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Wandernde

Das kleine, brave, edle Herzchen klapste dem Mädchen,
als Sepp spät am Abend nach Hause kam.

Vroni war nach aufgeblieben und als sie Sepp's Schritte
an der Thüre vernahm, griffen die kleinen Hände nach der
Geige und spielten das erlernte Stück.

Sepp war auf's Freudigste davon überrascht.

„Wer hat's Dich gelehrt?" fragte er die lachende Schwester.

„Ich selber!" antwortete nicht ohne Stolz das Mädchen.

„O Du herzige Vroni!"

„O wie thut's mir da drinnen wohl, wenn Du Dich
freust, lieber Sepp!"

Von da an unterrichtete Sepp sein Schwesterchen im
Biolinspiele.

Wie weit er es mit ihr brachte, wissen wir bereits, und
glauben es unterlassen zu können, den Leser mit auf den
Dornenweg zu führen, auf welchem Beide bis zu dem, nun
erreichten Punkt gelangten.

Sepp aber war im wahren Sinne des Wortes glücklich
über den Erfolg seiner Vroni, und diese war wieder entzückt
l>on der ungetrübten Freudigkeit, die den Bruder erfüllte, den
trefflichen Menschen, der so viele Opfer für die Seinen ge-
bracht, und so viel gelitten hatte. —

Der Einfluß, den die neue Bekanntschaft auf Vroni übte,
war dem aufmerksame» Auge ihres Bruders nicht entgangen.

Eine dunkle Wolke war damit an seinen Himmel getreten.

Er war mit den Anschauungen der aristokratischen Kreise
jener Zeit zu sehr vertraut, als daß er micht wissen sollte, daß
an eine Verbindung zwischen dem Grafen Emerich und dem
Mädchen vom Dorfe nicht zu denken sei, wenn er sich anderseits
auch sagen mußte, der Graf Emerich, dessen Neigung zu Vroni

Musikanten. 27

dieser nicht einen Augenblick verbarg, sei für seine Person der
Mann, der alle Vorurtheile bei Seite schieben möchte.

Aber die hocharistokratische Familie wird nie einwilligen
und so kann ein weiterer Umgang zwischen den beiden jungen
Leuten nur schließlich dahin führen, das Herz des schuldlosen
Mädchens zu brechen!

Diese Gedanken erschienen Sepp so wichtig, daß er eines
Tages offen darüber mit dem Grafen Emerich sprach.

Der Graf war ehrlich genug, das Unleugbare in der
Auseinandersetzung Sepp's völlig anzuerkennen.

„Sie haben Recht, geehrter Freund!" erwiderte er. „Die
Sache soll in's Klare gebracht werden. Ich will noch heute
mit meiner Mutter darüber sprechen, denn mein Vater, das
wissen Sie, hat vermöge seiner Altersschwäche keinen Einfluß.
Meine Mutter ist wohl eine, auf ihre Ahnen stolze Dame,
allein sie ist gleichzeilig mit hoher Klugheit begabt. Auf diese
rechne ich. Früher aber will ich noch die Vermittlung meines
Bruders Arthur in Anspruch nehmen, der meine Mutter zu
behandeln weiß, und den sie besonders liebt. Erringe ich die
Einwilligung meiner Mutter nicht, dann ist mein ganzes Lebens-
glück vernichtet, aber Sie haben mein Ehrenwort, nie mehr
soll die Ruhe Vronis von mir gestört werden!"

Die beiden Männer drückten einander die Hände, und
Graf Emerich verließ das Zimmer.

In diesem Augenblicke trat Vroni aus dem Nebcngemache.

Sie hatte Emerich's Stimme gehört.

„Warum ging er fort?" fragte sie forschend.

„Ein für ihn höchst wichtiges Geschäft rief ihn ab!" ant-
wortete langsam der Bruder.

Dem Mädchen kam Sepp heute so sonderbar vor.

Sie blickte ihn fast traurig an.

Sepp schloß sie in seine Arme, und wie er sein Haupt
über das ihre neigte, entfiel seinem Auge eine Thräne. —

Eine Stunde später trat Graf Arthur von Waldsee bei
seiner Mutter ein.

Die Dame, die trotz ihrer Jahre noch immer eine inter-
essante, jedenfalls imponirende Erscheinung war, galt in ihren
Kreisen und sogar bei Hofe für eine der geivandtesten Jn-
triguenknüpferinnen.

In diesem Sinne war es zu nehmen, wenn Graf Arthur,
den sein jüngerer Bruder als Fürsprecher absandte, mit Ent-
schiedenheit die Ansicht aussprach, „Mama werde in der An-
gelegenheit ganz gewiß einen vortrefflichen Ausweg zu finden
tvissen."

Was Arthur und seine hochgräfliche Mutter miteinander
sprachen, hat Niemand erfahren. Aber das hörten die Diener,
daß im Gemache, in dem sich Mutter und Sohn damals
befanden, anfangs leise, dann von Seite der Gräfin mit
Heftigkeit gesprochen, worauf das Gespräch wieder leise geführt
wurde, um mit einem lauten Gelächter von Seite der Gräfin
zu endigen, in das die heisere Stimme Arthurs einfiel.

(Fortsetzung folgt.)

4*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wandernde Musikanten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Soldat <Motiv>
Violinspiel
Mädchen <Motiv>
Violine <Motiv>
Bruder <Motiv>
Kriegsbeschädigter <Motiv>
Überraschung <Motiv>
Karikatur
Ankunft <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 58.1873, Nr. 1436, S. 27

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