Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (1): Deutsche Volks- und Staatsgeschichte in quellemmäßigem Abrisse bis zur Stiftung des Deutschen Bundes — Stuttgart: Krabbe, 1844

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47336#0120
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
96 Volksgeschichte. II. Zeitraum (vom J. 511 bis 888).
von den fränkischen Optimalen auf einem Reichstage zu Compiegne
abgesetzt und gefangen gehalten wurde 6). Ludwig der Deutsche
befreite zwar in Uebereinstimmung mit seinem anderen Bruder Pipin
den Kaiser (834) aus dieser Gefangenschaft, von welcher nur allein
Lothar Vortheil zu ziehen schien7), wurde aber bald selbst wieder
gegen seinen Vater aufgebracht, als dieser (838) nach dem Tode Pi-
pin’s eine neue Theilung des Reiches vornahm. Zwar wurden bei
dieser Theilung — wahrscheinlich dem Wunsche Lothar’s und Lud-
wig’s des Deutschen entsprechend, die beiden Söhne eben dieses
Pipin ausgeschlossen. Da aber die neue Theilung doch besonders
zum Vortheile Karl’s des Kahlen zu gereichen schien und Ludwig
der Deutsche die Ansprüche, welche er sich auf die Dankbarkeit seines
Vaters erw'orben zu haben glaubte, nicht genügend berücksichtiget fand,
so empörte er sich offen gegen seinen Vater 8). Ludwig der Fromme
eröffnete einen Feldzug, um seinen Sohn Ludwig den Deutschen
zum Gehorsame zu zwingen, starb aber ehe noch eine Waffenthat
stattgefunden hatte (20. Juni 840) 9). Ludwig der Fromme hatte
keine grossartigen auswärtigen Kriege geführt. Doch war an den Gränzen
des Reiches nichts weniger als Ruhe, obgleich diese gegen die An-
griffe der Dänen und Slaven noch immer erhalten wurden. Die Raub-
züge der Normanen an den deutschen und gallischen Seeküsten wur-
den immer häufiger und kühner, ohne dass unter Ludwig dem Frommen
etwas Ernstliches dagegen unternommen worden wäre. Nach Lud-
wig’s des Frommen Tode bekriegten sich seine drei überlebenden
Söhne, doch kam nach einem Siege der jüngeren Brüder zu Fontenai
(25. Juni 841) im Jahre 843 ein Friedensschluss und ein Theilungs-
G) Lothar bot alles auf, seinen Vater durch einen furchtbaren psychologischen
Zwang zu bestimmen, der Welt zu entsagen und in einen Mönchs-Orden einzu-
treten. Aber so grosse Neigung Ludwig d. Fromme an sich zu geistlichen Be-
schäftigungen hatte, so entschlossen und unerschütterlich im Dulden widerstand er
allen solcher Anforderungen. Die Schilderung des Erzbischof E b o von Rheims,
welcher es besonders übernommen hatte, das Gemüth Ludwig’s zu ängstigen,
siehe bei Th eg an c. 44. —
7) Die Wiedereinsetzung Ludwig’s d. Frommen durch die Bischöfe zu Paris
in der Kirche zu St, Denis, s. in Annal. Bertin. a. 834. —
8) Ueber die verschiedenen von Ludwig dem Frommen verordneten Thei-
lungen, s. Divis, imp. a. 830, bei Pertz, Legg. T. I. p. 356; divis. a. 839, ibid.
p. 373. — Annal. Bertin. ad a. 837. — Nithardus, c. 6. — Ann. Bert, ad
a. 839. —

«) Annal. Bert. ad. 839. 840.
 
Annotationen