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292

Aphorismen.

Der Anblick des Gelungenen stärkt uns, sey es das
Unsere oder Anderes. Es läßt uns in alles Gelingende der
Welt, Nationalökonomisches, Künstlerisches, Wissenschaft-
liches, Sittliches hineinschauen. Hinwieder schwächt das
Bild des Mißlungenen und deckt die Schattenseite der
Welt ans; — besonders wenn es sich Geltung zu ver-
schaffen weiß, so verzweifeln wir an dem guten Sinn
und Geschmack, und glauben an den Sieg der Unvernunft.

*

Lerne das Wesen des Gegensatzes recht begrei-
fen. Es ist nicht vom Gebrauch frappanter Kontraste zur
Hervorbringung eines Effekts die Rede, sondern von sei-
ner Wirkung in der Natur und in unserm Sinn und
Gemnth.

Welchen einzelnen Gegenstand wir anschanen, er sät-
tigt uns, wenn er allein und in seiner ganzen Form vor
uns steht. Wir würden ihn in seinem Wesen tiefer an-
schaucn, wenn er vor uns entstünde. Der fertige übt
gleichsam einen Schlag ans unfern äußeren Sinn aus;
der werdende würde sich unserm innern durch fort-
währenden sanften Druck cinprägen.

Daher wirkt schon der einzelne Gegenstand, wenn
ec nicht ganz oder nicht in gleicher Lichtstärke und sinn-
licher Kraft dasteht, dauernder auf uns. Hier treten
theilweise Beschattung, Verschiebung, Verhüllung günstig
ein und regen unsere stets ergänzende Imagination,
unser» innern Sinn an.

Aber noch mehr Leitung für diese Vermögen und
ihre Thätigkeit bewirkt die Zusammenstellung, Entgcgen-
stellung. Eine Buche und Tanne heben sich gegenseitig,
denn cs tritt uns das Bild der Baumart vor die Seele;
es entsteht eine Art galvanischen Prozesses in unserm
Sinne. Wir blicken von einem Baume zum andern,
von diesem wieder zu jenem, und stets ragt uns ihr
individuelles, unterschiedenes Wesen tiefer auf.

Noch mehr ist dies der Fall, wenn spezifisch ver-
schiedene Gegenstände nebeneinander gestellt werden.
Ein Baum, neben eine Hütte gestellt, ist schon ein Bild,
ja, ein genialer Künstler wüßte, durch die weiter fort-
gesetzten relativen Gegensätze in der Form und Beleuch-
tung von Stamm, Aestz'n, Zweigen, in Ausstattung der
Hütte mit mannichfalten selbst wieder contrastirten Bei-
gaben an Dach, Wänden und nächstem Hofraum, viel-
leicht ein sehr ansprechendes, meisterhaftes Bild daraus
zu machen.

Kein Wunder! — der Baum spricht das Pflanzen-,
die Hütte das Menschenleben aus. Der erwähnte gal-
vanische Prozeß geht durch diese beiden Sphären hindurch
>d beschreibt so in unserer Seele einen Lebenskreis.

Du ahnest schon, wie dieser Cyklus, der in uns bei'm
Anblick solcher ursprünglichen, irdischen Gegensätze auf-
dämmert, durch Mittelglieder anschaubarer gemacht wer-
den kann.

Die Form der Bäume ist bald mehr horizontal,
bald mehr senkrecht; ihre Farbe hebt sich wechselwirkend,
Laub- und Nadelholz deßgleichen. Der Fels hebt die
Pflanzenwelt, das Wasser den Boden, worauf die Hütte
steht, der Bergzug die Fläche, der Himmel die Erde, die
Wolke die blaue Luft, der Mensch das Thier, der Vogel
die Vierfüßer. — So haben wir schon die Landschaft.
Jedoch der Mittelglieder sind noch unendliche, und ein
sinniger Künstler führt sie in's kleinste Getheil, jedoch
so, daß die Hauptgegensätze stets durchdringen und das
Ganze nicht unter gesuchten Einzelheiten erliege.

So schließt sich das Prinzip des Gegensatzes und
seiner Vermittlung an das Hauptgrundgesetz des Schö-
nen an, daß es eine faßlich-klare Darstellung des Leben-
digen iu seiner freien Thätigkeit sep.

Denkmale r.

Mainz. Von Thorwaldfe» ist ein Schreiben an
die mit Errichtung des Guttenbergische» Denkmals beauf-
tragte Komuiisston eingctroffe» , worin er die Wollcnbung
seiner Arbeit ankündigt, welche aus dem Standbildc Gutten-
bcrgs und zwei auf seine Erfindung sich beziehenden Bas-
reliefs besteht. Er rühmt zugleich die thätige Beihülse sei-
nes talentvollen Schülers, Bissen, an. Das eine fertige
Relief stellt Gnttenberg vor, wie er de» mobilen Buch-
stabe» dem Faust zeigt, der ihm eine Tafel zum Absehen
vorhält, mit den Worte»: DIxitczuc Dens fiat lux ct facla
cst lux, mit den Charakteren der ersten Guttenbergifchen
Bibel.

St. Petersburg. In Woroncfch wird das einzige,
aus der Zeit Peters des Großen herrührende Gebäude als
Denkmal dieses Fürsten z» einem Secinvalideuhanse einge-
richtet. Dieses alte, anf einer Insel liegende Gcbäildc, in
welchem bisher allerlei zum Schiffbau nbthige Materialien
aufbewahrt wurden, führte ehedem den Namen Admiralität.
Seine ersten Schiffe baute Peter der Große hier >md be-
diente sich derselben bei der Einnahme von Assow. Dieses
Haus ist erkauft, und außer einer Kapelle , worin
lauter ans Peters dcö Großen Zeit stammende Kirchcn-
geratbe gebraucht werben sollen, wird das Zimmer alter-
thümlich hcrgerichtct, welches, der Egge nach, des Czaarcn
Kabinet war. Die Wände desselben will man mit seinem
Bildnisse, den Plane» der von ihm zur See und zu Lande
gewonnenen Schlachten und mit Porträts der berühmtesten
Männer seiner Zeit schmücke». — Ferner will man auf
bcr^ Anhöhe mitten in der Stadt Woroncfch Peter dem
Großen ei» Monument in Form eines Obelisken errichten
und mit der Zeit dasselbe mit schöne» Gebäuden umgeben,
zu welchem Zweck die jetzt daselbst stehenden kleinen Häns-
chen angckauft und niedergcriffm werden sollen. Zur Aus-
führung des großartigen Plans sollen freiwillige Beiträge
gesammelt werden.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Schorn.
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