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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Dülberg, Franz: Die Ausstellung österreichischer und ungarischer Kunst im Amsterdamer Stadtmuseum
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0068

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115

Nekrologe — Personalien —

Sammlungen — Ausstellungen

116

Friese altägyptischer Totenkammern erinnern: als
Wagnis erscheint in dem Kreuzigungspanorama die
— freilich den Blick immer wieder beschäftigende —
höchst weltliche Varietevorstellung im Vordergrund.

Gegenüber der beunruhigenden Fülle dieses Künst-
lers wirkt die scharfkantige Monumentalität der »Apostel«
des eigenwilligen Egon Schiele mit ihren zackigen
Reizen, an denen man hängen bleibt; mich jeden-
falls überzeugte dieses Werk mehr als die ebenfalls
groß gedachten Mäher- und Totentanzbilder von
Egger-Lienz, an denen die gleichmäßig rostbraune
Farbe verstimmt. Vielleicht muß man Eggers neuere
Werke in dafür gebauten Räumen sehen, ganz wie
die Plastiken des ihm nicht unverwandten Metzner,
von dem eine Bauersfrau in grauem Stein und eine
Bronze zu sehen sind, durch die Trennung von der
Architektur verlieren.

Als Proben reiner und tapferer Malerei seien
Frigyes Franks in wuchtigen, tief leuchtenden Farben-
kontrasten gegebener Kopf eines alten Jägers, Cziganys
ungestraft an Piombo erinnerndes Kardinalsporträt,
Vaszarys meisterlich in den Raum gesetzter Rücken-
akt eines sich kämmenden Mädchens und Rippl-Ronais
Dame mit Hut erwähnt, die in der sicheren Auswahl
der stumpfen und doch wohltuenden Farben einem
Toulouse-Lautrec gleichkommt.

Um den Weg, den die österreichische Kunst in
den letzten Jahrzehnten zurücklegte, erkennen zu lassen,
war eine kleine aber gewählte Zahl älterer Bilder
beigefügt, die zum Teil, wie das mit delikater Frei-
heit belichtete Waldinnere von Laszlo Paal und der
breit und kräftig hingestrichene Schmiedegeselle Mun-
kacsys, der Sammlung Josef von Schulen entstammen:
Waldmüllers Häusergruppe in Sankt Wolfgang, Wald-
müllers Blick von den laub- und felsenreichen Möd-
linger Bergen, Rudolf Alts Ischl, Rudolf Alts Alser-
vorstadt mit dem aus dem Fenster schauenden jungen
Mädchen sangen hier wieder die Melodie vom alten
unzerstörbar herrlichen Wien, das mit seinem unter
kleinbürgerlicher Zierlichkeit verborgenen kostbaren
Feuer auch nach dem Kriege die Völker und Länder
Österreichs und Ungarns belebend durchwärmen wird.

NEKROLOGE
In seiner Heimatstadt Posen ist im Alter von 51 Jahren
der Bildhauer Franz Flaum gestorben. Er war ein
Schüler der Berliner und Pariser Akademie und hat lange
Jahre in Berlin gelebt.

Der Architekt Ernst Müller ist im Alter von 37
Jahren auf dem Schlachtfeld in Flandern gefallen. Müller,
der sich seit 1910 mit Richard Brodersen zu gemeinsamer
Arbeit vereinigt hatte, zählte zu unsern tüchtigsten und
hoffnungsvollsten Baukünstlern.

Bruno Eelbo, der herzoglich sächsische Baurat, ist
am 17. November in Weimar im Alter von 65 Jahren gestor-
ben. Er besuchte die Bauschule in Holzminden, wurde
ein Schüler Ludwig Bohnstedts und 1882 vom Oroßherzog
Karl Alexander als Referent für das Kunstgewerbe ins
Ministerium berufen. Dichterische Arbeiten, worunter sich
Gedichte und Dramen befinden, haben namentlich in der
letzten Zeit seine baukünstlerische Tätigkeit ganz zurück-
gedrängt.

PERSONALIEN
Der Münchener Stadtbaurat Richard Schachner wurde
als ordentlicher Professor der Baukunst an die Technische
Hochschule in München berufen.

SAMMLUNGEN
Budapest. Die Gemäldegalerie alter Meister des
Museums erwarb im Kunsthandel (Artaria in Wien) das
charakteristische Werk von Pieter Lastman: »Der Engel
mit dem jungen Tobias, der den Fisch fängt«. Dadurch
ist eine empfindliche Lücke der sonst reichhaltig vertretenen
Amsterdamer Schule in der Budapester Galerie ausgefüllt
worden. Das Bild, welches der ehemaligen Sammlung des
Direktors des Kgl. Kupferstichkabinetts in Berlin, Friedrich
Lippmann entstammt (s. den Versteigerungskatalog dieser
Sammlung von 1912), ist in der Monographie von Kurt
Freise über Pieter Lastman (Leipzig, 1911) ausführlich be-
schrieben und daselbst abgebildet. Das Bild, welches vor-
züglich erhalten ist, mißt 34,5X59 cm — und nicht 33x
48 cm, wie Freise angibt.

Das Germanische Museum hat die Originalzeich-
nungen Chodowieckis zu einem seiner berühmtesten Werke,
dem Elementarwerk Basedows, erworben.

AUSSTELLUNGEN
Frankfurt a. M. Zum 70. Geburtstag Max Lieber-
manns veranstaltete auch derhiesigeKunstverein eineAus-
stellung, die wieder einmal zeigte, wieviel von Werken
des Künstlers in hiesigem Privatbesitz enthalten ist. Be-
sonderes Interesse boten einige sonst wenig gezeigte
Werke der frühen Zeit; ein »Kartoffelfeld« von 1874, ganz
in schweren braunen Tönen gehalten, streng kompo-
niert und mit der gebückten Frau als Mittelpunkt von
herber Größe. Die »Zimmermannswerkstatt« von 1875,
weit, hoch, luftig trotz der braunen Töne und schon von
vollster Meisterschaft; eine »Dorfstraße« von 1879, fast
witzig zu nennen in dem starken Eindruck der von wenigen
kleinen Häusern eingefaßten und direkt in die Höhe
des Bildes führenden Geraden. — Eine Verkaufsausstellung
der Frankfurter Künstler ebendort zeigte eine erfreuliche
Höhe des Niveaus, verglichen mit einer nicht allzuweit
zurückliegenden Zeit. — Im November fand endlich zu-
gunsten der Nationalsammlung eine Versteigerung von
Kunstwerken aus hiesigem Privatbesitz statt; neben manchem
Hausgreuel, dessen sich die Besitzer wohl nicht allzu
schweren Herzens entledigt haben werden, enthielt sie
doch auch eine Anzahl interessanter und wertvoller Bilder
und kunstgewerblicher Stücke. Unter ersteren erregte ein
früher Böcklin: »Das Irrlicht« besonderes Interesse: in
einer mondbeleuchteten Waldlandschaft folgt ein Ritter der
geisterhaften Erscheinung eines Irrlichtes. — DieVereinig-
ung für neue Kunst trat mit einer Sonderausstellung
von Jakoba van Heemskerk an die Öffentlichkeit, deren
Bekanntschaft zu machen stark interessierte. Die Bilder
bieten ja stärkste Stilisierung der Landschaft, deren Ele-
mente rein als Symbole des Natureindrucks wirken. Man
hat die Überzeugung, vor einer kräftigen, besonders kolori-
stischen Begabung zu stehen, der man energische Be-
tätigung auf dekorativem Felde wünschen möchte. Für
Glasgemälde schiene uns ihre Art wie geschaffen. — Das
Historische Museum hat eine kleine Reformationsaus-
stellung veranstaltet; sie enthält wichtige Drucke aus der
Stadtbibliothek und aus Privatbesitz, Autographen von
Luther, Melanchthon, Ulrich von Hutten u. a. m. aus dem
Stadtarchiv, endlich neben anderem Porträts der Reforma-
toren und ihrer Zeitgenossen aus eigenem Besitz, unter
 
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