Man muß sich zu helfen wissen.
3.
Aus der Jnstructionsstunde.
Unteroffizier: . Das Gewehr ist die Braut des Soldaten . • . damit will ich aber
nicht gesagt haben, daß Ihr es schlecht behandeln dürft!"
Der Professor Sanftmeier
|j||ur scheu wagt sich mein Lied an dich,
du Haus,
D'rin meine Parzen mir den Faden
spinnen!
Wie ein cement'ner Goliath siehst du aus,
an die Miethskaserne.
Mit Stuck beharnischt bis zu deinen Zinnen!
So schau'st du herzlos in die Welt hinaus,
Von Außen stolz, doch schauerlich
von Innen,
Umtost von Droschkenrasseln, Hufesschlagen
Der Professor re. 191
Und dem Geröll der ems'gen Tramwaywagen.
Vier Stock hoch hat dein Künstler dich
ersonnen,
Aus vierzig Fenstern blickst du in die
Welt,
Parterre, in Läden, Pracht- und glanz-
umsponnen,
Ist viel moderner Schund zur Schau gestellt;
Ein enger Schlitz, den Läden abge-
wonnen
(Denn Flur und Hausthür bringt dem
Wirth kein Geld),
Läßt aus und ein die vielerlei Gestalten,
Die hier als Miethsnomaden häuslich
schalten. —
Zwei Treppen hoch, gleich Tugendpfaden
schmal,
Glänzt mir zur Zeit der Altar der Penaten;
Hier wälz' ich mein gelehrtes Material,
Doch das Studiren will oft nicht gerathen,
Denn über mir mit stampfendem Pedal
Spielt Baurath's tapf're Knabenschaar
Soldaten,
Mein Nachbar links übt dazu Violine
Und unter mir singt Doktors Clementine.
Wird's gar zu laut, so lenk' ich wohl die
Schritte
Nach hinten in mein still'res Kämmerlein,
Das mit dem Fensterpaar nach alter Sitte
Verstohlen in den Hofranm lugt hinein;
Doch leider stehen oft in dessen Mitte,
Teppiche klopfend, rüst'ge Mägdelein,
Und jeder Schlag von den geschwung'nen
Rohren
Schallt resonanzverstärkt mir in die Ohren!
Denn rings umbaut, vier Stock tief eingekeilt,
Liegt eng und schluchtig dieses Hof's Gevierte;
Nie hat der freche Phöbus hier geweilt
Und Luna nie die Schläfer hier genirte.
Von ihren Sommersprossen war geheilt
Die Nähterin, seit sie sich herquartierte,
Denn was hier wohnt, Flickschneider, Wasch-
frau, Schuster,
Umwebt ein ew'ges, märchenhaftes Duster!
— Und doch — ich bleibe dein, du
braves Haus!
Was hätt' ich bei 'nem Tausche zu ge-
winnen ?
Denn zög' ich vorschnell aus der Scylla
aus,
Ich dürfte der Ch arybdis nicht entrinnen.
Auch hüt' ich mich — ha, mich erfaßt ein
Graus! —
Zu deinem Preis dies Lied noch fortzu-
spinnen,
Weil sonst mein Haus wirth — und da
hilft kein Weigern ■—
Mich wied'rum in der Miethe würde
steigern!
_ Hquem
22*
3.
Aus der Jnstructionsstunde.
Unteroffizier: . Das Gewehr ist die Braut des Soldaten . • . damit will ich aber
nicht gesagt haben, daß Ihr es schlecht behandeln dürft!"
Der Professor Sanftmeier
|j||ur scheu wagt sich mein Lied an dich,
du Haus,
D'rin meine Parzen mir den Faden
spinnen!
Wie ein cement'ner Goliath siehst du aus,
an die Miethskaserne.
Mit Stuck beharnischt bis zu deinen Zinnen!
So schau'st du herzlos in die Welt hinaus,
Von Außen stolz, doch schauerlich
von Innen,
Umtost von Droschkenrasseln, Hufesschlagen
Der Professor re. 191
Und dem Geröll der ems'gen Tramwaywagen.
Vier Stock hoch hat dein Künstler dich
ersonnen,
Aus vierzig Fenstern blickst du in die
Welt,
Parterre, in Läden, Pracht- und glanz-
umsponnen,
Ist viel moderner Schund zur Schau gestellt;
Ein enger Schlitz, den Läden abge-
wonnen
(Denn Flur und Hausthür bringt dem
Wirth kein Geld),
Läßt aus und ein die vielerlei Gestalten,
Die hier als Miethsnomaden häuslich
schalten. —
Zwei Treppen hoch, gleich Tugendpfaden
schmal,
Glänzt mir zur Zeit der Altar der Penaten;
Hier wälz' ich mein gelehrtes Material,
Doch das Studiren will oft nicht gerathen,
Denn über mir mit stampfendem Pedal
Spielt Baurath's tapf're Knabenschaar
Soldaten,
Mein Nachbar links übt dazu Violine
Und unter mir singt Doktors Clementine.
Wird's gar zu laut, so lenk' ich wohl die
Schritte
Nach hinten in mein still'res Kämmerlein,
Das mit dem Fensterpaar nach alter Sitte
Verstohlen in den Hofranm lugt hinein;
Doch leider stehen oft in dessen Mitte,
Teppiche klopfend, rüst'ge Mägdelein,
Und jeder Schlag von den geschwung'nen
Rohren
Schallt resonanzverstärkt mir in die Ohren!
Denn rings umbaut, vier Stock tief eingekeilt,
Liegt eng und schluchtig dieses Hof's Gevierte;
Nie hat der freche Phöbus hier geweilt
Und Luna nie die Schläfer hier genirte.
Von ihren Sommersprossen war geheilt
Die Nähterin, seit sie sich herquartierte,
Denn was hier wohnt, Flickschneider, Wasch-
frau, Schuster,
Umwebt ein ew'ges, märchenhaftes Duster!
— Und doch — ich bleibe dein, du
braves Haus!
Was hätt' ich bei 'nem Tausche zu ge-
winnen ?
Denn zög' ich vorschnell aus der Scylla
aus,
Ich dürfte der Ch arybdis nicht entrinnen.
Auch hüt' ich mich — ha, mich erfaßt ein
Graus! —
Zu deinem Preis dies Lied noch fortzu-
spinnen,
Weil sonst mein Haus wirth — und da
hilft kein Weigern ■—
Mich wied'rum in der Miethe würde
steigern!
_ Hquem
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Man muß sich zu helfen wissen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 92.1890, Nr. 2340, S. 191
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg