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j Schlafrock, lange Pfeife re. zu erquicken, hatte er keinen Dank.
Natürlich war Frau Annette im höchsten Grade erstaunt über
die Stimmung des Herrn Gemahls, schrieb dies jedoch der
schlechten Jagd zu — sie hatte ihn ja ohne Beute kommen
! sehen — und beunruhigte sich nicht weiter dariiber.

Nicht anders ging es mit Lehmann. Achtlos warf er den
i armen Lampe in die Ecke, aß nichts und vertrieb sich
den ganzen Abend damit, daß er dicke Rauchwolken vor sich
hinblies und Worte dazu murmelte, welche sich anhörten wie:
„Alter Streithans, Grobian, Kameel" und was es dergleichen
»och für Schmeicheleien giebt. Auch seine Familie war er-
staunt über die schlechte Laune des Hausherrn; besonders aber
hatten die armen Dienstboten von jetzt an viel zu leiden —
hauptsächlich der alte Kutscher Heinrich. Nichts konnte er mehr
recht machen. Bald waren die Pferde schlecht geschirrt, bald
war der Wagen nicht geschmiert, bald fehlte dies und jenes,
und Titel wie Esel und alter Schasskopf regnete es den ganzen
Tag. Heinrich biß die Zähne zusammen und schwur hoch und
lheuer, sich bei der ersten Gelegenheit zu revanchiren.

War Lehmann zu Haus ein wahrer Tyrann, so war es
Körten nicht niinder. Zunächst erzählte er seiner Frau die
Gemeinheit Lehmann's und schloß seinen Vortrag mit dem ernst-
- lichen Verbot, dessen Familie ferner zu besuchen. Lehmann
rcvanchirte sich natürlich durch einen gleichen Hausbcfehl. Es
war also Alles aus! Langjährige Freundschaft, Zuneigung und
Familienglück waren dahin und dies wegen eines armseligen
Hasen, welcher auf dem Markte nicht mehr als 2 JL 50
kostete! Aber nein! Alles war doch nicht aus. Der kleine
; Franz und Annchen vergaßen ihre Freundschaft nicht; sie trafen
] sich mitunter heimlich an der Hecke von Körtens Garten,

! und verachteten in ihrem jugendlichen Leichtsinn das strenge
väterliche Gebot. Und wollte Annchen ja einmal ansangen zu
j weinen, so stillte ein von Franz für dergleichen Nervenschwächen
seiner jugendlichen Geliebten stets in Bereitschaft gehaltenes Stück
Kuchen sofort die Thränen. Jahre lang ging es so weiter
und die Alten lebten sich förmlich in ihren Haß hinein.

Franz und Anna waren indessen herangewachsen und bewahrten
ihre Zuneigung, trotz der Alten. Als Erstcrer zur Hochschule
abreijen sollte, stand sein Herz mehr als je in Flammen und
beide Liebende trennten sich, da sie keine Ausnahme von der
Regel machen wollten, unter dem Schwure der unverbrüchlichen

> Treue. Die Väter hatten hiervon natürlich keine Ahnung, und

> glaubten, daß ihre Kinder am Familicnhaß redlich theilnähmen.
Und das geheimnißvolle Dunkel wäre wohl noch lange unerhellt
geblieben, wenn es nicht durch die Unachtsamkeit des alten
Kutschers Körtens, Johann, gelüftet worden wäre. Dieser war
unverhofft hinter das Treiben des jungen Herrn Franz und
des gnädigen Fräuleins gekommen, hatte jedoch Einsehen mit
demselben und versprach nicht nur zu schweigen, sondern auch
ihnen treulich beizustehen, denn er und sein alter Freund und
College Heinrich waren höchst ungehalten über den Zwist, und

: nahmen keineswegs daran Theil. Daß aus Franz und Anna
! ein Paar werden müsse, stand bei den treuen Seelen bombenfest.

Die Ferienzeit kam heran und Franz eilte mit der Freude

des Wiedersehens im Herzen nach Hause; eben so groß war l
natürlich die Freude aus der andern Seite, und so saß das
Pärchen an einem schönen Morgen in der Laube von Körtens j
Garten, während Johann aus Posten stand, uni zum Rückzug |
nicht zu blasen, sondern zu pfeifen, wenn der Feind in Gestalt !
des gestrengen Papa's erscheinen sollte. Das war alles recht
nett arrangirt und es ließ sich gegen diese Vorsichtsmaßregel
nichts einwenden. Allein wie dies nun einmal ist, alte Leute
sind auch einmal jung gewesen und.freuen sich, wenn sie die
Jugend in ihrem Treiben
belausche» können. Und
leider fand Johann an
letzterem so viel Gefallen,
daß er ganz und gar
seinen Dienst
vernachlässigte; so kam
denn das Unerwartete,
daß Papa Körtens vor
Zorn funkelnder Kopf
plötzlich hinter dem Pär-
chen austauchte, welches
natürlich' sofort auscin-
andcrflog.

Ein wüthender Blick
und eine vielsagende Ge-
berde, welche unmöglich
als Einladung gelten konnte, bewirkte die schleunige Ent-
fernung des jungen Herrn, der jedoch nicht umhin konnte,
seinem Annchen die Aufforderung, ihm treu zu bleiben, zuzurusen,
welche aber nicht vom Annchen selbst, sondern vom Alten dahin
beantwortet wurde, daß er sich ja nicht noch einmal unterstehe»
solle, seinen Grund und Boden zu betreten, widrigenfalls er
von seinem Hausrccht Gebrauch machen würde.

(Schluß folgt.)

Der entsprungene Jaguar.

Ein Jaguar per Eisenbahn
Kam in der großen Seestadt an.

Der hatte sich — wer hätt's gedacht —
Aus seinem Käfig losgemacht.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Rache der Leibkutscher" "Der entsprungene Jaguar"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Zajaczkowski, Theodor
Nagel, Ludwig von
Entstehungsdatum
um 1884
Entstehungsdatum (normiert)
1879 - 1889
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 80.1884, Nr. 2019, S. 106

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