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IV.

BESCHREIBUNG DER KATAKOMBEN

i. S. GENNARO
ZUR TERMINOLOGIE
Alle älteren Forscher sprechen von verschiedenen
Stockwerken der einen Katakombe S. Gennaro dei Po-
veri. Erst Scherillo und V. Schultze unterscheiden
hier vier verschiedene Katakomben. N. Müller1 hat
diese richtige Bezeichnung dadurch weitergeführt, daß
er vermutete, die Zahl der in S. Gennaro zusammen-
gefaßten Zömeterien wäre ursprünglich noch größer
gewesen, indem verschiedene kleinere Anlagen mit der
Zeit zu einer umfassenderen Katakombe zusammen-
gezogen wurden. Das ist richtig, bleibt aber im ein-
zelnen noch zu untersuchen. Die Unterscheidung von
vier Katakomben aber ist deutlich. Ich werde des-
wegen von der ersten, zweiten, dritten und vierten
Katakombe in S. Gennaro sprechen. Auch in der Be-
zeichnung der einzelnen Räume als Kapelle, Vorsaal
usw. folge ich, soweit es angeht, V. Schultze.
DER KIRCHBAU VON S. GENNARO
Die vier Katakomben haben alle ihre jetzigen Ein-
gänge der Kirche zugewandt, so daß diese als ihr
Mittelpunkt erscheint. Bei der zweiten Katakombe ist
deutlich zu sehen, daß sie in ihrem vorderen Teil weg-
geschnitten worden ist, um dem Kirchbau Platz zu
machen. Wir müssen also von dem Kirchbau aus-
gehen, wenn wir die Katakomben behandeln wollen.
Durch die neuesten Ausgrabungen2 ist festgestellt
worden, daß an der Stelle der gegenwärtigen Kirche
schon am Anfang des fünften Jahrhunderts ein Ora-
torium sich befand. Der Erbauer desselben war freilich
nicht der Bischof Severus (etwa 362 bis etwa 408),
sondern der Bischof Johannes I. (J-432)3. Das Ora-
torium wird ein einschiffiger Bau gewesen sein, wie
auch die neuere Forschung annimmt.
Das scheint festzustehen. Alle weiteren Fragen müssen
dahingestellt bleiben, bis sie durch weitere Grabungen
aufgehellt werden.
ERSTE KATAKOMBE
DIE KAPELLE
Jorio Tav. I: A; Bellermann Taf. 13: A.
Die sog. Kapelle hat den Grundriß eines langge-
1 Haucks Real-Enz. 10, 858, 35 ff. 2 Vgl. Lavagnino a. a. O,

zogenen, unregelmäßigen Rechtecks, dessen Tiefe
19-20 m beträgt. An der Decke sieht man, daß sie
sich aus drei Räumen zusammensetzt, die hinter-
einander lagen. Der erste ist mit einem ganz flachen
Tonnengewölbe eingedeckt, der zweite mit einem
Kreuzgewölbe, der dritte wieder mit einem flachen
Tonnengewölbe - alles natürlich aus dem Tuff ge-
hauen. Die Einschnitte zwischen dem ersten und zwei-
ten Abschnitt und ebenso zwischen dem zweiten und
dritten Abschnitt sind deutlich. Am Anfang des dritten
Abschnitts sieht man an der Decke drei Bogen neben-
einander in den Tuff gehauen; der mittlere ist etwas
höher als die beiden andern. Das sind Überreste von
drei Arkosolien, die vom zweiten Kubikulum aus
zugänglich waren. Die Kapelle besteht also aus drei
hintereinander gelegenen großen Grabkammern, die
in späterer Zeit vereinigt worden sind. Die Maße des
ersten Kubikulums sind 4-41/2 m Höhe, 5-5
Breite und 8 m Tiefe; des zweiten 4-4x/2 m Höhe,
41/2—5 m Breite, 41/2—5 m Tiefe; des dritten 3—3x/2 m
Höhe, 8 m Breite und 61/2—7 m Tiefe (ohne die Nische
der Apsis). Das dritte Kubikulum liegt in seinem Fuß-
boden etwas höher als die beiden vorderen, und seine
Decke ist etwas niedriger, dagegen ist es nach beiden
Seiten etwas breiter.
Am Ende der Kapelle steht ein aufgemauerter Altar
mit breiten Stufen, dessen Marmorbekleidung fehlt.
Hinter dem Altar in einer flachen Nische eine alte
Kathedra, aus dem Tuff gehauen.
Rechts daneben das Grab des Rektors Antonio
Sorrentino (f 1827).
In der apsidenartigen Wölbung über dem Eingang
zur Kapelle:
Thronender Christus mit %wei Engeln
S. unten Taf. 59. 60.
Rechte Seitenwand vorn:
Mehrere Heilige im Rahmen
Jorio Tav. I n. 2.
Erwähnt von Pelliccia 139, Jorio 64: „rappresentante
uomo con diadema in testa nel lato sinistro, e nel
destro altro uomo genuflesso con due torchi accesi
nelle mani“; Scherillo 104.
8 Vgl. unten Beilage 1.
 
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