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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften, [2]
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KUNSTCHRONIK

Neue 1-olge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 30. 10. Mai 1918

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschr. f. bild. Kunst erhalten Kunstchronik u. Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 40 Pf. für die dreigespalt. Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

MITTEILUNGEN AUS AUSLÄNDISCHEN
KUNSTZEITSCHRIFTEN

Die französischen Zeitschriften, von denen hier
eine Übersicht gegeben wird, sind teilweise schon vor
ziemlich langem erschienen, aber es dauert bisweilen
sehr lange, ehe sie eintreffen, und ihre Anzahl ist so klein,
daß es uns besser schien, die Lieferungen des ganzen
Jahres 1917 zusammenzufassen. Auch ist die Möglich-
keit nicht ausgeschlossen, daß einzelne Teile wohl
erschienen, aber nie hier angekommen sind.

Von der Oazette des beaux arts haben wir bis
jetzt nur drei Lieferungen empfangen, die April-Juni-,
die Juli-September- und Oktober-Dezember-Nummern
von 1917; die erste dieses Jahres fehlt. Diese drei
Hefte enthalten viel Interessantes. Louis Beau behan-
delt im ersten die in Rußland befindlichen Arbeiten
Houdons. Der »Bildhauer Voltaires und Washingtons«
ist sehr viel herumgereist; er besuchte Italien, Amerika
und hatte Beziehungen zu den Höfen von Preußen,
Sachsen-Gotha und Mecklenburg-Schwerin. Obwohl
er sehr viele Bestellungen aus Rußland empfing und
Katharina IL ihn zu einem Besuch aufforderte, hat er
sich doch nie entschließen können, dorthin zu gehen.
Über seine Arbeiten in Amerika und Deutschland ist
schon viel Gutes veröffentlicht (von Hart and Briddle,
Miss Ingersoll Smouse, P.Seidel, Dierks und Steinmann);
über die Werke in Rußland jedoch, die an Zahl und
Kunstwert von gleicher Bedeutung sind, wie diejenigen
in den beiden anderen Ländern, ist bisher nur ein
Aufsatz von Werestschagin in der Starye Gody (1908)
erschienen und, weil in russischer Sprache geschrie-
ben, fast allen westeuropäischen Kunstgelehrten un-
zugänglich. Louis Beau hat im »Bulletin de la Societe
d'Histoire de l'Art francais, Mai 1914« einen Katalog
der Werke Houdons in Rußland gegeben, chrono-
logisch und topographisch geordnet, nebst einer Liste
der verlorenen Arbeiten. Seine Untersuchungen, die
er in den von der russischen historischen Gesellschaft
veröffentlichten Dokumenten angestellt hat, machen es
ihm möglich, auf mehrere Irrtümer bezüglich Arbeiten
Houdons in Rußland hinzuweisen.

Alle Werke, die sich dort befinden, sind zu Leb-
zeiten des Künstlers eingeführt worden und rühren
meistens von Bestellungen her. Zwischen 1773 und
1778 hat der Meister viel für große russische Herren,
die sich zeitweilig in Paris aufgehalten haben, gear-
beitet: Stroganow, Golitsyne und Nietinghoff. Zwischen
1778 und 1783 hat er Bestellungen Katharinas II. aus-
geführt und ihr die von ihr angekauften Plastiken
geliefert. Darauf folgt dann eine letzte Reihe von
Porträts, die zwischen 1783 und 1814 nach Rußland
geschickt worden sind.

Die Kolossalmarmorbüste Katharinas II., die jetzt
im Palast Stroganow in Petersburg steht, wurde Houdon
vom Grafen Alexander Sergueevitch Stroganow bestellt.
S. Lami hat sich geirrt, wenn er in seinem »Diction-
naire des sculpteurs« behauptet, die Eremitage besitze
das Original dieses Porträts; ihr Exemplar ist nur eine
mittelmäßige Replik in Bronze. Nach Steinmann sollte
das Museum in Schwerin die einzige Kopie nach dieser
Büste besitzen, ein Gipsabguß findet sich jedoch auch
in der Kunstakademie in Petersburg. Das Porträt,
das zum ersten Male im Pariser Salon von 1773 ge-
zeigt worden ist, hat Houdon nicht nach der Natur
schaffen können. Es gab damals in Paris mehrere
Bildnisse der Kaiserin, die ihn inspiriert haben können;
die Büste und die Medaillen von Gillet und von Mlle
Collot, sowie die Miniaturen, Zeichnungen und Stiche
von französischen Malern. Maurice, de Velly und J. C.
de Mailly haben sie während ihres Aufenthalts in Moskau
anläßlich der Krönung der jungen Fürstin ausgeführt.
In seinem »Dictionnaire des portraits grave> nasses«
erwähnt Rovinsky außer dieser Büste noch ein anderes
Porträt Katharinas II. in der Sammlung Stroganow, wo
die Kaiserin als Minerva dargestellt ist. Ein Stich danach
wurde von Iwanoff nach einer Zeichnung von O.
Kiprensky für den Katalog der Sammlung des Grafen
Stroganow gemacht, der 1807 in Petersburg erschienen
ist. Unter dem Stich liest man »Quaerebat Minervam
sculptor, Catharinam invenit«. Graf Stroganow erzählt
im Katalog, wie er den Bildhauer Tassaert besucht
und ihn mit einem schönen Stück Marmor beschäftigt
gefunden habe, aus welchem eine Gruppe der Minerva,
die die Künste auf den Ruinen des Altertums aufbaut,
entstehen sollte. Er habe Tassaert beauftragt, dieses
Standbild mit den Zügen Katharinas IL, von der er
ihm eine Medaille gegeben habe, zu vollenden.

Auf Bestellung des Prinzen Dmitri Alexeevitch
Golitsyne machte Houdon die Grabmäler des Senators,
des Prinzen Alexis Dimitrievitch Golitsyne und des
Feldmarschalls, des Prinzen Michel Mikhailovitch
Golitsyne, die sich in der Unterkirche des Klosters
Bogoi'avlenski befinden und nicht, wie Hart und Briddle
und Stanislaus Lami behaupten, in der Kirche der
Madonna von Kasan. Für die Familie Golitsyne hat
Houdon noch einige weitere Grabdenkmäler entworfen,
die jedoch nie ausgeführt worden sind. Am meisten
zu bedauern ist dies von dem jetzt im Louvre befind-
lichen Terrakottamodell von 1775. Die ältesten Werke
Houdons in der Eremitage, >Die kleine Lise« und ein
antiker Kopf stammen beide aus der Sammlung Golitsyne
in Moskau, die im Jahre 1886 von Alexander III. als
Ganzes angekauft wurde. Durch die Beziehungen mit
dem Grafen Stroganow und dem Prinzen Golitsyne
bekam Houdon das Porträt des Barons Vietinghofff
 
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