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91.

K u n s t - Ä l a t t.

Donnerstag/ 13. November 183 4.

lieber die öffentlicljcn Santen in ^aris.

Won Eduard Eollow.

Man muß in der Thal den Eifer und die Schnellig-
keit rühmen, womit die gegenwärtige französische Negie-
rung die Vollendung der Bauwerke, welche von ihren
Vorgängern theils angefangen, theils entworfen waren,
betreibt und sich überhaupt die Verschönerung der Haupt-
stadt in baukünstlerischer Hinsicht angelegen seyn läßt.
Wenn die Oppositionsblätter in ihren Berichten auf die-
sen Gegenstand zu sprechen komme», gerathen sie in nicht
geringe Verlegenheit und wissen sich nicht anders zu
helfen, als indem sie sagen: die kaiserliche Negierung
habe diese Bauwerke schon alle beschlossen und Louis
Philippe lasse nur aus Eitelkeir viel bauen und um eine
große Anzahl Arbeiter zu beschäftigen; cs geschehe kei-
neswegs, um die Baukünstler aufzumuntcrn oder aus
Liebe für die Baukunst. Wie dem auch seyn mag, soviel
ist gewiß, daß bei der jetzt herrschenden Thätigkeit, welche
die öffentlichen Bauten fördert, die meisten der in Arbeit
stehenden Bauwerke spätestens binnen zwei Jahren been-
digt seyn und bei der Nachwelt ein gefälliges Andenken
der Regierung zurücklassen wirden, welche so viele und
große Werke in's Leben rief. Denn nichts ist mehr ge-
eignet, den dauernden Nachruhm eines Geschlechts zu
gründen, als die Ausführung öffentlicher Bau- und Kunst-
werke, welche auf dem Markt des freien Urtheils, unter
freiem Himmel und vor die Augen Aller hiugestellt,
vom Volke verstanden werden, zum Volke sprechen und
einen Maßstab für die Größe und den Reichthum der
Vergangenheit liefern. Bei allen Völkern, da wo eine
hohe Idee das Leben bewegte, ward von jeher viel ge-
baut und die übriggebliebenen Monumente der Völker,
welche der gewaltige Strom der Geschichte von dem An-
gesicht der Erde himveggespült, sind uns ein immerwäh-
rendes Andenken ihres Daseyns, und die Größe, Aus-
dehnung und Ausführung dieser Werke verkünden uns

nicht sowohl den materiellen Wohlstand, als auch die
geistige Bildungsstufe dieser Völker. Es ist ohne Zwei-
fel vorgekommen, daß manche Völker in dieser Hinsicht
mehr angefangen und unternommen, als sie vollenden
und durchführen konnten, und mitunter durch unzeirige
Ausgaben die Schätze des Staats erschöpft haben; denn
die Baulust kann ebensowohl bei einem.Volke, als bei
einem Könige zur Leidenschaft werden. Ich meine, der
Zustand der meisten Städte des heutigen Italiens, die
uns durch den Glanz und die Pracht ihrer Gebäude in
Erstaunen setzen, gebe» einen Beleg zu dieser Ansicht, da,
wie die Geschichte meldet, diese Städte mehr denn ein-
mal ihre Verschwendungen an öffentlichen Gebäuden be-
reuen mußten, weil sie in äkriegszeiten ihre Thore den
Feinden preisgegeben sahen. Ich bin indeß keineswegs
geneigt, den politischen Nützlichkeitsaposteln unserer Tage
beizupflichten, nach deren Lehre alles Geld, was nicht
für das materielle Wohl des Volks, für den Land-,
Straßen-, Canal- und Ffstungsbau verwandt wird, als
weggeworfen zu betrachten ist. Die Kunst ist nach mei-
ner Ansicht ein mächtiger Hebel der Volksbildung
und ein weithin rufender Herold des VolksruhmS.
Die Ehre eines Volks besteht nicht allein darin, daß es
mächtig und stark gegen den Feind von außen her sey;
es muß in seinem Echooße auch die Künste des Friedens
hegen und pflegen, den Sinn des Schönen bewähren und
erzielen, und dadurch die Achtung des Auslands erwer-
ben. Dann darf es sicher seyn, daß die Spuren feines
Dasepns sieb nie verlieren, daß vielmehr die Elemente
deö Schönen, welche cs sorgsam entwickelt und ausgebil-
det hat, einen wohlthätigen, langdauerndcn Einfluß auf
die Nachkommen üben werden. Die Werke der Bau-
kunst, welche zugleich die Würde mit der Schönheit in
einem vorzüglichen Grade vereinigen, sprechen dafür:
in den Zeiten des Glücks und der Größe sind sie einem
Volke Schmuck, Zierde und Freude, in den Zeiten des
Verfalls und politischen Mißgeschicks erregen sie das
Staunen der Eroberer und geben der Seele des Besiegten
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