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Wurzbach, Alfred von [Bearb.]
Niederländisches Künstlerlexikon: mit mehr als 3000 Monogrammen (Band 1): A - K — Amsterdam, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.18166#0289
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Christus.

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er benutzte. Petrus Christus, dessen Talent
nicht zu unterschätzen ist, dessen Technik
und Kolorit, dessen Leuchtkraft der Farbe
den van Eycks sehr nahe steht, war aller
Wahrscheinlichkeit niemals ihr Schüler,
aber ganz gewiß ein sehr glücklicher Nach-
ahmer ; er ist nüchterner in der Auffassung,
in der Zeichnung zuweilen höchst unbe-
holfen und in der Bewegung steif, aber
immer ein Nachahmer ausgezeichneter Vor-
bilder. Sein Name rührt wie man glaubt
von dem Umstände her, daß sein Vater
eine gewisse Berühmtheit als Christus-
schnitzer oder Christusmaler erlangt haben
mochte, daher der Sohn den Namen Sohn
des Christusmannes führte. Die Vermu-
tung, daß er um 1452 in Spanien gewesen
sei und daselbst Fernando Gallegos
als Schüler gebildet habe, gründet sich
auf das angeblich aus Burgos stammende
Berliner Altarbild. Michiels (II. 376)
glaubt, daß er bereits mit Jan v. Eyck 1428
in Lissabon gewesen sei, und hat auch
überdies die geistreiche Idee, daß die van
Eycks, welche einen Gesellen suchten,
einen ganz talentlosen wählten, dem sie
ohne Furcht, übertroffen zu werden, ihre
Farbengeheimnisse anvertrauen konnten,
und diesen fanden sie in Petrus Christus.

Authentische Bilder sind nur: 1.
Das Portrait des Edward Grimston bei
Earl of Verulum, 1446; 2. die Maria mit
St, Hieronymus und St. Franziskus in
Frankfurt a. M. von 1447 oder 1457; 3. die
Legende der hl. Godeberta und des hl.
Eligius bei Baron Oppenheim in Cöln 1449
und 4. das Jüngste Gericht in Berlin 1452.

Gemälde: Berlin. Mus. Doppelbild. Oben: Die Ver-
kündigung. Der Engel kniet, ein kristallenes Zepter
in der Hand, vor Maria. Im Grunde ein grünes Him-
melbett. Durch Fenster und Tür Ausblick in eine
Flußlandschaft. Unten: Geburt Christi. Zur Linken
Maria, Joseph, rechts die helfende Jüdin, in der Mitte
drei kleine Engel, sämtlich das vor der Hütte liegende
Christkind verehrend. Rechts auf einer Höhe die Ver-
kündigung an die Hirten. (Lichtdruck von beiden
Bildern in Klass. Bilderschatz. X. 1316 u. 1352); —
Das Jüngste Gericht. Oben zwischen Kreuz und Säule
der thronende Christus, zu dessen Seiten je zwei po-
saunende Engel. Unter ihm links Maria, Maria Magda-
lena und andere weibliche Heilige; rechts Johannes
der Täufer und männliche Heilige, sämtlich kniend.
Auf beiden Seiten die Apostel, je sechs auf einer
Bank sitzend, hinter ihnen die Vertreter des geist-
lichen und weltlichen Standes, an ihrer Spitze Papst
und Kaiser. Unten auf der Erde der Erzengel Mi-
chael in goldener Rüstung, mit der Lanze den Teufel
durchbohrend, während er den Tod, der seine Arme
über der mit Verdammten angefüllten Hölle ausbrei-
tet, in den Abgrund stößt. In der Landschaft einige
Auferstehende. Gegenstück zu dem vorigen Doppel-
bilde und beide angeblich Seitenflügel eines Altar-
bildes, ehedem zu Burgos. Bez.:

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Gemalt mit Benützung eines Bildes (oder der dazu ge-
hörigen Studien und Patronen) in der Eremitage in Pe-
tersburg (s. unten); — (N. 525 B.) Madonna mit dem
Kinde im Rosenhag; — (N. 532.) Bildnis eines jungen
Mädchens aus der englischen Pamilie Talbot (?), nach
links, mit schwarzer hoher Mütze, schwarzem Unterkleide
und blauem mit weißem Pelz gefütterten Überkleide. Auf
dem bloßen Halse eine dreifache Kette. Nach einer
handschriftlichen Bemerkung Waagens stand auf dem
alten gleichzeitigen Rahmen die Inschrift: Opus Petri
Christophori.

