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Die Gartenkunst — 13.1911

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Wirtschaft und Kunst in der Gartenkultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0113

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XIII, o

DIE GARTENKUNST.

105

Münchener Frühjahrsblumenausstellung 1911. Blick in die Abteilung der Firma Joh. Schmitz (Hammelbacher), München.

Wirtschaft und Kunst in der Gartenkultur.

Welches sind die natürlichen, notwen-
digen Aufgaben und Ziele des zeitgenös-
sischen Gartenbaus? Diese Frage bewegt heute
die gesamte Gärtnerwelt, beherrscht die Gartenschaf-
fenden in ihr vollkommen und zieht selbst einen immer
größeren Kreis der Laienwelt in ihren Bann. Deshalb
kommt auf ihre richtige Beantwortung alles an. Des-
halb auch der Kampf und Streit. Hierbei habe ich
meinen Standpunkt des öfteren und an verschiedenen
Stellen präzisiert. Er sei hier noch einmal kurz vor-
weggenommen :

Die kulturelle Bestimmung der heutigen Garten-
kunst ist nach meiner Uberzeugung nur auf dem Unter-
grund eines naiven sachlichen Denkens und räumlichen
Fühlens vollkommen auslösbar. Gleichwie in jeder der
großen völkergeschichtlich durchgreifenden Perioden,
ist dieses grundlegende Prinzip auf alle Verwirk-
lichungen, kleinste und größte, bescheidene und reiche,
persönliche und gemeinschaftliche anzuwenden. Was
uns und unser Gartenschaffen von diesen Zeitläuften
formal scheidet, ist bestenfalls die andersartige
Bildung der architektonischen Einzelformen
und ihre Fügung zueinander — entsprechend
unserm gesteigerten Wissen und Erkennen, unseren
neuen Lebensformen, unsern bereicherten Materialien.
Hier und in der absoluten inneren und äuße-
ren Größe der Neubildungen etwa, da liegen
die schöpferischen Möglichkeiten unserer
eigenen Gartenkultur!

Immerhin, auf den Sinn solcher Sätze können sich
unsere Gartenbaubeflissenen, so scheint es, noch nicht
einigen. Es existieren starke Gegensätze. Es haben
sich geistige Gruppen gebildet und bilden sich noch.
Wenn man sie überschaut, so ließen sich wohl zwei
solcher Kristallisierungen umreißen, die alle bisherigen
Anregungen aufnehmen.

Es sind da einmal diejenigen, die eine äußerliche
und gelegentliche Verbindung notwendiger Sach-
formen mit überlieferten Kunstformen kultivieren; es
sind diejenigen, die eine Durchtränkung gartenmäßiger
Bildungen mit abstraktem Wissen erstreben, und es-
gibt Leute, die vorzugsweise rhythmisch-ästhetische
Fragen, also eigentlich Ergebnisse der Intensität
der Ausübung zur inneren Konstruktion erheben wollen.
Das Gemeinsame all dieser Strömungen ist ein zeit-
fremder Individualismus, ihr Unterton die flüsternde
Romantik. Ihr Ergebnis ist irgendwann immer Pas-
sivität und schöpferische Entsagung. Ihre Sehn-
sucht ist ein Naturideal. — Davon los ringt sich
immer reiner eine bisher noch kleine Gemeinde, die Ent-
wicklung um jeden Preis, voraussetzungsloses orga-
nisches Neuschöpfen mit organischen neuen Grundlagen
auf ihr Panier geschrieben hat. Sie erstrebt Uniformität
um der Monumentalen willen. Und sie weist im Kern
auf eine Weltanschauung des verstehenden Mensch-
beherrschens aller Naturgüter, auf ein Kulturideal.

Objektiv nun soll beiden so fixierten Tendenzen
ihre Berechtigung nicht abgestritten werden — von
ihren eigenen Gesichtspunkten aus. So käme es also auf
 
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