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nennet neben ihm als accessorisch verpflichtete Personen (Interceden-
ten) Bürgen und Mit-Selbstschuldner, in ganz wesentlich unter-
schiedenen Rechtsverhältnissen.
Das eigenth tunliche Rechtsverhältniss der Bürgen äussert sich
darin, dass der Bürge als solcher nie auf Zahlung für den Haupt-
schuldner belangt werden darf: sondern der Gläubiger darf, wenn
die Schuld fällig ist, den Bürgen nur mahnen, zu leisten: d. h.
entweder in eigener Person oder durch einen Knecht ? welcher Leister
genannt wird (StadtR. §. 217.), Frohndienste zu thun. Die Mahnung
muss durch den Büttel (mit Gericht) insinuirt werden; ausserdem
hat sie keine Rechtswirkung. Ist aber dieses gehörig geschehen
und der Bürge leistet nicht sofort, so wird er Selbst schuldig, und
kann nun zur Strafe seines Ungehorsams selbst auf Zahlung belangt
werden. Geschieht dies, und der Bürge muss vor Gericht sich eben ge-
dachter Massen selb-schuldig bekennen, so erbet sodann auch die Schuld
auf seine Erben, wenn er stirbt, ohne sie berichtiget zu haben,
während ausserdem die Bürgschaft nie auf die Erben (passiv) über-
gehet (StadtR. §. 216.). Der Bürge muss vom Tage der Mahnung
an alle Werktage ununterbrochen fort leisten oder durch seinen Knecht,
und je nachdem es bedungen ist, mit oderohnePferd, leisten lassen:
doch gibt es gewisse Zeiten im Jahre, wie die Osterwoche, Pfingst-
woche u. s. w., in welcher alle Leistung gesetzlich, zufolge einer
alten Rathsverordnung v. 1321 Anh. V. nr. LXIV., welche auch in
das StadtR. §. 217. übergegangen ist, ruhet. Auch entschuldiget
nach der eben gedachten Rathsverordnung ein auswärts der Stadt
abzumachendes Geschäft wenigstens die Müller und Bäcker von der
Leistung für die Zeit ihrer nothwendigen Abwesenheit: nach dem
StadtR. §. 217. wird aber dieser Entschuldigungs-Grund als ein
allgemeiner in Bezug auf jeden Bürgen vorgetragen. Der Bürge
soll des Tages nur einmal leisten, 12j d. h. nur einen halben Tag:
es ist sogar ausdrücklich für ungültig erklärt, wenn der Bürge vor
leisten, d. h. des einen Tages zweimal leisten würde, um dadurch
einen anderen Tag von der.Leistung frei zu sein. Eben so wenig
darf der Bürge nach leisten, d. h. hat er einen Tag zu leisten ver-
säumt, so kann er seine Mora nicht mehr durch eine doppelte Lei-
stung am folgenden Tage purgiren, sondern haftet nunmehr unbe-
dingt als Selbstschuldner (StadtR. §. 216.). Auch ist der Haupt-
schuldner dem Bürgen für eine aufgesparte Leistung keine Vergütung
schuldig (StadtR. §. 216.). Die Leistung darf in der Regel —wenn

12) Nur Gäste dürfen des Tages zweimal leisten. StadtR. §. 433. und §. 434.
vergl. mit §. 216.
 
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