10
rennt schon der Kotz' nach, die ihn ans dem Reindl g'stohlen
hat!" _
Unbedacht.
fn dem schattigen Parke herrschte idyllische Ruhe — durch nichts
unterbrochen als die leisen Tritte des lustwandelnden Pärchens,
das Hand in Hand den kiesigen Weg durchschritt.
Franz sprach von Liebe und Luise hörte aufmerksam auf das,
was Franz sprach. Sie hörte es mit Entzücken, wie er in wonnigster
Ekstase das Glück der süßen Liebe schilderte, wie er seines eigenen
Empfindens gedachte und der Ton seiner Stimme dabei einen
eigenartigen Schmelz erlangte. Sie sah ihm dann nur treuherzig
in die Augen, und ihr unschuldiger Blick schien zu fragen: Gilt
das mir?
Er verstand diese Augensprache und beantwortete deren Frage
auch sofort: „Sie wissen es ja recht gut, Luise, daß ich Ihr Bild
ganz und gar in meinem Herzen ausgenommen; Sie wissen es ja,
wie sehr ich beglückt bin, wenn mich Ihre Augen eines Blickes
würdigen, wie unaussprechlich lieb ich Sie habe. Ich sagte Ihnen
das schon öfter, und doch sind Sie so kalt, so zurückhaltend ..
warum?"
„Weil Sie letzthin schlimm waren", sagte Luise und erröthete.
„Schlimm, Ich?"
„Natürlich Sie. Wie kamen Sie auch auf den abscheulichen
Gedanken, einen Kuß zu verlangen?"
„Verzeihen Sie, Luise, es war ja gar nicht anders möglich;
■ auch jetzt bin ich in die Zwangslage versetzt, einen Kuß zu verlangen.
Gewähren Sie mir diesmal meine inständige Bitte — ich werde Ihnen
ewig dankbar sein!"
Der Mond war gerade im Aufgange und sein fahles Licht
zeigte Louise nur um so blässer, wie sie es in dem Momente war.
Zögernd blieb sie einige Sekunden stehen, ehe sie es wagte, durch
den von wilden Weinreben umzogenen, künstlich gedeckten Laubgang
zu schreiten. Franz forschte in Luisens Gesichtszügen und fand,
daß darin weder Groll noch Unmuth, sondern schalkhafte Neckerei
verborgen. Das ermuthigte ihn, seine Bitte zu wiederholen.
„Gut", sagte sie. „Ich gewähre Ihnen einen Kuß, jedoch nur
unter einer Bedingung."
„Nennen Sie mir dieselbe, theure Luise, im Vorhinein unterwerfe
Unbedacht.
ich mich derselben, und wäre es auch das Herbste, was Sie von
mir verlangen!"
„O, so arg ist meine Bedingung nicht", lächelte Luise. „Ver-
sprechen Sie mir mit Ihrem Mannesworte, niemals wieder von
mir einen Kuß zu begehren."
„Ich verspreche es Ihnen", sagte Franz unbedachtsamerweise.
Luise schwieg und rümpfte das Näschen. Aergerlich stampfte
sie nach einigem Nachdenken mit dem Füßchen und sagte: „Jetzt
kriegen Sie erst recht keinen Kuß!"
Adolf Half-K.
Poeteu-Leid und -Trost.
Es ist der Erlöser Loos auf Erden,
Von den Erlösten gekreuzigt zu werden!
Erst mit Füßen getreten und dann überschätzt.
So wird das Genie ein Narr zuletzt!
Wer sich nicht täglich mehr entfaltet,
Der veraltet!
Wir können nicht zu unserm Heil
Paschen und Gold erhaschen!
Apoll hat Sonne, Leier und Pfeil,
Aber keine — Taschen!
fi. «Seifer.
Im Dorfwirthshaus.
Gast: „Wann kommt denn einmal mein Kalbsbraten?"
