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Wurzbach, Alfred von [Oth.]
Niederländisches Künstlerlexikon: mit mehr als 3000 Monogrammen (Band 1): A - K — Amsterdam, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.18166#0013
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VII

überwindlich, da es ihm die größte Mühe machte, in dem vorliegenden Werke die Namen
Beeresteyn, Appens oder Apens, Bauer u. a. zu finden.

Den ersten Namen suchte er vergebens unter Beresteyn, während ich Beere-
steyn geschrieben hatte. So schrieb ihn auch van der Kellen (Ptr. grav. I. 124), und
der Künstler selbst signierte seine Radierungen: Beeresteyn; Apens suchte er unter
Appeus, aber Kramm (p. 23) schrieb Apens, der Künstler nannte sich selbst auch Apens;
A p p e u s scheint ein Fehler des Schriftstechers zu sein. Moes ist aber ein gelehrter Herr und
derlei Schnörkel sind ihm nicht übelzunehmen. Das merkwürdigste jedoch ist, daß er den Namen
Bauer schmerzlich vermißt! Den konnte er allerdings nicht finden, denn diese Familie schrieb
sich niemals Bauer, sondern B a u r, ohne e, und so schrieben diesen Namen auch die
Immerzeel und Kramm, und sie finden sich auch bei mir (Seite 66) als Johann An-
tonius Baur und Nicolaas Baur behandelt. Moes sucht aber vielleicht einen
dritten, den Johann Wilhelm Bauer, den Kramm in konfuser Weise in seinem
Werke (pag. 61) des längeren breitgetreten hat? Dieser ist kein Niederländer; er ist in
Straßburg geboren^ war dort ein Schüler Brentels und starb 1641 in Wien. Er hat mit
den Niederlanden gar nichts zu tun und ich kann mir nicht erklären, wie Moes diesen
Namen vermissen kann, wenn er nicht vielleicht Straßburg in den Niederlanden vermutet.
Sollten die Mitglieder des Oudheidkundigen Bond vielleicht eine eigene Geographie haben ?
Das würde die Sache allerdings erklären und ich will es deshalb dem gelehrten Herrn
nicht verargen. Nur ist er im Irrtum, wenn er glaubt, daß ich als Nichtholländer
den heimischen Forschern gegenüber im Nachteile bin, denn ich sehe, daß Herr Moes
als Holländer nicht genau weiß, wie seine Landsleute ihre Eigennamen schreiben und
schrieben, während ich als Fremder dies zu wissen scheine.

Eine andere Schwierigkeit bereiteten die noch lebenden niederländischen
Künstler. Ihre Lebensdaten sind in vielen Fällen nicht zu konstatieren und brief-
liche Umfragen und Zirkulare ergeben in der Regel keine Antwort. Herr E. W.
Moes meinte in dieser Beziehung, daß es das klügste gewesen wäre, eine bestimmte Zeit-
grenze anzunehmen und damit eine ganze Anzahl Künstler, deren Leinwanden noch
nicht trocken sind, zu beseitigen. Ich hatte große Lust, seiner Ansicht beizupflichten,
denn gewiß haben der Rationalismus unserer Zeit, die Akademien, die Weltausstellungen,
die Preismedaillen, die Eisenbahnen, die Professorentitel, die Zeitungsreklame und die
Photographie die Übung der Kunst im Sinne der vergangenen Jahrhunderte unmöglich
gemacht; aber wo soll man eine Grenze für diesen Niedergang festsetzen ?

Ich entschloß mich daher, auch die lebenden Künstler bis auf die gegenwärtige
Generation der Kodak-Professoren mit an Bord zu nehmen, soweit ich von ihren Ex-
perimenten Kenntnis erlangen konnte, und in einem Nachtrage zu ergänzen, was in den
ersten Lieferungen versäumt wurde.

Ähnliche Kalamitäten ergaben sich bei der Aufnahme oder Ablehnung vieler ver-
storbener Künstler. Auch unter diesen sind manche, deren einstige Kirchturmberübmt-
heit in der Kunstgeschichte keinen bleibenden Eindruck zurückgelassen hat. Sollte dem-
nach Herr Moes einen oder den anderen Namen noch vermissen, so wird ihn die Billig-
keit seiner Anschauung lehren, daß nicht jeder Pinsel auch ein Maler ist.

Aber nicht alle holländischen Kritiker sind so einsichtsvoll wie Moes. Es gibt
unter ihnen aufdringliche, dünkelhafte Gesellen, die man nur mit Zangen anfassen kann,
die man nicht immer zu Gebote hat. Ein solcher hielt mir in verschiedenen suburbanen
Gelehrtenblättchen ein Sündenregister vor, welches mich in der Tat einschüchterte.
Dieser Kritiker hatte allem Anschein nach bei dem oben erwähnten Unternehmen der zwei
wenig bekannten Herren die Rolle eines holländischen Kuli übernommen, und da er der
jüngeren Forschergeneration angehört, berechnete er mir sofort, daß bei dem Buchstaben
A allein 440 Namen von mir übersehen wurden! Es ist ein großes Glück für mich,
daß sein Wissen an der holländisch-belgischen Grenze ein Ende nimmt, sonst hätte er
mir die doppelte Zahl nachrechnen können. Ich mußte mich bei dem Buchstaben A
allein wohl 800mal fragen, was sollen hier die Namen gänzlich unbekannter Leute, die
irgend einmal in irgend einem Gildenbuche oder Aktenstücke und sonst nie wieder er-
wähnt sind? Welchen Wert hat es für die Kunstgeschichte, zu wissen, daß außer den hier
 
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