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Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

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https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0084
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blofs den obersten Theil des ionischen Schaftes im Allgemeinen bezeichnen wollte. Indessen
giebt es doch Beyspiele, wie das Erechtheum in Athen (PI. X. 25.) und einige Fragmente bey
Piranesi (magnif. de' Rom. tab. XX.), welche zeigen, dafs der Hals auch auf die ionische Bau-
art übergieng. Wir werden hievon, so wie von der Gestaltung des dorischen Halses, das Nä-
here im neunten Abschnitte bemerken.

Achter Abschnitt.

Von den Basen.

§. 1. Die unter dem Säulenschaft von allen Seiten vorspringende Unterlage über dem
Unterbaue nennen wir Base. Dies Wort ist von den Deutschen zunächst von den Italienern
und Franzosen entlehnt, welche es wieder von dem Lateinischen des Vitruv hernahmen. Bey
diesem Schriftsteller heifst aber Basis nicht, was wir jetzt Base nennen, sondern die untere
wagerechte Fläche des Schaftes selbst, welche auf die Base zu stehen kommt. Der eigentli-
che lateinische Ausdruck für Base ist Spira. Im Deutschen braucht man auch manchmal die
Ausdrücke Säulenfufs, oder das Fufsgesimse des Schaftes, in so fern die Base nicht als ein
Theil für sich, sondern blofs als der unterste Theil der Säule betrachtet wird.

Nach Vitruv (4, 1.) und nach Plinius (36, 56.) soll man bey dem Baue des Dianatempels
zu Ephesus von der Base zuerst Gebrauch gemacht haben. In dem Sinne, dafs die ionische
Säule, wie wir im vorigen Abschnitte sagten, eine Nachbildung des schlanken Verhältnisses
der Frauengestalt sey, sollte die Base den Schuh oder die Sohle vorstellen. In den Monu-
menten der dorischen Bauart nehmen wir in der Regel keine Base wahr; und so erhält die
Sage, dafs sie erst mit der Entstehung der ionischen Ordnung eingeführt sey, eine Wahr-
scheinlichkeit mehr. Anderseits aber, da wir glauben müssen, dafs bey einem so prachtvollen
Bau, wie der Tempel der Diana von Ephesus war, bereits die vielgegliederte ionische Base
gebraucht worden sey, verliert sie wieder viel von ihrem Gewicht. Denn es liegt in dem
natürlichen Gange der Kunst, dafs sie von dem Einfachen zu dem Zusammengesetzten fort-
schreite, nicht aber, dafs letzteres dem erstem vorangehe. Auch die Monumente und Vitruv
selbst scheinen dies zu bestätigen. Denn einerseits fordert unser Autor bereits die Base für
die älteste und einfachste Ordnung, nämlich für die toskanische; und anderseits nehmen wir
gerade die Art Base, wie sie Vitruv für die toskanische Bauart vorschreibt, bereits an einem
der ältesten dorischen Monumente wahr, nämlich an dem kleinen Tempel zu Paestum.

Aber was mag der ursprüngliche Zweck der Base und die Ursache ihrer Einführung ge-
wesen seyn? Hierüber sey mir erlaubt, einiges zu bemerken.

Man denke sich einen Säulenstamm von leicht zu beschädigendem Material, entweder in
einer weichern Steinart, oder von einem in Bruchstein gemauerten Säulenschaft. Steht eine
solche Säule unmittelbar auf dem Fufsboden; so ist schwer zu vermeiden, dafs der unterste
Theil durch öfteres Anstreifen und Anstofsen nicht Schaden leide. Es war daher in der
Natur der Sache, einem solchen Uebel vorzubauen, und dem Stamme eine von allen Seiten
vorspringende Unterlage von härterm Gestein zu geben, damit dadurch das Anstofsen gleich-
sam abgeleitet würde. Auch denke man sich den Säulenstamm von Holz: hiebey ist die
Aufstellung über einem steinern Unterbau nicht hinreichend, sondern es bedarf über dem
wagerechten Fufsboden noch einer besondern erhöhten Unterlage, um Nässe und Feuchtig-
keit von dem Stamme abzuleiten, damit die Grundfläche des Holzes nicht durch frühzeiti-
ges Anfaulen schadhaft werde. Dadurch wird klar,.dafs die Base, als Abweiser oder Abieiter,
frühzeitig gebraucht worden seyn mufste, obwohl dies nicht überall und bey jeder Art von



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