Kellnerin: „Gleich wird er da sein. Der Hausknecht
rennt schon der Kotz' nach, die ihn ans dem Reindl g'stohlen
hat!" _
Unbedacht.
fn dem schattigen Parke herrschte idyllische Ruhe — durch nichts
unterbrochen als die leisen Tritte des lustwandelnden Pärchens,
das Hand in Hand den kiesigen Weg durchschritt.
Franz sprach von Liebe und Luise hörte aufmerksam auf das,
was Franz sprach. Sie hörte es mit Entzücken, wie er in wonnigster
Ekstase das Glück der süßen Liebe schilderte, wie er seines eigenen
Empfindens gedachte und der Ton seiner Stimme dabei einen
eigenartigen Schmelz erlangte. Sie sah ihm dann nur treuherzig
in die Augen, und ihr unschuldiger Blick schien zu fragen: Gilt
das mir?
Er verstand diese Augensprache und beantwortete deren Frage
auch sofort: „Sie wissen es ja recht gut, Luise, daß ich Ihr Bild
ganz und gar in meinem Herzen ausgenommen; Sie wissen es ja,
wie sehr ich beglückt bin, wenn mich Ihre Augen eines Blickes
würdigen, wie unaussprechlich lieb ich Sie habe. Ich sagte Ihnen
das schon öfter, und doch sind Sie so kalt, so zurückhaltend ..
warum?"
„Weil Sie letzthin schlimm waren", sagte Luise und erröthete.
„Schlimm, Ich?"
„Natürlich Sie. Wie kamen Sie auch auf den abscheulichen
Gedanken, einen Kuß zu verlangen?"
„Verzeihen Sie, Luise, es war ja gar nicht anders möglich;
■ auch jetzt bin ich in die Zwangslage versetzt, einen Kuß zu verlangen.
Gewähren Sie mir diesmal meine inständige Bitte — ich werde Ihnen
ewig dankbar sein!"
Der Mond war gerade im Aufgange und sein fahles Licht
zeigte Louise nur um so blässer, wie sie es in dem Momente war.
Zögernd blieb sie einige Sekunden stehen, ehe sie es wagte, durch
den von wilden Weinreben umzogenen, künstlich gedeckten Laubgang
zu schreiten. Franz forschte in Luisens Gesichtszügen und fand,
daß darin weder Groll noch Unmuth, sondern schalkhafte Neckerei
verborgen. Das ermuthigte ihn, seine Bitte zu wiederholen.
„Gut", sagte sie. „Ich gewähre Ihnen einen Kuß, jedoch nur
unter einer Bedingung."
„Nennen Sie mir dieselbe, theure Luise, im Vorhinein unterwerfe
Unbedacht.
ich mich derselben, und wäre es auch das Herbste, was Sie von
mir verlangen!"
„O, so arg ist meine Bedingung nicht", lächelte Luise. „Ver-
sprechen Sie mir mit Ihrem Mannesworte, niemals wieder von
mir einen Kuß zu begehren."
„Ich verspreche es Ihnen", sagte Franz unbedachtsamerweise.
Luise schwieg und rümpfte das Näschen. Aergerlich stampfte
sie nach einigem Nachdenken mit dem Füßchen und sagte: „Jetzt
kriegen Sie erst recht keinen Kuß!"
Adolf Half-K.
Poeteu-Leid und -Trost.
Es ist der Erlöser Loos auf Erden,
Von den Erlösten gekreuzigt zu werden!
Erst mit Füßen getreten und dann überschätzt.
So wird das Genie ein Narr zuletzt!
Wer sich nicht täglich mehr entfaltet,
Der veraltet!
Wir können nicht zu unserm Heil
Paschen und Gold erhaschen!
Apoll hat Sonne, Leier und Pfeil,
Aber keine — Taschen!
fi. «Seifer.
Im Dorfwirthshaus.
Gast: „Wann kommt denn einmal mein Kalbsbraten?"
Kellnerin: „Gleich wird er da sein. Der Hausknecht
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Im Dorfwirthshaus" "Unbedacht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 95.1891, Nr. 2397, S. 10
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg