiligen
in die Hand nimmt, wie in dem wundervoll gemalten Bilde von 1508
im D om von Lucca,1) da sorgt er wieder ganz im Sinne Peruginos

x) Der florentinischen Kunst hat er hier als Reisegeschenk von Venedig den lauten-
spielenden Putto mitgebracht.
 
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