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Kautzsch, Rudolf
Einleitende Erörterungen zu einer Geschichte der deutschen Handschriftenillustration im späteren Mittelalter (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 3) — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 3: Straßburg, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.2061#0059
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— 61 —

Das Pergament war theuer. So wird der gemeine Mann noch
selten in Besitz wenn auch nur weniger Blätter gelangt sein.

Das wurde jetzt anders: das Papier kam auf und wurde
schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts sehr billig. So steigerte
sich sofort das Verlangen nach Büchern ungemein. Es mag bald
einzelne Schreiber gegeben haben, die vornehmlich oder ausschliess-
lich von der Feder lebten.1 In einer grossen Stadt war das auch
recht wohl möglich. Hatte der Schreiber keine feste Bestellung,
so schrieb er einstweilen auf eigene Rechnung und Gefahr, sicher,
dass er einen Abnehmer schon finden werde. Schon früh s. u.
hielten solche Schreiber öffentlich feil, und der Absatz wird zu
Jahrmarktszeiten kein geringer gewesen sein.

Schlimmer war etwa der Schulmeister eines kleinen Orts
daran. Sein Absatzgebiet war nicht umfangreich genug. Und doch
konnte er bei einigem Fleiss in kurzer Zeit weitgehende Ansprüche
befriedigen, wenn auch ein „explevi in sedecim diebus"2 immer-
hin zu den Ausnahmen gehört.

Da mag manch einer auf den Gedanken gekommen sein,
gleichfalls auf Vorrath zu schreiben und die Erzeugnisse seiner
Hand auf den Jahrmarkt der nächsten Stadt zu bringen. Damit ist
der Grund zur Entwickelung des eigentlichen Buchhandels gelegt.
Voraussetzung ist, wie Kirchhoff3 treffend hervorhebt, die Sess-
haftigkeit des Schreibers einerseits und die Gewissheit grösseren
Absatzes andererseits, sei es innerhalb der eigenen Stadtmauern,
sei es über diese hinaus an ein weiteres Publikum.

Anzeichen für diesen Verlauf der Dinge gibt es genug.4 Nur

1 Vgl. Wattenbach S. 404. Diese Leute sind es wohl, die sich
später Kathedrales, Stuhlschreiber, Sesselschreiber oder auch Modisten
nannten. S. Wattenbach S. 406 u. Anzgr. f. Kunde d. d. Vorzeit N.
F. 25 (1878), 8.

2 Schlussschrift der genannten Berliner Hs. (ms. germ. fol. 19) aus
Basel. Vgl. Wattenbach S. 240.

3 Zur Geschichte des deutschen Buchhandels im M. A. sind die
drei Schriften Kirchhoffs von Bedeutung:

Beitrage zur Geschichte des deutschen Buchhandels I. Leipzig 1851.
Hss.-Handler des Mittelalters. Leipzig i853.
Weitere Beiträge zur Gesch. des Hss.-Handels. Halle 1855.
Dazu kommt jetzt noch Kapp, Geschichte des deutschen Buch-
handels. Leipzig 1886.

* Vgl. vor allem Wattenbach S. 476.
 
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