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Michelangelo. Die Medicäerkapelle.

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Schaustück an der medi-
cäischen Familienkirche in
Florenz aufführen sollte,
enthielt die Möglichkeit,

Figuren und Bauformen mit
bestimmter Wirkungsrech-
nung im grossen zusammen-
zukomponieren. Das Projekt
hat sich zerschlagen. Wenn
aber hier die Architektur
doch nur Rahmen hätte sein
können, so war es künst-
lerisch noch dankbarer, in
der neuen Aufgabe der Grab-
kapelle einen Raum zu be-
kommen, der nicht nur eine
freiere Ausdehnung für die
Plastik zuliess, sondern der
auch das Licht völlig in die

0 Michelangelo. Grab des Lorenzo Medici mit den Figuren von

Hände des Künstlers gab. Morgen und Abend.

Michelangelo hat denn auch

damit als mit einem wesentlichen Faktor gerechnet. Für die Figur
der Nacht und für die Figur des »Penseroso« hat er die vollkommene
Beschattung des Antlitzes vorgesehen, ein Fall, der in der Plastik
keine Antecedenzien besitzt.

Die Grabkapelle enthält die Denkmäler von zwei jung verstorbenen
Familien gliedern, des Herzogs Lorenzo von Urbino und des Giuliano,
Herzog von Nemours. Ein älterer Plan, der auf eine viel umfassendere
Repräsentation des Geschlechtes ausging, war fallen gelassen worden.

Das Schema der Gräber ist eine Gruppierung von drei Figuren:
der Verstorbene, nicht schlafend, sondern lebendig als Sitzfigur, und
dazu auf den abschüssigen Deckeln eines Sarkophags zwei Liege-
figuren als Begleitung. Es sind hier die Tageszeiten gewählt statt
der Tugenden, aus denen man sonst die Ehrenwache der Toten zu
formieren pflegte.

Nun macht sich bei dieser Disposition gleich ein Sonderbares
bemerklich. Das Grab besteht nicht aus einer Architektur mit Figuren,
die der Wand vorgestellt wäre, — nur der Sarkophag mit seiner Be-
krönung steht vor der Mauer, der Held aber sitzt in der Mauer drin.
 
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