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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Kurth, W.: Neuerwerbungen des Kupferstichkabinetts Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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309 Neuerwerbungen des Kupferstichkabinetts Berlin — Nekrologe — Personalien — Ausstellungen 310

Repertoire der Linie hinausgeht, beweglicher bleibt.
Eine Zeichnung eines Eisfestes von einem nieder-
ländischen Meister nach 1530 überrascht nicht nur
durch die freie und lockere Komposition der Fi-
guren, die ohne jeden besonderen perspektivischen
Hilfsapparat, ganz im Sinne der Holländer im 17. Jahr-
hundert, den Raum bewältigt, sondern auch durch'die
Lebhaftigkeit, mit der der einfache, aber ungemein be-
wegliche Kontur die Figur beherrscht. Würde nicht das
Kostüm für die Zeit um 1530 verpflichten und den
Meister vielleicht in der Gefolgschaft Lucas v. Ley-
dens vermuten lassen, könnte man versucht sein, das
Blatt bei den holländischen Meistern des 17. Jahrhun-
derts zu suchen. Zwei Zeichnungen von M. v. Heems-
kerk, eine Rötelzeichnung eines Greisenkopfes und eine
Vorzeichnung zu einem Stich zeigen Technik und
Anschauung mehr in den statuarischen Interessen der
Romanisten. Ein Blatt mit vielen Studien nach auf-
gehängtem Wild, das nur von der Hand des Frans
Snyders herrühren kann, erinnert in der Sepiafeder-
technik etwas an v. Dyck, nur kalligraphischer und
ohne die breiten Schattendrucker v. Dycks.

Zahlreicher ist die Auswahl der Neuerwerbungen
aus der holländischen Schule des 17. Jahrhunderts,
unter denen sich manches wertvolle Geschenk be-
findet. Einer Baumgruppe von Albert Cuyp in der be-
kannten Tecknik eines sehr lockeren Kreidestriches mit
gelblichen Lasurtönen, einer leicht getönten Winter-
landschaft von Klaes Molenaer mit der sehr selten
vollen Signatur und einer Hügellandschaft von Cor-
nelius Vroom (signiert 1631) reiht sich als vierte Er-
werbung aus der Sammlung Goldschmidt die sehr
schöne Mondscheinlandschaft am Kanal von Aart
v. d. Neer an. Ganz aus lichtgrauen Lasuren langsam
zum Dunkel der Baumgruppen aufsteigend, ähnlichst
der lasierenden Technik seiner Bilder, gewinnt das
bleiche Licht eine Kraft, welche die Materie der Dinge
mit Leichtigkeit bezwingt. Eine Zeichnung, »Rastende
Reiter«, von Ph. Wouwermann dürfte zu den Sel-
tenheiten gehören. Die muntere Bildlust dieses Mei-
sters deckt mit feinen grauen Lasuren in reicher Skala
die eigentliche Zeichnung zu und möchte sie durch
zu effektvolle Schattendrucker wieder zu Bildwerten
emporheben. Die schönen Zeichnungen des Kabinetts
von Antonio Canale haben in der wertvollen Zeich-
nung einer venezianischen (?) Vedute eine interessante
Bereicherung erfahren. Ohne jene hellgrauen Lasuren,
die bei den anderen Blättern sehr pikant zu den
braunen Konturen kontrastieren, zeigt das Blatt in dem
bloßen Umriß eine neue Note. Eine Zwergkarikatur
von Tiepolo erinnert im Gegenstand an die köstliche
Sammlung der Porzellanzwerge der Sammlung Gum-
precht. Von Nicolas Lagneau kam das Bildnis eines
vornehmen Mannes hinzu, dessen Qualität in der
Charakteristik und der höchst geistvollen, aber sehr
ökonomischen Technik, die mit kühler Distinktion
einige wenige Farbakzente setzt, besondere Erwäh-
nung verdient. Die Studie zu einem Cellospieler von
Antoine Watteau aus der Sammlung Knaus, die viel-
leicht zu dem Bild der Ballfreuden in der Dulwich-
Galerie gedient hat, verbindet mit dem aphoristischen

Reiz, in welchem die in Rötel ausgeführten Hände gegen
den nur in schwarzer Kreide mit eins zwei Strichen ange-
deuteten Spieler stehen, die erfrischende Nähe eines
heiteren, ungequälten Naturstudiums. w. KURTH.

