Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
94 Eine Parkallee.

(Medicmalrath Stäuber kommt die Allee herauf, Forstmeister von
Waring geht ihm entgegen.)

Stäuber: „Guten Tag, Freundchen! Da bin ich, und
gratulire. — Aber — was ist denn das? Sie tragen ja
den Arm in einer Binde, und hinken auch beträchtlich."

Waring: „Ja, sehen Sie, so muß ich meinen fünf-
zigsten Geburtstag begehen."

Stäuber: „Und ich nehme auch eine mächtige Beule
auf ihrer Stirne wahr. Wer hat Sie denn so maltraitirt?"

Waring: „Ach, es ist eine erzdumme Geschichte!
Meinen heutigen Gasten werde ich irgend etwas vorlügcn
müssen, aber Ihnen kann ich sagen, wie das gekommen."

Stäuber: „Nun, wie denn?"

Waring: „Na, Sic wissen ja, dahinein nichtsnutziger
Neffe, der Mar, sich in den Kopf gesetzt, meine Julie zu
heirathen, die leider Gottes nichts dagegen hat, und daß ich
dem Schlingel mein Haus verboten, und meiner Tochter
gesagt habe, sie solle sich nicht unterstehen, irgendwo mit
ihm zusammen zu kommen. Daß mit meinen Befehlen nicht
zu spaßen ist, das weiß sie — Punktum. Gestern wollte
ich nun in die Stadt fahren, um einiges Nöthige zum heutigen
Tage einzukaufen. Komm' mit, Julchen, sag' ich. Da hatte
sie auf einmal Kopfweh, und auch zu Hause zu thun.
Hm, dachte ich, sollte da etwas dahinterstecken! Ein heimlicher
Besuch des lieben Vetters in meiner Abwesenheit! Dem
Taugenichts ist Alles zuzutrauen. Gut, adieu sag' ich, und
fahre allein davon, und fahre eine Strecke, dann rief ich:
„Halt, ich habe meine Brieftasche mitzunehmen vergessen!"
Du bleibst hier mit dem Wagen, Jakob und ich gehe den
nächsten Weg zurück, durch den Wald und den Garten. —
Wart, denk' ich, wie ich so gehe, Ihr sollt mich nicht zum
Besten haben! Und ich werde immer ärgerlicher, und laufe
immer schneller in der Sonnenhitze. Ich komme an's Haus,
renne hinein, zum Zimmer der Julie, reiße die Thür auf,
und — was sehe ich?"

Stäuber: „Nun?"

Waring: „Nichts! — Das Zimmer ist leer. Ich
eile weiter, durch's ganze Haus, Trepp auf Trepp ab, in
die Küche, in den Keller, und ich finde ..."

Stäuber: „So, im Keller!"

Waring: „Niemanden. — Aha! denk' ich, steckt ihr
anderswo! Ich rennein den Garten, gerade auf's Gewächs-
haus los, — und pralle in der Thür mit dem Kops an
einen mächtigen Blumentopf, den der Esel von Gärtner eben
hinausträgt. Ich wünsche ihm einige tausend Schock Teufel
an den Hals, und lasse ihn mit offenem Maule stehen. Mir
fährt ein Gedanke durch den Kopf: Im alten Pavillon! Da
müssen sie sein; da geht Niemand hin, das ist der Ort für
ein heimliches Rendezvous. Geschwind, eh sie mir entwischen!
Ich schieße gerade darauf zu, in gestreckter Carriere, über
die Erdbeerbeete hin, und höre noch hinter mir, wie der
Gärtner darüber aufschreit, — weiter durch Dick und Dünn,
ich springe über ein paar Hecken, breche wie ein angeschosscner
Eber durch meine schönen Dahlien — und bin endlich bei
der verdammten Baracke, — will hinein, — die Thürc ist
verschlossen. — Soll Euch nichts helfen, knirsche ich, soll Euch
nichts helfen! — Ich war ganz grimmig geworden. Sie
waren drinnen, darauf hätte ich wetten wollen, mir kam es
sogar vor, als hörte ich sie flüstern. Ich sollte und mußte
sie ertappen. An der Mauer ist ein Vorsprung, an den
kann man hinauf, und von da sich auf den Fenstersims
schwingen. Ich versuch's, gleite ab, falle hin, und verstauche
mir den Fuß. Wüthend springe ich auf, und nochmals zu
dem verfluchten Fenster empor. Diesmal gelingt's, ich halte
mich, schlage mit der Faust die Scheiben entzwei, und den
Fensterflügel auf, merke nicht einmal, daß ich mich dabei
arg in die Hand geschnitten, und bin mit einem Satze im
Zimmer. — Da kniet mein Julchen vor einem großen Bilde,
das mir gerade gegenüber in der Ecke steht, und wischt eifrig
mit einem Tuche au dem breiten Goldrahmen des Gemäldes
und fährt beim Geklirr der zerbrochenen Fensterscheiben
erschrocken in die Höhe! Herr Gott, was ist das! schreit sie,
— Papa! — Und da stehen wir Beide ganz verdutzt einander
gegenüber. Ich mußte cs ihr bekennen, welch' ein dummer
Gedanke mir in den Kopf gekommen war. — Da hast Du
was Schönes angerichtet, Du böser Vater, jammerte sie,
ich hatte es mit so viel Mühe zu machen gewußt, daß sich
die Großmama heimlich malen ließ, und daß das Bild gestern
spät Abends gebracht und hier versteckt wurde, und morgen
früh hättest Du es in Deinem Kabinette gefunden, und nun
ist es mit der ganzen Freude vorbei! — Es war wirklich
ein wohlgetroffenes Portrait in Lebensgröße meiner guten,
alten Mutter, das vor mir stand, und Julchen konnte sich
gar nicht darüber trösten, daß die mir zugcdachte Ueberraschung
fehlgeschlagen war, und schalt und lamcntirte in einem fort.
Da war nun freilich nichts weiter zu thun. Ich begütigte
sie so gut ich konnte, und wurde von ihr nach Hause
geführt, denn mein Fuß schmerzte mich gehörig, und auch
der Schnitt in der Hand erwies sich schlimmer, als ich
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine Parkallee"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Statue <Motiv>
Förster
Allee
Park <Motiv>
Begegnung <Motiv>
Armverletzung
Verletzung <Motiv>
Arzt
Erklärung
Gespräch <Motiv>
Beinverletzung
Karikatur
Freund <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 42.1865, Nr. 1028, S. 94

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen