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Lakonisch.
Herr: „Entschuldigen Sie, ist der Stuhl hier besetzt?" — Gast (ans seine Frau zeigend): „Und wie!!"
in armer Dichter, den das Glück und die Verleger
mieden, befand sich unlängst auf der Wanderschaft
nach der nächsten Kreishauptstadt, wo ihm eine Stelle
als Schreiber versprochen war. Er hatte seine geringen
bereits vollständig aufgebraucht, als er am dritten Tage spät
Abends ein freundliches Dörfchen erreichte. Der Gastwirth zum
„goldenen Löwen" dort, ein mürrischer und geiziger Mann, wies
aber deni Poeten auf besten fadenscheiniges Aussehen hin sofort
die Thüre und rief demselben, als er betrübt abzog, noch höhnisch
zu: „Uebernachten Sie da oben in der Burgruine! . . Es spukt
zwar ein Geist dort, aber wenn der Sie erblickt, reißt er doch
gleich aus, um nicht von Ihnen angepumpt zu werden!"
Der Dichter befand sich bereits in jener melancholischen Stimm-
ung, die allgemeine Gleichgültigkeit erzeugt, und stieg daher ohne
Säumen zu der Ruine empor, in deren Gemäuer er sich auf einem
moosbedeckten Trümmerhaufen ein Lager zurecht machte. Der Mond
! lugte von oben herein, die würzige Nachtluft strich frei durch die
Fensterhöhlen und der von Weg und Hunger müde Poet sank rasch
in tiefen Schlummer.
Da kam ihm ein Traum, als sei die Burg noch ganz und
schön: Im weiten Saale öffneten sich die Flügelthüren und herein
schritten im prächtigen Zuge stattliche Recken und edle Frauen,
blühende Pagen und liebliche Mädchen mit leuchtenden Auge»; die
schönste von den Jungfrauen aber nahte sich dem Dichter, neigte
ihren Mund an sein Ohr und lispelte mit sanfter Stimme: „Ich
liebe Dich!" Da plötzlich pumperte es furchtbar; der Burggeist
stieg aus der Gruft herauf mitten unter die Versanimlung hinein
und schrie genau mit der Stimme des Löwenwirths: „Aber so laß
doch den schäbigen Kerl stehen!"
Hievon erwachte der Dichter. Voll Zorn über die Art und
Weise, wie er aus dem schönen Traume gerissen worden war, sprang
er auf und rief ohne Ueberlegung mit heftiger Stimme: „Elender
Lakonisch.
Herr: „Entschuldigen Sie, ist der Stuhl hier besetzt?" — Gast (ans seine Frau zeigend): „Und wie!!"
in armer Dichter, den das Glück und die Verleger
mieden, befand sich unlängst auf der Wanderschaft
nach der nächsten Kreishauptstadt, wo ihm eine Stelle
als Schreiber versprochen war. Er hatte seine geringen
bereits vollständig aufgebraucht, als er am dritten Tage spät
Abends ein freundliches Dörfchen erreichte. Der Gastwirth zum
„goldenen Löwen" dort, ein mürrischer und geiziger Mann, wies
aber deni Poeten auf besten fadenscheiniges Aussehen hin sofort
die Thüre und rief demselben, als er betrübt abzog, noch höhnisch
zu: „Uebernachten Sie da oben in der Burgruine! . . Es spukt
zwar ein Geist dort, aber wenn der Sie erblickt, reißt er doch
gleich aus, um nicht von Ihnen angepumpt zu werden!"
Der Dichter befand sich bereits in jener melancholischen Stimm-
ung, die allgemeine Gleichgültigkeit erzeugt, und stieg daher ohne
Säumen zu der Ruine empor, in deren Gemäuer er sich auf einem
moosbedeckten Trümmerhaufen ein Lager zurecht machte. Der Mond
! lugte von oben herein, die würzige Nachtluft strich frei durch die
Fensterhöhlen und der von Weg und Hunger müde Poet sank rasch
in tiefen Schlummer.
Da kam ihm ein Traum, als sei die Burg noch ganz und
schön: Im weiten Saale öffneten sich die Flügelthüren und herein
schritten im prächtigen Zuge stattliche Recken und edle Frauen,
blühende Pagen und liebliche Mädchen mit leuchtenden Auge»; die
schönste von den Jungfrauen aber nahte sich dem Dichter, neigte
ihren Mund an sein Ohr und lispelte mit sanfter Stimme: „Ich
liebe Dich!" Da plötzlich pumperte es furchtbar; der Burggeist
stieg aus der Gruft herauf mitten unter die Versanimlung hinein
und schrie genau mit der Stimme des Löwenwirths: „Aber so laß
doch den schäbigen Kerl stehen!"
Hievon erwachte der Dichter. Voll Zorn über die Art und
Weise, wie er aus dem schönen Traume gerissen worden war, sprang
er auf und rief ohne Ueberlegung mit heftiger Stimme: „Elender
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lakonisch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1892
Entstehungsdatum (normiert)
1887 - 1897
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 97.1892, Nr. 2468, S. 177
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg