JägersAnnele von Hindelang,
balsamisch durchdrang die morgendliche liebe Gottcsluft mein
Wesen all'. Im Gehen luegt ich hinauf in den blauen Himmel
und zu den weißen Wölklein, so um des Jselers, des Jmberger-
Horns und des Hirschbergs braungüldene Zinken schwebten;
sah ich aber zuweilen durch Gebüsch in's Thal hinab, da sah
ich Hindelang, den fürstlichen Flecken, tief im Grünen, und
die glitzernde Ostrach. Und wie nun allenthalben die Morgen-
glockcn anhuben. da kniet' ich nieder auf einem Fels und lüftet'
mein Käpplein und betete für den schlimmen Gesellen, den ich
nun aussuchen mußte.
Endlich hatt' ich der Burg Zugbrücke erreicht, und da am
Thore mich der Hanns um mein Begehren fragte, so nannt'
ich ihm des Fürstbischofs Auftrag und ließ auch dem Junker
des Gnädigsten Willensmeinung anmelden. Und der Hanns
ging zum Junker, der noch schlief und. als er wach war. auch
nichts gegen meinen Besuch bei'm Balthes halt'; und nun nahm
der Hanns die Schlüssel und führte mich hinab in tiefen Thurm.
Da ließ er mir seine Leuchte, auf daß ich allein beim Balthes
bleiben könne. Der lag nun vor mir, krummgeschlossen im
Blocke, und litt arge Pein.
„Balthes!" Hub ich an, „Seine Gnaden, der Fürstbischof,
der Dein ganzes, schlimmes Leben jetzt kennt, zürnt schwer auf
Dich, und Dein Leben ist verwirkt und so gut wie schon dahin!
Aber der christliche Fürst will, daß Du noch in Dich gehest,
auf daß Deine Seele im Jenseits nit verloren sei!" — „Und
läßt mich der Baalspriester auch hängen", entgegnete mir der
trutzige Gesell', „mir liegt an meinem Leben nichts. Nach
dem Tod ist's aus und ich bin gute Tag' auf dieser Erden
nit gewöhnt. Und auch ohne mich kommt das Gericht und
die Vergeltung über die Großen und Reichen! Schau. Psäfflein,
von Mühlhausen im Thüringerlande, wo ich lebte lange Zeit
mit meiner Mutter, von dort geht durch den Bauernheiland,
den klugen Thomas Münzer, eine funkelneue Zeit für die Welt
aus! Und das Ding hält Dein Augspurger Bischof auch nit
auf! Mich kann er tobten. Ein's nur thut mir leid, daß ich
den Mann nit noch mit meiner Faust erwürgen darf, der vor
fünfundzwanzig Jahren mir das Leben gab, sich aber meiner
und meiner Mutter schämte, die doch schon Jahre lang heimlich
seine Buhlin gewesen, und der aus dem Thale von Hindelang
sie durch den Büttel treiben ließ! Die Alte verschweigt bis
jetzt mir den Mann. In der Fremd' gebar sie mich! Fluch
ihm! Ich hält' ihn schon noch 'rausgebracht. So aber muß
ich ihn leider leben lassen. Und Du, Pfarrer, scher' Dich
jetzo fort von mir! Ich Hab' nichts zu bereuen und zu beichten!"
D'rauf sagt' ich: „Wohl steig' ich noch einmal herauf vom
Ort. Du wilder Balthes. und dann zum Letztenmale: um Dein
Sterbestündlein Dir zu erleichtern! Daß alsdann ich Dich
frömmeren Sinnes fände!"_(Fortsetzung folgt.)
A u ch eine Armeelieferant in.
Offizier (zu einer Frau, die in die Kaserne will): „Wer
sind Sie?" — Frau: „Armeelieferantin." — Offizier (lächelnd):
„Was haben denn Sie geliefert?" — Frau: „Sieben Buben
als Soldaten und a' Mädl als Marketenderin."
„Ich schnitt' cs gern in alle Rinden ein." 123
Dienstmädchen: „Das gnädige Fräulein läßt um das
Lied von Schubert bitten."— Musikalienhändler: „Schubert
hat viele Lieder componirt; welches meint Ihr Fräulein denn?" —
Dienstmädchen: „Ja, das weiß ich nimmer recht — ich glaub',
daß ein Taschenmesser d'rin vorkommt."
Doppelter V o r t h e i l.
Prinzipal: „Jules, machen Sie das Gas aus und . . .
sparen Sie doch ein wenig!" — Jules: „Lassen wir's brennen,
Herr Prinzipal — beim nächsten Kunden schlag' ich 10 Pfennig'
d'rauf, und der Schaden ist wieder ausgeglichen!" — Prin-
zipal: „Will ich Ihnen sagen: Schlagen Sic die 10 Pfennig'
d'rauf und machen Sie das Gas doch zu!"
Zweierlei.
„Ich habe Dir in's Auge geschaut," sagte der Liebende, und
ist damit überglücklich; der Augenarzt sendet aber im gleichen
Falle seilte Honorarrechnung.
Gedankensplitter.
Deut Armen mangelt Vieles, dem Geizigen — Alles!
Ztvei Dinge überraschen den Ehemann am meisten, und diese
sind — Zwillinge. . _
Ein wirklich schlauer Mensch ist der, der nicht dafür gehalten
sein will. _
Nur dann entschließen wir uns, Jemand' die Wahrheit zu
sagen, wenn sie verletzend ist.
