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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 3.1929-1931

DOI Heft:
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Neue Folge Band 3 (12), April 1930, Heft 6
DOI Artikel:
Dihle, Helene: Kostümbilder und Rechnungsbücher der sächsisch-ernestinischen Hofschneiderei 1469-1588
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69976#0160

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HELENE DIHLE: KOSTÜMBILDER UND RECHNUNGSBÜCHER USW.

BAND 3

merkt: „Barchente Kittel.“ Johann Friedrich ver-
schmähte für sich und seinen Hof die Tracht nicht,
die er in seiner Kleiderordnung dem dritten, nied-
rigsten Stande seiner Untertanen anbefahl2’).
Die Form des Wamses gibt kaum zu Unklar-
heiten Anlaß. Es lag dem Rumpf glatt an, hatte
in der Regel Ärmel und kleinen Schoß und wurde
vorn geschnürt, später im 16. Jh. geknöpft. Die
Fürsten und ihre Söhne trugen Wämser aus Samt


Abb. 11. 1555.

oder Atlas in verschiedenen Farben mit Barchent
gefüttert, daneben auch solche aus geringeren Stof-
fen, die Hofbeamten bekamen samt und sonders vom
Hofprediger bis zum Stallknecht 6 Ellen Barchent
zum Wams und 3 Ellen Leinwand zu Futter dar-
unter. Diese Stoffmenge war zweifellos für ein
Wams mit Ärmeln berechnet, für den Rumpf allein
wäre es zu viel gewesen. Zweimal kamen auch
Wämser mit großen Ärmeln vor. Bei besonderen
Anlässen gab man auch den unteren Ständen bes-
sere Stoffe, z. B. erwähnt Posner 1552 ein gelb-

27) Des Churfürsten zu Sachsen etc. Johann Fried-
richs Landes Ordnung. 1546. (Es ist die einzige für
unsere Zeit in Betracht kommende sächsische Kleiderord-
nung).

seidenes Atlaswams, das der Kurfürst seinem Mund-
koch zu dessen Hochzeit verehrt habe.
Die Mode der Stoffschlitzung, welche im Laufe
des 16. Jhs. durch ihre Übertreibungen zu vielen
Angriffen und Verordnungen Anlaß gab, scheint
sich bei der sächsischen Hofkleidung in mäßigen
Grenzen gehalten zu haben. Die Stoffe wurden zu-
weilen im ganzen vor der Verarbeitung gewisser-
maßen fabrikmäßig mit Schlitzen versehen. 1509
werden einmal 18 Gulden an „schnützlon“ (Schnitz-
lohn) für 5 Stück Barchent bezahlt, den die Edel-
knaben zu Wämsern erhalten. 1528 steht schwarzer
Barchent auch für den Herzog zu ein „lechrichten
Wams“ vermerkt. Stark übertrieben sehen wir diese
Schlitzmode z. B. auf dem bekannten Porträt Hein-
richs des Frommen von Cranach in der Dresdner
Gemäldegalerie um 1514, sowie bei Matthaeus
Schwarz27 28) im Jahre 1523, welcher dazu schreibt:
„das wams war barchat, hat 4800 schnitz mit sa-
matin wilschlen“ (Samtwülsten). Auf unsere Ko-
stümbildern begegnet uns nirgends ein so geschlitz-
tes Kleidungsstück. Die Haltbarkeit der Stoffe litt
natürlich erheblich unter einer solchen gewaltsamen
Behandlung und für tägliche Kleidung erschien sie
wahrscheinlich einer sparsamen Hofhaltung zu un-
praktisch. Außer Ober- und Futterstoff kommen von
1592 an regelmäßig noch Posten von Leinwand zu
„dreifach ins Wams“ vor. Eine Prüfung vorhan-
dener Originalstücke29) hat gezeigt, daß die Steh-
kragen, Schöße und Brustteile der alten Wämser
meist mit einer mehrfachen Leineneinlage ausge-
stattet waren, so daß eine brettartige Steife ent-
stand. Die Dicke solcher Wämser scheint zuweilen
ganz ungeheuerlich gewesen zu sein, wurde doch
ein „drifach ledernes“ Wams für Johann Friedr. d.
Mittl. 1553 noch mit schwarzem Landtuch gefüttert!
Möglicherweise sollte es unter dem Harnisch ge-
tragen werden, wiederholt sind Preise für „tornir“
und „kürriß“ Wämser gebucht30).
Manchmal wurden Einlagen oder Futter mit
Wachs behandelt, vielleicht, um sie regendicht zu
machen, vielleicht auch, um das Rosten des darüber

28J Änm. 16.
29) In d. Kostümsammlg. des Hist. Museums zu Dresden.
30) Das Wort „Koller“ bezeichnet im 16. Jh. sowohl
Halskragen als Wams. In unsern Rechnungen ist damit
fast immer ein kl. Halskragen für ein Frauenkleid ge-
meint. Nur 1548 u. 49 wird es öfter auf Wams ange-
wendet. („5 E. weißen Parchent unter 1 ledernen Koller
mit ermeln. — 1 E. Parch. z. Futter unter 1 Schoß an
1 ledern Koller. — 6 E. Parch. z. Futter unter 1 schwar-
zen Samtnet Koller“ — usw.)
 
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