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üd.

Der Brillantring.

(Fortsetzung.)

Schon bei der zweiten Strophe des Liedes öffnete sich
leise die Balkon-Thüre über dem Fenster des Sängers, und
aus ihren Gemächern traten die Schwestern Emilie, Mathilde
und Doris, und selbst Mama Silberfels konnte nicht um-
hin, den Töchtern nachzufolgen, und lauschte nun auch, sich
zu öfteren Malen mit ihrem Taschentuche gerührt über die
Augen gleitend, — bis die letzten Töne in der lauen, duftigen
Lenznacht leise verklungen waren. Aber auch Herr Abaddona
saß während des Gesanges auf dem Gesimse seines Fensters,
und rieb sich, als er dasselbe wieder geschlossen hatte, still-
vergnügt ob der gelungenen Scene, lächelnd die Hände.

H.

„Es ist doch" — begann beim Thee die Frau Baronin
von Silberfels zu ihrem, die Elite des Bades umfassenden
„gewählten Cirkel," — es ist doch immer was ganz Apar-
tes und Extraordinäres um einen Polonais! Sehen Sie meine
Damens, jetzt mußte unser edler Freund unfern Cirkel schon
wiederum verlassen, um, wie er mir vertraute, mindestens
noch bis Mitternacht nur dem kleinsten Theile seiner geheimen,
hochpolitischen Correspondenzen nach Paris, London und
Philadelphia Rechnung tragen zu können! Und morgen will
er uns gar mit einer 8oirös a la Döbler überraschen, das
Entröe zu einem Thaler; — bei Gott, ich möchte lieber
vier geben können, — zum Besten der Armen; und meine
Mathilde wird deklamiren, und meine Emilie wird singen;
— nicht wahr, Mi ly, du wirst singen morgen Abends in
die Soiräe!? —"

„Gewiß, liebe Mama!" antwortete Emilie, und warf sich
in ihren Fauteuil zurück mit einer Miene, die deutlich ge-
nug verkündete: Pan Wladislaw Czartoryiski, der letzte Ja-

gellone, hat Emilien von Silberfels nicht umsonst darum in
einem Sonnette gebeten.

„Wer hätte nur geahnt, daß dieser Herr Händlmayer,
dieses obscure, schmächtige Bürschchen —" begann die bos-
hafte Kammcrräthin von Knopfloch, mit einem stechenden
Seitenblick auf Emilien, weit ausholend.

„Obscure, meine Gute? Schmächtig, meine Liebe?" fiel
ihr die Baronin entrüstet in die Flanken. „Mag sein, daß
er schwächere Augen zu täuschen vermochte; ich erkannte
schon beim ersten Blick den düster» Stempel des Panslavis-
mus auf seinen edlen Zügen! — Aber meine Damens! Dis-
cretion — im engsten und im weitesten Sinne! Sie können
kaum ahnen, was alles auf dem Spiele stünde, wenn nur
ein Hauch über Ihre Lippen, — wenn nur ein Wort der
Kenntnißnahme seines Namens, seines Ranges, seines Stan-
des von Ihrer Seite-!"

„Wir schwören!" gab feierlich, wie aus Einem Munde, die
ganze Gesellschaft zurück, und sie konnte es jetzt auch mit gutem
Gewissen thun, denn seit zwei Tagen war ja der fragliche Punkt
bereits schon das öffentliche Geheimniß des Bades geworden.
„Wer aber wohl dieser Herr Abaddona sein muß?" fragte
lediglich nur der Variation halber, der dünne Referendarius
Ritter von Schreibmayer.

„Herr Händlmayer schilderte ihn mir als einen Mann von
großer Scientivität und zeitgemäßem, progressiven Charakter,"
erwiderte mit der schlauen Miene der Geweihten die liebens-
würdige Wirthin. —

„Haben Sie gestern, — nein, vorgestern war es, oder wohl
gar schon ehevorgestern, — sein auffallendes Lächeln bei Tisch
bemerkt, als er auf dem Menu „Potage a la reine“ und „Pud-
ding ä la Diplomate“ las?" fragte der alte, pensionirte Ober-
appellationsgerichts-Direktor Klagemann bedenklich den Referen-
darius. „Er ist wohl Herrn — hm — Händlmayers geheimer
Alliirter, oder politischer Kammerdiener!" sprach obige Kammer-
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