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Zur Naturgeschichte

Inneres, der an den grünen Blättern seines Glückes so lange
frißt, bis er immer größer und dicker wird, so groß und dick,
daß er nicht genug Futter zu finden vermag.

Auch unserm Reisenden ging es so. Er war gesund, lebte
in sehr günstigen Verhältnissen, und das Mißgeschick klopfte
niemals an seine Thüre.

Und doch fehlte ihm etwas zu seiner vollkommenen Be-
friedigung.

Dieses Etwas war jener gewisse Glanz nach Außen, um
dessentwillcn so Viele den inneren Frieden in die Schanze
schlagen.

Ach, die Menschen sind so gerne, so von ganzer Seele
thöricht!

Unser Reisender lechzte nach einer - Auszeichnung nach
rincm sichtbaren Zeichen desselben, mit einem Worte — o lache
nicht guter Leser! — nach einem — Orden!

Hm! das ist eben eine Schwäche, wie hundert andere,
und gerade wer solche am meisten von oben herab belächelt,
gerade der lernt manchmal plötzlich die Stärke einer solchen
Schwäche kennen.

Also er lechzte nach einem Orden.

Er besaß aber leider gar keines jener Verdienste, für
welche nach einer freilich antiquirten Meinung Orden zu er-
warten wären.

Aber eben die Veraltung dieser Annahme sollte ihn von
dem heimlichen Wurme befreien.

Bei einer — Ordensepidemie, die in seiner Vaterstadt
ausbrach, traf sie unversehens auch ihn.

Der Wurm, der ein förmlicher Lindwurm zu werden
drohte, war erlegt.

Einen Tag lang erschien er mit dem lang ersehnten
Ehrenzeichen im Knopfloche, er erschien auf allen Wegen und
Stegen.

Aber schon am folgenden Tage mußte er, wie so viele
seiner Schicksalsgenossen bemerken, daß man ihn mit jenem
wdiscrcten Lächeln, begrüßte, welches deutlich sagt: „Was sind
das für Verdienste, die da aus deinem Knopfloch ausschlugen,
als eine Pustel deines unberechtigten Ehrgeizes!"

Hm! die Menschen sind recht böse! Und der Neid lauert
überall höhnisch!

Es wird am besten sein, man legt Band und Orden
>n's Etui!

Verdammt! Wozu hat man denn aber den Orden?

Und der Wurm ist wieder lebendig geworden, und er
Cc9t sich wieder!

Wie wird man nun des erneuerten fatalen Gefühles los?

Da kam denn unser Mann auf ein sinnreiches Mittel.

Er packt mit dem ersten Lenzstrahle seine sieben Sachen
zusammen und geht auf 4 — 5 Monate unter die Touristen.

Schon auf der ersten Station nächst seiner Vaterstadt,
zieht er den — Orden aus der Westentasche und steckt ihn
in's Knopfloch, und da bleibt er die ganze Zeit seiner Reise.

Und in jedem Knopfloche seiner übrigen Röcke, Jaguets
und Jacken, ja im Knostoche der leinenen Hausblouse prangt

der Touristen. 4Z

das Ordensband, und auf seinen sämmtlichcn Gepäckstücken ist
seinem Namen in zierlicher, weithin leserlicher Schrift beigefügt:
„Ritter des X.-Ordens."

Aller Augen in den verschiedenen Landstrichen, welche er
durchzieht, bleiben an seinem Knopfloche haften, und er wundert
sich nur, wie sich all' diese Augen wieder von seinem Knopf-
loche loszureißen vermögen.

Kellner und Kellnerinnen, Packträgcr und Lohnbediente
al>er werden für die Ehrfurcht, welche unseres Reisenden Knopf-
löcher zauberhaft in ihnen erwecken, durch doppelte Trinkgelder
belohnt.

Sie verdienen es redlich, denn sie tragen wesentlich dazu
bei, unserm wunderlichen Kauze den wiedcrbclebten Lindwurm
zu überwinden.

Der Rcisezweck aber unseres Freundes ist nun klar:

Er führt seinen Orden in der Welt spazieren.

(Fortsetzung folgt)

Legislatarischc Weisheit.

Frau v. Bissig: „Wie kommt es, Herr Professor, daß
das Gesetz in allen civilisirten Staaten die Bigamie mit so
schwerer Strafe belegt?" — Professor: „Das geschieht nur
aus väterlicher Fürsorge für uns arme Männer, meine Gnädige,
denn der weise Gesetzgeber geht hierbei von der wohlbegründcteu
Ansicht ans, daß eine Frau bereits mehr als genug ist für
einen Mann.

Aus der französischen Schweiz.

(Venus und venue.)

Frl. Amelie macht einen Spaziergang und schließt die
Zimmerthüre hinter sich ab. Mittlerweile kommt die Wäscherin.
Sie findet die Thüre abgesperrt und schreibt daher, um Frl.
Amelie anznzeigcn, daß sie dagewesen, obige Worte an die Thüre.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Aus der französischen Schweiz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 57.1872, Nr. 1412, S. 43
 
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