Brügge. Koll. Gilliodts van Severen (Ausst. zu
Brügge 1902. N. 88). Portrait des Herzogs Philippe
le Hardi von Burgund (Kopie).

Brüssel. Die Kreuzabnahme. Der Leichnam
Christi auf einem Linnen, von Nikodemus unterstützt,
Maria mit Johannes und Maria Cleophas. Rechts
Magdalena, vor ihr ein Totenkopf und Gebeine. Links
ein Mann in blauer Kleidung und Maria Salome; Land-
schaft mit einem Schloß auf einem Hügel, links Ge-
bäude, eine Kirche, ein Schloß. Dieses bedeutende,
höchst charakteristische und eigenartige Bild wurde
in letzter Zeit dem Petrus Christus zugewiesen und als
sein Hauptwerk erklärt, obgleich er niemals fähig ge-
wesen wäre, ein solches Meisterwerk zu schaffen. Frü-
her hatte man es Memling und D. Bouts genannt;
Bayersdorfer debütierte, weil der Name damals in den
Vordergrund gerückt war, mit Albert van Ouwater, es
scheint aber von keinem uns dem Namen nach be-
kannten Meister herzurühren. Auffallend ist die blau
und weiß gekleidete Maria Magdalena und der ganz
glatt rasierte Kopf des einen Edelmannes. (Licht-
druck in Klass. Bilderschatz. VII. 937 und bei G.
Lafenestre und E. Richtenberger. La Belgique. p. 26).

Frankfurt a. M. Städel. Maria, das Kind auf
dem Schöße, unter einem Baldachin sitzend, daneben
St. Hieronymus und St. Franziskus. Bez. Petrus XRI
me fecit 14.7 (die letzte Ausgabe des Katalogs liest
die undeutliche dritte Ziffer 1457). Früher in der
Koll. Aders; steht den Bildern Jan van Eycks am näch-
sten. Der Teppich ist derselbe wie in dem nächst-
folgenden Bilde. Die Zahl wird gegenwärtig in der Regel
für 1447 gelesen, in welchem Falle die dritte Ziffer
genau so lausgesehen haben müßte wie die zweite. (Licht-
druck in Klass. Bilderschatz. III. 327; — Beffroi. L
235; — Crowe u. Cavalc. Deutsche Ausgabe, p. 116;
— Schnaase. VIII. p. 197; — Michiels. II. 368); —
Die sogenannte Madonna von Lucca. Thronende
Maria mit dem Kinde, dem sie die Brust reicht. 1850
aus der Verst. des Königs Wilhelm II. im Haag erwor-
ben, ehedem im Besitze eines Herzogs von Lucca
(f 1847). Seit Passavant für ein Bild des Jan van
Eyck betrachtet. Es ist ein sehr gutes Bild für
Petrus Christus, aber ein sehr schwaches für Jan
van Eyck.

Cöln. Baron Oppenheim. Die Legende der hl. Gode-
berta oder des hl. Eligius. Die Szene spielt im In-
nern eines Goldarbeiterladens, in welchem der hl. Eli-
gius sitzt, der mit der Rechten einen Ring hält.
Rechts ein Mann in mittleren Jahren, die Linke auf
dem Degengriff, die Rechte auf der Schulter der hl.
Godeberta, welche er zu Eligius herantreten läßt;
links ein Konvexspiegel, in welchem die Gestalten
zweier Männer reflektieren, die in der Straße gehen.
Die Figuren in Dreiviertel-Lebensgröße. Bez. M. Pe-
trus Christus me fecit anno 1449. Gemalt für die
Gilde der Goldarbeiter von Antwerpen. Hauptwerk des
Meisters. (Reprod. bei Woltmann. II. p. 26; — E. För-
ster. Denkmale. XII.; — L'Art. 1885. II. p. 57; — Re-
produktion der Signatur in Beffroi. I. 211; — Kat. der
Ausstellung in Brügge 1902. N. 17; — Crowe u.
Cavalc. p. 148).

Kopenhagen. Altarflügel mit dem knienden Dona-
tor Robert Poortier im roten Wams und St. Antonius
in merkwürdiger Landschaft. Nach J. Weale Hubert
v. Eyck.

London. Nat. Gal. (Kat. 1901. p. 204. N. 696).
Bildnis des Marco Barberigo (Doge 1185, f i486 72 J.
alt), venetianischer Gesandter in London 1449. Er hält

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