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Personalien. — Ausstellungen
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Unter den Erwerbungen für die Skulpturensammlung
scheint mir ein schönes barockes Terrakottarelief beachtens-
wert. Es ist ein figural geziertes Weihwasserbecken, gleich
eigenartig in Idee wie Komposition, wohl eine italienische
Arbeit.
Die Abteilung der Möbel wurde durch einen wuchtigen
süddeutschen Nußholzschrank mit gedrehten Säulen, durch
einen Sekretär mit Intarsien, beides Arbeiten des 17. Jahr-
hunderts, und durch eine französische Kommode des 18.Jahr-
hunderts (Geschenk Sr. Exz. Ritter von Schöller) vermehrt.
Zwei schöne holzgeschnitzte barocke Kirchenleuchter wurden
von dem Sammler Herrn Oskar Bondy gespendet.
In die Textilsammlung wurde eine Kollektion albanesi-
scher Stickereien, Arbeiten der Volkskunst aus der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts, neu aufgenommen. Die reiche
aus dem technologischen Gewerbemuseum übernommene
Sammlung von Wiener Seidenmustern und österreichischen
Druckstoffen, die Teppiche aus der von Maria Theresia
begründeten k. k. Wollenzeug- und Teppichfabrik in Linz,
von denen ausgewählte Beispiele ausgestellt sind, hat Dreger
in einigen Abhandlungen entwicklungsgeschichtlich aufge-
reiht und fachwissenschaftlich bearbeitet.
Die importantesten Stücke der Ausstellung scheinen
mir zwei in Material und Farbe gut erhaltene gewirkte
Wandteppiche aus der päpstlichen Manufaktur in Rom.
Sie tragen die Signatur Pietro Ferlonis und sind in die
Jahre 1733 und 1734 datiert. Auf dem einen ist die Er-
schaffung der Tiere, auf dem anderen der Sündenfall nach
Raffaels Bilderbibel kopiert. Nachdem die Barberinische
Werkstatt in Verfall geraten war und der Bedarf an Ta-
pisserien in Rom durch Import aus Flandern und Frank-
reich gedeckt werden mußte, errichtete im Jahre 1710 Papst
Clemens XI. die Teppichwerkstatt in S. Michele. Die ar-
chivalischen Nachrichten, die wir über die Werkstatt be-
sitzen, sind nur zum Teil durchgearbeitet und publiziert.
(Eugene Müntz, Histoire de la tapisserie en Italie, en Alle-
magne etc. in Histoire generale de la Tapisserie. Paris
1878—1884, S. 52). Einen besonderen Aufschwung scheint
sie unter Clemens XII. (1730—1740) genommen zu haben,
also gerade in der Zeit, der die beiden Gobelins entstammen.
In den erhaltenen Inventar-Aufzeichnungen der Werkstatt
finden sich folgende Eintragungen: Im Jahre 1733 schenkte
der Papst dem Herzog Giulio Visconti, Vize-König von
Sizilien, vier Teppiche mit Darstellungen der Evangelisten
nach Guido Reni. Im Mai 1734 erwähnt das Inventar eine
Tapisserie mit Figuren in einer Landschaft, eine mit der
Bekehrung des Paulus, eine mit dem heiligen Martin und
eine Serie mit Geschichten aus dem alten Testament. Im
Hinblick auf den schwierigen und komplizierten Prozeß der
Bildteppich-Erzeugung, der es mit sich brachte, daß auch in
einer großen und bedeutenden Werkstatt im Verlauf eines
Jahres nur eine kleine Zahl von Werken fertiggestellt werden
konnte, erscheint die Beziehung der zitierten Inventar-Notiz
auf unsere — wahrscheinlich einer größeren Serie mit Szenen
aus dem alten Testament angehörenden — Werke durchaus
begründet. Arbeiten Pietro Ferlonis sind außerhalb Italiens
äußerst selten und es ist mit Freude zu begrüßen, daß die
Sammlung des österreichischen Museums um diese hervor-
ragenden Stücke bereichert wurde. k.
PERSONALIEN
Privatdozent Dr. Wilhelm Worringer-Bonn, z. Zt. im
Felde, erhielt einen Lehr-Auftrag für die Universität Dorpat.
AUSSTELLUNGEN
Bielefeld. In der Handwerker-und Kunstgewerbe-
schule am Sparenberge findet zurzeit eine sehr beach-
tenswerte große Kunstausstellung statt, die über 300 Werke
der Malerei, Graphik und Plastik umfaßt. Etwa die Hälfte
der ausgestellten Arbeiten entfällt auf die Mitglieder der
Künstlervereinigung Dresden, die zur Beteiligung aufge-
fordert wurde, die übrigen Werke verteilen sich auf in
Bielefeld ansässige oder geborene Künstler. Von den
Dresdenern sind in erster Linie Ludwig von Hofmann
sowie der als Lehrer so stark anregende, als Maler so
tüchtige Otto Gußmann zu nennen, dessen vereinfachte,
großgesehene Bildnisköpfe zu den besten Arbeiten der
Ausstellung gehören. Daneben sind Maler von dem Ernst
eines Hans Nadler, von dem Temperament eines Paul
Rösler zu beachten, zu denen sich mit ihren glänzenden
Impressionen Sterl und Feldbauer gesellen. Oskar Klemens
Schanze zeigt kultivierte Stilleben, Erich Buchwald-Zinn-
wald eine Vorfrühlingslandschaft von warmem Goldton.
Hegenbarth, Gelbke, Hettner, Walter Rehn und Gustav
Schaffer sind mit bemerkenswerten graphischen Arbeiten
vertreten. Der radikalste und am meisten links stehende
Gestalter ist der sehr begabte Felix Müller, von dem man
gern noch mehr Arbeiten gesehen hätte. — Unter den
Bielefeldern beanspruchen besonders zwei Künstler das
Interesse, die nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Erich Kuithan f zeigt eine Kollektion abgeklärter Werke, die
in der Liniensprache an Hodler anklingen, in der Farbe
aber viel intensiver, glühender und inniger sind als die
Bilder des Schweizers. Eine machtvolle »Schreitende Frau
in Rot« beweist des Künstlers Fähigkeit zur Monumental-
malerei. Eine »Sitzende Frau in Weiß« von adeliger,
herber Schönheit und makelloser Klarheit erinnert an die
edelsten Schöpfungen Feuerbachs. Der gefallene Hermann
Stenner, ein Schüler Hölzeis, hatte in seinem kurzen Leben
nicht die Zeit, zu einem in sich ruhenden eigenen Stil zu
kommen. Die hinterlassenen Arbeiten aber sind Zeugnisse
einer starken Begabung, die noch Großes hätte leisten
können. Gustav Wiethüchters Linie hat Schwung und
Rhythmus und eine Ausdruckskraft, die vielleicht monu-
mentalen Aufgaben gewachsen wäre. Seine Farbe ist da-
gegen seltsam weichlich und süß und zu zart und blumen-
haft, um eine monumentale Komposition angemessen in-
strumentieren zu können. Böckstiegels flammende, un-
ruhige Bilder weisen auf van Gogh und lassen die starke
Malfaust des jungen Künstlers unschwer erkennen. Von
den in Bielefeld ansässigen Malern ist besonders Ludwig
Godewols zu erwähnen, der auf der Ausstellung mit zahl-
reichen Landschaften und Stilleben reich vertreten ist. Aus
der Plastik greifen wir zwei interessante Arbeiten von
Hans Perathoner, einige schöne Bildnisbronzen von Georg
Wrba und die Kollektion des in Bielefeld tätigen Franz
Guntermann heraus, dessen vielseitiges Können sich am
besten und glücklichsten in den Holzschnitzereien kleineren
Untfangs ausspricht. Faßt man das auf dieser Ausstellung
gezeigte vielgestaltige Kunstgut unter einem umfassenden
Blick zusammen, so muß man gestehen, daß heutzutage
nur selten so große Ausstellungen ein so hohes künst-
lerisches Niveau erreichen. Hier ist mit Sachkenntnis und
Liebe gute Arbeit geleistet worden. Zu Beginn des fünften
Kriegsjahres ist das eine Tat, die mit den mannigfachen
Anregungen, die sie vermittelt, für die Stadt Bielefeld
sicherlich von dauernder Bedeutung sein wird. Küppers.
Kunstchronik und Kunstmarkt erhalten vom 1. Oktober ab eine wesentlich verbesserte Form und
eine durchgreifende Ausgestaltung. Nähere Mitteilung erfolgt in der nächsten Nummer.
Inhalt: Die Bronzedenkmäler. — Ausstellung der Neuerwerbungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien. —
Personalien. — Ausstellungen. — Anzeige.
Personalien. — Ausstellungen
494
Unter den Erwerbungen für die Skulpturensammlung
scheint mir ein schönes barockes Terrakottarelief beachtens-
wert. Es ist ein figural geziertes Weihwasserbecken, gleich
eigenartig in Idee wie Komposition, wohl eine italienische
Arbeit.
Die Abteilung der Möbel wurde durch einen wuchtigen
süddeutschen Nußholzschrank mit gedrehten Säulen, durch
einen Sekretär mit Intarsien, beides Arbeiten des 17. Jahr-
hunderts, und durch eine französische Kommode des 18.Jahr-
hunderts (Geschenk Sr. Exz. Ritter von Schöller) vermehrt.
Zwei schöne holzgeschnitzte barocke Kirchenleuchter wurden
von dem Sammler Herrn Oskar Bondy gespendet.
In die Textilsammlung wurde eine Kollektion albanesi-
scher Stickereien, Arbeiten der Volkskunst aus der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts, neu aufgenommen. Die reiche
aus dem technologischen Gewerbemuseum übernommene
Sammlung von Wiener Seidenmustern und österreichischen
Druckstoffen, die Teppiche aus der von Maria Theresia
begründeten k. k. Wollenzeug- und Teppichfabrik in Linz,
von denen ausgewählte Beispiele ausgestellt sind, hat Dreger
in einigen Abhandlungen entwicklungsgeschichtlich aufge-
reiht und fachwissenschaftlich bearbeitet.
Die importantesten Stücke der Ausstellung scheinen
mir zwei in Material und Farbe gut erhaltene gewirkte
Wandteppiche aus der päpstlichen Manufaktur in Rom.
Sie tragen die Signatur Pietro Ferlonis und sind in die
Jahre 1733 und 1734 datiert. Auf dem einen ist die Er-
schaffung der Tiere, auf dem anderen der Sündenfall nach
Raffaels Bilderbibel kopiert. Nachdem die Barberinische
Werkstatt in Verfall geraten war und der Bedarf an Ta-
pisserien in Rom durch Import aus Flandern und Frank-
reich gedeckt werden mußte, errichtete im Jahre 1710 Papst
Clemens XI. die Teppichwerkstatt in S. Michele. Die ar-
chivalischen Nachrichten, die wir über die Werkstatt be-
sitzen, sind nur zum Teil durchgearbeitet und publiziert.
(Eugene Müntz, Histoire de la tapisserie en Italie, en Alle-
magne etc. in Histoire generale de la Tapisserie. Paris
1878—1884, S. 52). Einen besonderen Aufschwung scheint
sie unter Clemens XII. (1730—1740) genommen zu haben,
also gerade in der Zeit, der die beiden Gobelins entstammen.
In den erhaltenen Inventar-Aufzeichnungen der Werkstatt
finden sich folgende Eintragungen: Im Jahre 1733 schenkte
der Papst dem Herzog Giulio Visconti, Vize-König von
Sizilien, vier Teppiche mit Darstellungen der Evangelisten
nach Guido Reni. Im Mai 1734 erwähnt das Inventar eine
Tapisserie mit Figuren in einer Landschaft, eine mit der
Bekehrung des Paulus, eine mit dem heiligen Martin und
eine Serie mit Geschichten aus dem alten Testament. Im
Hinblick auf den schwierigen und komplizierten Prozeß der
Bildteppich-Erzeugung, der es mit sich brachte, daß auch in
einer großen und bedeutenden Werkstatt im Verlauf eines
Jahres nur eine kleine Zahl von Werken fertiggestellt werden
konnte, erscheint die Beziehung der zitierten Inventar-Notiz
auf unsere — wahrscheinlich einer größeren Serie mit Szenen
aus dem alten Testament angehörenden — Werke durchaus
begründet. Arbeiten Pietro Ferlonis sind außerhalb Italiens
äußerst selten und es ist mit Freude zu begrüßen, daß die
Sammlung des österreichischen Museums um diese hervor-
ragenden Stücke bereichert wurde. k.
PERSONALIEN
Privatdozent Dr. Wilhelm Worringer-Bonn, z. Zt. im
Felde, erhielt einen Lehr-Auftrag für die Universität Dorpat.