NEKROLOGE
Der Berliner Historienmaler, Professor Werner Sch uch
ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Er war ursprüng-
lich Architekt und bekleidete bereits eine Professur für
Baukunst an der technischen Hochschule in Hannover, als
er sich im Jahre 1875 der Malerei zuwandte, zuerst in
Düsseldorf und dann bis . 1886 in München studierte.
Künstlerisch muß man ihn der Gruppe um Anton von
Werner zuweisen. Seine Schlachtenbilder haben in fast
allen deutschen Museen Eingang gefunden.

PERSONALIEN

Dem Assistenten an der Kgl. Graphischen Sammlung
in München Dr. Konrad Weinmayer wurde Titel und
Rang eines Kgl. Kustos verliehen.

AUSSTELLUNGEN

Frankfurt a. M. Aus dem, was in letzter Zeit hier
gezeigt wurde, verdient die Ausstellung von August Bab-
berger im Kunstverein eine besondere Hervorhebung. Was
bis dahin gelegentlich an Werken von ihm auftauchte,
schien ihn besonders auf dem Gebiete der Landschaft
ganz auf den Bahnen Hodlers zu zeigen; im Figürlichen
freilich ging er mehr seine eigenen Wege. Die Ausstellung
zeigt nun, daß er auch im Landschaftlichen weiter ge-
kommen ist; in dem Bilde »See beim Gewitter« trat die
Hodlersche Grundlage noch deutlich hervor in den ver-
hältnismäßig leichten Stilisierung; in den »Oberlandbergen«
und dem »Gadmertal«, wo über Wolken und den völlig
ornamental behandelten Bergen der Vollmond erscheint,
ist eine völlige Umformung des Naturvorbildes erfolgt,
die vielleicht manchem weniger sympathisch sein wird,
aber als ein weiterer Schritt zu völliger Selbständigkeit
des Künstlers gewürdigt werden will. Auch bei den
Figurenbildern nimmt er seinen Ausgangspunkt von Hodler;
so etwa in dem Selbstbildnis mit seiner Frau, Halbfiguren
gelblich und weiß gehalten mit wenig Schatten (ein zweites
Selbstbildnis mit seiner Frau, ganze Figuren mit viel braun
und rot, stark gespannt in Ausdruck und Haltung, ist
weniger glücklich); aber schon in dem »sinnenden Mäd-
chen« und in dem Bildnis eines anderen Mädchens (1912),
wo eine starke Modellierung einsetzt und zugleich eine
stärkere Beseelung spürbar ist, geht er über Hodler hinaus.
Das zeigt sich auch in den großfigurigen Bildern von »Jüngling
und Jungfrau« (1916/17) und den »abschiednehmenden
Paaren« — nackter Mann zusammengestellt mit nackter
oder halbbekleideter Frau, die Körper braun, sonst viel
Grün und Weißlich — wo eine innigere und eine trotz
latentem Pathos beruhigtere Empfindung sich ausspricht.
Gerade solche Werke würden wünschen lassen, daß der
Künstler Gelegenheit fände, sich im Wandbild auszu-
sprechen. In den zahlreichen Blumenstilleben pulsiert eine
ursprüngliche Freude an kräftigen, lichten, dabei ruhig
wirkenden Farben, in deren unmittelbarer Nachbarschaft
die sonst sehr guten Blumenstücke von Frau An nie Bab-
berger in den Farben aufgeregter wirken.

Verschiedene Stufen künstlerischen Empfindens re-
präsentierten Hans Völker (Wiesbaden) im Kunstverein
und Oskar Moll im Kunstsalon Schames. Der eine in
hellen, frischen Farben, Ausschnitte aus der Riviera-Natur
 
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