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Der rot Be Bart.

Speise, um seinen nagenden Hunger zu stillen — doch wer
beschreibt sein Entsetzen, als ihm der Wirth die bestellte Speise
bringt und er bemerkt, daß dieser einen mächtigen rothen

Bart hat. Es fiel ihm der Rath ein, den ihm sein sterbender
Bater gegeben — allein es war schon zu spät, um in ein
anderes Gasthaus zu gehen, und der Sturm brauste draußen
noch heftiger als früher.

Muhammed entschloß sich nun, die ganze Nacht zu tvachen
n»d auf seine 100 Piaster Acht zn geben; aber ermattet vom
wandern, drückte ihm der Schlaf beim Morgendämmern die
^ugen zu.

Er erwachte erst bei helllichtem Tage, griff nach seinem Gelde
~~ doch Entsetzen, dasselbe wurde ihm während des Schlafes
gestohlen. Er stellte nun den Wirth zur Rede, aber dieser
wollte von dem Gelde nichts wissen, und drohte Muhammed,
% beim Kadi als Verleumder zu verklagen.

Da entschloß sich Muhammed, selbst zum Kadi zu gehen
"nd ihm die Geschichte zu erzählen.

Betrübt machte er sich ans den Weg — doch war er
^'ttn Anblick des Kadi noch mehr entsetzt, denn auch dieser

hatte einen langen, rothen Bart. Zu helfen war da nicht
mehr, und Muhammed erzählte nun dem Kadi, tvie es ihn:
beim Wirthe ergangen.

Als er geendet, sprach zu ihm der Kadi: „Wie getraust
Du Dich, fremder Wanderer, den braven Wirth, den ich sehr
gut kenne, und der pünktlich seine Steuer zahlt, ohne Beweise
zu verdächtigen? . . Gebt dem Kerl 25 Prügel!"

Muhammed erhielt die Hiebe ohne Abzug.

Da entschloß er sich, zum Ober-Kadi zu gehen, und be-
trübt lenkte er seine Schritte dahin.

Ach, Vater Ibrahim — dachte er bei sich — warum habe
ich deinen Rath nicht streng genug beobachtet! Jetzt hätte ich
noch meine 100 Piaster und schmerzte mich mein Körper nicht!

Inzwischen kam er beim Ober-Kadi an, prallte aber bei
der Thüre entsetzt zurück und lief aus Leibeskräften hinweg,
denn — auch der Ober-Kadi hatte einen dichten, rothen Bart.

Der Ober-Kadi meinte, er wäre ein Irrsinniger und ent-
sendete zwei Gerichtsdiener, die dem Manne nachlaufen und
ihn zurückbringen sollten.

Dies geschah auch, und Muhammed stand nun zitternd
vor dem gestrengen Richter.

„Warum bist Du weggelaufen?" sprach dieser zu ihm.

„Ach, mächtiger Ober-Kadi", sprach Muhammed, zitternd am
Leibe, „mein Vater Ibrahim hinterließ mir keine andere Erb-
schaft, als den Rath: ich solle mich vor Männern mit rothem
Barte hüten. Nun hat mich in diesem Dorfe ein Wirth mit
rothem Barte bestohlen, der Unter-Kadi, der auch einen rothen
Bart hat, ließ mich prügeln, und nun habe ich gesehen, daß auch
Du, mächtiger Herr — Allah vergrößere Deinen Schatten,
verzeihe mir — einen rothen Bart hast. Da ist mir der
Rath meines Vaters Ibrahim eingefallen — und ich habe schon
der Prügel genug."

Hierauf hieß ihm der Ober-Kadi, die Geschichte zu erzählen,
und Muhammed erzählte sie.

Da ließ der Ober-Kadi den Wirth holen und sprach zu
ihm: „Dieser Wanderer ist ein Betrüger. (Der Wirth nickte
zustimmend.) Er behauptet, Du hättest seine 100 Piaster ge-
stohlen. Das glaube ich ihm nun nicht. (Der Wirth machte
eine abwehrende Betvegung mit der Hand.) Damit wir ihm
aber auch beweisen, daß er ein lügenhafter Gauner ist und
damit er seine verdiente Strafe bekomme, schreibe an Deine
Frau, sie soll Dir den Beutel des Wanderers mit den
100 Piastern schicken, da Du einen guten Kauf machen kannst
und das Geld brauchst."

Kreidebleich starrte der Wirth den gestrengen Ober-Kadi an.

„Nun schreibe doch!" herrschte ihn dieser barsch an, „wir
«vollen diesem Gauner von Wanderer betveisen, daß er gelogen,
und er soll seiner Strafe nicht entgehen."

Der Wirth setzte sich nun hin und schrieb den Brief, den
der Ober-Kadi ihm diktirte. Dann wurde das Schreiben ab-
geschickt, Und in wenigen Minuten brachte der Diener den
Beutel Muhammeds mit den 100 Piastern.

„Das ist mein Beutel!" schrie er vor Freude hüpfend.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Der rothe Bart"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

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Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 113.1900, Nr. 2873, S. 87

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