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Donnerstag/ 20. November 18 34.

Kunstllteratur.

1) Nvri ca , das sind Nürnbcrgisch c Novcl-
lcn aus alter Zeit. Nach einer Handschrift
des sechzehnten Jahrhunderts hcransgegebcn von
August Hage». Zwei Bändchen. Breslau,
im Verlage von Josef Mar und Comp. 1829. 8.

2) Kün stlcrgeschichtcu. Die Chronik seiner

Vaterstadt vom Florentiner Lorenz
Ghiberti, dem berühmtesten Bildgießer des
fünfzehnten Jahrhunderts. Nach dem Italienischen
von August Hagen. Zwei Bändchen. Leipzig,
F. A. Brockhaus. 1835. 8.

Die älteste Kunstgeschichte der christlichen Welt ist
Novelle. Vasari hat in der Vorrede zu der zweiten
AuSgade seiner Lebensbeschreibungen nur zu deutlich selbst
es eingestanden, daß er Dichtung mit Wahrheit gemischt
habe, und daß seine Erzählung häufig Erfindung scy.
Von der strengen Kritik neuerer Forscher wird ihm bald
hier bald dort Einzelnes als unbegründet, wird ihm sogar
Ganzes, wie z. V. die Cristeuz und Persönlichkeit des
lustigen Malers Vuffalmaccv, als aus der Luft gegriffen
nachgewiesen. Aber demunerachtet ist Vasari nicht bloß
als der angenehmste Darsteller der mittleren Kunstge-
schichte angesehen, sondern es kann ihm auch das Zeug-
niß der Wahrheit nicht entstehen, zwar nicht jenes
der historischen Genauigkeit, aber dasjenige der inner»
Treue in Zeichnung des Charakters der Künstler und
ihrer Werke. Ist auch Vieles von nationalen! Vorurthell
eingegeben oder durch individuelle Meinung bedingt und
in beiderlei Hinsicht objektiv unhaltbar, so treten doch im
Durchschnitte die biographischen Schilderungen und die
artistischen Veurtheilungen mit einer Deutlichkeit, Be-
stimmtheit und Sicherheit hervor, daß wir, hinzugenom-
men den Beifall, welchen sie sich um des Inhalts wie

der Form willen in dem Vaterlande des Schriftstellers
von Anfang au erworben hatten, nicht anstehen dürfen,
ihnen im Allgemeinen mid). historische Glaubwürdigkeit,
objektive Wahrheit beizumessen. Unsere Zeit hat ver-
langt, und diesem Verlangen ist auf die genügendste
Weise durch den Herausgeber des Kunstblatts und dessen
Freunde entgegcnzukommen angcfaugcn, daß Vasari's
Werk von historischer Seite vervollständigt und berichtigt
werde. Gleichwohl aber bleibt das wesentliche Verdienst
seiner Geschichten bei allen Nachbesserungen und Ans-
stellnngen unverkümmert stehen, die lebendige Charak-
teristik der Meister und ihrer Werke, und immer auf's
Neue werden Jünger und Freunde der Knust zu den
Quellen seines Buches hingewiescn, und immer auf's
Neue schöpfen daraus, die es lesen, daS reichste Bild
des künstlerischen Lebens und Wirkens vom Wieder-
erwachen der Bildung an, und den heitersten Sinn für
das Reich des Schönen.

Wenn uns demnach auch in unseren Tagen Künstler-
Novellen dargeboten werden, nicht Romane, wie Ardin-
ghello oder Sternbald, die bloß auf allgemein zugänglichen
Geschichten beruhen oder ganz freie Erzeugnisse eines
kunstliebenden Dichtergeistes sind und dabei den Zweck
der Belehrung i» Kunstansichten und der Erweckung des
Knnstinteresses verfolgen, sondern Darstellungen, die, auf
neuentdecktc historische Quellen gestützt, den Inhalt der-
selben in einer freieren und anmuthigeren Gestalt wieder-
zugeben suchen, so ist das nichts Neues unter dem
Monde, und es fragt sich von unserm Standpunkte aus
nur, ob diese Quellen, welchen die gegebenen Darstellun-
gen sollen entnommen sepn, sich wirklich als eigenrhüm-
lich und die Kunstgeschichte bereichernd zu erkennen geben,
und ob nach denselben dem Bearbeiter es gelungen sev,
die ihm dargeboteuen historischen Momente in seiner
freien Benützung so znsammcnzufassen, daß die innere
Wahrheit der Sache, und der Personen, wie der Zeit und
deö Ortes, getroffen fep.
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