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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Bees, Nikos A.: Das zerstörte Demetriusheiligtum in Saloniki
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0119

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213 Das zerstörte Demetriusheiligtum in Saloniki

— Nekrologe — Personalien — Ausstellungen 214

schonungslos beraubt wurde. Es blieb in christlichen Hän-
den wenigstens bis zum Ja"hre 1481, um später in eine
Moschee umgewandelt zu werden unter dem Beinamen
Kassimie-Dzami. Verschwunden und verklungen sind
seitdem dort die pomphaften christlichen Wallfahrtsfeste
und Panegyrien, von denen das byzantinische und sonstige
Schrifttum des Mittelalters voll ist. Die Türken fügten zu
der Basilika ein Minaret und ließen in ihrem Turmraum
verschiedenes einbauen. Nicht selten war der Eintritt ins
Heiligtum den Christen gegen kleine Gaben zulässig. Selbst
die Türken von Saloniki und Umgebung zeigten und zeigen
noch eine besondere traditionelle Verehrung für den hl.
Demetrius. Das erklärt sich einigermaßen aus der Tat-
sache, das die Vorfahren von vielen heutigen, in ihrer
Religionsübung sehr strengen Mohammedanern in Mazedo-
nien einst vor Christus und der Madonna knieten.

Endlich kam der Tag der Wiedergabe. Am 26. Ok-
tober 1912, gerade an dem Festtage des hl. Demetrius,
zog die griechische Armee unter Führung des sieggekrön-
ten und weitsichtigen Königs Konstantin in Saloniki ein.
Bald darauf wurde das Demetriusheiligtum, das einstige
so angesehene religiöse Zentrum im ganzen Orient, nach
so vielen Jahrhunderten dem christlichen Kultus feierlich
übergeben. Dabei ist als ein rühmliches Zeugnis für den
König Konstantin anzusehen, der immer von der wärmsten
Sorge für die byzantinischen Denkmäler seines Landes be-
seelt war und sich unter anderem als Präsident der viel-
verdienten Archäologischen Oesellschaft in Athen hervor-
getan hat, daß er vorsichtige Arbeiten zur Erhaltung, Be-
festigung und wissenschaftlichen Untersuchung der wieder
eingeweihten alten Metropolitankirche befohlen hat. Möge
es energischer griechischer Denkmalspflege gelingen, von
diesem so wichtigen durch das Feuer zerstörten Monument
noch zu retten, was zu retten ist.

NEKROLOGE
Gustav Klimt. Unser Wiener Mitarbeiter, Herr Dr.
Hans Tietze, der zurzeit auf dem italienischen Kriegs-
schauplatz tätig ist, hat unter dem Eindruck der Todes-
nachricht des von tückischer Krankheit so früh dahin-
gerafften großen Künstlers einen Nachruf verfaßt, der uns
leider bei der Schwierigkeit der Verkehrsverhältnisse noch
nicht erreicht hat. Wir müssen also die für diese Nummer
angesetzte Veröffentlichung noch etwas aufschieben.

PERSONALIEN
Am 14. Februar begeht Carl von Marr seinen sech-
zigsten Geburtstag. Der Künstler kann mit Befriedigung
auf seine geleistete Arbeit zurückblicken, denn als Künstler,
Lehrer und Ausstellungsleiter sind ihm Erfolge und An-
erkennung in reichem Maße zuteil geworden. Seine leichte
Hand und eine glänzende Erfindungsgabe konnten nicht
auf großen Widerstand stoßen. Neben den großen deko-
rativen Malereien dürften wohl seine Freilichtbilder, in denen
Figuren und Landschaften in reinster Daseinsfreude zu-
sammenklingen, das beste und wertvollste Stück seiner Kunst
ausmachen. Carl von Marr wurde in Amerika geboren, hat
aber in Deutschland-studiert und sich vornehmlich unter Wilh.
von Lindenschmit gebildet. Seit 1893 gehört er selbst als
Lehrer der Münchener Akademie an und übt von dieser
Stelle aus vermöge seiner technischen Begabung einen nach-
haltigen Einfuß auf die Künstlerjugend Münchens aus.

AUSSTELLUNGEN
Leipziger Kunstverein. Ausstellung der Neuerwer-
bungen der graphischen Sammlung des Museums der
bildenden Künste (I. Abteilung). Diese erste Schau der

Erwerbungen von 1916/17 umfaßt sämtliche Zeichnungen
und die graphischen Blätter der älteren Epochen, rund
200 Blatt. Die gleichzeitig erworbenen, etwa 400 graphi-
schen Blätter der neueren Zeit und illustrierten Werke
werden in Auswahl in einer zweiten Ausstellung vor-
geführt werden. Diese stattliche Zahl von Erwerbungen
erklärt sich durch günstige Käufe und größere Schenkungen
seitens der Besitzer aus den Ausstellungen von Leipziger
Privatbesitz 1915/16 im Kunstverein. Auf diese Weise
gelang es, die Abteilung der Kunst der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, welche eine der Stärken der Leipziger
Galerie sowohl wie der graphischen Sammlung ausmacht,
noch durch Blätter größter Seltenheit und Wichtigkeit zu
ergänzen. Hervorgehoben seien vor allem eine Aktstudie
zur rechten Figur auf dem Fresko der Casa Bartholdy
»Joseph gibt sich seinen Brüdern zu erkennen« von Cor-
nelius, eine wunderbare temperamentvolle Federzeichnung
»Falkenbeize in zerklüftetem Felsental« von Carl Philipp
Fohr und eine aquarellierte bildmäßige Federzeichnung der
Weimarer Malerin Luise Seidler, die sich in einem bieder-
meierlich gotischen Zimmerchen das Haar flicht, von Georg
Kersting, ein direktes Gegenstück zu dem Ölgemälde der
Künstlerin als Stickerin in Weimar. Diesen Werken schließen
sich in Bedeutung und Schönheit fast gleichwertig an: drei
italienische Landschaftszeichnungen von Heinrich Reinhold,
wovon die eine mit bloßer Bleistifttechnik ein kraftvolles
Bild italienischer Bodenstruktur bietet, eine andere eine
nazarenisch streng stilisierte großzügige Ansicht von Amalfi.
Diesem strengen Stil von lichter Klarheit entspricht auch
eine große Federzeichnung von Franz Horny, die eine
komponierte Campagnalandschaft mit dem Blick auf Roms
Peterskuppel und bäuerliche Staffage von echter Nazarener-
würde aufweist. Von Ferdinand von Olivier geben die
drei neuerworbenen Blätter eine ganze Entwicklung aus
dem 18. Jahrhundert heraus zur nazarenisch idealen Land-
schaftszeichnung von wunderbar stiller Größe. Die frühen
Blätter beweisen aber bereits, was für malerische, roman-
tisch erregte Kompositionen temperamentvoller Strich-
führung ein genialer Künstler aus dem sentimentalen
Geist und der einförmigen Tupftechnik der Zopfstil-Zeich-
nung zu entwickeln verstanden hat. Das Bildnis der
Henriette Herz, 1820 von Julius Schnorr von Carolsfeld
für Preller in Rom gezeichnet, ist von ebenso hoher ge-
schichtlicher Bedeutung wie künstlerischer Qualität. Die
Deutschrömer Martin und Franz von Rohden sind in
mehreren Blättern, worunter eine Herodiasszene von
schwingendem Linienreiz hervorragt, in die Sammlung
übergegangen. Freilichtvorahnungen berühren uns bei Be-
trachtung der Wolkenstudie von Gustav Carus, dem Leib-
arzt der sächsischen Könige, Goethefreund und Angehörigen
des Künstlerkreises, der sich um C. D. Friedrich und Kersting
scharte. Die aquarellierte Silberstiftzeichnung zweier Kinder
im Garten von dem Leipziger Miniaturmaler Friedr. Aug.
Junge (um 1820) erinnert an Runges Treuherzigkeit und
Anmut der Gestaltung.

Wertvollen Zuwachs brachten für die nun folgende
Periode von etwa 1850 bis 1870 die großen Stiftungen der
Enkelin und Söhne der Düsseldorfer Carl Friedrich Lessing,
Clemens Bewer und Joh. Georg Meyer von Bremen von
Zeichnungen, Aquarellen und Ölstudien aus dem Nachlaß
der Künstler. Vor allem bestätigen die Blätter den kolo-
ristischen Ruhm Düsseldorfs. Interessante impressionistische
Zeichnungen, zuweilen von bildmäßiger Abrundung des
Weimarers Karl Buchholz, seien hier noch hervorgehoben.

In der modernen Abteilung herrschen die Leipziger
und Dresdener vor, letztere besonders dank den Über-
weisungen des Kgl. Ministeriums des Innern. Der kost-
bare Klingerbesitz des Museums wurde durch ein lebens-
 
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