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balsamisch durchdrang die morgendliche liebe Gottcsluft mein
Wesen all'. Im Gehen luegt ich hinauf in den blauen Himmel
und zu den weißen Wölklein, so um des Jselers, des Jmberger-
Horns und des Hirschbergs braungüldene Zinken schwebten;
sah ich aber zuweilen durch Gebüsch in's Thal hinab, da sah
ich Hindelang, den fürstlichen Flecken, tief im Grünen, und
die glitzernde Ostrach. Und wie nun allenthalben die Morgen-
glockcn anhuben. da kniet' ich nieder auf einem Fels und lüftet'
mein Käpplein und betete für den schlimmen Gesellen, den ich
nun aussuchen mußte.
Endlich hatt' ich der Burg Zugbrücke erreicht, und da am
Thore mich der Hanns um mein Begehren fragte, so nannt'
ich ihm des Fürstbischofs Auftrag und ließ auch dem Junker
des Gnädigsten Willensmeinung anmelden. Und der Hanns
ging zum Junker, der noch schlief und. als er wach war. auch
nichts gegen meinen Besuch bei'm Balthes halt'; und nun nahm
der Hanns die Schlüssel und führte mich hinab in tiefen Thurm.
Da ließ er mir seine Leuchte, auf daß ich allein beim Balthes
bleiben könne. Der lag nun vor mir, krummgeschlossen im
Blocke, und litt arge Pein.
„Balthes!" Hub ich an, „Seine Gnaden, der Fürstbischof,
der Dein ganzes, schlimmes Leben jetzt kennt, zürnt schwer auf
Dich, und Dein Leben ist verwirkt und so gut wie schon dahin!
Aber der christliche Fürst will, daß Du noch in Dich gehest,
auf daß Deine Seele im Jenseits nit verloren sei!" — „Und
läßt mich der Baalspriester auch hängen", entgegnete mir der
trutzige Gesell', „mir liegt an meinem Leben nichts. Nach
dem Tod ist's aus und ich bin gute Tag' auf dieser Erden
nit gewöhnt. Und auch ohne mich kommt das Gericht und
die Vergeltung über die Großen und Reichen! Schau. Psäfflein,
von Mühlhausen im Thüringerlande, wo ich lebte lange Zeit
mit meiner Mutter, von dort geht durch den Bauernheiland,
den klugen Thomas Münzer, eine funkelneue Zeit für die Welt
aus! Und das Ding hält Dein Augspurger Bischof auch nit
auf! Mich kann er tobten. Ein's nur thut mir leid, daß ich
den Mann nit noch mit meiner Faust erwürgen darf, der vor
fünfundzwanzig Jahren mir das Leben gab, sich aber meiner
und meiner Mutter schämte, die doch schon Jahre lang heimlich
seine Buhlin gewesen, und der aus dem Thale von Hindelang
sie durch den Büttel treiben ließ! Die Alte verschweigt bis
jetzt mir den Mann. In der Fremd' gebar sie mich! Fluch
ihm! Ich hält' ihn schon noch 'rausgebracht. So aber muß
ich ihn leider leben lassen. Und Du, Pfarrer, scher' Dich
jetzo fort von mir! Ich Hab' nichts zu bereuen und zu beichten!"
D'rauf sagt' ich: „Wohl steig' ich noch einmal herauf vom
Ort. Du wilder Balthes. und dann zum Letztenmale: um Dein
Sterbestündlein Dir zu erleichtern! Daß alsdann ich Dich
frömmeren Sinnes fände!"_(Fortsetzung folgt.)
A u ch eine Armeelieferant in.
Offizier (zu einer Frau, die in die Kaserne will): „Wer
sind Sie?" — Frau: „Armeelieferantin." — Offizier (lächelnd):
„Was haben denn Sie geliefert?" — Frau: „Sieben Buben
als Soldaten und a' Mädl als Marketenderin."
„Ich schnitt' cs gern in alle Rinden ein." 123
Dienstmädchen: „Das gnädige Fräulein läßt um das
Lied von Schubert bitten."— Musikalienhändler: „Schubert
hat viele Lieder componirt; welches meint Ihr Fräulein denn?" —
Dienstmädchen: „Ja, das weiß ich nimmer recht — ich glaub',
daß ein Taschenmesser d'rin vorkommt."
Doppelter V o r t h e i l.
Prinzipal: „Jules, machen Sie das Gas aus und . . .
sparen Sie doch ein wenig!" — Jules: „Lassen wir's brennen,
Herr Prinzipal — beim nächsten Kunden schlag' ich 10 Pfennig'
d'rauf, und der Schaden ist wieder ausgeglichen!" — Prin-
zipal: „Will ich Ihnen sagen: Schlagen Sic die 10 Pfennig'
d'rauf und machen Sie das Gas doch zu!"
Zweierlei.
„Ich habe Dir in's Auge geschaut," sagte der Liebende, und
ist damit überglücklich; der Augenarzt sendet aber im gleichen
Falle seilte Honorarrechnung.
Gedankensplitter.
Deut Armen mangelt Vieles, dem Geizigen — Alles!
Ztvei Dinge überraschen den Ehemann am meisten, und diese
sind — Zwillinge. . _
Ein wirklich schlauer Mensch ist der, der nicht dafür gehalten
sein will. _
Nur dann entschließen wir uns, Jemand' die Wahrheit zu
sagen, wenn sie verletzend ist.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Doppelter Vortheil"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1883
Entstehungsdatum (normiert)
1878 - 1888
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 79.1883, Nr. 1995, S. 123
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg