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Die blauen Augen.

das Sirenenlied klimperten. Es gelang mir, unbemerkt die
Tasche abzuschneiden und nach Hamburg zu entkommen. Das
Schiff strich durch die Wellen, Fidolin! Es trug mich fort
gen Westen. Ich vergrub mich in Quebeck's übereisten Wäl-
dern. Dort mache ich in Pfadfinden, item westlichen Pioniren
und in Fabrikation von Friedenspfeifen, was mich in enge
Verbindung mit den Sioux-Indianern bringt. Davon läßt
sich übrigens noch mehr sagen. Sonntags gehe ich gewöhnlich
nach Quebeck in die Kirche.

Du weißt jetzt alles, theurer Freund, blos das eine noch
nicht, daß ich mir die kleine Aurora Erpel mit hinüber nehmen
werde; ihr Papa. . ."

Hier brach Graf Pü ohnmächtig zusammen.

6. Kapitel.

Der Darsteller des Prinzen Hamlet hatte energisch erklärt,
er wolle seine Rolle diesmal ausnahmsweise singen, weßhalb
man die Vorstellung im Opernhause gab. Aber was war er,
Ophelia, das Bilsenkraut, die Ratte und der schweigende Rest
gegen die Morgenröthe in der Loge des Banquier Erpel?!
Ja, Aurora führte ihren Namen mit Recht. Da saß sie nun,
zehn Fee'n in einer Person vereinigend. Und sie lächelte! Ach!
Und was für ein Lächeln! Dem aufmerksamen Beschauer in-
dessen wollte es dünken, als sei dieses Lächeln ein wenig ge-
zwungen und eher einem Mundwinkelkrampfe, woran das arme
Wesen vielleicht litt, zu vergleichen.

Da ... das Gespenst glitt gerade über die Bühne, er-
starb es ganz auf ihren blühenden Lippen. Und „lächle, Rorc,
lächle!" hörte man Herrn Erpels Stimme durch den todtcn-
stillen Raum erschallen.

Ein gewaltiger Schrei der Entrüstung brauste, dem Bran-
den der Wogung gleich, durch's Theater; selbst das Gespenst
stutzte; Aurora aber sank ohnmächtig ineinander. Bleich kam
Graf Pü hereingerast und achtete es wenig, das; er einen

Zacken des Kronleuchters in der Stirne hatte. In seinen

! Armen trug er das unglückliche Kind von dannen, die Rechte
ausstreckend und mit Grabesstimme rufend:

„Alle Eure Kabalen sollen scheitern an meiner Liebe!" —

Prinz Hamlet aber ging davon und sang nicht mehr.

7. Kapitel.

An Bord des Ostindienfahrers „Zwieback" lösten die
wettergebräunten Gesichter der Matrosen die Anker. Weithin
j über die Meeresfläche ertönte dabei das uralte Seemannslied: '

| „durch die Wälder, durch die Auen, zieh' ich leichten Sinn's
dahin!"

Ueber das Deck war ein Zelt ausgespannt und darunter
finden wir unsere lieben Freunde: den Pfadfinder mit Erpel
und seiner Tochter.

„Schöne Seelen finden sich zu Wasser und zu Lande."

Dieser Ausspruch Dante's wurde auch hier wieder bethätigt.
Denn Aurora Erpel und Bravo Mörder empfahlen sich, wenn
auch nur gegenseitig, als Verlobte.

Er: O mein Stern, bald müssen wir uns trennen!

Sie: Wenn das Schiff doch sachter möchte rennen!

Er: Er holt Dich in sein Wigewam — o weh!

Sie: Du raubst mich, mein Bravissimo, — Herr Jeh!

Er: Und unser Pü ist ein blamirter Mann.

Sie: O rühre, rühre nicht daran!

8. Kapitel.

Majestätisch strömt der Lorenzo durch Canada's Fluren;
mit grünen Eilanden bedeckt murmeln seine klaren Wellen den;
Meere zu. Undurchdringliche, ja gänzlich verfilzte Urwälder
dehnen sich an beiden Ufern aus. Am linken Ufer brannte
ein Lagerfeuer, welches der Pfadfinder scherzweise seine Villa
nannte. Er, sowie Aurora und Erpel kauerten daran. Diese
letzteren wünschten vielleicht heimlich, die Villa möchte in einem
comfortableren Style erbaut sein. Aurora betrachtete sich beim
unstüten Scheine der improvisirten Villa die Cabinet-Photographie
ihres Zukünftigen, des Sioux-Hauptlings, drückte verstohlen die
Hand ihres Gegenwärtigen, des Pfadfinder, und gedachte in
Wehmuth ihres Vergangenen, des Grafen Pü. Ex-Bany»ier
Erpel aber seufzte vergeblich nach frischen Bärenschiuken. —

Plötzlich ertönte das Zischen einer Schlange; der Pfad- !
finder antwortete sogleich in derselben Sprache und wie aus
dem Boden gewachsen, standen 51 furchtbare Huroncn ringsum
und ccrnirten die Villa.

Aurora stieß einen Schrei aus und eilte demjenigen zu,
der den größten Ring durch die Nase gezogen hatte und welchen
sie füglich für den Häuptling hielt.

In diesem Augenblicke stießen die Indianer ein furchtbares
Kriegsgeheul aus und zogen ihre Scalpmesser.

9. Kapitel.

„Gan — zes — Bat — tail — lon — Feu' r!!"
erklang es da mit einem Male durch den Mordscandal der
Wilden, wie es nur ein Gardelieutenant, nur Graf Pü com-
mandiren konnte, und „piff, paff!" sausten die Zündnadeln in
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die blauen Augen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Tragen
Kronleuchter
Synkope <Medizin>
Zusammenstoß <Motiv>
Graf
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 58.1873, Nr. 1440, S. 60

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