Allgemeine theologische Bibliothek (4.1775a)

Unvorgreifiiche Vorschläge. 175
haben scheinet, umgeschmelzt werden sollen, son-
dern er will nur eine unmerklicheVeränderung ein-
zelner Wörter und Redensarten haben. Was
Damit viel geholfen werde, seh ich nicht ab. Doch
etwas erst überhaupt von dem Verbesserungsvor-
schlage. Der sich Mann Gottes, Luther, führt der
Hr.Pastor selbst an, hat sich alle Verbesserungen sei-
ner Uedersitzung nach seinem Tode sehr verbeten. Er
meynt aber, der sich Mann habe das wol nur deswe-
gen gethan, weil er gefürchtet, daß Jrrlehrer dies
Verbesserungöwssen zu Einschiebung ihrer Irrthümee
misbrauchen würden, man solle also lauter rechtgläu-
bige Männer hierzu nehmen. Aber woher weis dann
der Hr. Pastor, daß Luther nur diesen einzigen Grund
dabcy gehabt? Und ich denke, der große Mann har
das Verbesserungswesen um vieler Ursachen willen für
einen unleidlichen Unsug gehalten: Und ich hätte es
auch verboten, wär ich an Luthers Statt gewesen, daß
wir keine Verbesserer über mein Werk kommen soll-
ten. Es kommt doch nichts dabey heraus —- mau
mag eine gewaltige Reform vornehmen oder nur klei-
ne Verbesserungen machen wollen. Es werden sich
da gewiß eben so viele Verschlimmerungen einschlei-
chen, als Verbesserungen hinein kommen. Wenn Lu-
ther den Sinn verfehlt hat, ist's da allemal gewiß,
daß ihn der Verbesserer treffen wird? Kann er sich
nicht auf eine andere Art irren? Und kann er nicht,
wenn er nun einmal mit der großen Miene des Ver-
besserers ans Werk gieng, noch viel weiter bey'm Ziel
vorbeyschießen als Luther? Und du theure Kraft-
sprache Luthers ! wie übel würde es dir ergehen, wenn
da die Lcutlein, die nicht Luthers Kraft und Kern itt
der Seele hätten, über dich kämen. Wenn der ar-
me Luther auch noch vielleicht, welches doch noch nicht