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Die Entführung.
Leonias Vater war Rcgicrungsrath. Er schlief noch
früh um Acht. Es war Sonntags. In der Woche schlief
er noch länger. Der Bediente kam. Er holte die Sachen
zum Reinigen. Sic wurden täglich gereinigt. Der Rath
stand auf. Er aß Bilincr Pastillen. Leonia pflegte ihm
dazu ein Glas Wasser zu reichen. Dresden war dazn zu
weit weg. Sie reichte ihm das Wasser nicht. Er ward bleich.
„Wo ist sie?" Er rief es laut und ängstlich. Der Bediente
sprang hinauf. Das Zimmer war leer. Sie konnte spazieren
gegangen sein. Aber das Bett war nicht berührt. Sie
konnte nicht geschlafen haben. Er machte Meldung. Rath
und Räthin wußten keinen Rath. „Sie ist entführt!" „Sie
ist ermordet!" „Sie ist verunglückt!" Sie sprachen eS ab-
wechselnd. „Sie ist gestohlen!" sagte der Bediente. Es
schellte. Ein Eisenbahnbeamter meldete sich. Es war nur
ein Schaffner. „Laß mir herein den Schaffner!" sagte der
Rath. „Sie sind nach Dresden," sagte der Schaffner.
„Auf nach Dresden!" sagte der Rath. Der Schaffner war
früher Bedienter bei dem Rath. Der Rath hatte schon viele
Bediente gehabt. Der Lohn war schlecht. Die Behandlung
auch. Der Schaffner stutzte. Daö hatte er nicht erwartet.
Ein Geldstück blinkte in feiner Hand. Er empfahl sich. Er
wechselte es am selbigen Tage. Wie gewonnen, so zerronnen! >
Zitzewitz und Leonie langweilten sich. Sie hatten Alles
gesehen. Sie waren schon dreimal im grünen Gewölbe ge-
wesen. Leonia liebte die Brühl'sche Terrasse. Zitzewitz wäre
lieber nach dem Waldschlößchen gegangen. Sie trank kein
Bier. Er trank für Beide. Leonia wollte in die Gemälde-
gallcrie. Zitzewitz drang darauf, den Fclsenkeller zu be-
suchen. Sie sckmolltc. Er trank. Sie versuchte das Bairische.
Sie fand es bitter.. Aber sic trank. Sie kamen nach Hause.
Ihre Eltern waren da. Sie segneten das Paar. Alle j
weinten. Zitzewitz war gerührt. Er wurde Ehemann. Ein
' Muster von Ehemann. Es giebt auch schlechte Eheleute.
Darum.
„Jetzt weiß ich schon, warum der heurige Winter so
schrecklich lang gedauert hat: Weil sie die Ostern wieder
so lange hinausgcschoben haben!"
Beiträge zur Farbenlehre.
Die bunten Hemden haben den Vortheil, daß sie
länger weiß bleiben.
Dieser weiße Wein hat eine schöne dunkclgelbe Farbe.
Damit die grüne Butter schön gelb aussieht, so färbt
'"an iie mit Mohrrüben.
Um die Wäsche recht schön weiß anssehend zu machen,
wird sie gebläut.
Die poetische Köchin.
Frau: „Also, wie gesagt, wenn Sie will, 5 Fl. monatlich
gcb' ich Ihr Lohn." Köchin: „Alle bitt ich Ihne liebe gnädige Frau
mehlige, bin ich Köchin praktisches, aus Kochbuch theoretische,
woS hat man druckte von Auflog 99te, kann ich gut kochen
Gulatsche mit Povidl und Dolkerl böhmisches, ich wer ich bitten
schönsten, daß darf auch kummcn in's Haus Ihrige, Liebhobcr
mcinige, hob ich sehr starkes poetisches Natur, muß ich mein
Franzischeck Herzallerliebste sehn, sunst zatraceny stirb ich gleich
Tod grausliche." Frau: „Da wird nichts d'raus." Köchin:
„Alle bitt ich Ihne liebe gnädige Frau mcinige, warn's ja auch
verliebt einmal in Pan Ihriges, und hat nit umcsunst grußes unsterb-
liches Schauspielmacher Schiller gottscelige sogtc so schön: Jse Licb
nicht der Götter Höchstes, gibtc noch viel Größeres-Wissens
liebe Gnädige mcinige, daö Leben mit Franzischeck seinigcs."
Die Entführung.
