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* Die neue Bildform.

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quemer sein möchte, verlaufenes Quecksilber zu sammeln, als die
verschiedenen Momente aufzufangen, die den Begriff eines reif und reich
gewordenen Stiles konstituieren. Die Neuheit des Versuches aber
wird — wenigstens teilweise — als Entschuldigung gelten dürfen, wenn
dieser Abschnitt die Eigenschaften einer gefälligen Lektüre in besonderem
Grade entbehren lässt.

1. Beruhigung, Räumigkeit, Masse und Grösse.

Nicht nur die Bilder eines einzelnen Meisters, auch die Bilder
einer Generation in ihrer Gesamtheit haben ihren bestimmten Puls-
schlag. Ganz abgesehen vom Inhalt der Darstellung können die Linien
unruhig und hastig laufen oder gemessen und still, kann die Flächen-
füllung gedrängt sein oder weiträumig und bequem und die Modellierung
klein und springend oder grossflächig und gebunden. Nach allem, was
über die neue Schönheit des Cinquecento in Körper und Bewegung
schon gesagt worden ist, hat man auch von den Bildern ein Ruhig-
werden zu erwarten, mehr Masse und Räumigkeit. Es wird ein neues
Verhältnis von Raum und Füllung festgestellt, die Bilder werden ge-
wichtiger und in Lineament und Modellierung empfindet man denselben
Geist der Ruhe, dasselbe gehaltene Wesen, das der neuen Schönheit
unentbehrlich ist.

1.

Der Gegensatz ist augenscheinlich, wenn man ein Jugendwerk
Michelangelos, das Tondo der Madonna mit dem Buch, neben ein
gleiches Rundrelief des Antonio Rossellino stellt, der die alte Generation
vertreten mag. Vgl. die Abbildungen auf S. 14 und S. 46. Hier das
flimmernde Vielerlei und da der einfache grossflächige Stil. Es handelt
sich nicht nur um ein Weglassen von Sachen, um die Vereinfachung
im Stofflichen (wovon schon die Rede gewesen ist), sondern um die
Behandlung der Flächen überhaupt. Wenn Rossellino den Hintergrund
mit dem zitternden Licht- und Schattenspiel seiner felsigen Landschaft
belebt und die Fläche des Himmels mit gekräuselten Wölkchen besetzt,
so ist das nur die Fortführung der Art, mit der auch Kopf und Hände
modelliert sind. Michelangelo sucht die grossen zusammenhängenden
Flächen schon in der menschlichen Form und damit ist die Frage, wie
er das übrige behandle, von selbst erledigt. In der Malerei gilt kein
 
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