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VORWORT

Die Katakomben von Neapel reichen bis in die Anfänge des Christentums zurück und sind bis zum zehnten
Jahrhundert als Friedhöfe benutzt worden. Während dieser ganzen Zeit haben christliche Dekorateure die
Gräber mit ihren Malereien geschmückt. Wir haben in dem unterirdischen Neapel die christliche Malerei
der ersten zehn Jahrhunderte in einer ununterbrochenen Folge vor uns, also etwa vom Zeitalter der An-
tonine an bis zu den Tagen der Ottonen. Das ist um so wichtiger, als die römischen Katakomben mit dem
vierten Jahrhundert ihre Pforten schließen, mit der Zeit Theodosius des Großen.
Schon lange vor dem Kriege war mir auf einer der vielen Reisen, die ich damals in Italien machen durfte,
klar geworden, daß wir hier eine Quelle der Erkenntnis vor uns haben, wie sie schwerlich noch einmal in
dem Orbis christianus anzutreffen ist. Denn es ist nicht anzunehmen, daß irgendwo in der Welt die Gunst
aller Umstände noch einmal in solchem Maße zusammentrifft wie in dem glücklichen Neapel.
Ich werde nicht der einzige gewesen sein, der diese Beobachtung gemacht hat. Es handelte sich nur darum,
die Mittel zu finden, um diesen Schatz zu heben. Wer sollte mir die Kopien liefern, die ich nötig hatte, um
die Bilder in einer eindrucksfähigen Publikation dem Urteil der Leser darzubieten?
Diese Hilfe verdanke ich dem Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie und im besonderen seinem
verehrten Mitglied, Prof. Enrico Josi in Rom. 1927 durfte ich unter seiner Führung die Katakomben stu-
dieren, und er hat mir erst ihre Geheimnisse ganz enthüllt. Der Kundige weiß, daß die alten Fresken unter
einer Verwitterungsschicht verborgen liegen, die ihre leuchtenden Farben dem Auge verbirgt und viele
Einzelheiten im unklaren läßt. Prof. Josi besaß in einer Säurelösung das Mittel, um die Farben wieder auf-
leuchten zu lassen, so daß sie sich dem Studium darboten, wie ihre Maler sie hinterlassen hatten. Da Josi
seit Jahrzehnten der beste Kenner der römischen Katakomben ist, besitzt er ein geschärftes Auge, um Un-
bekanntes ans Licht zu ziehen. Er hat den Krucifixus in S. Gennaro (Taf. 46) entdeckt, den seit Pelliccia
niemand gesehen hatte. Er ist der Entdecker des Apsidenbildes am Eingang der zweiten Katakombe von
S. Gennaro (Taf. 53-57). Wenn ich dies große Stück hier zum erstenmal vorlegen kann, so verdanke ich
das allein seiner Bemühung: er hat es mit eigener Hand von einer dicken Stalaktitschicht befreit. Unter Josi’s
Leitung machten die Photographen ihre Aufnahmen: der alte Pompeo Sansalni in Rom hatte seine beiden
Söhne dazu mit einem deutschen Apparat ausgerüstet. Josi machte mich mit dem Neapler Maler Don Genesio
Turcio bekannt, der auf die vergrößerten Kopien seine ausgezeichneten Aquarelle malte, die unsern farbigen
Tafeln zugrunde liegen.
 
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