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Braun, Joseph
Praktische Paramentenkunde — Freiburg i. Br., 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2048#0114
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waschechten Garnen hergestellt sind. Man hüte
sich bei demselben vor dem Gebrauch stark ätzender
Waschmittel, z. B. der Soda, der verschiedenen
Waschpulver usw., und verwende lediglich sog. neu-
trale Seife (sodafreie Olivenseife). Sind die Sticke-
reien in Linnen- bzw. Baumwollgarn ausgeführt,
nimmt man heißes, sind sie dagegen mit wasch-
echter Seide gearbeitet, lauwarmes Wasch-
wasser von 25° C. Gebleicht sollen gestickte Gegen-
stände nicht werden, da das Bleichen den Farben
schadet. Es reicht vollständig hin, sie im Seifen-
wasser kurz auszuwaschen und dann in lauwarmem,
klarem Wasser so lange auszuschwenken, bis alle
Lauge aus ihnen entfernt ist. Das Reiben der Sticke-
reien muß tunlichst vermieden werden, namentlich wenn
als Stickmaterial Seide verwendet ist. In türkisch-
rotem Garn hergestellte Arbeiten legt man, damit das
Rot an Lebhaftigkeit gewinnt, nach dem Waschen in
Wasser, dem man einen Guß Essig zugesetzt hat,
und schwenkt sie dann nochmals in reinem Wasser aus.

Um nach dem Ausspülen das Wasser aus den Sticke-
reien zu beseitigen, drückt man dieselben mit der
Hand fest aus. Ein Auswringen ist durchaus zu
vermeiden, da es der Stickerei nachteilig ist. Sticke-
reien, die in Linnen- und Baumwollgarnen
ausgeführt sind, trocknet man am besten, indem
man sie, wenn sie noch naß sind, mittels eines warmen
Bügeleisens so lange auf der Unterseite bügelt, bis
sie trocken geworden sind. In Seide hergestellte
Stickereien läßt man, ehe man sie in dieser Weise
bügelt, langsam antrocknen, am besten, wenn es geht,
an der Luft. Man vermeide alles schnelle, gewalt-
same Trocknen, weil dabei die Farbe der Seide leidet
und die entstehenden Dämpfe den Stickgrund färben
könnten.

Will man dem Grunde der Stickereien einen leichten
gelblichen Ton geben, so verfährt man, wie man
es zu diesem Ende bei Spitzen zu machen pflegt,
d. i. man taucht dieselben vor dem Trocknen in eine
dünne Kaffee- oder Teebrühe.

SECHSTES KAPITEL.

DIE STICKMUSTER.

Wiewohl die Herstellung von Vorlagen im all-
gemeinen nicht Sache der Stickerinnen ist, dürfte es
doch am Platze sein, auch den Stickmustern einige
Worte zu widmen. Die Stickerin wird nur dann ihrer
Arbeit ein volles Interesse entgegenbringen, wenn sie
auch für das, was sie mit der Nadel darstellt, ein
genügendes Verständnis hat, und nur dann wird sie
passende Vorlagen für ihre Stickereien auswählen, wenn
sie weiß, wie eine gute Vorlage beschaffen sein muß.

1. Die Motive der Paramenteusückereien. Die Motive
der Paramentenstickereien, d. i. die auf denselben als
Ornament verwendeten und das Muster herstellenden
Gegenstände sind mannigfacher Art, geometrische,
vegetabilische und animale Gebilde, Figuren-
werk, symbolische Darstellungen, In-
schriften und Architekturen. Geometrische und
vegetabilische Bildungen reichen schon für sich allein
als Motive aus, die übrigen erheischen mehr oder
weniger eine Ergänzung durch geometrische und vege-
tabilische Gebilde. Nach dem Motiv bestimmt sich
der Charakter des Musters. Man redet deshalb von
geometrischer, vegetabilischer usw. Musterung.

a) Unter geometrischen Mustern versteht man
Muster, welche sich aus geometrischen Figuren,
wie geraden oder krummen Linien, Dreiecken,
Quadraten, Rauten, Sechs- und Achtecken,
Kreisen, Bogen, Winkeln, Drei-, Vier- oder
Achtpässen, Haken und ähnlichen Motiven zu-
sammensetzen {s. Tafel II, Bild 2 u. 3, und Tafel V,
Bild 2a u. b). Auch die sog. Mäander, d. i. unter
rechten, spitzen oder stumpfen Winkeln sich brechende

Bänder, zählen zu denselben. Ein treffliches Beispiel
dieser Mäander bildet das in der Paramentenstickerei
beliebte, einer Borte vom Kleid der allerseligsten Jung-
frau im Münster zu Aachen entnommene sog. Marien-
muster (s. Tafel II, Bild 1).

Geometrische Muster sind, gut ausgeführt, wenn
auch nicht die edelste, so doch eine würdige und
recht brauchbare Verzierung für Paramente. Man
kann sie ebensowohl zur Ausstattung der Alben, Chor-
röcke, Altartücher, überhaupt des Kirchenlinnens, wie
der Kasein, Pluvialien und Stolen anwenden. Freilich
paßt nicht jedes Muster zu jedem Parament. Einer
unbeschränkten Verwendung sind nur solche Muster
fähig, welche sich aus abgeschlossenen Ge-
bilden zusammensetzen {s. Tafel V, Bild 2 a u. b).
Muster, in denen eine ausgesprochene Längs-
bewegung zum Ausdruck kommt, wie das beispiels-
weise bei den Mäandern der Fall ist, eignen sich da-
gegen bloß für wagerecht laufende Besätze.

Geometrische Muster dürfen nicht zu groß und
breit sein, da sie sonst zu schwer und unbeholfen
aussehen.

Geometrisch gemusterte Besätze für Linnenpara-
mente führt man in Uinrißstickerei oder, um
eine vollere Wirkung zu erzielen, in Ausspar-
stickerei aus. Bei kleineren Mustern kann man
sich auch der sog. altdeutschen Linnenstickerei
mit Nutzen bedienen (s. Tafel V, Bild 2 b).

Bei Besätzen für Kasein und Pluvialien, bei
Stolen und ähnlichem hängt die Art der Ausführung
vom Stickgrund ab. Besteht derselbe aus Seide, so
 
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