AUSSTELLUNGEN
Bielefeld. In der Handwerker-und Kunstgewerbe-
schule am Sparenberge findet zurzeit eine sehr beach-
tenswerte große Kunstausstellung statt, die über 300 Werke
der Malerei, Graphik und Plastik umfaßt. Etwa die Hälfte
der ausgestellten Arbeiten entfällt auf die Mitglieder der
Künstlervereinigung Dresden, die zur Beteiligung aufge-
fordert wurde, die übrigen Werke verteilen sich auf in
Bielefeld ansässige oder geborene Künstler. Von den
Dresdenern sind in erster Linie Ludwig von Hofmann
sowie der als Lehrer so stark anregende, als Maler so
tüchtige Otto Gußmann zu nennen, dessen vereinfachte,
großgesehene Bildnisköpfe zu den besten Arbeiten der
Ausstellung gehören. Daneben sind Maler von dem Ernst
eines Hans Nadler, von dem Temperament eines Paul
Rösler zu beachten, zu denen sich mit ihren glänzenden
Impressionen Sterl und Feldbauer gesellen. Oskar Klemens
Schanze zeigt kultivierte Stilleben, Erich Buchwald-Zinn-
wald eine Vorfrühlingslandschaft von warmem Goldton.
Hegenbarth, Gelbke, Hettner, Walter Rehn und Gustav
Schaffer sind mit bemerkenswerten graphischen Arbeiten
vertreten. Der radikalste und am meisten links stehende
Gestalter ist der sehr begabte Felix Müller, von dem man
gern noch mehr Arbeiten gesehen hätte. — Unter den
Bielefeldern beanspruchen besonders zwei Künstler das
Interesse, die nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Erich Kuithan f zeigt eine Kollektion abgeklärter Werke, die
in der Liniensprache an Hodler anklingen, in der Farbe
aber viel intensiver, glühender und inniger sind als die
Bilder des Schweizers. Eine machtvolle »Schreitende Frau
in Rot« beweist des Künstlers Fähigkeit zur Monumental-
malerei. Eine »Sitzende Frau in Weiß« von adeliger,
herber Schönheit und makelloser Klarheit erinnert an die
edelsten Schöpfungen Feuerbachs. Der gefallene Hermann
Stenner, ein Schüler Hölzeis, hatte in seinem kurzen Leben
nicht die Zeit, zu einem in sich ruhenden eigenen Stil zu
kommen. Die hinterlassenen Arbeiten aber sind Zeugnisse
einer starken Begabung, die noch Großes hätte leisten
können. Gustav Wiethüchters Linie hat Schwung und
Rhythmus und eine Ausdruckskraft, die vielleicht monu-
mentalen Aufgaben gewachsen wäre. Seine Farbe ist da-
gegen seltsam weichlich und süß und zu zart und blumen-
haft, um eine monumentale Komposition angemessen in-
strumentieren zu können. Böckstiegels flammende, un-
ruhige Bilder weisen auf van Gogh und lassen die starke
Malfaust des jungen Künstlers unschwer erkennen. Von
den in Bielefeld ansässigen Malern ist besonders Ludwig
Godewols zu erwähnen, der auf der Ausstellung mit zahl-
reichen Landschaften und Stilleben reich vertreten ist. Aus
der Plastik greifen wir zwei interessante Arbeiten von
Hans Perathoner, einige schöne Bildnisbronzen von Georg
Wrba und die Kollektion des in Bielefeld tätigen Franz
Guntermann heraus, dessen vielseitiges Können sich am
besten und glücklichsten in den Holzschnitzereien kleineren
Untfangs ausspricht. Faßt man das auf dieser Ausstellung
gezeigte vielgestaltige Kunstgut unter einem umfassenden
Blick zusammen, so muß man gestehen, daß heutzutage
nur selten so große Ausstellungen ein so hohes künst-
lerisches Niveau erreichen. Hier ist mit Sachkenntnis und
Liebe gute Arbeit geleistet worden. Zu Beginn des fünften
Kriegsjahres ist das eine Tat, die mit den mannigfachen
Anregungen, die sie vermittelt, für die Stadt Bielefeld
sicherlich von dauernder Bedeutung sein wird. Küppers.
Kunstchronik und Kunstmarkt erhalten vom 1. Oktober ab eine wesentlich verbesserte Form und
eine durchgreifende Ausgestaltung. Nähere Mitteilung erfolgt in der nächsten Nummer.
Inhalt: Die Bronzedenkmäler. — Ausstellung der Neuerwerbungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien. —
Personalien. — Ausstellungen. — Anzeige.