Leonias Vater war Rcgicrungsrath. Er schlief noch
früh um Acht. Es war Sonntags. In der Woche schlief
er noch länger. Der Bediente kam. Er holte die Sachen
zum Reinigen. Sic wurden täglich gereinigt. Der Rath
stand auf. Er aß Bilincr Pastillen. Leonia pflegte ihm
dazu ein Glas Wasser zu reichen. Dresden war dazn zu
weit weg. Sie reichte ihm das Wasser nicht. Er ward bleich.
„Wo ist sie?" Er rief es laut und ängstlich. Der Bediente
sprang hinauf. Das Zimmer war leer. Sie konnte spazieren
gegangen sein. Aber das Bett war nicht berührt. Sie
konnte nicht geschlafen haben. Er machte Meldung. Rath
und Räthin wußten keinen Rath. „Sie ist entführt!" „Sie
ist ermordet!" „Sie ist verunglückt!" Sie sprachen eS ab-
wechselnd. „Sie ist gestohlen!" sagte der Bediente. Es
schellte. Ein Eisenbahnbeamter meldete sich. Es war nur
ein Schaffner. „Laß mir herein den Schaffner!" sagte der
Rath. „Sie sind nach Dresden," sagte der Schaffner.
„Auf nach Dresden!" sagte der Rath. Der Schaffner war
früher Bedienter bei dem Rath. Der Rath hatte schon viele
Bediente gehabt. Der Lohn war schlecht. Die Behandlung
auch. Der Schaffner stutzte. Daö hatte er nicht erwartet.
Ein Geldstück blinkte in feiner Hand. Er empfahl sich. Er
wechselte es am selbigen Tage. Wie gewonnen, so zerronnen! >
Zitzewitz und Leonie langweilten sich. Sie hatten Alles
gesehen. Sie waren schon dreimal im grünen Gewölbe ge-
wesen. Leonia liebte die Brühl'sche Terrasse. Zitzewitz wäre
lieber nach dem Waldschlößchen gegangen. Sie trank kein
Bier. Er trank für Beide. Leonia wollte in die Gemälde-
gallcrie. Zitzewitz drang darauf, den Fclsenkeller zu be-
suchen. Sie sckmolltc. Er trank. Sie versuchte das Bairische.
Sie fand es bitter.. Aber sic trank. Sie kamen nach Hause.
Ihre Eltern waren da. Sie segneten das Paar. Alle j
weinten. Zitzewitz war gerührt. Er wurde Ehemann. Ein
' Muster von Ehemann. Es giebt auch schlechte Eheleute.
Darum.
„Jetzt weiß ich schon, warum der heurige Winter so
schrecklich lang gedauert hat: Weil sie die Ostern wieder
so lange hinausgcschoben haben!"
Beiträge zur Farbenlehre.
Die bunten Hemden haben den Vortheil, daß sie
länger weiß bleiben.
Dieser weiße Wein hat eine schöne dunkclgelbe Farbe.
Damit die grüne Butter schön gelb aussieht, so färbt
'"an iie mit Mohrrüben.
Um die Wäsche recht schön weiß anssehend zu machen,
wird sie gebläut.
Die poetische Köchin.
Frau: „Also, wie gesagt, wenn Sie will, 5 Fl. monatlich
gcb' ich Ihr Lohn." Köchin: „Alle bitt ich Ihne liebe gnädige Frau
mehlige, bin ich Köchin praktisches, aus Kochbuch theoretische,
woS hat man druckte von Auflog 99te, kann ich gut kochen
Gulatsche mit Povidl und Dolkerl böhmisches, ich wer ich bitten
schönsten, daß darf auch kummcn in's Haus Ihrige, Liebhobcr
mcinige, hob ich sehr starkes poetisches Natur, muß ich mein
Franzischeck Herzallerliebste sehn, sunst zatraceny stirb ich gleich
Tod grausliche." Frau: „Da wird nichts d'raus." Köchin:
„Alle bitt ich Ihne liebe gnädige Frau mcinige, warn's ja auch
verliebt einmal in Pan Ihriges, und hat nit umcsunst grußes unsterb-
liches Schauspielmacher Schiller gottscelige sogtc so schön: Jse Licb
nicht der Götter Höchstes, gibtc noch viel Größeres-Wissens
liebe Gnädige mcinige, daö Leben mit Franzischeck seinigcs."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Darum" "Die poetische Köchin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 42.1865, Nr. 1042, S. 207
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg