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Patchouli oder des Onkels Wahn.

wurde eben servirt, mit welchem Geschäfte auch In femme de
Charge, die agile Madame Berglwagner — (so hieß, glaube
ich, diese Duenna) sich bei uns entschuldigte, als sie uoux deux
senles im einsamen Salon des Colonells Platz nehmen, und
ihren Gebieter daselbst erwarten zu wollen bat. Dieser, —
der Salon nemlich — war, homogen mit dem Geiste seines
Bewohners, in einem etwas veralteten Style, und nur mit
alleiniger dgard des Comforts meublirt. Ein ziemlich bestäubter
Instre von flachgeschliffenem Glase en forme d’un grandplateau,
der sicherlich schon in den Tagen der Kaiserin Josephine ge-
leuchtet hatte, hing von dem mit bemalten Stnkator-Arabesken
reichlich beladenen Plafond über einem — nach dem angienne
regime noch in Mitte des oblongen Salons stehenden Rund-
tische ; die sämmtlich antique Garniture war mit Moroquin de
Levante überzogen, die sich seiner Zeit sans doute des höchsten
Kirschroths erfreut haben mag, gegenwärtig aber kaum mehr
den etwas indiscreten Rosenhauch ans den kunstreichen Wan-
gen der alten Generalin von Rougenoir zu erreichen vermochte.
Zu beiden Seiten einer mit allen jenen „petits riens“ — wie
es unsere Zeit will, — reichlich ausgestatteten Etagere hingen
im scharfen Contrast und im detestabelsten pöle möle an der
rauchgebräunten Tapisserie unzählige Gewehre, Kanonen, Mus-
quetons, Pallasche, Jatagane, Tschibonks, schlanke (gleich
Aphroditen dem Schaume des Ozeans entstiegene) Pfeifenköpfe
und noch viele andere Trophäen der kriegerischen und cheva-
leresken passös des vieux papa Colonell, und auf goldgerahm-
ten, englischen Stahlstichen in feinster Lithographie waren die
blutigen Großthaten Gustav Adolphs, Charles douze und des
grämt Empereur, — für die der greise Legions-Chef besonders
portirt schien. — in krassen Tinten gemalt. Da — plötzlich,
ehe wir noch die nöthige Disposition gewonnen hatten, und
besonders die arme, vielleicht etwas zu uervense irritable Ca-
thinka noch völlig en ddlire lag, — öffnete sich die Thüre au
petit salon, und der General, ce vieux tyran, stand in Lebens-
größe vor Uns. Seine hohe, beinahe imposante Gestalt war
in eine, mit schwarzem, hie und da schon etwas leidenden
Astrachan ausgefütterte rohe de charabre von russischgrüner
serge drapde gekleidet, unter welcher sich, innerhalb einer
blendend weißen, in der That die taille au jeuue lion verra-
thenden langen Weste, ein prachtvoller ins feinste Gold gefaß-
ter Smaragd ans einer ebenso blendenden Chemisette mit drei
gut vier Finger breiten Falbeln, wie ein liebcglühendes vert
luisant auf einem schneeichten Gletscher Helvetiens leuchtend
verrieth. Sein von spärlichen, wollartig gekräuselten Silber-
locken begränztes Haupt erinnerte niich mit seinen scharfmar-
quirten Zügen, und den, gleich sonnebestrahlten Bajonnetten
blitzenden, lichtgrauen Augen — unwillkürlich an jene ausge-
grabenen äginetischen Militairs in der Glyptothek zu Mün-
chen; während aus seinem, von einer grauen, sorgfältig ge-
pflegten mustage beschatteten Munde zwei Colonnen ganz
magnifiqne conservirter Zähne mit der Weiße des Elfenbein
zu rivalisiren schienen, welches, — wenn es anders nicht
etwa Meeresschaum war, — seiner feinen Havanah-Cigarre,
die er, ungeachtet unserer presdnse, sans gene nach türkischer

Fashion fortschmanchte, — in Form einer furieusen Löwen-
kralle zur porteuse diente.

(Fortsetzung folgt.)

Die Lchnurrbärte in Hessen-Darmstadt.

(In dannstädtischem Dialekt.)

Habt ihrs gehehrt, — potz Sapperment!

Die Schnorrbärt' misse all' eweck;

Un wer net gleich von danne rennt
Uit schabt en ab als garschtche Treck,

Ja, der riskirt, daß der Balwier
Ihn packt am Kopp un an der Ras,

Un überm Maul weckprakticir,

Amtshalber, nn, ihr wißt schon, was.

Wer an dem Karrn des Staates zieht,

Schiebt oder drickt, ganz einerlei!

Gleichviel, ob adlig von Gebliet,

Ob in gemeiner Liwerei,

Ob blond, ob braun, ob schwarz sein Bart,

Ob er schon stark mit weiß sich mischt,

Er ist mit Unrecht nur behaart
Da, wo er sich die Nase wischt.

Doch gilt es nicht dem Schnorrbart blos,

Nän, auch der Kinnbart, er muß dran,

Er muß, wie mer zu sage pflegt,

Alsbald aach einziehe d' Fahn;

Rur owwe etwa unnern Ohr,

Wo d' Weibsleit bambele ihr Ring',

Dorf fernerhin sich wage vor
Voi^ Backebart noch so e Ding.

1 *
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Patchouli oder des Onkels Wahn"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Rauchen <Motiv>
Synkope <Medizin>
Rauch <Motiv>
Tisch <Motiv>
General
Lafette
Karikatur
Frau <Motiv>
Zigarre <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 15.1852, Nr. 337, S. 3

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