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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 3.1929-1931

DOI issue:
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Neue Folge Band 3 (12), Juli 1929, Heft 3
DOI article:
Müller, Hermann: Waffen und Wehr der Stadt Pössneck in Thüringen im 15. Jahrhundert
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69976#0072

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HERMANN MÜLLER: WAFFEN UND WEHR DER STADT PÖSSNECK IN THÜRINGEN BAND 3

saßen bloß sechs, bzw. 5 Büchsen. Vielleicht
läßt sich dieses ungleiche Verhältnis damit erklären,
daß an der südlichen und nördlichen Stadtmauer
außen ein Graben angelegt war, woraus sich ein
besserer Schutz dieser Stadtteile von vornherein er-
gab. Aus diesem Grunde mag man der Ost- und
Westseite mehr Büchsen zugeteilt haben. Wenn die
Treffsicherheit derselben auch gering war, so stärkten
sie wohl durch ihren lauten Knall den Mut der Ver-
teidiger.
Die Bezeichnung „krebiß“ kommt her von Krebs,
einem Tier, dessen Hinterleib aus Ringen besteht. Es
ist damit die Harnischbrust gemeint, die nach Art des
Krebspanzers aus übereinander greifenden Platten
gebildet wurde, wodurch die charakteristische Form
der „geschobenen“ oder „geschifteten“ gotischen
Harnischbrust entstand.
Von diesen gotischen Rüstungen besitzt das Pöß-
necker Stadtmuseum noch neun Stück. In früheren
Jahren waren vom Herzog von Meiningen verschie-
dene Panzerteile für die Sammlung auf Schloß Lands-
berg angekauft worden. Nach Gründung des hiesi-
gen Museums wandte man sich an Herzog Georg II.,
um die Stücke aus der alten Pößnecker Rüstkammer
wieder zurückzuerhalten. Der hohe Herr antwortete
damals in seiner bekannten kurzen Art: „Was ein
Sammler erworben hat, das behält er auch“. Nach
persönlicher gelegentlicher Fürsprache schenkte er
jedoch bald darauf in hochherziger Weise alle Rü-
stungsstücke dem Museum, von dem sie nun einen
wertvollen Bestandteil bilden. (Abb. 2 u. 3.)
Von den „böchßen“ bewahrte die Stadt Pößneck
noch zwei bis in die neueste Zeit herein auf, schließ-
lich wurden sie dem Germanischen Museum in Nürn-
berg überwiesen. Sie sind aus Eisen angefertigt.
Bei der größeren beträgt die Länge des Rohres
0,535 m, die des Laufes 0,38 m, des Durchmessers
der Mündung 0,15 m. Das Rohr ist an der Mündung
2,5 cm stark. Diese Büchse ist noch mit der Stein-
kugel geladen. Man hat versucht, diese zu entfernen,
um die Beschaffenheit des damaligen Pulvers kennen-
zulernen, aber vergeblich. Die kleinere Büchse ist
noch auf der alten Holzbohle aufgeschmiedet. Das
Rohr hat eine Länge von 0,435 m, der Lauf eine sol-
che von 0,21 m. Die Pulverkammer ist 0,16 m lang.
Der Durchmesser der Mündung beträgt 0,13 m, die
Länge der Bohle 1 m (Abb. 4).
Auch noch zwei alte Armbrüste sind im städtischen
Museum vorhanden, die eine mit Holz-, die andere
mit Stahlbügel. In der alten Stadt Pößneck herrschte
früher ein eigenartiger Brauch, den Bestand an Waf-
fen zu sichern und zu erhalten. Wenn ein Bürger in

den Rat aufgenommen wurde, so mußte er entweder
zwei alte Armbrüste ausbessern lassen oder eine neue
kaufen, wie aus folgender Notiz in der Stadtrechnung
von 1464 hervorgeht: Anno Dom 1464 sind drey
Räthe einig worden und haben Nicol Schützen den
Jüngern aufgenommen, also daß er der Stadt 2 Arm-
brüste beßern soll, oder eine neue Armbrust (stiften)
Dargegen ist ihm fregung zugesagt von Wach und


Abb. 4. Steinbüchsen aus Pößneck. 15. Jahrh., 1. H. Germanisches Museum.

Frohn und Geschoß. Auch hat man ihm zu einem
Hofgewand zu geben zugesagt 6 Ellen Tuch, und 2
Fuder Holtz, die soll er selbsten hauen, wenn ihn
der Förster anweiset. Doch soll er der Pfrön in der
Heerfarth nicht gefreyet sein. Unter der Regierung
der Bürgermeister Hannß Schirner, Hanß Lemtzer,
Heinrich Ködel.“
Der Preis für eine Armbrust war höher als für eine
„böchße“, wie aus der Jahresrechnung von 1446/47
ersichtlich ist. Dort heißt es: „Percepta des geldes
vor de böchssen und armbruste.
Hermann weißhener 39 grosch. vor eyne böchsse.
Item thomas snider 2 schog vor eyn armbrust.
Item Nickel gernold 2 schog vor eyn armbrust.
Item Heinrich slauwiger 1 schog 24 gr. vor eyn arm-
brust.
Item Hannß hase 1 schog vor eyne böchse usw.
Su. 9 schog.“
Für ein Pfund Pulver wurden damals 6 Groschen
gezahlt, denn es werden in derselben Rechnung 17
 
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