LÜBISCHES RECHT – DIGITAL

Hartmann von Aue

Im Auftrag Albrechts von Bardewik, Kanzler und später Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, entstand im Jahr 1294 der nach ihm sog. Bardewiksche Codex des Lübischen Rechts. Mit seiner kostbaren Ausstattung, reichlich Gold, wertvollen zerstoßenen Edelsteinen, der verwendeten Textura, aber auch der intensiven Textbetreuung samt Neuordnung der Artikel gehört dieser Codex zu den herausragenden Rechtshandschriften des 13. Jahrhunderts und der Stadt Lübeck. Auch nach seiner Vollendung durch die besten Schreibkräfte und Buchmaler im lübischen Kanzleiskriptorium haben weit mehr als ein Dutzend Schreiber im Laufe von rund 50 Jahren am Textblock weitergearbeitet, das Buch mit Registern aufbereitet, ergänzt und stets auf dem neuesten Stand gehalten.

Der Bardewiksche Codex ist aber ‚nur‘ das nach außen sichtbarste Zeugnis einer bis in die 1220er Jahre zurückreichenden und letztlich bis in die Moderne hineinwirkenden Lübischen Rechtstradition. Sind es anfangs allein lateinische Aufzeichnungen, wohl durch Auftragsschreiber aus den geistlichen Institutionen, geht man schon in den 1260er Jahren zur niederdeutschen Volkssprache über und nimmt die Schriftlichkeit in den städtischen Gremien selbst in die Hand.

Spätestens ab den 1280er Jahren werden in einem schnell wachsenden Kanzleiskriptorium Rechtsbücher in Serie für den innerstädtischen Gebrauch wie für den Export in viele Städte des Ostseeraums hergestellt.

Karte
Eine der vier eigens für die Edition gezeichneten Karten, der ersten vollständigen kartographischen Erfassung des lübischen Rechts. Kartographie: Gyula Pápay, Rostock; Inhalte: Albrecht Cordes, Frankfurt a.M. nach Wilhelm Ebel

Den Höhepunkt dieser manufakturiellen Buchproduktion sehen wir in den Jahren um 1300 unter Albrecht von Bardewik. Im 14. Jahrhundert sorgen Dürre- und Hungerkatastrophen sowie die Pest für dramatische Einbrüche.

Diese Blütezeit der lübischen Rechtsbuchproduktion nimmt LÜBISCHES RECHT – DIGITAL in den Blick, wobei Vor- und Nachgeschichte durch Überlieferungsübersichten und Karten fassbar gemacht werden.

AUF DIESER WEBSEITE finden Sie die digitale Edition samt Übersetzung des Bardewikschen Codex und der begleitenden Digitalisate des heute in Jurjewetz befindlichen sog. Bardewikschen Codex von 1294 (Jurjewetz, Museen der Stadt Jurjewetz, JuKM–2010; früher Lübeck, Stadtarchiv, Handschriften Nr. 734). Flankiert wird dieser Kernbestand zunächst durch Transkriptionen und Digitalisate des sog. Ratscodex aus den 1280er Jahren (Kiel, Stadtarchiv, Nr. 79413) und des lateinischen sog. Danziger Codex von 1263 (Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8o Cod. Ms. jurid. 807 Cim.) sowie in einer Ausbaustufe durch einen Kommentar des gesamten Rechtsbuchs und die aktuelle Forschungsliteratur.


1294
Jurjewetz, Museen der Stadt Jurjewetz, JuKM–2010; früher Lübeck, Stadtarchiv, Handschriften Nr. 734
Um 1280
Kiel, Stadtarchiv, Nr. 79413
1263
Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8o Cod. Ms. jurid. 807 Cim.

Gemeinsam mit der 2021 bei Nünnerich-Asmus in Oppenheim erschienenen Druckausgabe wird im Zusammenspiel der papiernen und elektronischen Optionen die Forschung auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Text und Codex, aber auch Schreib-, Entstehungs-, Rezeptions- und Wirkungsprozesse werden erstmals in allen textuellen, medialen und juristischen Dimensionen greifbar.

TECHNISCH basieren die Transkriptions- und Editionsarbeit auf dem XML-Format nach den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI). Für die konkrete Ausgestaltung der Kodierung sind die Vorgaben von HeiEditions grundlegend. Alle Bild- und Textdaten sind frei von Einschränkungen online zugänglich (Open Access).

LÜBISCHES RECHT – DIGITAL wird in Zusammenarbeit mit der UB Heidelberg gemeinsam betrieben vom Archiv der Hansestadt Lübeck (Dr. Jan Lokers), dem Lehrstuhl für mittelalterliche und neuere Rechtsgeschichte und für Zivilrecht, Goethe-Universität Frankfurt a.M. (Prof. Dr. Albrecht Cordes) und dem Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters, Philipps-Universität Marburg (Prof. Dr. Jürgen Wolf/Robin Kuhn).

Die DIGITALISATE wurden in Moskau (Bardewikscher Codex), Göttingen (Danziger Codex) und in Kiel (Ratscodex) hergestellt und in der UB Heidelberg für die digitale Präsentation aufbereitet. Die Editionen bzw. Transkriptionen und deren textkritische Erschließung verantworten die beteiligten Projektpartner gemeinsam, den Kommentar des Rechts im Bardewikschen Codex Albrecht Cordes.