Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kautzsch, Rudolf
Diebolt Lauber und seine Werkstatt in Hagenau — Stuttgart, 1895

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2170#0032
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
von Dr. R. Kautzsch. 89

Hier erhebt sich nun die Frage, wer hat dies Bild gearbeitet,
ist es überhaupt in der Werkstatt entstanden? Die letzte Frage min-
destens dürfen wir mit einem entschiedenen ja beantworten. Das Bild
ist nicht eingeheftet, es ist auf ein Blatt gezeichnet, das zur Lage
gehört, die auch das Register enthält. Um ihm mehr Dauer zu sichern,
ist das vorhergehende Blatt mit dem Bildblatt zusammengeklebt. Dies
ist vielleicht vor der Aufzeichnung des Bildes geschehen, jedenfalls
dürfte der Raum auf jenen Blättern bei der Herstellung des Registers
von Anfang an zu dem nachher erfüllten Zweck ausgespart worden
sein. Dass die Anbringung von Wappen auf Bestellung in der Werk-
statt vorkam, beweist die Kolmarer Reimbibel. Dass die Ausführung
eines ersten Bildes in Deckfarben nicht ungewöhnlich war, lehrt eine
Hamburger Historienbibel, die wie die eben genannte Hs. von H. Schilling
illustriert ist. S. K IL Leider konnte ich nicht ausfindig machen,
welchem Geschlechte das Alliancewappen angehört. Wenn es etwa
eine unterelsässische Familie sein sollte, was mir aber sehr zweifelhaft
ist1), so hätten wir einen Grund mehr, das Wappen für Hagenauer
Werkstattarbeit anzusehen.

Ausschlaggebender jedoch als diese Umstände scheint die Be-
trachtung der hier niedergelegten Kunst. Zug um Zug können wir in
der Werkstattübung aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nach-
weisen. Für die Gesichtsformen vergleichen wir die Eva auf fol. 20'
einer Historienbibel (mit Titel von Schillings Hand) in Wolfenbüttel
(s. L—N): dasselbe Oval, dieselbe Form der Nase, des Mundes, des
Kinns dort und hier. Die Augen sind anders behandelt. Das ist aber
nicht auffallend, sobald wir uns erinnern, dass unser Bild eine überaus
sorgsame Sonderarbeit ist, während die zum Vergleich angezogene
Darstellung ein Dutzendstück gewöhnlicher Art. Zudem lässt die Be-
malung in Deckfarben die ursprüngliche Vorzeichnung nicht genau
erkennen. Ich komme unten noch einmal auf diesen Punkt zurück.

Das Haar ist, wie schon erwähnt, ganz das Schillings. Ebenso
erinnert die Vegetation und die Randverzierimg lebhaft an diesen
Meister. Noch weit mehr die Bemalung: Gewand und Haar, Erdboden
und Himmel, die gestrichelten Wappenflächen, die Art des Goldauf-
trags: alles findet sich ganz so in der Kolmarer Reimbibel und im
Stuttgarter Schachzabel. Ich glaube daher, man darf behaupten, die
Wappentafel ist in der Werkstatt selbst dem Buch vorgesetzt worden
und zwar von einem Maler der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, dem
wir allerdings sonst nicht wieder begegnen — H. Schilling müsste
denn hier, die Zeichnung eines andern malend, sein Meisterstück ge-
liefert haben. Denn, um damit diese Erörterung abzuschliessen, in der
besprochenen Darstellung haben wir eines der gelungensten Werke
der ganzen Gruppe vor uns.

1) Weder Herzog (Chronicon Alsatiae) noch der Nachtrag zu Siebmachers
Wappenbuch, welcher den elsässischen Adel enthält, führt eins der Wappen
an. Auch Herr Archivrath Dr. Baumann konnte keine Auskunft geben.

XII. 2. 3. 7
 
Annotationen